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Rathaus am Markt

Das Foto entstand  möglicherweise am 11. März 1934 aus Anlass der Eingliederung der Evangelischen Jugend in die Hitlerjugend.

Foto:
Stadtmuseum Naumburg

 

 

 

 








Markt

 

 

Nationalsozialismus von unten

 

Gliederung
Details
Personen
SPD-Generalversammlung Hitlers Göttinger Rede Albert Bergholz
Gustav Thate auf dem Markt Ermächtigungsgesetz Zeitschel verhaftet
Unter Mackensen KZ Lichtenburg Adolf-Hitler-Spende
Repression und Terror KPD schweigt (Polizei) Beförderung
Reichstagswahlen 5. März So haben sie es gern! Stadtverordnete
Haus- u. Grundbesitz  2 SPD widersetzt sich Bürgermeister Roloff
Stadtverordnetenwahlen Schutzhaft Bürgermeisterwahl
Weg mit den Kommunisten Faschismus gezüchtet Unbesoldete Stadträte
Tag von Potsdam Marxismus zertreten Steuerausschuss
Aufschwung Kreistag übernommen Magistratsmitglieder

Der Jude ist schuld!

Handwerksinnung Pfarrer
... läutern und stärken Kongress abgebrochen Karl Forwergk
Konstituierung Bücher verbrannt! Erich Dietze
Stadtverordnetenvers. Gemeindeverfassung Otto Wels  2
Gemeindeordnung Nationale Vereine Ernst Pinder
Arbeitervereine verboten SPD verboten Alfred Pape
Parteien verboten Autoritätsgläubigkeit Gemeinderat
Legalität der Macht Selbstlüge Auslese der Mitglieder
Macht und Moral Alle machen mit SS-Mann ermordet
Meckerer zur Wache Preisgabe des ....  
Unrecht durch ... Eintopfsonntag  
Heim ins Reich Wahlen 1933 bis 1938  
Straßennamen Kongressstadt? Gustav Thate ist wieder zu Hause!

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Einhundert Delegierte und viele Gäste, vor allem Funktionsträger und Aktivisten der Partei, finden sich am

Sonntag, den 5. Februar 1933,

zur Generalversammlung des SPD-Unterbezirks Zeitz-Weissenfels-Naumburg ein. Dicht gedrängt sitzen sie in der

Gaststätte Diana-Saal (nach 1945 Haus der Eisenbahner)
Leipziger Strasse 28,  Zeitz.

 

Zeitz Luftaufnahme, etwa 1935

 

Jeder Ortsverband hat das Recht und die Pflicht, einen Delegierten zu entsenden. Einige Genossen und Genossinnen gelangten erst nach einer stundenlangen Fahrradfahrt durch den Regen vor Ort.

Die Stadt an der Weißen Elster liegt am östlichen Rand des sich 60 Kilometer in Ost-West ausdehnenden SPD-Unterbezirks Zeitz-Weissenfels-Naumburg und 40 Kilometer südlich von Leipzig. Das soziale Antlitz der Stadt prägt Industriearbeiterschaft.

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts produziert die Zeitzer Eisengiesserei und Maschinenfabrik (ZEMAG) für die Braunkohlentagebaue des Zeitz-Weißenfelser Reviers und ihren Brikettfabriken Ausrüstungen. Eine Zuckerfabrik und Druckereien siedeln sich an. Reinhold Jubelt (1863-1934) öffnet am 15. Februar 1889 die Buchdruckerei, Papier-, Kunst- und Musikhandlung. 1890 gründet Adolph Hoffmann (1858-1930) den Volksboten. In der ersten Nummer spricht er sich gegen den Religionsunterricht in der Schule aus und bekennt sich zur "Weltlichkeit der Schule". Es kommt zu den Schullehrerprozessen. 1901 liess Reinhold Jubelt das erste Mal die Zeitzer Neueste Nachrichten (ZNN) verteilen. Nach der Revolution steht sie der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) nahe.

Der SIS-Verlag Zeitz publiziert völkische, alldeutsche und antisemitische Literatur. Im Unterschied zum Volksboten dürfen die ZNN nach dem Februar 1933 weiter erscheinen. 1911 eröffnet der jüdische Kaufmann Israel Jacobus das Filmtheater Metropol. Im Haus Altmarkt 13 gründete 1843 der Stellmacher Friedrich Degelow seine Kinderwagenfabrik, aus der 1946 die berühmte ZEKIWA - Zeitzer Kinderwagenindustrie -  hervorgeht.

Nach Kriegsende verlor die SPD zunächst an politischen Einfluss. Die Autoren von "Zeitzer Arbeiter schlagen den Kapp-Putsch nieder" (1959/60) ermittelten für 1919/20 im Wahlkreis 475 Gemeindevertreter der USPD und 28 Mehrheitssozialisten. Doch sie erholt sich von den Stimmverlusten. Am 15. Juni 1919 zählt der SPD-Unterbezirk laut Mitteilung der Kreis-Generalversammlung 10 300 Mitglieder in 65 Zahlstellen. Auf 378 Seiten zeichnet Adolf Leopoldt (SPD) in der 1931 erschienenen

"Rote (n) Chronik der Kreise
Zeitz, Weißenfels, Naumburg"

die aufopferungsvolle Arbeit der Sozialdemokraten für politischen und sozialen Fortschritt nach. SPD, USPD, SAP und KPD brachten in der Arbeiterstadt markante, beeindruckende Persönlichkeiten hervor. Zeitz ist keine gewöhnliche deutsche Stadt. Heftiger als anderswo toben hier die Kämpfe der Zeit. Widersprüche brechen sich emotionaler als in anderen Gegenden Deutschlands ihren Weg.

Auebrücke in Zeitz, 1925

Am 13. August 1923 demonstrieren 10 000 Bergarbeiter von Theißen nach Zeitz. Auf der Auebrücke prallen sie mit der Schutzpolizei zusammen. Neun Arbeiter werden erschossen und dreißig schwer verletzt. Weitere Höhepunkte ihres Kampfes waren der Bergarbeiterstreik 1919, Kapp-Putsch 1920, Leuna-Aufstand 1921, Protest gegen den Deutschen Tag in Halle 1924 und der Cuvelier-Prozess im Sommer 1930.

Unter Verhältnissen wie heute, fand noch keine SPD-Versammlung statt. Über den Genossinnen und Genossen im Diana-Saal schwebt die Ahnung vom bevorstehenden Kampf um Leben und Tod. Die Republik ist in Gefahr! Reichspräsident Paul von Hindenburg ernannte am 30. Januar 1933 Adolf Hitler zum Reichskanzler. Dies ist für das Verstehen der Umstände der nun folgenden regionalen Ereignisse und seine Bewertung außerordentlich wichtig. Überall müssen die Anti-Hitler Leute mit Schikanen, Beschwernissen und Drohungen rechnen, weshalb die Generalversammlung allemal ein mutiges Unterfangen ist.

Erst vorgestern, Freitagabend, hielt die NSDAP-Ortsgruppe Zeitz im Schützenhaus ihre Wahlkundgebung ab. SA, SS, Arbeitsdienstler, Kommunalbeamte und Angestellte nebst einem proletarischen Teil der Masse (Volksbote, Zeitz) waren gekommen. In der zu zwei Drittel besetzten Halle referierte zunächst der berüchtigte Erich Schulenburg, Herausgeber des von der hiesigen Geschäftswelt finanzierten Zeitzer Trommlers. Ohne Umschweife greift er die verlogene Linkspresse an, die über Adolf Hitler falsch berichtet. Jetzt müsse man der SPD die Maske vom Gesicht reissen und er ruft mit Bockbierstimme (Volksbote) in die Menge:

Das Rote Zeitz, ist erledigt!

Darauf folgt die Forderung, zu den Reichstagswahlen am 5. März, sollen sich alle hinter die jetzt im Kabinett vertretenen Parteien stellen, um den

neuen Deutschland der Ehre
und sozialen Gerechtigkeit

den Weg zu ebenen. Anschliessend sprach Gaubetriebszellenleiter Heinrich Bachmann. Vorher spielte der Zeitzer SA-Spielmannszug in einer Pause auf. Kaum waren die letzten Töne verklungen, da erhob der Funktionär des Handlungsgehilfen-Verbandes aus Halle die Stimme:

Ins Elend, hat die SPD die Massen geführt und so ihre Macht missbraucht. (Kurt von) Schleicher (seit 3. Dezember 1932 Reichskanzler) habe man einen Kurswechsel zugetraut, erwies sich aber als die grösste Niete der Nachkriegszeit. Der 30. Januar war ein Tag von historischer Bedeutung, der jetzt ins Volk überströmen müsse.

Mit dreifachem Sieg Heil auf Deutschland und Hitler endet die Kundgebung. (ZNN 6.2.1933)

Punkt 9 Uhr morgens eröffnet im Diana-Saal die Fanfaren-Abteilung der Zeitzer Arbeiterjugend die Versammlung. Nach den Begrüssungsfloskeln folgt der Beschluss zu den Regeln Durchführung der Versammlung. Der Kassenbericht liegt schriftlich vor. - Wie aber werden die Delegierten die politische Lage einschätzen?

Kurz vor den Reichstagswahlen im November 1932 rief das Naumburger Tageblatt zur Gewalt gegen die politische Linke auf, was umso schwerer wog, als dies offensichtlich von der Hugenbergschen Telegraphenunion ausging. Albert Bergholz (SPD) enttarnte es als eine unzweideutige Bürgerkriegserklärung.

Unmittelbar nach dem Krieg wanderten aus den deutschen Ostgebieten verstärkt Juden ein. Sofort ergoss sich aus antisemitischen und speziell deutsch-völkischen Kreisen die Ostjuden-Propaganda. Im Verlauf der rassenideologischen Offensive der NSDAP bekam die Judenfeindlichkeit ab 1929/30 starken Auftrieb.

Auf den Hunger, die Armut und epidemischen Infektions- und Mangelerkrankungen folgt 1923 die Hyperinflation und 1929 die Demütigung durch die Wirtschaftskrise. Am 15. Juni 1930 waren von den 36 000 Zeitzer Einwohnern 8 670 erwerbslos, darunter 6 497 Arbeitslose, 1 782 Arbeitslosen- und 391 Krisenunterstützungsempfänger. Tausende Schaffende in den freien Berufen, Frauen und Männer, Lohnarbeiter, verlieren ihr Arbeitseinkommen.

Die ersatzlose Demontage der sozialen Planken für den Mietwohnungsmarkt, was Kreise des Immobilien besitzenden Bürgertums gerne als Forderung erheben, wäre für die Lohnabhängigen und "kleinen" Angestellten mit unkalkulierbaren ökonomischen Risiken verbunden.

Die Schulen vermitteln weiter den Mythos vom Heldentum der deutschen Schlachtenführer. Bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet, wabert die Kriegsschuldfrage durch die Hirne und hindert die Öffentlichkeit daran, klare Antworten auf die Frage von Krieg und Frieden zu geben.

Schon öfter lagen die Linken mit den nationalen Windbeuteln quer. Zum Beispiel 1928 als sich die Devoli im Spechsart etablierte. Oder ihr öffentlicher Protest im Juli 1930 gegen den Cuvelier-Prozess. Und der Skandal um die rechten Netzwerke ....

Es lebe der Frontgeist!, jubelt der Stahlhelm und Wehrwolf. Im Strom des Feindbildes 14/18 übt man weiter das Gefolgschaftsdenken. Nicht nur das: "Der Stahlhelm kündigt den Staatsstreich an." (LV 4.2.1933)

In der Lohnfrage gefangen - die Gewerkschaften.

Geschwächt von der Tolerierung Brünings und der Politik des kleineren Übels - die SPD.

Überbeansprucht und desorientiert durch die Hahnenkämpfe gegen Sozialfaschisten - die KPD.

Eingeengt und ausgebeutet, speziell durch die lange Zeit erhobene Hauszinsteuer, fühlte sich - die Organisation der Haus- und Grundbesitzer.

Seit 1930 im Kulturkampf für Freiheit, gegen Dekadenz und Versumpfung - die nationalsozialistische Bewegung.

Der sich unabhängig vom Machtgeplänkel auf parlamentarischer Ebene sich formierende

deutschnational-nationalsozialistische
Machtblock,

nutzt Momente einer antiwestlichen Mentalität und lehnt die liberale Lebenskultur als Charakterlosigkeit ab. Große Teile des konservativen Bürgertums hassen den Westen und die Zivilisationsliteraten (Thomas Mann).

So kann die NSDAP bei den Wahlen gut reüssieren.

Geblendet vom wahrheitsverzerrenden Nationalismus, fiebern viele Bürger der nationalen Befreiung entgegen. Im Falle eines Wahlsieges am 5. März, versprechen die Nationalsozialisten, wollen sie die Region von den Marxisten (SPD) und Kommunisten (KPD) säubern. Sie werden dafür am 7. April 1933 das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums schaffen, und außerdem Juden und Andersdenkende aus dem Staatsdienst entfernen.

Erwartungsvoll sehen im Diana-Saal von Zeitz die Delegierten und Gäste dem Rechenschaftsbericht von Albert Bergholz und dem Referat Über die politische Lage von Paul Franken (1894-1944) entgegen.  zurück  Von der übergeordneten Leitung ist der Vorsitzende des SPD-Bezirkes Halle-Merseburg Franz Peters (1888-1933) aus Halle angekündigt. Gemeinsam wollen sie den Nationalsozialisten die Fackelzugstimmung vermasseln.

Gestern demonstrierte in Zeitz die Eiserne Front unter der Losung

Zeitz bleibt rot!
Für die Einheit der Arbeiterklasse.

Erschienen waren alle Arbeiter-Spielmannszüge und -kapellen. Im letzten Augenblick untersagte die Polizei die Demonstration, angeblich, weil KPD-Genossen teilnahmen, denen bereits Auftrittsverbot erteilt war. In Wahrheit, urteilt der hiesige Volksbote (SPD), war es die "Furcht vor der Arbeiterschaft".

 

"Volksbote". Zeitz, den 3. Februar 1933

Unter den 5 000 Demonstranten breitete sich eine schlechte Stimmung und Empörung aus. Wer jetzt nicht schnell genug nach Hause fand, bekam von der Polizei noch eins übergezogen. Tags darauf berichtet die Arbeiter-Zeitun noch: "Die Massen, die in Ruhe nach Hause gehen wollten, traktierte man überflüssigerweise mit dem Gummiknüppel, jagte sie den Wendischen Berg wie eine Herde Vieh hinan, riegelte dann wieder plötzlich irgendeine Strasse ab und trieb die Menschen wieder dem Berg zurück, den man sie eben vorwärtsgetrieben hatte.

Welche Schlussfolgerungen werden die Genossinnen und Genossen formulieren? Ähnlich den Kommunisten fürchten die Sozialdemokraten des SPD-Unterbezirks Zeitz-Weissenfels-Naumburg die Wiederaufrüstung der Wehrmacht und sehen darin ein sicheres Zeichen für einen neuen Krieg.

Bald legen die Hauptredner los. (a) Auf Ablehnung stoßen die Bemühungen von Reichskanzler Kurt von Schleicher (3.12.1932 bis 28.1.1933) für eine Politik der Massenbasis, daß heißt: Einbeziehung der Nationalsozialisten in die Regierung. (b) Eine harte Auseinandersetzung erfolgt mit der Harzburger-Front und ihrem Korruptionssumpf. (c) Viel Beachtung findet der Osthilfe Skandal.

 

Nach 1945 geraten die Osthilfe-Skandale und ihre Rolle im institutionellen Machtspiel auf Reichsebene fast völlig in Vergessenheit. Das erste Osthilfe-Gesetz bricht 1926 los und erreicht am 22. Dezember 1930 seinen Höhepunkt. Der Führer der Deutschnationalen Partei (DNVP) Alfred Hugenberg schlägt im Reichstag ein Großsubventionsprogramm für die Agrarier vor. Geht es nach ihm, dann soll die gesamte Landwirtschaft für zahlungsunfähig erklärt werden und die Großagrarier 3 bis 4 Milliarden Mark geschenkt bekommen (VS 24.12.1930).

Der SPD-Reichstagsabgeordnete Wilhelm Hoegener (1978, 61) erinnert sich daran, dass am 7. Februar 1933 in Berlin, der Ausschuß zur Wahrung der Rechte der Volksvertretung, auch Überwachungsausschuß genannt, zusammentrat, um die Verhandlungen über den Osthilfeskandal weiterzuführen, dessen Fortsetzung im Haushaltsausschuß infolge der Auflösung des Reichstags unmöglich geworden war.

a) Agrarbolschwismus und Pleitewelle.

Die wirtschaftliche Lage der ostelbischen Landwirtschaft stellte sich schwierig dar. Etwa ein Drittel der landwirtschaftlichen Betriebe, so lautete die Prognose, wird die nächsten fünf Jahre nicht ohne Flächenverlust überleben. Daraufhin beschloß zur Entschuldung der ostelbischen Landwirtschaft am 31. März 1931 die Preußische Staatsregierung das agrarpolitische Unterstützungsprogramm. Auf Grundstücken bankrottgegangener Großgrundbesitzer siedelte man Neubauern an. Reichskanzler Heinrich Brüning brachte dies den Vorwurf des „Agrarbolschewismus“ ein. Außerdem waren im Osthilfegebiet etwa 1,3 Millionen landwirtschaftliche Betriebe unter zwei Hektar tätig, die keine Hilfe erhielten. Öffentliche Aufregung verursachte.

b) Der Missbrauch der Hilfen.

"Ostelbische Junker, darunter die nächsten Freunde des Reichspräsidenten, hatten sich an öffentlichen Geldern schamlos bereichert. Der alte Oldenburg-Januschau hatte sich aus Staatsmitteln sogar ein zweites Rittergut zugekauft. Andere gewissenlose Adlige hatten die Staatsgelder an der Rivera verpraßt." (Hoegner 1978, 51) Es war der Zentrumsabgeordnete Joseph Ersing (1882-1956), seit 1911 Sekretär der christlichen Gewerkschaften für den Bezirk Südwestdeutschland, der am 19. Januar 1933 im Haushaltsausschuß des Reichstages den skandalösen Mißbrauch von öffentlichen Geldern, die zur Sanierung hochverschuldeter Rittergüter gedacht waren, öffentlich machte. Mittel wurden zum Kauf von Luxusautos, Rennpferden oder Reisen an die Riviera zweckentfremdet. Der korrupte Charakter der Staatsführung und die Gier der Reichen erschütterte die Massen. Elard von Oldenburg-Januschau, der bereits vor dem Krieg im Kampf gegen die Sozialpolitik im Reichstag wichtige Aufgaben übernahm, soll bei der Zuteilung von Mitteln begünstigt worden sein.

Die ostelbischen Junker versuchen sich herauszulügen.

Auch die "Familie der Hohenzollern verlegt sich auf`s Leugnen!" Hermine [Prinzessin Reuß ältere Linie (1887-1947)] behauptet, sie habe überhaupt nichts mit der Osthilfe zu tun. Jetzt verschweigt die sogenannte Generalverwaltung der Familie, "dass Hermine sich persönlich beim Leiter der Landstelle Frankenburg um Osthilfe für den Prinzen Georg und Prinzessin Margarete bemüht hat! .... Das deutsche Volk hat den Hohenzollern so viele Millionen nachgeworfen, dass es eine Schande für sie ist, dass sie für die Verwandtschaft auch noch Osthilfegelder auf Kosten des Volkes herausschlagen wollte." (Vorwärts 26.1.1933)

c) Gegner der Republik.

Öffentliche Aufregung verursachte vor allem die hartnäckige Staatsfeindlichkeit derjenigen, die die Hilfe erhielten. Verschiedene Skandale, wecken den Unwillen der Öffentlichkeit. Unter den 41 000 Betrieben, die Osthilfe erhalten, "sind vor allem viele Namen solcher adlige Grundbesitzer, die seit vielen Jahren bei jeder beliebigen Gelegenheit die demokratische Reichsverfassung in der schärfsten Weise angreifen", beschreibt am 30. Januar 1933 die Leipziger Volkzeitung den eigentlichen Skandal.

Albert Bergholz (*10.01.1892), erhält das Wort zum Referat. Zügig und konzentriert analysiert er die Tätigkeit des SPD-Unterbezirks in Vorbereitung und Durchführung der Reichstagswahlen im November `32: 442 Versammlungen, 15 Frauenversammlungen, 64 Filmabenden und 45 Konsum-Veranstaltungen wurden durchgeführt. Hundertausende Werbezeitungen und Druckschriften brachten sie in die Haushalte. 600 Falken aus dem Unterbezirk halfen dabei. Ihr Volksbote verteilte zusätzlich und kostenlos 1 1/2 Millionen Aufklärungsschriften unter die Bürger. Bewährt hat sich Aufstellung von Wahlhelfern für das Land. Obwohl die Frauen bei der Wahlpropaganda eine große Arbeit leisteten, muss die Hausagitation im Allgemeinen noch verbessert werden. Immer wieder agitiert Albert Bergholz seine Genossen: Wie im Sturmjahr `32, der Kleinarbeiter bildet der Rückgrat unserer Parteiorganisation. Die KPD, sagt er, führte einen "konzentrierten Angriff" auf den Unterbezirk durch, worauf etwas abrupt die Einschätzung folgt: "Kommt auch die Einheit spät, so kämpfen doch jetzt die KPD-Proletarier mit uns um die Demokratie."

Nach ihm spricht Paul Franken (*27.6.1894) der sofort auf die grundsätzlich veränderte politische Lage rekurriert: Eine Regierung gegen das arbeitende Volk ist entstanden. Delegierte und Gäste stösst er auf Ernst Thälmann (KPD), der am letzten Donnerstag in der "Roten Fahne" ausführte, dass die Arbeiterklasse selbst den Zeitpunkt des Angriffs bestimmen muss. Wie sich herausstellte, wollen alle Redner die Kooperation der Arbeiterparteien. Damit reichen die Sozialdemokraten des Unterbezirks Zeitz-Weissenfels-Naumburg den Kommunisten erneut die Hand zur Zusammenarbeit. Das war bei weitem nicht überall so. "Die Sozialdemokraten werden der kommunistischen Generalstreikhetze" der Roten Fahne (Berlin), kommentierte zum Beispiel die Salzburger Wacht am 1. Februar 1933, "nicht folgen".

Erst neulich, da knirschte es wiedermal. Zum 25. Januar abends, riefen die Kommunisten zu einer Bürgerversammlung in die Reichshalle, ein bekanntes Zeitzer Arbeiterlokal. In dem dreieinhalbgeschossigen Bau, nah am ehemaligen Wassertor gelegen, gründeten sie 1919 ihre Ortsgruppe. Heute wurde es hier nicht weniger spannend. Unversehens marschierte ein ansehnlicher Trupp von Sozialdemokraten ein und füllte den Saal. Sofort ging`s hoch her. Schnell organisierten die Kommunisten Verstärkung, die allerdings recht spät eintraf. Zunächst sprach einer von ihnen über die Vorsteherwahl im Stadtparlament, was nicht viel Anklang fand, weil die Sozialdemokraten es anders erinnerten.

Otto Rothe meldet sich. - Über ihn wird die Nazi-Justiz am 28. und 29. Februar 1935 im Schwurgerichtsgebäude von Naumburg wegen Widerstandsaktivitäten verhandeln und ihn anschließend zwei Jahre und neun Monate ins Zuchthaus sperren. - Sein Bericht wird deutlich positiver aufgenommen. Danach erhält Genosse Albert Bergholz das Wort. Mit klaren und sachlichen Worten geift er in die Diskussion ein und widerlegte mit Fakten die Reden der KPD-Genossen. Detailliert beschreibt ihre Absprachen in einer Privatwohnung zur Koalitionsbildung bei der Oberbürgermeisterwahl, wo sie schliesslich Stimmenthaltung zusagten. Darauf antwortet ein Kommunist. Um von der Lügenwalze nicht überrollt zu werden, verliessen die Sozialdemokraten fluchtartig den Saal.

In der weiteren Debatte sprechen die Genossen Münker, Thieme und Rektor Schulze - alle aus Zeitz - und Genosse Völker aus Droysig. Es folgt dann die Annahme der Entschliessung, die dokumentiert, im Diana-Saal von Zeitz ist man sich einig:

Jetzt geht der Kampf um Faschismus oder Sozialismus. Die geschworenen Feinde der Arbeiterklasse, die Vertreter von Schwerindustrie und Junkertum, die Reaktion um Hitler und Hugenberg, rüsten zum Generalangriff auf die politischen und sozialen Rechte des deutschen Proletariats. Die SPD-Genossen rufen:

Lasst den Bruderkampf beiseite!

Formiert die Bataillone.

Stärkt die Eiserne Front, bereit zu verteidigen,
was in jahrzehntelangem Kampf errungen:

Für die Freiheit!
Gegen Diktatur!
Für den Sozialismus!
Gegen die kapitalistische Ausbeutung!
(Zitat gekürzt)

 

Noch am selben Tag, dem 6. Februar 1933, verkündet Reichspräsident Hindenburg auf Grundlage der Weimarer Verfassung Artikel 48 Absatz 1 die

"Verordnung zur Herstellung
geordneter Regierungsverhältnisse in Preußen".

Durch das Verhalten des Landes Preußen gegenüber dem Urteil des Staatsgerichtshofs für das Deutsche Reich vom 25. Oktober 1932 "ist eine Verwirrung im Staatsleben eingetreten", weshalb er bis auf weiteres dem Reichskommissar für das Land Preußen und seinen Beauftragten die Befugnisse, die nach dem erwähnten Urteil dem preußischen Staatsministerium und seinen Mitgliedern zustehen.

 

Gustav Thate protestiert auf dem Markt  zurück

Tags darauf, als Reichspräsident Paul von Hindenburg Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt hatte, ziehen am Nachmittag in Naumburg an der Saale einige hundert Kommunisten nebst Sympathisanten in geordneter Weise durch die Stadt und protestieren gegen die Hitler-Hugenberg Regierung und für den "Generalstreik gegen die faschistische Terrorherrschaft!".

Naumburg Markt, 1933

Auf dem Markt halten sie inne. Gustav Thate (*27.01.1901), ein passabler Redner, tritt vor. Immer auf der Seite der organisierten Arbeiter. Zuletzt in Naumburg Kassierer des Deutschen Metallarbeiter-Verbandes (DMV). 1901 in Annaberg / Sachsen geboren, lebte der Sohn des Eisendrehers Emil Thate und dessen Ehefrau Paula, geborene List, während der Kindheit im Erzgebirge. Acht Jahre Mittelschule in Olbernhau. Von 1915 bis 1917 Lehre im Schmiedehandwerk. Olga, geborene Heurich, tritt in sein Leben. 1923 heiraten sie. Im Frühjahr wird ihre Elfriede geboren. Zwischen Kriegstrauma und Modernisierung, droht die Familie in Armut zu versinken. 550 Mark kostet der Liter Milch im Februar `23 in Naumburg. "Wenn diese Steigerung allerdings so weitergeht, in den Sprüngen von 180 und 120 M[ark] das Liter," schreit eine Mutter ihren Kummer in die Stadt hinaus, "dann werden wir bald unsere Lieblinge dahinscheiden sehen."

Bahnhof Leuna, 1930

Nach der Hyperinflation verbessert sich das Leben der Familie Thate. Der Vater arbeitet ab 1927 als Schlosser im etwa zwanzig Kilometer entfernten Leuna-Werk. Hier zahlt man die besten Löhne in der Umgebung. In diesem Jahr begann die Herstellung des Leuna-Benzins aus Braunkohle im Bergius-Pier-Verfahren. Zu den Schichten bugsiert ihn der Eisenbahn-Arbeiter-Berufsverkehr. Mutter Olga war Köchin, was gut in die Zeit passte, brachte es doch der Familienversorgung manchen kleinen Vorteil.

Unweit ihrer Wohnung am Marienplatz 17 warben Kinos um Besucher. Zwischen 1929 und 1932 existierten in Naumburg 57 Kneipen, Speiserestaurants und Cafés, 18 Gasthöfe mit Hotel und vier Weinstuben sowie drei Kaffeestuben mit Feinbäckereien (NBT, Silvest. 2005). In Arbeiterlokalen konnte man sich verabreden und die Neuigkeiten besprechen. Turn- und Sportvereine unterbreiteten interessante Freizeitangebote. 1919 fasste die Volkshochschulbewegung in Naumburg wurzeln. Seit ihrer feierlichen Eröffnung am 29. September 1919 im Ratskellersaal organisierte sie viele Vorträge und Kurse (NBT 1.10.1919). Weithin bekannt wurden die Vorträge von Walter Hege über den Dom. Ganze 600 Meter von der Wohnung der Familie Thate entfernt lag der Reußenplatz 18, wo sich 1931 bis 1933 der Naumburger Verein für Bildung und Wissenschaft der Kommunisten installierte.

Als Vater Thate 1930 wegen politischer Aktivitäten entlassen wurde, waren die Töchter Elfriede und Sonja sieben und drei Jahre alt. Ein Unglück kommt selten allein. Jetzt folgt das Zweite: Weil er mit den Mitgliedsbeiträgen des DMV nicht korrekt verfahren, verurteilt ihn das Schöffengericht Naumburg am 2. Juli 1931 zu drei Monaten Gefängnis. Peinlich genug, dass man sich über ihn im Feldschlösschen (Spechsart 20), Gasthof zum Goldenen Hufeisen und am Markt 3 im Cafe Furcht das Maul zerriss? Nein, da musste sich noch der Zeitzer Volksbote über den KPD-Mann beugen. Schnell war ein Artikel, verziert mit allerlei Deftigem und Törichtem nebst etwas Schnickschnack geschrieben. Dann zog der Watschenmann am 31. Juli 1931 damit ins Zeitzer-Weissenfelser Industrierevier. Jetzt erfuhr der Kumpel alles über

"Die Kommunistische "Gewerkschaftsarbeit".
Was Thate alles tat".

Noch hinter Freyburg an der Unstrut und Laucha, in Naumburg sowieso, konnten die Abonnenten und Leser diese Ausgabe nach Neuigkeiten durchstöbern und die Nachrichten in ihrer Bedeutung ergründen.

Ist das heute vergessen? - Was wird der Schmied - seit 1927 Mitglied der KPD - jetzt tun?

Gustav Thate verdammt am Nachmittag des 31. Januar 1933 vor einigen Hundert Gleichgesinnten auf dem Naumburg Markt die Koalitionsregierung unter Adolf Hitler in Grund und Boden.

Jetzt tritt ein, wovor SPD, ADGB, Afa-Kartell, Arbeiter-Sport-Kartell, Sozialistischer Arbeiterjugend (SAJ), Arbeitersängerschaft, Reichsbanner, Sozialistische Arbeiterpartei und KPD am 6. Juli 1932 in Naumburg mit der Demonstration Gegen den Terror der braunen System-Armee Hitlers warnten: Im Schutz der Junkerregierung und den faschistischen Bürgerkriegs- und Kriegsparteien wird den Nationalsozialisten und Deutschnationalen der Weg zur faschistischen Diktatur geebnet. Die Rote Fahne (Berlin) und der Klassenkampf (Halle) sind bereits verboten. Sie, die Genossen um Gustav Thate, agieren isoliert. Der Beschluss der Generalversammlung des SPD-Unterbezirkskonferenz Zeitz-Weissenfels-Naumburg vom 6. Februar 1933 orientierte doch auf Zusammenarbeit aller Anti-Hilter Kräfte? Was war passiert? Die überlieferte Erzählung wird hier brüchig. Im gewissen Abstand zum letzten Krieg wurde versäumt, ihre Sinnstränge zu knüpfen. - An der Leitung des SPD-Unterbezirkes lag es nicht. Albert Bergholz warb um die KPD, aufrichtig und frei von allen Winkelzügen.

Auf dem Markt fehlten viele Mitglieder aus den Gewerkschaften. Ihr Verhalten erklärt die Stellungnahme des Bundesausschusses vom 1. Februar 1933, veröffentlicht in der Leipziger Volkszeitung unter der Überschrift

"Der ADGB zur politischen Situation".

Am liebsten würden die Mitglieder, heißt es, sich "in unmittelbarer Aktion" gegen die reaktionäre Regierung zur Wehr setzen. Doch die Führung des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes gibt folgende Handlungsanleitung: Das "wäre menschlich richtig, aber taktisch falsch". Denn "Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die Gewerkschaften die Interessen der deutschen Arbeiterschaft schädigen würden, wenn sie diesen Impulsen nachgeben würden." Hiernach fixiert sich der Vorsitzende des ADGB und SPD-Mitglied Theodor Leipart auf die Frage, was "von dieser Regierung sozialpolitisch zu erwarten ist" und befasst sich in d i e s e r  S i t u a t i o n  mit den Folgen möglicher Umstrukturierungen des Reichsarbeitsministeriums. "Organisation - nicht Demonstration: das ist die Parole der Stunde." So reagiert der ADGB auf den 31. Januar 1933. Der Hitler-Staat war akzeptiert, strittig waren lediglich die "Ansprüche der Arbeiter auf Gleichberechtigung in Staat und Wirtschaft". Am 1. April 1933 erklärt der ADGB: "Die Gewerkschaften beanspruchen nicht, auf die Politik des Staates unmittelbar einzuwirken."

Reichsminister Göring, meldet am 2. Februar 1933 die Leipziger Volkszeitung, hat in seiner Eigenschaft als Reichskommissar für das preußische Innenministerium ein Demonstrationsverbot für die Kommunistische Partei und ihnen angeschlossenen Organisationen erlassen. Arbeiterklasse und Gewerkschaften droht die soziale und politische Entrechtung.

Den Mann vom Marienplatz 17 erwartet nichts Gutes. Auf Antrag von Hauptwachtmeister Blietz in Nebra, angeordnet von Bürgermeister Roloff, nimmt die Polizei den "Hetzer gegen die NSDAP" am 11. März 1933 in Schutzhaft. 1935 ergeht gegen ihn wegen Vorbereitung des Hochverrats ein Urteil über zwei Jahre Gefängnis. Anschliessend erfolgt seine Überführung in das KZ Lichtenburg. Von hier führt die Schleifspur der Repression bis ins KZ Buchenwald bei Weimar. Im Einlieferungsbuch findet sich unter dem "31. Juli 1937, 14 Uhr" der Eintrag: "Gustav Thate".

Und doch war die NSDAP nicht der einzige Gegner, den Thate sich am 31. Januar auf dem Markt von Naumburg vorknöpfte. Sozialdemokratische Spitzenfunktionäre boten in letzter Zeit ihre Dummheiten feil, lobten beispielsweise Hitlers Steigbügelhalter zu den Präsidentenwahlen im März 1932 als vertrauenswürdigen Politiker aus. Musste sich aber deshalb sein "Blutgeheul" zu neunzig Prozent gegen die Sozialdemokraten richten? Die Arbeiterzeitung aus Zeitz verstand das nicht. Für sie war es ein unüberwindlicher Widerspruch zur Forderung nach der Einheitsfront, stand doch andererseits einwandfrei fest, dass der hiesige "Einheitsausschuss nur auf Betreiben der kommunistischen Führer nicht weiter in Funktion treten konnte". Desweiteren verhinderte erst im letzten September die Orts-KPD durch ihr Verhalten die Entsendung von Arbeitervertretern in den Naumburger Gefängnisrat. Hätte sie die fünf Stimmen der SPD unterstützt, dann wäre es gelungen Gewerkschaftssekretär Gottfried Rublack (Siedlungsstraße 35) zu delegieren. Dazu konnten sich die Kommunisten leider nicht entschliessen und präsentierten dafür lieber eine Liste, die keine Aussicht auf Erfolg versprach. In den Gefängnisbeirat wählten dann die Stadtverordneten am 22. September 1932 den Rechtsanwalt Erich Dietze, der bald zum Leiter des Rechtsamtes der NSDAP-Kreisleitung Naumburg aufsteigt, und den Rechtsanwalt Doktor Rudolf Funke, dessen antiliberale Rechtsauffassung einmal mehr 1934 im Logen-Prozess zu Tage treten wird.

Hitler-Gegner protestierten in einigen deutschen Städten. Am 31. Januar folgen, eruierten 1982 Hans-Joachim Althaus und Friedrich Bross, in der 4 000 Einwohner zählenden schwäbischen Kleinstadt Mössingen 800 Bürger dem Streik-Aufruf der Kommunistischen Partei Deutschland, Bezirk Württemberg. In Mannheimer Betrieben und in der Konstanzer Zeltfabrik Strohmeyer legten, meldete am 2. Februar 1933 die Rote Fahne aus Wien, die Belegschaft die Arbeit nieder. Arbeiterzeitungen, wie die Leipziger Volkszeitung, der Volksbote in Zeitz und Lübeck oder die kommunistische Rote Fahne in Berlin, lehnen das Hitler-Kabinett ab und formulieren klar ihre politische Kampfansage.

Noch einmal marschiert am 6. Februar die Zeitzer Arbeiterschaft auf. 3 Uhr nachmittags vereinbaren sich die Eiserne Front, SPD, KPD, KJVD (Kommunistische Jugendvereinigung Deutschlands), SAJ (Sozialistische Arbeiterjugend), Arbeitersportler und die Genossen von der SAP (Sozialistische Arbeiterpartei) am Volksheim. Genosse Albert Bergholz (SPD) kümmert sich um die Organisation. Fünftausend Demonstranten. Hunger plagt sie. Arbeit und Brot fordern sie. Immer wieder erklingt aus der Marschformation der Ruf nach "Freiheit". Die Kommunisten rufen "Rot Front" und singen verbotene Lieder. Sofort hinderte die Polizei sie am Mitgehen. Elf von den "Störern" werden festgenommen. Am Rossmarkt warten die Nationalsozialisten auf die Kolonne. Zügig tauschen sie verbale Aggressionen aus. - Gegen 18 Uhr trifft der Zug auf dem Altmarkt ein. Genosse Richard Dietrich (1885-1963) hält eine kurze Ansprache. Dann ist die Kundgebung beendet.

 

 

Unter Mackensens Führung  nach oben

"Naumburger Tageblatt",
11./12. Februar 1933

Das Naumburger Tageblatt erklärt am 11./12. Februar 1933: Der "Wahlkampf um Deutschlands Schicksal, um Deutschlands Zukunft, um die Entscheidung am 5. März ist nun eröffnet."

"Der greise Generalfeldmarschall von Mackensen"
übernimmt "in dieser Stunde noch einmal die Führung",

"um die Einigkeit im Kampfe und den siegreichen Ausgang zu verbürgen. Über den Rundfunk rufen die Führer der nationalen Front das ganze Volk auf, der neuen Regierung Hitler-Papen-Hugenberg-Seldte in Einigkeit und Zuversicht zu folgen." Was die Zeitung nicht preisgibt, der nach Hindenburg beliebteste Soldat Deutschlands ist ein Kriegsverbrecher.

Und, wie sich nach der Liquidierung der SA-Führung am 30. Juni 1934 herausstellte, ein Mann ohne Haltung und Prinzipien gegenüber den Kameraden. Schon einmal, damals im Februar 1920, als die Diskussion über die Auslieferung der deutschen Kriegsverbrecher an Frankreich aufbrandete, bekam das lebende Soldatendenkmal Kratzer. Aber der Mann mit dem zerknirschten Soldatengesicht wurde für die Popularisierung der Wehrhaftmachung und Unterstützung der Revisionspolitik gebraucht. Besonders der Bund der Frontsoldaten nahm seine Dienste für nationalen Aufgaben ersten Ranges gerne in Anspruch. "Der Stahlhelm und der Generalfeldmarschall von Mackensen verstehen sich einander," stellt ihr Erster Bundesführer Franz Seldte fest, "sind eines Sinnes und Willens in Trotz und Treue und Kameradschaft."

Wer seinen Verstand unverkümmert nutzen konnte, der wusste, Unter Mackensen Führung! ist nichts Gutes zu erwarten. Er verkörpert den deutschen Offiziersgeist, der von Brutalität, Stumpfsinn, Ueberhebung und Mangel an Zivilcourage durchsetzt (Tucholsky 1922). Trotzdem flogen den auf einem Schimmel reitenden Husaren die Herzen nur so zu. Denn den meisten Naumburgern diktierte der Zeitgeist, die vaterländische Kriegsliteratur und deutschnationale Geschichtspropaganda das politische Urteil.

 

 

Unterdrückung, Repression und Terror  nach oben

Hitler-Papen verbrauchen sich genauso schnell wie ihre Vorgänger, war eine Meinung, die man im März-April `33 in der Stadt öfter hörte. In den ersten Monaten nach der Machtübernahme betrachteten, was durch den am 4. April 1933 beurlaubten Oberlandesgerichtspräsidenten Georg Werner überliefert, viele Naumburger Richter die Herrschaft des Nationalsozialismus als Übergangserscheinung (Möhring 2011, 87). Aus heutiger Sicht ist dies schwer verständlich, denn bereits durch die ersten Massnahmen hob sich die neue Regierung deutlich von ihren Vorgängern ab, indem sie zügig die kommunale Diktatur konstituierte. Das gilt fürs ganze Land. Die Hälfte der sozialdemokratischen Zeitungen ist verboten, schlägt der Lübecker Volksbote am 7. Februar 1933 Alarm.

Am 22. Februar macht Hermann Göring 40 000 SA- und SS-Leute sowie 10 000 Stahlhelmleute zu Hilfspolizisten. Sondergerichte werden eingerichtet. Am 27. Februar 1933 brennt in Berlin der Reichstag. Für die NSDAP war es ein Signal für den Aufstandsversuch der KPD, was nun ihren Terror gegen jede Opposition rechtfertigen konnte. Marinus van der Lubbe (1909-1934) und Ernst Torgler (1893-1963, KPD-Mitglied, 1949 Mitglied der SPD) werden als Brandstifter beschuldigt.

Ist jetzt überhaupt Widerstand möglich? Wer soll ihn organisieren und leisten? Die Gewerkschaften nicht. Auch nach den Reichstagswahlen vom 5. März 1933 betrieb die ADGB-Führung weiter ihre Anpassungspolitik und stellte sich „in den Dienst des neuen Staates".

`Der Hitler`, ahnten einige von den Konservativen und nicht-nationalsozialistischen Reichswehroffizieren, `wird uns ruinieren`. Eine demokratische Front? Etwa mit den Sozis und Moskauern? Das ist unmöglich, wenn man einst "mit Gott für König und Vaterland" im Kampfe stand, schrieb am 2. April 1931 Generalleutnant a. D. Dietrich aus Naumburg, Körnerstraße 9, an Richard Scheringer (1904-1986) in Gollnow, als der sich vom "knechtselige(n) Bürgertum aller Schattierungen" abwandte.

Pfarrer Lorenz Bertheau und Pfarrer Albert Mielke kollidierten mit den Nationalsozialisten, widersetzten sich ihrem totalitären Erziehungsanspruch gegenüber der Jugend. Demungeachtet dominieren die deutschen Christen. Sie tragen am 1. Mai 1933 ihre Fahnen bis auf den Ostlettner des Naumburger Doms.

Blieben noch die Linken. Im März 1920 streikten und kämpften die Aktionsausschüsse in der Region Zeitz-Weißenfels-Naumburg gegen den Kapp-Putsch. Im Jahr darauf bäumen sich die Leuna-Arbeiter gegen ihre schlechte Behandlung und das Treiben der Organisation Consul auf. Den Blausäureanschlag am 5. Juni 1922 auf den Oberbürgermeister von Kassel Philipp Scheidemann (SPD) durch die rechtsradikale Organisation "Consul" kontert tags darauf die Linke der Stadt mit einer sozialistischen Demonstration. Vom Militarismus angewidert und abgestossen vom gefährlichen deutschen Nationalismus, protestieren die politisch bewussten Arbeiter am 11. Mai 1924 in Halle gegen den Deutschen Tag. 1926 werfen sie sich in den Fürstenentscheid. 1928 stellten sich wieder große Teile der Linken dem Panzerkreuzerbau entgegen. Zwei Jahre später verteidigten Sozialdemokraten, Kommunisten, Reichsbanner-Mitglieder, Antifa und sonstige Sympathisanten die SPD-Versammlung in Freyburg an der Unstrut. 1931/32 entstand die Eiserne Front, eine hoffnungsvolle Formation zur Abwehr der Diktatur. Am 6. Juli 1932 demonstrierten sie gegen die wachsende faschistische Gefahr und Armut. Inzwischen war das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold Naumburg zu einer bewährten politischen Kraft herangewachsen, das massgeblich an vielen politischen Aktivitäten, Maßnahmen und Protesten beteiligt. In den demokratischen Gefilden der Stadt wuchs sein Ansehen merklich. Erst am 30. Januar 1933 tagte im Deutschen Haus zu Zeitz ihre Kreiskonferenz. 1932, dem Jahr mit den zwei Reichstagswahlen, den Wahlen zum preussischen Landtag und den Präsidentenwahlen, wehrten SPD, Reichsbanner, KPD, Antifa, Gewerkschafter, Anarchisten und (SPD-) Naturfreunde den Nazisturm auf den Spechsart-Konsum ab.

Aber was passiert jetzt?

Gemäß den Gemeindevertretungsgesetzen ist das Staatsministerium ermächtigt, durch Verordnung die gemeinschaftlichen Vertretungskörperschaften aufzulösen. Davon macht die kommissarische Regierung Preußen am 4. Februar 1933 gebrauch und ruft für den 12. März Neuwahlen aus.

Mit der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des Deutschen Volkes vom 4. Februar 1933 wird die Entfaltung der demokratischen Kräfte verhindert. Am 28. Februar 1933 folgt die Verordnung .... zum Schutz von Volk und Staat: "Die Artikel 114, 115, 117, 118, 123, 124 und 153 der Verfassung des Deutschen Reiches werden bis auf weiteres außer Kraft gesetzt. Es sind daher Beschränkungen der persönlichen Freiheit, des Rechts der freien Meinungsäußerung [...] auch außerhalb der sonst hierfür bestimmten gesetzlichen Grenzen zulässig." Elementare rechtsstaatliche Sicherungen, wie die Vorführung des Verhafteten vor einen Richter, sind damit außer Kraft. Das Grundgesetz des Dritten Reiches dient der schrankenlosen Ausweitung der nationalsozialistischen Herrschaft und ihrer Instrumente. Oppositionelle, Sozialdemokraten, Gewerkschafter und Kommunisten werden verhaftet, ihre Abgeordnetenmandate kassiert und Konten beschlagnahmt.

Auf Grund Paragraph 1 der Verordnung des Reichspräsidenten vom 28. Februar 1933 wird die periodisch erscheinende Handzeitung der KPD Naumburgs Rote Wacht für die Dauer von acht Monaten verboten. "Wer hat die Verteiler gesehen?", fragt die Stadtzeitung in der Ausgabe am 4. März. Jetzt beginnt, wie es offiziell heißt, der

"Vernichtungskampf der geheimen Staatspolizei
gegen die Volksschädlinge".

Allenfalls ein organisierter Generalstreik in Industrie und Verwaltung könnte Hitler noch aufhalten. Aber das scheint aussichtslos: Denn wie will man gegen mehr als siebzig Prozent der Bevölkerung in den Aufstand treten?

 

 

Widerstand aus dem Volk

Und trotzdem, einige wenige Bürger - Sozialdemokraten [12, 3], Kommunisten [1], Anarchisten, SAP-Mitglieder - widersetzen sich der Machtübergabe an Hitler und dem politischen System des Nationalsozialismus. Kleine Gruppen reorganisieren sich im Laufe der Zeit zum Widerstand aus dem Volk. Ihre Möglichkeiten sind begrenzt, besonders durch die Terrorgesetze, Verhaftungswellen und die Wahlergebnisse zugunsten des nationalsozialistisch-deutschnationalen Machtblocks. In einer längeren Etappe der Aufarbeitung des nationalsozialistischen Widerstandes entstand, wie Ian Kershaw 1994 (279 ff.) im Ergebnis einer Studie festhielt, der Eindruck vom "Widerstand ohne das Volk". Als der Widerstands-Begriff einer Revision unterzogen, die Forschung sich mehr dem Alltag zuwandte und die regionalen Ereignisse mehr beachtet wurden, da war er nicht länger zu übersehen:

Der spontane Widerstand gegen das nationalsozialistisch-faschistische Herrschaftssystem aus dem Volk.

Oft eng mit dem renitenten Charaktertyp vergesellschaftet, mutet er in der Rückschau vielen Bürgern naiv an. Bis heute wird er deshalb oft nicht beachtet, unterschätzt und nicht gewürdigt. Und doch ist er im Leben der Bürger Richard Hertel, Wilhelm Kayser, Franz Melchrick, Rosemarie Böttger oder Otto Neumann gut erkennbar. Gegenüber den von Gesellschaft hochgeschätzten organisierten politischen und verspäteten Widerstand aus dem System heraus, ist er keineswegs zweitrangig.

 

 

Die Reichstagswahlen vom 5. März  nach oben

Alexander Schifrin analysiert 1932 im Aufsatz Sprengstoffe in der deutschen Politik die höchstgefährliche Ambivalenz einiger von der Allgemeinheit anerkannten und gutgeheißenen Arbeits-, Sozial- und Wahltechniken der Demokratie. Vornan das Phänomen, dass sie die Stimmung und Massenpsychologie zum entscheidenden Faktor im Staate erhebt. Diese Momente und Kräfte nutzte die Nationalsozialistische Arbeiterpartei Deutschlands aus und trieb es bis zur plebiszitären Ausrufung der Diktatur voran.

Die Mitglieder und Sympathisanten der Arbeiterparteien wurden in Vorbereitung der Wahlen am 5. und 12. März durch Verhaftungen, direkte und unterschwellige Drohungen und Schikanen an der Wahrnehmung des freien Wahlrechts gehindert. Einen Tag vor den Reichstagswahlen fanden politisch indizierte Hausdurchsuchungen statt. Um die Wahllokale gruppierten sich kleine SA-Trupps. "Zum ersten Male", vermerkt ein öffentlicher Wahlbericht, "war von der Agitation der Linken nichts zu sehen." Die streng nationale Familie bekundet mit einem schwarz-weiss-rot Fahnenmeer und unzählbaren Hakenkreuzzeichen ihre Sympathie für Adolf Hitler. Ihre Propaganda stilisiert die Reichstagswahlen zum Tag der erwachenden Nation.

Am Vorabend eilten SA, SS-Standarte 4, Abordnungen von den Vaterländischen Verbänden, Schulklassen und viele Bürger eilten zur Kundgebung. Zu Tausenden standen sie auf dem Markt in Reih und Glied. Von ½ 9 bis ½ 10Uhr brüllten die Lautsprecher Adolf Hitlers Kampfrede aus Königsberg gegen den Marxismus und seine Helfershelfer in die Menge. Zum Abschluss stimmte die Prozession der Willigen das Horst-Wessel-Lied an und schloss mit einem dreifachen Sieg-Heil. Langsam kroch aus der Masse ein langer Fackelzug. Vor dem Jägerdenkmal gedachten sie den Gefallenen des Ersten Weltkrieges und legten einen Kranz nieder.

Am Morgen des nächsten Tages ziehen die Stahlhelmkapelle und ein Trommelkorps mit Marschmusik durch die Stadt, um die Bürger zur Wahl zu animieren. Viele von ihnen suchen in feldgrauer Uniform oder im Braunhemd das Wahllokal auf. An ihren Eingängen wachen ausgesuchte, politisch zuverlässige Personen, Vaterlandstreue. Mittags spielt zur großen Freude der Bürger wieder die Stahlhelmkapelle zum Platzkonzert auf. Nebenher schleppen am Tag der erwachenden Nation Stahlhelm- und SA-Leute die Wahlmüden an die Urne.

Im Reich votieren 43,9 Prozent der Wähler für die NSDAP. Die Sieger stilisieren es als Durchbruch der nationalen Revolution und Revanche für 1918. Schnell wird die ungeliebte Republik demontiert. Das Naumburger Tageblatt jubelt über die "Wendung in Deutschlands Geschichte". Weder deutschlandweit noch in Naumburg erhält die NSDAP die absolute Mehrheit und kann deshalb nicht allein regieren. Von den ersten dreizehn Ministern im Hitler-Kabinett sind lediglich drei Mitglieder der NSDAP. Indess es steht die Kampffront Schwarz-Weiss-Rot, am 11. Februar 1933 als Bündnis von Deutschnationaler Volkspartei (DNVP), Stahlhelm- und Landbund gegründet, bereit. Die Farbkombination erinnert an das deutsche Kaiserreich (1871-1918) und symbolisiert die Abkehr vom Weimarer Parteienstaat. Im Reich erhält das Bündnis acht und

in Naumburg enorme 26,8 Prozent der Stimmen.

 

 

 

Wahlen zum Reichstag am 5. März 1933 und
der
Stadtverordneten am 12. März 1933

- Naumburg (Saale) -

 

 
Reichstagswahl
Stadtverordnetenwahl
 
Naumburg
Reich
Naumburg
1929
 
Stimmen
Prozent
Prozent
Stimmen
Prozent
Prozent

NSDAP

8 927
44,7
43,9
6 129
37,0
14,7

SPD

2 369
11,9
18,3
2 084
12,6
15,6

KdgM

     
1 454
8,8
 

KPD

2 489
12,5
12,3
1 654
10,0
11,4

DNVP / KSWR

5 342
26,8
8,0
3 928
23,7
18,6

DVP

336
1,7
1,1
     

DStP

153
0,7
0,9
     

Christl-Soz.

36
0,2
       

Bauernpartei

13
         

DHP

0
         

Haus- u. Grund.

     
1 265
7,6
10,8

Wehrwolf

     
59
0,3
 

Andere

   
2,7
   
28,9*

Zentrum

302
1,5
11,3
     

Gesamt

19 967
100
 
16 573
100
100
             
  Wahlbeteiligung > 90 %   Wahlbeteiligung 79,6 %  
   


* Darunter die Wirtschaftspartei mit 12,9 Prozent und Bürgerliche Arbeitsgemeinschaft mit 9,1 Prozent

NSDAP - Nationalsozialistisch Deutsche Arbeiterpartei
SPD - Sozialdemokratische Partei Deutschlands
KdgM - Geeinter Mittelstand, Kampfbund des gewerblichen Mittelstandes,
DNVP - Deutschnationale Volkspartei
KSWR - Kampfront Schwarz-Weiss-Rot
KPD - Kommunistische Partei Deutschlands
DVP - Deutsche Volkspartei
DStP - Deutsche Staatspartei
Christlich-Soziale - Christlich-Soziale Reichspartei
Bauernpartei
DHP - Deutsch-Hannoversche Partei
Haus und Grund - Haus- und Grundbesitzer
Wehrwolf - Wehrwolf. Bund deutscher Männer und Frontkrieger
Zentrum - Deutsche Zentrumspartei (Vertreter des politischen Katholizismus)

 

 

Im Stadtkreis Naumburg triumphiert die NSDAP mit 44,7 Prozent der abgegebenen Stimmen über alle anderen Parteien. Für den nationalsozialistisch-deutschnationalen Machtblock votierten eindrucksvolle 71,5 Prozent. Bei den Stadtverordnetenwahlen sind es dann 60,7 Prozent.

Im September 1939 gehören 105 Personen der Stadtverwaltung, gleich 91,6 Prozent aller Mitarbeiter, der NSDAP an, teilt Oberbürgermeister Oskar Schaffernicht am 14. März 1946 den Präsidenten der Provinz Sachsen mit.

 

 

Zur Rolle der Haus- und Grundbesitzer nach oben

Einen Tag vor den Stadtverordnetenwahlen am 9. März 1933 rufen

die Haus- und Grundbesitzer zur Kundgebung

in den Großen Ratskellersaal, die vom langjährigen Vorsitzenden Papierhändler Karl Becker eröffnet wird. Die Mitglieder des Vereins sind gegen die Sozialisierung der Wohnungswirtschaft und lehnen die Gesetzesmacherei mit immer neuen Mehrforderungen ab. Steuern nach dem Prinzip der Leistungsfähigkeit, heisst ihre Losung. Bei einer ähnlichen Zusammenkunft am 8. November 1927 beklagten sie, dass der Mittelstand ein Drittel aller Steuern zahlt. Sie sind unzufrieden mit der Regierungspolitik. Das wäre nicht weiter schlimm, denn wer war oder ist das nicht in dieser fürchterlichen Wirtschaftskrise? Der Unzufriedene ist nicht gleich und immer der Regierungsfeindliche .... Doch hier liegt es anders. Die Hausbesitzer melden einen Motorschaden, keine Reifenpanne. Sie fühlen sich nach eigener Aussage im parlamentarischen System nicht ausreichend vertreten. Ihnen fehlt das Vertrauen in die Zukunft.

Als Referent erscheint heute Bürgermeister Gerber, Syndikus des Provinzialverbandes der Grundbesitzervereine. Die Wahlen bezeichnet er von "allergrösstem Interesse", um die Selbstverwaltung wiederzuerlangen. Vor dem Krieg bestand das Stadtparlament wenigstens zur Hälfte aus Hausbesitzern. Erst die neue Zeit brachte die Aufhebung dieser Vorschriften. Die neuen Herren im Stadtparlament, beklagt er, waren bekanntlich sehr bewilligungsfreudig. So begannen die Finanzen der Gemeinde zu schwinden. "Das Bezahlen überließen sie anderen."

"Die Not im Hausbesitz ist sprichwörtlich geworden. Der Hausbesitz ist ausgepresst bis aufs Letzte. Und damit ist ein Auftraggeber für das Baugewerbe ausgeschaltet worden ...."

Viele Bürger bewegen andere Gefühle, Sorgen und Gedanken, als sie auf dieser Versammlung vorgetragen werden, zumal der Referent verquollene Bilder zeichnete und sich vorzugsweise im Feld politischer Fehden tummelte.

Deutschland steht mitten in einer tiefen und mächtigen Wirtschaftskrise, weshalb die entscheidende Frage jetzt heisst:

Sind die Haus- und Grundbesitzer bereit
aktiv an der Bewältigung dieser Wirtschaftskrise mitzuarbeiten?

Vielleicht, antworten sie, wenn die Regierung ihre Forderungen erfüllt. "Unverschämt", klingts vom Arbeiter-Stammtisch herüber. - Der im August 1931 in Würzburg tagende 52. Verbandstag des Zentralverbandes deutscher Haus- und Grundbesitzervereine artikuliert erneut ihre Forderungen:

Aufhebung der Hauszinssteuer,

restlose Beseitigung die Wohnungszwangswirtschaft und

Beseitigung der mietsrechtlichen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches.

Das war ein reaktionärer Wunschzettel.

Wie die Kohlenbarone Westdeutschlands sich in der schweren Zeit während und nach der Besetzung in der Ruhrkrise an staatlichen Subventionen gesund machten, "so versuchen auch die Hausbesitzer jetzt, in dem Wirrwarr der Finanzkrise ihren Bereicherungsfeldzug auf Kosten der breiten Masse endgültig zu Ende zu führen." (Der Abend 15.8.1931)

Und wieder erklang am 10. August 1932 in Danzig von der Jahrestagung des Zentralverbandes deutscher Haus- und Grundbesitzervereine der

Ruf nach völliger Freiheit im Hausbesitz.

Er stand, berichtet am Tag darauf die Vossische Zeitung, völlig im Zeichen des Abbaus der Wohnungszwangswirtschaft. Vorsitzender Josef Humar (München) begrüsste den Abbau der Hypotheken-Zwangsgesetze. Trotzdem herrscht in dieser Abteilung des materiellen Besitztums, wie sie selbst sagen, Kampfstimmung. Ihre Forderungen lauten:

Keine Einschränkung des ordentlichen Mietrechts.

Freiheit der Mietrechtsvereinbarung.

Ausdehnung des Vermieterpfandrechts.

Keine Entschädigungspflicht des Vermieters bei der Kündigung.

Untervermietung nur nach Abstimmung mit Vermieter statthaft.

Beseitigung aller Gütestellen. (Voss. Ztg., 12.8.1932)

 

 

Stadtverordnetenwahlen vom 12. März  nach oben

Adolf Hitler kündigte am 21. Juli 1932 in Göttingen die Abschaffung des Mehrparteiensystems an, was praktisch die Beseitigung der Demokratie bedeutet. Verfolgt man die Reden und Diskussionen auf den Versammlungen in Vorbereitung der Reichstagswahlen und Stadtverordnetenwahlen, dann gewinnt man den Eindruck, dass

die Ankündigung von Hitler, die eigentlich eine Drohung ist!,

kaum irgendjemand gebührend ernst nahm. Nur Klar zum Gefecht! (1932) erkennt die Gefahr, verleiht der Sorge und Angst um die Zerstörung der Republik ihren Ausdruck.

Drei Tage vor Wahl der Gemeindevertreter ruft die Kampffront Schwarz-Weiss-Rot und Deutschnationale Partei (DNVP) die Bürger im Saal des Ratskellers zusammen. Gleich zur Eröffnung gibt es die üblichen monarchistischen Sottisen. Doktor Wolfgang Schöbel, Vorsitzender der DNVP-Ortsgruppe Naumburg, fordert zum Gedenken an den 45. Todestag von Kaiser Wilhelm I. auf, worauf sich alle von ihren Plätzen erheben. Konzentriert auf die Ausgabenpolitik der Gemeinden und die Bekämpfung des Bonzentums referiert dann Oberbürgermeister i. R. Hertzog aus Merseburg. Auch diese Versammlung berührt die höchstbedrohliche Gefahr für die Demokratie als Ganzes in Stadt und Land nicht. Mit "Heil Deutschland" verabschiedet Doktor Schöbel die Bürger zur Wahl am 12. März 1933.

Ein "großer Regierungssieg", jubelt am Tag nach der Wahl das Naumburger Tageblatt. Die Stadt-NSDAP erhielt 6 129 Stimmen. Sie gewann die Wahl mit  37 Prozent der Stimmen. Vor vier Jahren waren es noch 2 185 Stimmen.

Detaillierte Darstellung der Ergebnisse siehe Tabelle oben (Wahlen zum Reichstag am 5. März 1933 und der Stadtverordneten am 12. März 1933)

Für Stahlhelm und Deutschnationale Volkspartei, vereint mit dem Landbund in der Kampffront Schwarz-Weiss-Rot, votierten 3 928 Bürger und entspricht 23,7 Prozent aller abgegebenen Stimmen.

Am 10. März abends erscheinen im Saal vom Hotel Zur Post unter dem Vorsitz von Kaufmann Schröter der Kampfbund des gewerblichen Mittelstandes. Vereint wollen sie den handwerklichen und gewerblichen Mittelstand erhalten und die jüdisch-liberalistisch-kapitalistische Weltanschauung bekämpfen. Ihre Protagonisten fordern: "Allerschärfsten Kampf gegen die Warenhäuser", "höhere Besteuerung jüdischer Geschäfte". "Die Beamten" sollen bei der Auftragserteilung "nur die Geschäftswelt am Orte berücksichtigen"

1 265 Naumburger Bürger entscheiden sich für die Wählervereinigung Geeinter Mittelstand, Kampfbund des gewerblichen Mittelstandes, Haus- und Grundbesitzer Verein sowie Beamte, vertreten mit Julius Eix, Friedrich Hagemann, Ewald Petschik, Hermann Siegel, Carl Plötnner, Karl Cramer, Otto Schramm, Otto Keil.

Einen Tag vor der Stadtverordnetenwahl verhaftete die Polizei die Gegner des Faschismus Gustav Thate, Paul Reiszweck und Paul Zeitschel, alle KPD. Das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold war bereits am 7. März verboten worden. Angesichts dessen erreichte die SPD mit 12,6 Prozent und die KPD mit 10 Prozent ein formidables Ergebnis. Es sind etwa 230 Stimmen weniger als 1929. Bei einem fairen politischen Wettbewerb wäre ihr Stimmenanteil wahrscheinlich geringfügig höher ausgefallen. Zweifellos konnten sie aber den nationalsozialistisch-deutschnationalen Machtblock - ohne das Wagnis eines Bürgerkrieges - nicht verhindern.

 

 

Die 30 Stadtverordneten von Naumburg
Stand: 13. März 1933 und 6. April 1933  
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NSDAP
(1) Friedrich Uebelhoer, Oberleutnant a. D.,
Buchholzstraße 48
(2) Georg Schmidt, Kaufmann, Dechants Grund 3
(3) Otto Lehmann, Buchhalter,
Bergstraße 11
(4) Robert Leonhardt, Schlosser, Oststraße 35
(5) Max Richter, Postamtmann, Pfortastraße 39
(6) Ernst Flachsbarth, Rechtsanwalt,
Luisenstrasse 14
(7) Alfred Goldschmidt, Koch, Steinweg 15
(8) Walter Schmöller, Postschaffner, Linsenberg 21
(9) Hermann Wohlleben, Arbeiter, Blumenstraße 15
(10) Kurt Müller, Kaufmann,
Weißenfelserstrasse 43

(11) Ernst Rudloff, Wachtmeister
(12) Rudolf Müller, Reichsbahnassistent,
Unterm Georgenberg 3

Lehmann, Flachsbarth und Kurt Müller
verzichten Ende März auf ihr Mandat.

An ihre Stelle treten:
Roland Langermann, Zeichenlehrer, Mägdestieg 8
Paul Gotter, Buchhalter, Große Jakobsstraße 31
Georg Gerhardt, Schlosser, Kallische Straße 23

SPD
(1) Otto Grunert, Tischler, Steinweg 14
(2) Wilhelm Schwencke, Schriftsetzer, Lindenhof 3
(3) Gottfried Rublack, Gewerkschaftssekretär,
Siedlungsstraße 35
(4) Friedrich Blüthgen, Lehrer, Lützowstraße 17

Kampffront Schwarz-Weiss-Rot
(1) Moritz Starke, Landwirt, Weißenfelser Str. 14
(2) Dr. Martin Grüneisen, Arzt, Wenzelsring 8
(3) Karl Wehner, Böttcherobermeister, Wendenplan 8
(4) Dr. Herbert Burkhardt, Rechtsanwalt, Claudiusstraße 8
(5) Ernst Hochstein, Kaufmann, Burgstraße 58
(6) Gustav Wenzel, Architekt, Jägerstraße 12/14
(7) Georg Günther, Studienrat, Kaiser-Wilhelm-Platz 4

Haus- und Grundbesitz
(1) Julius Eix, Ingenieur, Burgstraße 28
(2) Fritz Hagemann, Kaufmann, Jägerplatz 16

Kampfbund des gewerblichen Mittelstandes
(1) Martin Schmidt, Kaufmann, Lindenring 13
(2) Kurt Dassler, Drogerist, Engelgasse 11

Kurt Dassler nimmt sein Mandat nicht an.
An seine Stelle tritt:
Erich Dietze, Rechtsanwalt, Jacobsring 2.

Kommunistische Partei Deutschlands
(1) Paul Zeitschel, Bildhauer, Große Neustraße 16
(2) Franz Neubert, Schriftsetzer, Windmühlenstraße 6
(3) Dr. Artur Samter, Rechtsanwalt, Parkstraße 21

Die Kommunisten werden von der Teilnahme
am Stadtparlament ausgeschlossen.

Quelle: Amtliche Bekanntmachung.
Amtliches Resultat der Stadtverordnetenwahl.
Naumburg, den 30. März 1933. Der Magistrat.


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Eine Missachtung des Wählerwillens und demokratischer Regeln bedeutet, dass die drei gewählten Abgeordneten der KPD ihr vom Wähler am 12. März erteiltes Mandat nicht wahrnehmen dürfen, weshalb die Stadtverordnetenversammlung ihre naturrechtliche Legitimation verliert.

Den sozialdemokratischen Stadtrat Otto Grunert (Tischler, Steinweg 14) beurlaubt Bürgermeister Karl Roloff bereits am 28. März 1933. Allerdings tritt er in der Stadtverordnetenversammlung am 11. Mai, was Fragen zum Ablauf der Ereignisse aufwirft, erneut kämpferisch in Erscheinung.

 

 

Haus- und Grundbesitzer   nach oben

Der Verein der Haus- und Grundbesitzer tagt am 29. März 1933 zur 40. Generalversammlung im Hotel Zur Post (Lindenring 34). Vorsitzender Karl Becker (Steinweg 5) erklärt, dass es gelungen sei, die Verrentung der Hauszinssteuer zu verhindern. Sie war nach vielen drängeln zum 1. April 1932 gesenkt worden. Gefallen ist ebenso, dass Wohnungsmangelgesetz, das nach seiner Meinung für Naumburg schon längere Zeit ohne Bedeutung war.

Der Kassenbericht weist eine günstige Vermögenslage aus.

Weiter legt er den Mitgliedern dar, dass die

"neue Zeit" den
Zusammenschluss mit den Wahlsiegern,

also mit den Nationalsozialisten erfordert. Denn die Interessen der Hausbesitzer sollte, begründet der Vorsitzende das Vorgehen, die stärkste Fraktion im Gemeinderat vertreten. Das war einmal ganz anders. In der Sitzung am 24. Juni 1920 kritisierte Karl Becker die Politisierung des Vereins. Damals fühlten sich die Eigentümer durch Gesetze zum sozialen Wohnen in unangenehmer Weise bedrängt. Jetzt empfindet man den Zusammenschluss mit der NSDAP als erstrebenswert und angenehm. Bereits 1930 kollaborierte der Haus- und Grundbesitz mit den Nationalsozialisten. Heute reihen sie sich bei der NSDAP-Fraktion ein. Dies kann nicht jeder und will nicht jeder, was von seitens des Vereins einen Personalaustausch erforderlich macht. Nähmaschinen- und Fahrradhändler Martin Schmidt meldet die NSDAP-Machtansprüche an: Der Kampfbund des gewerblichen Mittelstandes möchte Sattlermeister Curt Schröter und Eisenwarenhändler Karl Forwergk in der Leitung des Vereins wissen. Im Resultat der Ergänzungswahl scheiden die altgedienten Vorstandsmitglieder Allstedt, Hagemann, Kutke und Böckler aus. Die Abstimmung ergab die Wiederwahl von Kaufmann Allstedt, die Neuwahl von Curt Schröter, Karl Forwergk und des Reichsbahnbeamten Bergmann. Vorsitzender bleibt Karl Becker.

Am nächsten Tag kündigt das Naumburger Tageblatt ab 1. April 1933 "Neue Steuererleichterung für den Hausbesitz" an. Am 1. April 1935 wird nochmal die ungeliebte Hauszinssteuer gesenkt. Aber man soll sich davon nicht täuschen lassen. Die Fraktionsgemeinschaft von Haus- und Grundbesitzern und NSDAP ist der Herkunft nach wirtschaftlicher Natur und zugleich ein Bündnis des Extremismus der Mitte.

 

 

Weg mit den Kommunisten  nach oben

Am 1. März 1933 gibt die Stadtzeitung auf der ersten Seite

Die Zwangsmassmaßnahmen
gegen die rote Gefahr

bekannt. Zu diesem Zeitpunkt rechnet man bei den zuständigen Stellen in Preußen bereits mit einer Anordnung "nach der die Kommunisten nicht nur aus dem Landtag, sondern auch aus den Provinziallandtagen, Kreistagen, Stadtverordnetenversammlungen und Gemeindeversammlungen ausgeschlossen werden." Die Ankündigung des Reichsinnenministers Frick erreicht die Stadtverwaltung Naumburg am 18. März und lautet:

"Keine Kommunisten mehr in deutschen Parlamenten".

Anlass bot der Reichstagsbrand vom 27. / 28. Februar 1933. Die Verhaftungswelle erreicht Naumburg. In Schutzhaft kommen:  nach oben

Doktor Artur Samter  1
Parkstraße 21,
(KPD), Rechtsanwalt, am 3. März 1933, Einlieferung in das Gefängnis Naumburg

Paul Reissweck  1
Schulstraße 26 (1904-1918), Weißenfels Straße (1918-1952), Oststraße 11, Tischler, am 11. März 1933, Einlieferung in das Gefängnis Naumburg

Paul Zeitschel  1 2 3 4
Große Neustraße 13, KPD, am 11. März 1933, Einlieferung in das Gefängnis Naumburg

Gustav Thate  1
geboren am 27. Januar 1901, Marienplatz 17, Schmiedegeselle, KPD-Funktionär, "Redner und Hetzer gegen die NSDAP". Verhaftung am 11. März 1933 und Einlieferung in das Gefängnis Naumburg; beantragt durch Hauptwachtmeister Blietz in Nebra; Freilassung am 22. März 1934 verfügt. Erneute Verhaftung im März 1935. Gerichtsprozess. Verurteilung. Inhaftiert im KZ-Lichtenburg und KZ-Buchenwald. 1946 1. Vorsitzender des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes von Naumburg.

Karl Krause
Jahrgang 1908, verhaftet am 21. März 1933, bis Dezember 1933 KZ Lichtenburg, dann unter Polizeiaufsicht.

Fritz Burkhardt  1
Kanalstraße 21, Wirker, "Unterbezirksleiter der KPD" (RP), am 25. März 1933, angeordnet von Bürgermeister Roloff, Freilassung verfügt am 22. März 1934.

Paul Noack  1
Kleine Jakobsstraße 11, Arbeiter, "kommunistischer Funktionär", "organisierte den Druck und Vertrieb illegaler Schriften" (RP), am 25. März 1933, angeordnet von Bürgermeister Roloff, Freilassung verfügt am 22. März 1934.

Max Saupe
Steinweg 25, Schuhmacher, KPD, "Versammlungsredner und Hetzer gegen die NSDAP" (RP), am 25. März 1933, angeordnet von Bürgermeister Roloff, Freilassung verfügt am 22. März 1934.

Adolf Schuster  1 2 3 4
Altenburg, KPD, am 27. März 1933; angeordnet von Bürgermeister Roloff.

Eugen Wallbaum  1 2 3 4 5
Brunnengasse 9, Kaufmann, SPD, am 1. April 1933.

Am 3. April 1933 meldet das Naumburger Tageblatt die Verhaftung von Eugen Wallbaum und teilt weiter mit: "Am gleichen Abend wurde ein linksstehender Zettelverteiler verhaftet, der Handzettel verteilte, die sich gegen die Regierung Hitler richteten; eine gleiche Verhaftung wurde heute Morgen vorgenommen. Weiter wurde ein in der Kl. Wenzelgasse wohnender Anhänger der Linksparteien, D., aus seiner Wohnung heraus verhaftet. Ausserdem wurden heute Morgen verschiedene Hausdurchsuchungen durch Polizeibeamte vorgenommen."

  • Felix Zeitschel 1 2   nach oben
    Gartenstraße 11 (20er Jahre), Gartenstraße 28 (30erJahre), Spechsart 60 (1946), KPD, am 6. April 1933 verhaftet. 

Nach dem Krieg bringt er vor:

"Am 4. April fuhr ich mit Genossen Paul Müller per Rad in den Unterbezirk, übernehme die Beiträge zur Weiterführung der illegalen Arbeit. 5. April. Ich erhalte von zwei Genossen der Bezirksleitung Besuch. Ausweise, alles in Ordnung … Mein Auftrag, Fortführung der Partei war erfüllt, ich hatte nur das Gefühl einer Verhaftung. Wir trafen Vereinbarung für den 6. April Treffpunkt 9 Uhr auf dem Markt. Am gleichen Tage erhalte ich von dem Polizeimeister Helbig [eine] Vorladung für 9.00 Uhr zur Kriminalpolizei. Meine Frau geht mit. Genosse Meissner ist da ….

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Alfred Meissner, geboren am 6. April 1902 in Kasekirchen, Naumburg, Burgstraße 40, Volksschule, Landarbeiter, Arbeiter im Kohlebergbau in Mücheln (bei Zeitz), Bauarbeiter, Leuna-Arbeiter, arbeitslos von Mai 1931 bis März 1935, Mitglied des RGO und der KPD. Im Prozess gegen Georg Faber und Genossen vom 15. und 17. Juni 1935 im Schwurgerichtsgebäude Naumburg zu 3 Jahren und 6 Monaten Zuchthaus verurteilt. Strafbataillon 999, seit 20. Februar 1945 verschollen.

Siehe auch Erinnerungen der Ehefrau

 

Um 10.00 Uhr werde ich in Schutzhaft genommen, es wird mir vorgeworfen, die verbotene KPD weiter geführt zu haben. ... In der Haftzelle stand Genosse Müller, er war bereits am 4. April in Haft genommen, eine Vernehmung hatte nicht stattgefunden."  nach oben

 

"Dreißig Kommunisten in Naumburg in Schutzhaft", meldet die Stadtzeitung am 17. März 1933. Sie wurden aus der Schutzhaft der Merseburger Polizei in das Naumburger Gerichtsgefängnis überführt. Am gleichen Tag verkündet der Oberbürgermeister öffentlich das Verbot für den Druck, die Herstellung, Verbreitung und Einführung kommunistischer Schriften aller Art.

In Berlin besetzt die SA in Berlin die Zentrale des Deutschen Freidenker-Verbandes (Verbandsverbot und Vermögenseinzug).

 

"Am Mittwoch wird in der Nähe von Dachau das 1. Konzentrationslager mit einem Fassungsvermögen für 5 000 Menschen errichtet werden. Hier werden die gesamten kommunistischen und soweit ... notwendig ist, Reichsbanner- und sozialdemokratischen Funktionäre, die die Sicherheit des Staates gefährden, zusammengezogen, da es auf die Dauer nicht möglich ist ... diese Funktionäre in den Gerichtsgefängnissen unterzubringen ..."

Völkischer Beobachter,
21. März 1933

 

Auf der Burg Hohnstein in der Sächsischen Schweiz werden, meldet das Naumburger Tageblatt am 21. März 1933, 150 politische Gefangene interniert. Ist das die erste Nachricht über die Einrichtung eines der frühen Konzentrationslager?

Am 11. April 1933 befanden sich im Regierungsbezirk Merseburg, zu dem die Stadt Naumburg gehörte, 796 Personen in Schutzhaft. 782 von ihnen waren KPD-Mitglieder oder Sympathisanten, 14 wurden der SPD zugerechnet.

Bürgermeister Karl Roloff triumphiert über die verhassten Linken:

"Der Marxismus liegt zerschmettert am Boden. Stolz flattern die alten sieggekrönten schwarz-weiß-roten Fahnen neben den Hakenkreuzfahnen. Die innere Befreiung ist erreicht."

So steht es in der Festschrift zur 4. Reichsführertagung des Stahlhelm-Studentenrings Langemarck vom 8. bis 11. Juni 1933 in Naumburg geschrieben.

Polizeiobermeister Weißenborn von der Ortspolizeibehörde Naumburg meldet am 7. Juli 1933 an den Oberbürgermeister:

"Die Führer der KPD befinden sich noch weiterhin in Schutzhaft. Von einer Straßentätigkeit ist nichts zu bemerken. Die Bezirksbeamten sind angewiesen, irgendwelche Wahrnehmungen sofort schriftlich zu melden."

Am 20. November 1933 erstattet er wieder Bericht:

"Die KPD ist ganz zum Schweigen gekommen. Die örtlichen Führer befinden sich noch weiter in Schutzhaft. Von einer Straßentätigkeit ist nichts wahrgenommen worden." nach oben

Endlich konnten die Pg`s [Parteigenossen] ihre gemütlichen Schulungsabende mit NSDAP Ortsgruppenführer Curt Schröter im Goldenen Hufeisen (Marienstraße) ungestört entgegensehen. Nun ohne die Raufereien mit dem Reichsbanner und den Kommunisten und der Antifa …. nach oben  All die schönen Erfolge bei der Herrichtung der Volksgemeinschaft posaunt die eben zum Preis von 621,34 Reichsmark installierte Lautsprecheranlage auf dem Markt hinaus.

Verfolgung und brutale, unmenschliche Unterdrückung, dass waren die Methoden der nationalen Revolution. Ihre politisch-moralischen Grundsätze und Legitimation erklärt Vollrad Hagen (*1874), seit 1919 Direktor des Landgerichts Naumburg, aus Anlass des Führergeburtstages 1933 im Schwurgerichtsgebäude von Naumburg so:

"Da ist nun ein Mann gekommen, unser neuer Reichskanzler Adolf Hitler, der mit eiserner Faust dieses Lügengebäude zusammengeschlagen hat. Er hat uns von dieser

roten Pest

befreit, die uns wirtschaftlich an den Rand des Abgrunds gebracht hat. Er hat durch sein

rücksichtloses Zupacken

uns noch im letzten Augenblicke

vor dem Bolschewismus

bewahrt, der drauf und dran war, uns russische Zustände zu bescheren. Hitler ist es, der uns wieder die Reinlichkeit in unseren gesamten Staats- und Privatbetrieb gebracht hat, bei der Korruption rücksichtslos zu Leibe geht, der uns auch befreit von der

unglaublichen Ueberfremdung

des deutschen Volkes durch fremdrassige Einwanderer. Wir Deutschen haben diesem Manne ganz ausserordentliches zu verdanken. Endlich kann man sich wieder mit Stolz Deutscher nennen." (Potsdam 1933)

Durch rücksichtsloses Zupacken, so die Legende von der nationalen Revolution (Hitler), rettet die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei das deutsche Volk vor dem Bolschewismus und der Überfremdung. Schnell ist ein Rettungsamt eingerichtet: Das Gefangenensammellager Weißenfels (siehe Ramona Ehret 2003, 2005, 2013).

Weißenfels Markt mit der Augustusburg. Alte Postkarte, etwa 1925.

Es befindet sich 15 Kilometer nordöstlich von Naumburg auf Schloss Neu-Augustusburg und nimmt am 4. März 1933 seine Tätigkeit auf. In der ehemaligen Residenz des sächsischen Herzogs von Sachsen-Weißenfels werden Kommunisten, Sozialdemokraten, Stadtverordnete, Mitglieder des Reichsbanners und Unterstützer der Roten Hilfe aus Zeitz, Merseburg und Weißenfels interniert. Am 21. April 1933 waren hier bereits 85 Männer aus der Stadt und dem Landkreis Weißenfels gefangen. (Ehret 2003, 243) Max Benkwitz (1889-1972) aus Zeitz schildert 1972 (35-37) die Haftbedingungen. Albert Bergholz (Zeitz) erzählt von Misshandlungen. Am 12. August 1933 wird das Lager geschlossen. Felix Zeitschel (Naumburg) berichtet darüber, wie die Häftlinge in das KZ-Lichtenburg bei Prettin verfrachtet werden.

 

 

„Schon bald nach dem 30. Januar 1933 war auch das Strafgefängnis Halle durch die zusätzliche Belegung mit „Schutzhaft“-Gefangenen überfüllt. Diese Häftlinge wurden ab Ende Juni 1933 in das KZ Lichtenburg in Prettin gebracht. In der Folgezeit blieb der Rote Ochse praktisch ständig überbelegt. Zunächst verfolgte die NS-Justiz konsequent alle politischen Gegner des Regimes und verurteilte sie zu hohen Haftstrafen. Nachdem der politische Widerstand gegen das NS-Regime weitgehend zerschlagen war, führten die Verschärfung des Strafrechts, die Einführung rassistischer Gesetze und die harte Bestrafung von Bagatelldelikten währen des Krieges zu einer Unmenge an Verurteilungen zu hohen Haftstrafen und zunehmend Todesstrafen.“ (Jacobs M. A. 33)

„Das abgelegene, leerstehende Gebäude mit seiner ungenutzten Gefängniseinrichtung bot den Nationalsozialisten ideale Möglichkeiten, um hier im Mai 1933 eines der frühen Konzentrationslager einzurichten. In der Zeit zwischen dem Reichstagsbrand am 27./28. Februar 1933 und April 1933 verhafteten die Nationalsozialisten, ihre SA war zur Hilfspolizei ernannt worden, mehr als 50.000 ihrer politischen Gegner. Diese Schutzhaft führte über eilig eingerichtete Folterstätten in SA-Sturmlokalen und anderen Gebäuden in die ersten Konzentrationslager des Dritten Reiches. Eines dieser Lager war Schloss Lichtenburg in Prettin [siehe Bild].“ (Ebenda 44)

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Das System der Unterdrückung funktioniert. Die Konzentrationslager sind überlastet. Es droht die Überinanspruchnahme der zuständigen Dienststellen durch Schreibarbeit. Besorgt stellt am 19. September 1933 der Preußische Innenminister fest, dass die erforderliche Bewegungsfreiheit der Polizeibehörden gefährdet ist.  nach oben

 

Brief des Regierungspräsidenten
an die Landräte
und Oberbürgermeister - 1934

„Ich ermächtige ausnahmsweise Gemeindepolizeiver-waltungen, Beförderung von Gemeindepolizei-vollzugsbeamten, die sich um die nationalsozialistische Revolution besonders verdient gemacht haben nach Maßgabe freier und Min. Rd. Erlass vom 14.8.1933 …, zulässiger Stellen zum 20. ds. Mts. vorzunehmen.“

(Funkspruch 17.4.1934)

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Für die Ausführung unrechtmäßiger und repressiver Maßnahmen erhalten die Diener des nationalsozialistischen Staates eine Belohnung. "Gemeindepolizeivollzugs-beamten, die sich um die nationalsozialistische Revolution besonders verdient gemacht haben" können, instruiert der Regierungspräsident die Landräte und Oberbürgermeister im Brief vom April 1934, befördert werden. Für sie lohnt sich das Mittun bei der Unterdrückung der politischen Opposition.

1929 umfasst die uniformierte OPB (Ortspolizeibehörde) 29 Beamtenstellen. Sie gliedert sich in die Aufgabenbereiche Vollzugspolizei mit Polizeioberkommissar Mollenhauer, Polizeisekretariat (Strafverfolgung, Kraftfahrzeug-Angelegenheiten, Gewerbepolizei), Einwohnermeldeamt, die Verwaltungspolizei und Kriminalpolizei (Strafgefängnis, Waffenschein, Überwachung). Dazu kommen 6 Beamtenstellen für die Kriminalpolizei.

Dass Polizeibeamte, wie

Hauptwachtmeister Erich Liebscher,
seit 20. Juli 1925 OPB, wohnhaft Kösener Straße 29, NSDAP-Mitgliedsnummer 110 002,

Hauptwachtmeister Robert Seifart,
wohnhaft Badstraße 5, NSDAP-Mitgliedsnummer 2 185 505,

Hauptwachtmeister Walter Pfeffer,
wohnhaft Engelgasse 5, NSDAP-Mitgliedsnummer 2 782 859 und

Assistent Erich Völker,
geboren 26. April 1891 in Naumburg, wohnhaft Pfortastraße 33, dann Große Neustraße 33, NSDAP-Mitgliedsnummer 2 782 876,

Mitglied der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands sind, wusste der politisch Interessierte Bürger längst.

 

Gesetz über die Geheime Staatspolizei 10. Februar 1936

§1
Das Staatsministerium hat das folgende Gesetz beschlossen: § 1. (1) Die Geheime Staatspolizei hat die Aufgabe, alle staatsgefährlichen Bestrebungen im gesamten Staatsgebiet zu erforschen und zu bekämpfen, das Ergebnis der Erhebungen zu sammeln und auszuwerten, die Staatsregierung zu unterrichten und die übrigen Behörden über wichtige Feststellungen auf dem Laufenden zu halten und mit Anregungen zu versehen. Welche Geschäfte im Einzelnen auf die Geheime Staatspolizei übergehen, bestimmt der Chef der Geheimen Staatspolizei im Einvernehmen mit dem Minister des Innern.
…..

Berlin, den 10. Februar 1936.
Der Preußische Ministerpräsident, gezeichnet Göring


Am 26. April 1933 wird das Gesetz über die Errichtung des Geheimen Staatspolizeiamtes (Gestapo) erlassen. In Preußen heisst sie Gestapa, Geheimes Staatspolizeiamt. Aus den Landeskriminalstellen im Regierungsbezirk entstehen Stapa Stellen. Die Staatspolizeistelle für den Regierungsbezirk Merseburg (Halle, Merseburg, Naumburg, Weißenfels, Wittenberg-Lutherstadt, Zeitz) nimmt ihren Sitz in Halle (Saale). In Weißenfels, Bitterfeld und Merseburg entstehen Aussenstellen. Die Sicherheits-Organe des Nationalsozialistischen Staates dienen zur brutalen Unterdrückung der politischen Opposition.

Mit dem Gesetz über die Geheime Staatspolizei vom 10. Februar 1936 ändern sich die Aufgaben der Ortspolizeibehörde. Der stellvertretende Chef der Preußischen Geheimen Staatspolizei teilt dazu am 9. März 1936 mit:

"Durch das Gesetz … ist klargestellt, daß die Aufgaben der Geheimen Staatspolizei in der Zentralinstanz von dem Geheimen Staatspolizeiamt, in der Mittelinstanz von den Staatspolizeistellen und in der unteren Instanz von den Kreis- und Ortspolizeibehörden als Hilfsorgane der Staatspolizeistellen wahrzunehmen sind. Nach § 7 a. a. O. unterliegen Verfügungen in Angelegenheiten der Geheimen Staatspolizei nicht der Nachprüfung durch die Verwaltungsgerichte." (Gestapo 1936)

Die Ortspolizeibehörde nimmt damit Stapo-Aufgaben wahr. Sie erfüllt nicht nur eine ordnungspolitische und repressive Funktion. Sie betätigt sich ebenso als Integrationshelfer für das System.

 

 

Heldengedenktag


 

Friedrich Uebelhoer
(1893-1950) um 1934

Zum Heldengedenktag am 16. März schliesst sich die NSDAP der Kreisgruppe des Stahlhelms Naumburg Stadt zur Kranzniederlegung auf dem neuen Friedhof an. Treffpunkt ist der Holzmarkt.

Friedrich Uebelhoer hebt zur Rede an:

" … und 14 Jahre haben wir gekämpft, um den Marxismus zu zertreten und unser Volk freizumachen. Heute läuten die Siegesglocken über ganz Deutschland ..."  nach oben


 

Der Tag von Potsdam
als deutsche Einigung (Mackensen)  nach oben

Ungestüme Begeisterung entfacht bei den Naumburgern die feierliche Eröffnung des Reichstages am 21. März in der Garnisonkirche Potsdam. Symbolisch fallen die letzten Schranken zwischen Nationalsozialisten und Deutschnationalen, die nationale Revolution triumphiert. Speziell im kommunalen Raum sind dank der Tätigkeit des Stahlhelms, ausgewählter Kriegervereine, dem Kolonialbund oder dem Verein der Haus- und Grundbesitzer längst bedeutende Gegensätze geglättet oder überwunden.



"Im Domgymnasium versammeln sich die Schüler und Lehrer, um gemeinsam die Rundfunkübertragung aus Potsdam zu hören. Der stellvertretende Direktor Studienrat Dr. Hedicke sprach eindrucksvolle Worte zur Eröffnung der Feier."

(Domschule 1933)

 

Noch am selben Tag, was über die Vorbereitung interessante Rückschlüsse zulässt, bringen viele Bürger ihre Freude mit einer Kundgebung und einem großen Fackelumzug durch die Strassen von Naumburg zum Ausdruck. Auf dem Markt angekommen, verstummen langsam die deftigen Märsche der NSDAP-, Stahlhelm- und Bergkapelle Zeitz. Vier- bis fünftausend Menschen nehmen Aufstellung, darunter: NSDAP, SA, SS, Hitlerjugend, Stahlhelm (Kreisgruppe), Jungstahlhelm, Jungmarine, Pfadfinder, Kolonialgruppe Rochus Schmidt, Kolonialmädchengruppe Hedwig von Wissmann, Scharnhorstbund, Turnerschaft, Schüler und Schülerinnen des Städtischen Reform-Realgymnasiums, Landesschule Pforte und Bund deutscher Jungmannen. Zeichenlehrer Robert Langermann vom Reformrealgymnasium verliesst den Feuerspruch:

"Wir bitten, dass uns der Allmächtige den Sieg des Wollens gebe und die Liebe zur Heimat von neuem. Hebe deine Hände schützend über den greisen Führer unseres Vaterlandes, schütze unseren Führer, den jungen Reichskanzler, schütze sein Leben, bis es vollbracht. Siegend führ uns dein Ruf bis in den Tod, gib uns zum Sieg auch die Kraft, die uns ein neues Deutschland schafft, bis du dein heiliges Amen unter den Sieg gesetzt."

Das autosuggestive Zeremoniell setzt Lehrer Knehans aus Wethau fort und beginnt mit dem Satz: "Der Herrgott hat uns diesen Tag geschenkt ..."

Dann stösst Kamerad Loewe vom Stahlhelm [12] ein Hurra auf Hindenburg aus und stimmt den ersten und vierten Vers vom Deutschlandlied an.

Zum Schluss der Große Zapfenstreich und die vierte Strophe aus "Für dich sei ganz mein Herz und Leben" von Gerhard Tersteegen: Ich bete an die Macht der Liebe, intoniert von der Bundeskapelle des Stahlhelms.

Anschliessend zieht die Menschenmenge als Tross geordnet in Richtung Vogelwiese, um sich dort aufzulösen. Einige kommen nicht voneinander los und trinken im Schwarzen Ross noch einen darauf, dass nach Jahren der Erniedrigung, wieder die Schwarz-Weiss-Rot Fahne über dem Reich und der Stadt weht. Bei der Vorbereitung und Durchführung der Kundgebung hatte die Organisatoren gute Arbeit geleistet. Die verschiedensten Organisationen und Bevölkerungsgruppen mussten mobilisiert und zusammengeführt werden. Alles klappte.

Zur Provinzial- und Stadtverordnetenwahl 1929 versprach die NSDAP-Ortsgruppe die Beseitigung der Arbeitslosigkeit, Schutz der Inflationsgeschädigten und Verbesserung der Lebenslage der Sozial- und Kleinrentner. Viele hofften nun, dass mit der "Wiedergewinnung" der "neuen deutschen Einheit" (Hitler) dies in Erfüllung geht.

Anna Possögel
geboren
am 10.Juni 1890

Tatsächlich entstehen nach der Machtübernahme beim Kasernen-, Wohnungs-, Tief- und Strassenbau, im Heeresverpflegungs- und Heereszeugamt, in der Kreis- und Gauamtsleitung der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV), im Parteiapparat der NSDAP und Winterhilfs-Werk (WHW) neue Arbeitsstellen und Pöstchen.

Für die alten Kämpfer sollen neue Beamtenstellen eingerichtet werden.

Nach Hunger, Lebensmittelrationierung, Hyperinflation und Massenarbeitslosigkeit keimt die Hoffnung auf ein besseres Leben. "Viele aus dem Volk", schreibt die Schneiderin Anna Possögel aus der Kleinen Wenzelstrasse 9 in ihren Erinnerungen, "versprachen sich von Hitler goldene Berge und bei jeder Gelegenheit schrien diese `Heil Hitler`."

 

 

NSDAP-Kreisparteitag

Am Sonntag, den 19. März 1933 finden sich die Mitglieder der NSDAP zum Kreisparteitag im Saal des Ratskellers ein. Zuvor hält Pfarrer Ernst Walter Korn (*22.02.1907) aus Gröst für sie in der Garnisonkirche St. Othmar den Gottesdienst ab. Er beschreibt die Lage als nationale Revolution, die bis zum erfolgreichen Ende fortgeführt werden muss. Daran schließt sich der Propagandamarsch durch die Michaelisstraße und Neuengüter, weiter über den Markgrafenweg hin zum Jägerdenkmal (Bergstraße). Hier hält Kreisleiter Friedrich Uebelhoer eine Ansprache.

 

 

Ermächtigungsgesetz  nach oben

 

Ausschnitt aus der
Ansprache von Otto Wels (1873-1939)
vor dem Reichstag am 24. März 1924

hier hören
1:06 Minuten (mp3)

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Die Annahme des Ermächtigungsgesetzes durch den Deutschen Reichstag am 23. März 1933 öffnet den Weg zur Diktatur. Hitler kann nun zunächst begrenzt auf vier Jahre und ohne Mitwirkung des Reichstages Gesetze erlassen. Allein der sozialistische Oppositionsführer Otto Wels (SPD) erhebt dagegen seine Stimme. Mit ihren 93 anwesenden Abgeordneten stimmt die SPD-Fraktion gegen das Ermächtigungsgesetz. Zehn ihrer Abgeordneten sind bereits inhaftiert. Die 81 von der Kommunistischen Partei Deutschlands sind zur Abstimmung nicht zugelassen. Ihre Mandate sind mit der Reichstagsbrand-Verordnung annulliert worden.

Weder das Ermächtigungsgesetz noch das Parteienverbot lösen in der Stadt irgendwelche Proteste aus. Kein Murren, kein Knurren. Stattdessen eine Welle deutschnationaler Euphorie. Das hat überhaupt nichts Unerklärliches. Wehrwolf, Stahlhelm, die militanten Deutschnationalen um Georg Schiele und die NSDAP-Ortsgruppe schürten viele Jahre das Revanchedenken und den Antisemitismus, verunglimpften den demokratischen Kampf der Parteien, verherrlichten das Führertum und gaben sich einem irrationalen Antisozialismus und -kommunismus hin. Die politische Katastrophe nimmt Fahrt auf. Merken tun es nur wenige.

 

 

Den Nationalsozialismus läutern und stärken  nach oben

Evangelisch-lutherische Stadtkirche St. Wenzel mit Marktplatz (um 1930)

Im März 1933 weht auf dem Turm des St. Wenzel (Karte) die Hakenkreuzfahne. Das musste gar nicht sein. Denn das Preußische Staatsministerium nahm in seiner Anordnung vom 2. März 1933 die Kirchentürme von der Pflicht zur Hissung der Naziflagge und Schwarz-Weiß-Roten Fahne aus.

Die neue Zeit, deutet der Naumburger Kirchenbote in seiner April-Ausgabe die jüngsten Ereignisse, teilt sich durch

"Frühlingsstürme"

mit. Eine pittoreske, literarische Umschreibung für Ungesetzlichkeiten, Drohungen, politische Lügen, Verhaftungen, Schikanen, Judenboykott, Misshandlungen der NS-Gegner und ihre Internierung in Konzentrationslagern.

Mit dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 entfernt man alle Ungehorsamen, politisch und rassisch Unliebsamen aus dem öffentlichen Dienst. Der Kirchenkreis Naumburg begrüßt diese Personalpolitik im April 1933 und legt sein Interesse unumwunden offen dar:

"Christen erwarten und erhoffen von einer Staatsleitung, daß sie ihnen ermöglicht, nach ihren Überzeugungen zu leben. Das war in den Jahren seit 1918 oft kaum möglich. Wenn das jetzt anders ist, wenn jemand nicht vorher aus der Kirche ausgetreten sein muß, um eine wichtige Stelle zu erreichen - die kommunistische Partei verlangte von ihren Funktionären den Austritt aus der Kirche, und in der sozialdemokratischen Partei ist die große Mehrheit der Abgeordneten Dissident - dann ist das der Freude wert." (Frühlingssturm)

"Die evangelische Kirche sei wie der Nationalsozialismus ein Gegner des Marxismus", hebt Superintendent Moehring am 13. Juni 1934 auf der Tagung der Kreissynode Naumburg nochmals hervor.

Das Kirchliche Amtsblatt der Kirchenprovinz Sachsen erteilt in der Nummer 18 vom August 1934 ihren Hirtenden Rat:

"Darum muss der Pfarrer stets von dem Gesichtspunkt ausgehen: Ich habe dem Dritten Reich in meinem Beruf damit zu dienen, dass ich vom Glauben her die Totalität der Staatsführung fördere."

Und:

"Die Nationalsozialisten einer Gemeinde müssen hier die unbedingte Überzeugung gewinnen, dass der Geistliche nichts anderes will, als vom Letzten her (…) den Nationalsozialismus zu läutern und zu stärken." [Ausführlich]

Diese Orientierung setzt die am 13. Juni 1934 tagende Kreissynode Naumburg um. Oberpfarrer Plath fragt die 63 Vertreter von 43 230 Evangelischen, worin die Beschönigung der Verhältnisse schon angelegt:

"Der Sturm, der über Volk und Kirche geht,
bedeutet er Segen oder Fluch?

Wir sind gewöhnt den Segen Gottes in der Stille zu sehen, aber Gott ist in der Stille wie im Sturm. ... Fürchten wir den Sturm, so trifft uns Jesu Wort: Oh, ihr Kleingläubigen, warum seid ihr so furchtsam. Gott wartet auf die Männer und Frauen der Kirche, dass sie mit großem Glauben dem Sturm begegnen. Auch die ersten Christen haben ihn erlebt - und bestanden. Es muss wohl ein Sturm kommen, um hinwegzufegen, was nicht fest ist." Auf diese Weise erklärt der Gottesmann die Unrechtsverhältnisse für "heilig". Ob NSDAP-Mitglied oder nicht, Pfarrer Plath leistet den Nationalsozialisten hervorragende Dienste.

Die Institution Kirche unterstützt den Nationalsozialismus. Sie hat maßgeblichen Anteil an seinem Aufstieg und der Festigung seiner Macht. Typisch war das Unverständnis der Geistlichen gegenüber der parlamentarischen Demokratie oder die ausgeprägte Neigung zum deutschnationalen Denken. Sie übernimmt die Rassenideologie und verniedlicht die massive Unterdrückung Andersdenkender als Frühlingsstürme (1933). Der Eingliederung der evangelischen Jugend in die Hitlerjugend setzen die Geistlichen - mit Ausnahme von Pfarrer Albert Mielke (Oberschmon) - keinen Widerstand entgegen. Deshalb konnten sie sich den Deutschen Christen - ausser Pfarrer Lorenz Bertheau (Bad Kösen) - nicht erwehren oder wirkten gar in dieser Bewegung mit.

Zur Evangelischen Kirchgemeinde bekennen sich in Naumburg 91 Prozent der Bürger. Ihr Kirchenbote, im Januar 1931 das erste Mal erschienen, erreicht 8 500 Mitglieder. Besuchten 1913 im Kirchenkreis noch 10 000 das Abendmahl, dann waren es 1931 ziemlich exakt dreißig Prozent weniger. Die Gottlosenbewegung ist aktiv. Und im Dezember 1930 konnte den Weihnachtsliedabend in der Moritzkirche nur das Überfallkommando retten. Unter den Arbeitern breitete sich gegenüber den Vertretern der Kirche Misstrauen aus. Oft wird es der kommunistischen Agitation zugeschrieben. Vielmehr erfüllt sich nun, was Heinrich Heine 1834 in Zur Geschichte der Religion und Philosophie Deutschlands (1834) aussprach: Martin Luther "hatte nicht begriffen, daß die Idee des Christentums, die Vernichtung der Sinnlichkeit, gar zu sehr in Widerspruch war mit der menschlichen Natur". Ihre Fähigkeit zur Empathie verkümmerte. Die Folge war eine Entweltlichung und Gleichgültigkeit gegenüber der massiv aufkommenden Erwerbslosigkeit und Armut die fehlende Hinwendung zu den Schwachen und Kranken. War die Kirche ihnen gegenüber wohlmeinend genug? Das bejahten damals nur wenige.

Mit was war man alles beschäftigt, als 1928 Sonntag Invokavit ("Er hat gerufen."), dem ersten Sonntag in der Passionszeit 1928, die feierliche Übergabe der vollständig erneuerten Moritzkirche erfolgte? Konfirmanden betreuen, Täufling mit Wasser übergiessen, Trauergottesdienste durchführen, Kirchenboten redigieren, Kassenberichte erstellen, Kirchenkreise neu einteilen (1925), Pfarrstelle in Almrich planen, neues Gesangbuch einführen (1931). Und dann, Achtung der Hinweis, vor den Heidenländern muss man sich schützen.

Zum Festtag der nationalen Arbeit 1933 hält im Dom der Superintendent des Kirchenkreises Naumburg die Andacht. Die Nationalsozialisten waren zahlreich erschienen. Über dem Ostlettner flammen ihre Fahnen. Gelehrt doziert Pfarrer Moehring zum "deutschen Acker", darüber, dass dem Deutschen die "Arbeit Bedürfnis ist" und wie "tüchtig und arbeitswillig der deutsche Arbeiter" ihm erscheint. Über die täglichen Sorgen der Naumburger entfährt dem Mund des Predigers nichts. Deshalb darf er, und nicht etwa Otto Grunert von der Orts-SPD, zum Internationalen Kampftag der Arbeiterklasse 1933 die Festansprache halten.

Mit dem Festhalten an der Zwei-Reiche-Lehre von Martin Luther legt sich die Evangelische Kirche selbst in Fesseln. Die weltliche Obrigkeit - der Staat - schafft die Gesetze und die geistige Obrigkeit kümmert sich gefälligst ausschließlich um das Seelenheil. Gemäß dem Brief des Apostels Paulus an die Römer nimmt man die faschistische Diktatur als normalen Staat wahr, gegen den kein Widerstand, solange nur der Glaube ausgeübt werden kann, möglich ist. Karl Barth (1886-1968) trat dieser Lehre in Deutschland mutig, aber ziemlich allein entgegen. In seinem Bonner Kreis war rasch klar geworden, dass Christentum und Nazismus unvereinbar sind. "Wo Christen sich in der Oppositionsbewegung zur Bekenntnisgemeinde sammelten," berichtet Helmut Gollwitzer (1984), "verlor sich der Rausch, in den sie hineingeraten waren, trat an die Stelle der Faszination die Ernüchterung, bildete sich wieder ein selbständiges Urteil über die Massnahmen des neuen Staates, die Judenverfolgung, den Militarismus, die Untaten des Regimes, entstand auch eine selbstkritische Trennung von jener traditionenellen Verfilfzung, die die protestantischen Christen so stark zum mitmachen disponiert hatte."

Im Rahmen der Entnazifizierung stellt man 1945 fest, dass viele evangelische Pfarrer der NSDAP nicht als Mitglieder beigetreten waren.  nach oben  Dies steht nicht im logischen Widerspruch zum Charakter der Tätigkeit der evangelischen Kirche von 1933 bis 1945 in Naumburg. Denn die Institution Kirche darf weder mit der Summe der Kirchenmitglieder noch mit dem Christenmenschen verwechselt oder gleichgesetzt werden. Ausserdem öffnet uns, was manchmal vergessen wird und dann zu undifferenzierten Urteilen führt, die Parteimitgliedschaft nur ein winziges Fenster zur Persönlichkeit. Zu wenig wissen wir über die Biografien der Geistlichen - bis auf Lorenz Bertheau (Bad Kösen) und Albert Mielke (Oberschmon), um daraus weitergehende analytische Schlussfolgerungen ziehen zu können.  nach oben

Wie soll der Bürger sich gegenüber der Diktatur, dem Hitler-Faschismus, verhalten? Pfingsten `33, dem Tag der Masse (!), erteilt die evangelische Kirchenleitung Naumburg ihren Mitgliedern folgende Instruktionen:

"Der Führer will´s, es wird gehorcht! und das ist gut so. Das ist jetzt unerlässlich, damit die Spannung wiederhergestellt, die das Leben selber ist."

Das fällt den meisten nicht besonders schwer, präsentiert sich doch die neue Macht als Garant für Ruhe, Ordnung und wirtschaftlichen Aufschwung. "Naumburg wurde", stellt die Propaganda der Stadt-NSDAP immer wieder ihre Arbeit heraus, "aus einem Schwung- und lustlosen Dahinwelken geweckt." (Feise 1938)

 

 

Aufschwung  nach oben

"Eduard! Eduard, unser Haus wird schöner als das vom Gauleiter", ruft Lucie, die Frau des Bürgermeisters von Rhaunen, in einer Szene der Film-Trilogie Heimat (Edgar Reitz). Ähnlich die Stimmung in Naumburg, schien doch der Traum von einer besseren und sicheren wirtschaftlichen Zukunft, endlich Wirklichkeit zu werden. Mit der großen Arbeitsschlacht sinkt die Erwerbslosigkeit. Die Angestellten der Banken, Gerichte, der Stadtverwaltung und ihrer Einrichtungen - geplagt von der Brüningschen Sparpolitik - erhalten das Versprechen auf eine bessere und gerechte Bezahlung. Das Immobilien besitzende Bürgertum der Stadt kann mit der sofort einsetzenden Militarisierung der Stadt auf mehr Einnahmen durch Vermietung und Verpachtung hoffen. Die Kleinindustriellen erwarten regulative Eingriffe des Staates zum Schutz der deutschen Industrie.

Lederfabrik Freytag am Reussenplatz (1938)

"Erst das Jahr der Machtübernahme durch den Führer gewährte," erinnert die Lederfabrik Johannes Freytag am Reussenplatz zum 150-jährigen Bestehen, "wie auf allen anderen Lebensgebieten, die ersehnte Rettung und Hilfe. … Dankbar und freudigen Herzens erkennt die Fabrik den Segen der ersten fünf Jahre nationalsozialistischer Staatsführung an.

Mit der Wiedereröffnung und dem Neubau von Kasernen, der Errichtung des Heereszeugamtes (HZA) und Heeresverpflegungsamtes (HVA) entsteht ein erweiterter Bedarf für Einfamilienhäusern. Blaumänner finden eine bezahlte Beschäftigung beim Kasernen- und Wohnungsbau sowie Schaffung der dafür notwendigen Infrastruktur.

In der Eisenwarenhandlung von Karl Forwergk, Große Jacobstraße 6, arbeiten in guten Zeiten fünf Angestellte und sechs Lehrlinge. In der Krise aber verkaufen sich Nägel, Schrauben, Haken, Stabeisen, Bleche, Röhren, Haus- und Küchengeräte schlecht, weshalb die Firma am 24. Juni 1931 beim Amtsgericht Naumburg zur Abwendung des Konkurses ein Vergleichsverfahren anmelden muss. Die Stadtverordnetensitzung vom 13. Juni 1933 kürt Karl Forwergk zum Mitglied des Steuerausschusses für die Grundbesitz- und Gewerbeabteilung. Der Umsatz der Eisenwarenhandlung steigt von 3 804,76 Reichsmark im Jahre 1932 auf 58 064,25 Reichsmark im Jahr 1934. Ab 1. Oktober 1935 sitzt er im Gemeinderat, verstand sich aber durchaus nicht als politisch neutraler Geschäftsmann. Beispielsweise platzierte er sich 1935 öffentlich als Stoßtruppführer gegen die Kämpfer des Aktionsausschusses im März 1920.  nach oben

Eine Stadt in Hochstimmung. Zeit für neue Geschäftsideen. Wohin tendiert der Geschmack des Kunden? Käthe Kruse (1883-1968) in Bad Kösen, die ihre ersten handgefertigten Puppen 1910 im Kaufhaus Tietze in Berlin ausstellte, entwirft einen HJ-Jungen und den SA-Mann Friedebald. Für die vielen Selbstständigen, Handwerker und Händler besteht die Aussicht auf Belebung ihres Geschäfts und steigende Umsätze.

Für Arbeitslose errichtet die Stadt Wohnungen und initiierte nationalsozialistische Mustersiedlungen. "Durch dieStadtrandsiedlung am Sperlingsholz", meldet das Naumburger Tageblatt am 7. März 1933, "wird den arbeitslosen Volksgenossen ein Heim für sich und ihre Familie geschaffen."

Außerdem stellt die Regierung am 11. Oktober mit dem zweiten Gesetz zur Minderung der Arbeitslosigkeit 500 Millionen Reichsmark zur Gewährung von Zuschüssen für Instandsetzungs-, Ergänzungs- und Umbauarbeiten an Gebäuden zur Verfügung.

Im Rahmen des Reinhardt-Programms, das mit dem Gesetz zur Verminderung der Arbeitslosigkeit vom 1. Juni 1933 begann, wurden Ehestandsdarlehen vergeben. Die Schuld, sagte der Volksmund, konnte "abgekindert" werden. Für jedes Kind wurden den Eheleuten 1/4 des Kredits erlassen. Bereits 1933 stiegen die Eheschliessungen.

Im Zeitraum von 1934 bis Mitte 1938 stieg die Zahl der Personenkraftwagen in der Stadt von 477 auf 798, der Motorräder von 460 auf 595, der Zugmaschinen von 8 auf 20 und der Omnibusse von Null auf 7. Am Ende der Inflation 1923/24 verwaltete die Sparkasse Naumburg noch ganze 40 000 Goldmark. Jetzt nehmen die Spareinlagen wieder zu. Pro Einwohner betragen sie etwa 348 Reichsmark (RM). Die Gesamteinnahmen der Stadtsparkasse Naumburg erhöhten sich von 12,824 Millionen RM im Jahr 1935 auf 14,229 Millionen RM im Jahr 1936.

Der wirtschaftliche Aufschwung beruhte auf einer inflationistischen Kreditausweitung mittels der Mefo-Wechsel (Metallurgische Forschungsgemeinschaft mbH), womit der Staat in der Lage war Ausgaben zu finanzieren, ohne auf Bankkredite rückgreifen zu müssen. Als Handelswechsel erschienen sie nicht im Reichshaushalt. Mefo-Wechsel dienten vor allem zur Finanzierung der Aufrüstung, was in Naumburg im umfangreichen Kasernenbau seinen sichtbaren Ausdruck fand.

 

 

Hetze gegen die Juden  nach oben

Massnahmen und Aktionen der Erniedrigung, Unterdrückung und Schikane treffen jetzt vor allem die Juden. Gegen die jüdischen Geschäftsleute organisiert die NSDAP ein Boykott. Das

Aktionskomitee zur Abwehr der
jüdischen Gräuel und Boykotthetze

ruft am 1. April, 8 Uhr abends zur Kundgebung gegen das Judentum auf. Der Jude ist an der Arbeitslosigkeit schuld, schallt es über den 17 Ar großen Markt.

"Viele alte Kämpfer hätten damals gern gesehen," sagte im Juli 1935 Kreisschulungsleiter Walter Schmöller von der NSDAP-Kreisleitung Naumburg im Ratskeller der Stadt, "wenn diese Maßnahme nicht nur einen Tag, sondern 14 Tage oder 3 Wochen angedauert hätte. Dann wären die Juden restlos ruiniert gewesen."

 

 

Konstituierende Sitzung
der Stadtverordneten 
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Blick zur Marienkirche
am Domplatz (2007)

Die konstituierende Sitzung des Stadtparlaments findet am Donnerstag, den 6. April, 17 Uhr, in der Marienkirche statt. "Den wichtigsten Punkt der Tagesordnung wird die Verleihung der Ehrenbürgerschaft der Stadt Naumburg an den Reichskanzler Hitler bilden", teilt die Stadtzeitung mit.

Zur Eröffnung der Versammlung spricht der 1. Bürgermeister Karl Roloff folgende Worte:

„Meine sehr verehrten Herren Abgeordneten,

im Namen des Magistrats heiße ich Sie als die von der Bürgerschaft am 12. März berufenen Vertreter der städtischen Verwaltung herzlich willkommen. In dieser feierlichen Stunde der ersten Sitzung der neu gewählten Stadtverordnetenversammlung wollen wir uns alle mit ganzer Person hinter die Arbeit der Reichs- und Staatsregierung stellen ….“



Karl Roloff (1884-1939)

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Karl Roloff
wird am 24. September 1884 in Hückeswagen südwestlich von Remscheid geboren. Studium der Staats- und Rechtswissenschaften in Bonn. Seit 12. Oktober 1907 städtischer Beamter. 1913 Gerichtsassessor in Remscheid. Danach in den Kommunalverwaltungen von Hückeswagen, Dortmund und Köln tätig. Vom 15. Januar 1917 bis 1918 als Landsturmmann im Krieg. Mit Beschluss des Magistrats von Naumburg ab 27. Februar 1919 Einsetzung als Bürgermeister in Naumburg (Saale). Seine Wiederwahl am 26. August 1930  zum Bürgermeister mit der gesetzlichen Wahlzeitverlängerung für 12 Jahre verdankt er der NSDAP-Fraktion. Die SPD-Genossen lehnten ihn geschlossen ab.

Als Oberbürgermeister Dietrich 1932 stirbt, tritt er dessen Nachfolge an.

Der erfahrene Kommunalpolitiker marschiert im Gleichschritt mit der "nationalen Erhebung". Er ist nicht nur ein "den Nazis nahestehender Bürgermeister", wie der Volksbote aus Zeitz 1933 feststellt. Sondern willfährig und mit Eifer betreibt er Kommunalpolitik im Sinne und im Dienst des Nationalsozialismus. Rücksichtslos geht er gegen die Juden der Stadt vor. Gegen viele seiner Bürger ordnet der Jurist aus politischen Gründen die "Schutzhaft" an.

Unter der Nummer 4 475 788 führen ihn die Nationalsozialisten (wahrscheinlich seit 1937) als Mitglied ihrer Partei.

Er wohnte in der Jenaerstrasse 32 (1935).

Karl Roloff stirbt im März 1939.

 

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Aber zu den von der Bürgerschaft am 12. März berufenen Vertreter zählen ebenso die gewählten SPD- und KPD-Stadtverordneten. So beginnt die kommunale Diktatur mit der Roloff-Lüge. Denn die drei kommunistischen Abgeordneten

Paul Zeitschel (Große Neustraße 16),

Franz Neubert (Windmühlenstraße 6a) und

Dr. Artur Samter (Parkstraße 21)

sind bereits ausgeschlossen. Hierzu vermerkt das Sitzungsprotokoll:

„Ich [Karl Roloff] habe die Sitzung nach feierlichem Kirchgang gegen 5 Uhr 10 Minuten eröffnet und die gewählten Stadtverordneten, mit Ausnahme der Kommunisten, durch Handschlag verpflichtet.“

Laut Fortsetzung des Protokolls über die Stadtverordnetensitzung vom 6. April 1933 werden ebenso die vier gewählten SPD-Stadtverordneten

Otto Grunert
(Steinweg 14),

Wilhelm Schwencke
(Lindenhof 3),

Gottfried Rublack
(Siedlungsstraße 35) und

Friedrich Blüthgen
(Lützowstraße 17).

ausgeschlossen. Sie alle: Grunert, Schwenke, Rublack, Blüthgen und Samter, - sie alle waren politische Schwergewichte, stemmten sich mit ihrer ganzen Kraft seit über 10 Jahren gegen die nationalsozialistische Bewegung.

Stadtverordneter Uebelhoer (NSDAP) "erklärte, dass die sozialdemokratische Fraktion auf die ihr zukommenden Sitze in den Ausschüssen verzichtet und Mitarbeit bei der Wahl abgelehnt haben" (GR 6.4.1933). In Wahrheit ist es etwas anders: Weil die Regeln der Demokratie missachtet, anerkennt die SPD-Fraktion die Konstituierung der Ausschüsse nicht.

Nicht alle widersetzen sich. Einige ziehen es vor sich anzupassen. "Eine ganze Anzahl [von SPD-] Mitglieder trug doppelte Mitgliedsbücher in der Tasche. In der Hauptsache waren es Magistrat[s-] und staatliche Beamte. Nach der Wahl [am 5. März 1933] zerrissen sie ihre SPD-Mitgliedsbücher," erzählt Eugen Wallbaum (9), "und waren so legale Mitglieder der Nazipartei." Zu ihnen gehört der ehemalige SPD-Stadtrat und -Verordnete, der selbständige Schneidermeister Robert Manthey, geboren am 8. Juli 1869 in Langenhof, wohnhaft Jägerstrasse 5 (NSDAP Mitgliedsnummer: 3 841 727). Dies bewahrt ihn nicht vor Nachstellungen und Beobachtung durch die Polizei (und Gestapo?), die 1944 einschätzt: "Er ist trotz seines Alters rüstig und lagerfähig [!]."

Nominell besteht die Stadtverordnetenversammlung aus 30 Mitgliedern. Mit Ausschluss der KPD- und SPD-Stadtverordneten reduziert sie sich auf 23 Personen. Die Koalition von NSDAP und Kampffront Schwarz-Weiß-Rot verfügt über 19 Sitze.

In der ersten Stadtverordnetenversammlung nach der Wahl vom 12. März wird Georg Schmidt (NSDAP) zum ersten, Dr. Burkhardt (Kampffront Schwarz-Weiß-Rot) zum zweiten und Martin Schmidt (Kampfbund des gewerblichen Mittelstandes) zum dritten Stadtvorsteher gewählt. Erich Dietze wird Schriftführer. Für sie stimmen laut Protokoll jeweils 23 Abgeordnete.

Anschließend werden die Bau-, Betriebs-, Feuerwehr- und Finanzdeputation und so weiter gewählt.

Martin Schmidt erklärt auf dieser Sitzung, dass der Stadtverordneter Eix vom Kampfbund des gewerblichen Mittelstandes der Fraktion des geeinten Mittelstandes beigetreten ist. Und das sich die Fraktion (Eix, Hagemann, Schmidt, Dietze) mit der NSDAP zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen hat. (Der Kampfbund des gewerblichen Mittelstandes wurde auf Anordnung von Adolf Hitler am 15. Dezember 1932 gegründet. Seine Auflösung ordnet der Staatsleiter Politische Organisation der NSDAP Doktor Robert Ley am 7. August 1933 an.)

In der Sitzung am 6. April befasst sich die Versammlung weiter mit der Vorbereitung des Baus von Kasernen und des Krematoriums.

Georg Schmidt (NSDAP) teilt mit, dass der Magistrat der Stadt Naumburg auf Vorschlag von Karl Roloff am 27. März 1933 beschlossen hat, Adolf Hitler zum Ehrenbürger von Naumburg zu ernennen. Erst 1991 wurde dieser Beschluss gestrichen.

Nach der Stadtverordnetenversammlung am 6. April zieht am Abend ein Fackelzug durch die Stadt.

 

 

Tagung der Hitlerjugend

Im Kurhotel von Bad Kösen tagen am 12. April unter Leitung von Baldur von Schirach die Führer der Hitlerjugend aus ganz Deutschland.

 

 

Eröffnung des Kreistages  nach oben

Am 12. April 1933 tagt in Weißenfels das erste Mal der NSDAP dominierte Kreistag. Der nationalsozialistische Abgeordnete aus Osterfeld Alfred Pape (NSDAP)erklärt die nächsten Aufgaben der Regierung:

"Das oberste Ziel des neuen Kurses ist die Niederringung und Zertrümmerung des Marxismus, der Organisation, die 14 Jahre lang das deutsche Volk geknechtet und geknebelt hat. Die Niederringung des Marxismus ist nicht allein dadurch möglich, daß man die Organisation zerschlägt, daß man die marxistischen Parteien von der politischen Tätigkeit ausschaltet, sondern diese Niederringung des Marxismus ist nur zu erreichen, wenn die marxistische Ideologie aus den Herzen des Volkes gerissen und durch eine

neue Staatsidee ersetzt wird. …

Die neue Reichsregierung hat es sich als oberstes Ziel gesetzt,

die Idee des nationalen Sozialismus

an die Stelle des internationalen Marxismus zu setzen und dem deutschen Volke einen neuen Staat für Freiheit und Brot zu geben."

 

 

Landkreis Weißenfels

(Hervorgegangen aus der Zusammenlegung der Landkreise
Weißenfels und Naumburg am 1. August 1932)

Sitzverteilung nach den Wahlen vom 12. März 1933:

NSDAP 13
(24 615)

SPD 7
(13 166)

KPD 5
(9 693)

Kampffront Schwarz-Weiß-Rot 3
(5 783)

Gemeinschaftsliste 1.
(1 791)

Die Kommunisten werden in der konstituierenden Sitzung des Kreistages am 12. April 1933 in Weißenfels ausgeschlossen.

Bald erfährt den Sozialdemokraten
dasselbe Schicksal.

 

 

 

Hitlerhöhe

Den 157 Meter hohen Köppelberg (oder Käppelberg) bei Schulpforta nennt die Stadtverordnetenversammlung ab 1. Mai 1933 in Adolf-Hitler-Höhe um. Dem Kunstinteressierten ist die Berghöhe vielleicht vom Gemälde Das einsame Haus (1893) von Paul Schultze-Naumburg bekannt.

 

 
Köppelberg, dann
Adolf-Hitler-Höhe
 
Blick zum Köppelberg (2012)

 

NSDAP-Kreisleiter Friedrich Uebelhoer weiht dem Volkskanzler den Gedenkstein

Hitlerhöhe 1. Mai 1933.

Erschienen sind Abordnungen von SA, SS, BDM, HJ, SA und Stahlhelm. Nie zuvor sah man hier auf der kleinen Bergkuppe einen derartigen Massenansturm von Menschen. Der NSDAP-Führer hält eine Eloge zu den Verdiensten des Volkskanzlers. Anschliessend salbt er fünf Fahnen von Betriebszellen.

 

 

Führer Geburtstag

"Aus Anlass des Geburtstages des Reichskanzlers Adolf Hitler hatten sich am Donnerstag [20. April 1933] die Richter, die Handelsrichter, die Beamten, Angestellten und Arbeitnehmer des Landgerichts und der Staatsanwaltschaft sowie Vertreter der Rechtsanwaltschaft und der Beamten des Amtsgerichts im Sitzungssaal des Schwurgerichts [Bild, historisch] zu einer schlichten, eindrucksvollen Feier zusammengefunden, um den Geburtstag des Reichskanzlers in würdiger Weise zu feiern. … Im Auftrag der Versammelten übergab der Landgerichtsdirektor Hagen vier aus freiwilligen Spenden beschaffte Bilder des Reichspräsidenten v. Hindenburg und des Reichskanzlers Hitler, die zur Ausschmückung der Sitzungssäle des Landgerichts bestimmt waren." (Potsdam 1933)

 

 

Gleichschaltung der Handwerksinnungen  nach oben

Der Kampfbund des gewerblichen Mittelstandes ist mit der Gleichschaltung der Handwerksinnungen beauftragt. Ihre Vorstände sind mit mindestens 51 Prozent NSDAP-Mitglieder zu besetzen. Einige Innungen stehen unter Verdacht des Widerstandes und werden deshalb durch einen Kommissar überwacht.

 

 

SS-Mann ermordet  nach oben

"Ganz Naumburg ist noch voller Schauer und Entsetzen", beschreibt das Naumburger Tageblatt die Stimmung als in der Nacht zum 1. Mai 1933 der 23-jährige SS-Mann Siegfried Güthling ermordet worden war. "Man nimmt an, dass es sich um kommunistische Provokateure handelt", gibt die Todesanzeige am 2. Mai 1933 bekannt. Als damit die Tat in der Wohnung Medler Straße 21 zu mindestens für die Öffentlichkeit unversehens den Kommunisten zugeschoben, fand sie in der Stadt nie wieder eine öffentliche Erwähnung. Für den "Kämpfer um Deutschlands Freiheit" findet im Dom die Totenfeier statt. Superintendent Möhring hält die Gedenkrede.

 


Die Stadtverordnetenversammlung
in den Händen der NSDAP  
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Schritt für Schritt festigt die NSDAP unter Führung von NSDAP-Kreisleiter Friedrich Uebelhoer die nationalsozialistischen Machtverhältnisse in der Kommune. Systematisch reorganisiert er nach seinem Gusto die personelle Zusammensetzung Stadtverordnetenversammlung. Stadtverordnetenvorsteher und Kreisgeschäftsführer der NSDAP-Kreisleitung Naumburg (1935) Martin Schmidt lädt am

Donnerstag, den 11. Mai 1933, nachmittags 6 Uhr,

zur Sitzung der Stadtverordnetenversammlung ein. Eine umfangreiche Tagesordnung ist abzuarbeiten: Wahlen des Wohlfahrtsausschusses, Unterbringung der 3. Volksschule in der Mittelschule, Entlastung von der Jahresrechnung, Rückgabe eines früheren Strassengeländes, Freilegung des Flemminger Weges, Freimachung der Kasernen, Stadtrats-, Schiedsmann-, und Neuwahl der Siedlungsgesellschaft sowie der Schuldeputation, Berufsschule wie des Sparkassenvorstandes - und anderes mehr.

Zunächst werden durch den Versammlungsleiter drei neue Stadtverordnete (Siegel, Schneider und Keil) per Handschlag aufgenommen. Damit erhöht sich die Zahl der Wahlberechtigten Stadtverordneten wieder auf 26 Personen.

Bereits im Vorfeld dieser Stadtverordnetenversammlung wandte sich Oberbürgermeister Roloff am 24. April 1933 wegen des "Ausscheidens von Abgeordneten aus der Stadtverordnetenversammlung … " an den Regierungspräsidenten von Merseburg. Es handelt sich hierbei um den Stadtrat Otto Grunert (SPD, Mitglied des Magistrats), Gewerkschaftssekretär Gottfried Rublack (SPD, Mitglied des Vorstandes der Allgemeinen Ortskrankenkasse, Studienrat Georg Günther (Lehrer am Städtischen Luisenlyzeum) und Dr. med. Grüneisen (vertraglich angestellter Spezialarzt am städtischen Krankenhaus). - Stadtrat Grunert legte laut Roloff am 21. April 1933 sein Amt als Stadtrat nieder.

 

Unbesoldete kommissarische Stadträte
der Stadt Naumburg
11. Mai 1933

Victor Artes, NSDAP, Kaufmann, Naumburg, Herrenstraße 19

Franz Andacht, KSWR, Kaufmann, Oberkramermeister, Naumburg, Herrenstraße 15

Kurt Daßler, NSDAP, Drogist, Naumburg, Engelgasse 11

Ernst Flachsbarth, NSDAP, Rechtsanwalt und Notar, Naumburg,
Luisenstraße 14

Paul Kröber, KSWR, Rechtsanwalt, Naumburg, Kösenerstr. 15

Otto Lehmann, NSDAP, Buchhalter, Naumburg, Mägdestieg 6 (1935)

Georg Schmidt, NSDAP, Kaufmann, Naumburg, Dechants Grund 3

Friedrich Uebelhoer, NSDAP, Oberleutnant a.D., Naumburg, Buchholzstraße 48

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Unter dem 10. Tagesordnungspunkt erfolgt in geheimer Sitzung die Wahl der Stadträte. Nach dem Ortsstatut vom 10. März 1915 besteht der Magistrat neben den besoldeten Magistratsmitgliedern aus acht unbesoldeten Stadträten. Laut Protokoll der Stadtverordnetensitzung liegen drei Wahlvorschläge vor: von der NSDAP (Vorschlag 1), der Kampffront Schwarz-Weiss-Rot (Vorschlag 2) und der SPD (Vorschlag 3: Otto Grunert, Wilhelm Schwenke, Walter Keil).

Vom Vorschlag 1 gelten als gewählt: Friedrich Uebelhoer (Buchholzstrasse), Georg Schmidt (Hallescher Anger), Otto Lehmann (Bergstrassse 11), Ernst Flachsbarth (Markt 19), Kurt Dassler (Engelgasse 11), Viktor Artes (Herrenstrasse); vom Vorschlag 2: Paul Kröber (Kösener Strasse 15) und Franz Andacht (Herrenstrasse 15).

Auf Vorschlag des Stadtverordneten Ingenieur Julius Eix (Burgstraße 19), ehemals Bürgerwirtschaftsblock (1924), beschliesst die Versammlung den Vorschlag 3 (SPD) nicht zu behandeln, weil dieser keine Chance hat, vom Regierungspräsidium Merseburg anerkannt zu werden. Die NSDAP-Abgeordneten unterstützen dies. Es kommt zu einem heftigen Streit zwischen Otto Grunert und Friedrich Uebelhoer (NSDAP). In einer hoffnungslosen Situation bietet der Sozialdemokrat den Nazis die Stirn und vertritt den Anspruch auf ein demokratisches Verfahren.

Man schreitet zur Zettelwahl. Danach verkündet Vorsteher Eix das Abstimmungsergebnis: 22:4! 15 Stimmen für den Vorschlag der NSDAP (Vorschlag 1), sieben Stimmen für den Vorschlag der Kampffront Schwarz-Weiß-Rot (Vorschlag 2) und vier Stimmen für die Kandidaten der Sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschland (Vorschlag 3). Vorschlag 3 wird als ungültig erklärt. Demokratie nach Art des Nationalsozialismus in der Kommune. Gewählt sind folgende Personen: Friedrich Uebelhoer, Georg Schmidt, Otto Lehmann, Ernst Flachsbarth, Kurt Dassler, Viktor Artes, Paul Kröber und Franz Andacht.  nach oben

Mit Bürgermeister Karl Roloff gibt es noch ein formales Problem. Er war am 7. Februar 1933 durch die Stadtverordneten für weitere zwölf Jahre als erster Bürgermeister gewählt worden. Am 12. Juni 1933 erlassen die Nazis das Gesetz über die Bestätigung von Beamten der Gemeinden und Gemeindeverbände. Hiernach sind die Bestätigungen von Wahlen aus den alten Vertretungskörperschaften ausnahmslos zu versagen. Es ist an Hand von Dokumenten nicht genau nachzuvollziehen was daraufhin geschieht. Aber Roloff bleibt Bürgermeister. Und am 23. August 1933 wählen die Stadtverordneten auf Vorschlag von Schmidt (NSDAP) Friedrich Uebelhoer (NSDAP) zum Ersten Bürgermeister der Stadt Naumburg.

 

 

Steuerausschuss
Grundbesitz- und Gewerbeabteilung

laut Stadtverordnetensitzung
vom 13. Juni 1933

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Vorsitzender
Oberleutnant a. D. Ribbentrop, Claudiusstraße 7

Stellvertreter
Dr. Ludwig, Spahr, Buchholzgraben 3
Louis Wetzel, Kösenerstraße 4
Kaufmann Schindler, Kösenerstraße 26
Max Albertus, Kaiser-Friedrich-Straße 6
Fritz Gebhardt, Arbeitnehmer
Moritz Starke, Windmühlenstraße 9
Hugo Altenburg, Landwirt
Rudolf Schotte, Markt 17
Kaufmann Tanere (?), Kösenerstraße 3
Walter Furcht, Markt 3
Karl Forwergk, Große Jakobsstraße 6
Otto Lehmann, Bergstraße 11
Friedrich Schubert, Buchholzstraße 7
Kurt Prietzsch, Steinweg 11
Karl Schulze, Parkstraße 24
Reichenbach, Badstraße 14

Neukonstituierung
laut Stadtverordnetensitzung
vom 14. Juli 1933


Rechtsanwalt Dr. Rieling
Kaufmann Erhard Wenzel
Konditormeister Walter Furcht
Zahnarzt Dr. von Tigerström
Kaufmann Gustav Kühnl
Kaufmann Kurt Hofmann
Böttchermeister Karl Mehner
Bäckermeister Artur Goßmann

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Krupp von Bohlen und Halbach (1907-1967) vom Reichsverband der Deutschen Industrie und Carl Köttgen (1871-1951) für die Vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände fordern im Juni 1933 die Naumburger Firmen zur

Adolf Hitler-Spende der deutschen Industrie

auf. Alle Unternehmen sind verpflichtet, jährlich 5 Promille der Lohn- und Gehaltssumme des Vorjahres an die NSDAP abzuführen. Auch die städtischen Betriebe leisten einen Beitrag. Dies bringt der Nazi-Partei im Reich bis 1945 schätzungsweise 700 Millionen Reichsmark an Einnahmen.  nach oben

 

Kommissarische Einsetzung
der Magistratsmitglieder

Naumburg, am 16. Juni 1933


Andacht, Franz, KSWR Kaufmann
Oberkramermeister, Naumburg, Herrenstraße 15

Daßler, Kurt, NSDAP, Drogist, Naumburg, Engelgasse 11

Flachsbarth, Ernst, NSDAP, Rechtsanwalt und Notar, Naumburg, Luisenstraße 14

Lehmann, Otto, NSDAP, Buchhalter, Naumburg, Mägdestieg 6 (1935)

Uebelhoer, Friedrich, NSDAP, Oberleutnant a. D, Naumburg, Buchholzstraße 48

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In der Stadtverordnetensitzung am 13. Juni, eröffnet um 18.10 Uhr, sind alle Mitglieder - außer Schneider, Rudloff und Hochstein, die entschuldigt fehlen - anwesend. Diesmal werden die Vertrauensmänner Schmöller, Gerhardt, Wohlleben und Bücherrevisor Zimmermann (Markt 9) für den Ausschuss zur Wahl von Schöffen und Geschworenen gewählt. Wilhelm Zilz (Bürgergartenstraße 16) hievt man in das Jugendamt und wählt den Steuerausschuss.

Für den 16. Juni beruft der stellvertretende Vorsteher der Naumburger Stadtverordnetenversammlung Doktor Burkhardt die nächste außerordentliche Sitzung ein. Rudloff, Goldschmidt, Eix, Grunert und Schwencke fehlen entschuldigt. Der einzige Tagesordnungspunkt: Verpflichtung und Einweisung der neuen Magistratsmitglieder durch den Bürgermeister Roloff. Die alten Magistratsmitglieder scheiden aus. Der Regierungspräsidenten in Merseburg genehmigt die "kommissarische Einsetzung der neuen Magistratsmitglieder" Franz Andacht, Kurt Dassler, Ernst Flachsbarth, Otto Lehmann und Friedrich Uebelhoer.

Doktor Burkhardt eröffnet am 22. Juni gegen 18.20 Uhr die Stadtverordnetensitzung. Stadtverordneter Schmidt teilt mit, dass der Kampfbund des gewerblichen Mittelstandes sich mit der NSDAP vereint habe. Albertus und Brenner werden als Stadtverordnete kooptiert. Sie werden am 14. Juli als Ersatz für die kommissarischen Stadträte Friedrich Uebelhoer und Georg Schmidt gewählt. Es erfolgt eine Neuwahl des Stadtvorstehers mit Zettel. Erich Dietze erhält 22 Stimmen.


Erich Dietze,

geboren am 27. Februar 1904 in Oldenburg, wohnhaft Jakobsring 2, dann (ab 1. Oktober 1935) Luisenstraße 12; übernahm in Naumburg die Aufgabe des Präsidenten der Rechtsanwaltskammer und des Kreisrechtsamtsleiters der NSDAP-Kreisleitung Naumburg. Mit seinem akademischen Examen tat er sich schwer. 1. Staatsexamensprüfung: "ausreichend" (13. Juli 1926, Celle). 2. Große Staatsexamensprüfung: "ausreichend" (14. Januar 1930, Berlin). Am 16. Juli 1930 erhielt er die Zulassung als Rechtsanwalt am Oberlandesgericht Naumburg. Sein Gesamtjahreseinkommen beträgt 1934 15 231 RM.

Erich Dietze benennt Ende April 1933 Dr. Samter und Dr. Otto Hollaender als zu entfernende kommunistische Rechtsanwälte.

(Nach Prick100)

Auf Vorschlag der NSDAP-Fraktion wird weiterhin beschlossen: "Sämtlichen Beamten und Angestellten, die sich noch im Dienst befinden, allen Empfängern die von Ruhe- und Wartegeldern aus städtischen Mitteln ist es untersagt, irgendein weiteres Einkommen aus Nebenbeschäftigung, gleich welcher Art zu beziehen. Der eigenen Tätigkeit ist gleichgestellt die Tätigkeit der Ehefrau." (Vorlage GR 22.6.1933)

Bereits am 27. März 1933 (!) erhält die Stadtverwaltung Naumburg vom Wehrkreisverwaltungsamt des IV. Armeekorps die Aufforderung, alle Kasernen in der Weißenfelser Straße für den Bezug der Truppen frei zu machen. Auf dieser Stadtverordnetensitzung berät man nun den Erwerb des Kasernengeländes von der Firma Schubert. Bürgermeister Roloff trägt die Vorlage vor und teilt mit, dass die Verhandlungen mit dieser gescheitert sind. Er bittet einzuwilligen, dass die Verhandlungen abgebrochen werden und dem Reichswehrministerium anheimgestellt wird, sich das Eigentum durch Enteignung zu verschaffen. Die Kosten der Vereidigung übernimmt die Stadt. Die Vorlage wird angenommen. (Vgl. GR 22.6.1933)

 

 

 

Pfingstkongress des KSCV abgebrochen  nach oben

Für gute Stimmung vor dem Bahnhof Bad Kösen sorgt am Morgen des 31. Mai 1933 die Stahlhelm-Bundeskapelle. Angetreten sind die Chargen des Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV). Die Studentenverbindung wurde am 15. Juli 1848 in Jena gegründet und versteht sich als eine bedeutende deutsche Kulturinstitution. Ein Sonderzug bringt sie nach Naumburg. Dort wollen die etwa 1000 Teilnehmer heute den Beginn ihres Kongresses feiern. Zuvor nehmen sie im Dom St. Peter und Paul an einem Dank- und Gedenkgottesdienst teil.

Nach der Eröffnung des Kongresses in der Reichskrone, distanziert sich Karlfriedrich Mohr im Namen der Korpsstudenten pflichtgemäss vom zersetzenden Liberalismus und bekundet den Willen, am Aufbau der Volksgemeinschaft mitwirken zu wollen. In ihrer Huldigung für den Reichspräsidenten und Reichskanzler Adolf Hitler bringen die Korpsstudenten zum Ausdruck, dass sie keinen grösseren Wunsch haben, als in der nationalen Revolution mitzumarschieren. Es symbolisiert den Übergang des KSCV in das neue Reich (Weber 135).

"Einen Tag vor der Kongresseröffnung traf sich die NS-Fraktion der Corpsangehörigen und diskutierte, welche Änderungen möglich und erforderlich sein würden, um den KSCV mit dem NS-Staat in Übereinstimmung zu bringen." (Weber 135) Die NSDAP verlangt den Eintritt aller Korpsstudenten in die SA, die Einführung des Führerprinzips und den Ausschluss der Juden. Durch Freigabe der Mensuren gab die Regierung der waffenstudentischen Gemeinschaft Rückhalt. Zum Ende der Feier beteuern die Korpsstudenten:

" .... Ich schwöre dem Volk und dem Lande,
Ohn` Wanken und Schwanken zu halten die Treu` ..."

Dann erklingt die Egmont-Ouvertüre, gespielt vom Gewandhausorchester Leipzig unter der Leitung des Dirigenten Gustav Adolf Schlemm (1902-1987).

Ein niederländisches Dankgebet beschliesst die Huldigungsfeier.

Auf die Kongressteilnehmer wartet ein Sonderzug nach Bad Kösen. In geschlossener Kolonne, begrüsst von winkenden Bürgern am Strassenrand, marschieren sie an blumengeschmückten Häuser vorbei zum Hauptbahnhof.

Im Mutigen Ritter von Bad Kösen setzt der Pfingstkongress seine Tätigkeit fort. Keine Einigkeit erzielt man über die Arierfrage und den Ausschluss der jüdischen Mitglieder. Der verbandsmässige Hintergrund ist nicht völlig klar. Denn die Statuten des KSCV von 1927 bestimmen im Paragraf 48 I und II: "Die Aufnahme von Juden in ein Corps ist ausgeschlossen" und "bei jeder Aufnahme hat die Rasseprüfung bis auf die Großeltern zurückzugehen. Die Aufnahme ist unzulässig, wenn sich unter den vier Großeltern ein Jude befindet." (Thullen) (Weitere Einzelheiten sind in Der Kösener Congress vom Mai 1933 von R.G.S. Weber beschrieben.)

Die Eingliederung in die nationalsozialistische Bewegung "ohne jede Vorbehalte" läuft nicht reibungslos. Und das betrifft nicht nur die Judenfrage. Der auf dem Kongress artikulierte Wunsch nach einem föderalistischen Aufbau des KSCE widerspricht dem Führerprinzip. Laut Erklärung vom Vorort (des jährlich wechselnden Leitungsgremiums) liegen zur Umformung des Verbandes von der Reichsregierung und Reichsparteileitung (NSDAP) nebst Reichsleitung des Nationalsozialistischen Studentenbundes (NSDStB) widersprüchliche Vollmachten vor. Im Interesse der Erhaltung des Verbandes, wünscht der KSCE aber die wahren Wünsche der Reichsregierung kennenzulernen. Deshalb bricht der Vorort in den frühen Abendstunden den Kongress ab und vertagt die Fortführung auf unbestimmte Zeit. Der Rechtsanwalt und Nationalsozialist Max Blunck (1887-1957) wird zum Führer der Korpsstudenten erkoren.

Am 1. Oktober 1935 erfolgt die Zwangsauflösung des KSCV.


Bücherverbrennung  nach oben

In den Abendstunden des 1. Juli (1933) organisiert die NSDAP am Napoleonstein eine Bücherverbrennung.

 

 

Es wirken mit Bürgermeister Karl Roloff, die Vertreter der NS-Organisationen und eine NS-Kapelle. Der Badenweiler Marsch erklingt, der Lieblingsmarsch des Führers. NSDAP-Kreisleiter Friedrich Uebelhoer begleitet die Verbrennung der Bücher mit dem Feuerspruch:

"Wir wollen heute Bücher diesen Flammen übergeben, Bücher von solchen, die da meinten, den deutschen Geist und die deutsche Jugend damit vergiften zu können, und die deutschen Frontsoldaten damit besudelten."

Am Napoleonstein präsentieren die regionalen Akteure der nationalen Revolution (Hitler) ihre Ambitionen, die nur noch von der Einweihung des Langemarck-Denkmals am 6. September 1933 an Eifer und Aggressivität übertroffen wird.

 

 

Wahl des NSDAP-Bürgermeisters  nach oben

Die Stadtverordnetenversammlung am 17. August 1933 befasst sich mit Personal-, Finanz- und Steuerproblemen, Grundstücksfragen und der Wasserversorgung.

 

Stadt Naumburg
Beschluß des Magistrats vom 22. August 1933

Anwesend: Bürgermeister Roloff, Stadtbaurat Schröter, die Stadträte Artes, Keiner, Kröber, Schmidt, Andacht, Daßler, Flachsbart, Lehmann, Uebelhoer

in der heutigen Sitzung wurde zum Punkt 1 außerhalb der Tagesordnung, betr. Ortssatzung über die Zusammensetzung des Magistratskollegiums, folgender Beschluß gefasst:

auf Antrag der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei wird das Ortsstatut, betreffend der Zusammensetzung des Magistratskollegiums, die Zahl seiner Mitglieder vom 10. März 1815 aufgehoben und an dessen Stelle folgendes Ortsstatut, betreffend die [richtig: der] Zusammensetzung des Magistratskollegium, beschlossen: auf Grund § 11 und 29 der Städteordnung vom 30. Mai 1853 und dem § 3 des Gesetzes zur Erzielung weiterer Ersparnisse in der gemeindlichen Verwaltung vom 6. März 1933 wird mit Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung folgende Ortssatzung für die Stadtgemeinde Naumburg a. S. erlassen:

Der Magistrat besteht aus dem Bürgermeister, einem Beigeordneten oder 2. Bürgermeister als dessen Stellvertreter, einem besoldeten Stadtrat, der die Staatsprüfung für den höheren Justiz- oder Verwaltungsdienst
bestanden haben muß, und 8 unbesoldeten Stadträten.

Diese Ortssatzung tritt durch den Bezirksausschuß in Kraft.

Naumburg / S., den 22. August 1933
Magistrat
Roloff.

(Vgl. Beschluß, 22. August 1933)

 

Die nächste Stadtverordnetenversammlung findet am

23. August,

gegen 20.10 Uhr statt. Vorsteher Dietze eröffnet sie.

Nach dem "Aussscheiden" von sieben Linksvertretern, besteht die Stadtverordnetenversammlung Naumburg aus 16 Stadtverordneten der NSDAP.

Sieben Mitglieder (Moritz Starke, Dr. Martin Grüneisen, Karl Mehner, Dr. Herbert Burkhardt, Ernst Hochstein, Gustav Menzel, Georg Günther) der Kampffront Schwarz-Weiss-Rot, die als Stadtverordnete gewählt, lehnen die Teilnahme an der Sitzung ab. Die Gründe dafür konnten nicht hinreichend genau ermittelt werden. Möglicherweise stehen sie im Zusammenhang mit der Wahl des Ersten Bürgermeisters.

Erschienen sind sechzehn NSDAP-Mitglieder. Vom Magistrat sind Artes, Lehmann, Daßler, Andacht, Kröber anwesend.

Bürgermeister Karl Roloff ist anwesend.

Die Wahl erfolgt per Stimmzettel. Martin Schmidt, Kreisgeschäftsführer der NSDAP-Kreisleitung Naumburg, unterbreitet den Vorschlag "Uebelhoer".

NSDAP-Kreisleiter Friedrich Uebelhoer erhält alle sechzehn Stimmen. Vorsteher Dietze stellt fest, dass damit die Wahl zum ersten Bürgermeister vollzogen ist.

Die 16 NSDAP-Stadtverordnete sichern die Arbeitsfähigkeit und fassen mit ihrer Mehrheit von einer Stimme Beschlüsse. Auf ihren Antrag hin wird die Ortssatzung, betreffend der Zusammensetzung des Magistrats vom 10. März 1913 aufgehoben.

Friedrich Ubelhoer erhält laut Beschluss das Höchstgehalt in Gruppe I C der preussischen Besoldungsordnung plus 1 000 Reichsmark Aufwandsentschädigung, dazu freies Licht und Heizung und Wohngeld.

Die Sitzung am 23. August befasst sich weiter mit der Ausbesserung der Reichskrone, wo sich seit 30. April 1933 im zweiten Stockwerk die Geschäftsstelle der NSDAP-Kreisleitung mit der Anschrift: Naumburg - Saale, Parteihaus, Bismarckplatz 5, befindet. Rudolf Jordan (1902-1988), NSDAP-Gauleiter von Halle-Merseburg, weiht das Schmuckstück zum NSDAP-Kreisparteitag am 18. November 1934 ein.

Das Preußische Gemeindeverfassungsgesetz (GVG) vom 15. Dezember 1933 sichert die Diktatur der NSDAP auf kommunaler Ebene, indem der Oberbürger- und Bürgermeister vom Minister des Inneren "durch Vertrauen von Partei und Staat in ihr Amt berufen" werden. Von alters her vertraut klingende Begriffe wie Gemeindeschulze und Gemeindeälteste sollten uns nicht täuschen. Denn dieses Gesetz verfügt den Ausschluss der Bürger von allen Formen politischer Mitbestimmung! Faktisch gibt es mit diesem Gesetz und dem Parteienverbot keine frei gewählte und demokratisch legitimierte Stadtverordnetenversammlung mehr.  nach oben

Als verantwortlicher Leiter der Ortsbehörde gilt allein der Bürgermeister, der die Gemeinde nach dem Führerprinzip leitet, heißt es im GVG. Dem Gemeinderat kommt lediglich eine beratende Aufgabe zu. Er hat keine Entscheidungsbefugnis. § 6 (1) des GVG sagt:

 

Die Auslese der Gemeinderatsmitglieder

"Die Aufsichtsbehörden und Gauleiter müssen sich bei der Berufung der Gemeinderäte bewußt sein, daß die richtige Auswahl der Gemeinderäte für die Gewährung der neuen Gemeindeverfassung von entscheidender Bedeutung ist. Nach dem Gesetz sind in jeden Fall der in der Ortsinstanz oberste örtliche Leiter der NSDAP. und der in der Ortsinstanz rangälteste Führer der Sturmabteilung oder der Schutzstaffel der NSDAP. zu berufen. Daneben sind solche Persönlichkeiten als Gemeinderäte zu berufen, die über besondere Erfahrungen und Verdienste verfügen. So selbstverständlich es ist, dass die unbedingt nationale Einstellung dieser Persönlichkeiten über jeden Zweifel erhaben sein muss, so wenig würde es dem Sinn des Gesetzes entsprechen, die Mitglieder der NSDAP, SA oder SS zur Voraussetzung ihrer Berufung zu machen."

(Regierungspräsident 13. Januar 1934)

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"Leiter der Gemeinde ist der Bürgermeister. Er wird von den Beigeordneten vertreten. (2) Bürgermeister und Beigeordnete werden durch das Vertrauen von Partei und Staat in ihr Amt berufen. Zur Sicherung des Einklangs der Gemeindeverwaltung mit der Partei wirkt der Beauftragte der NSDAP bei bestimmten Angelegenheiten mit."

Am 30. Januar 1935 wird das GVG durch die reichseinheitliche Deutsche Gemeindeordnung (DGO) ersetzt.

Die Stadtverordnetenversammlung kontrolliert am 20. Dezember die Beiträge der Betriebe zur Adolf-Hitler-Spende. Die städtischen Gas-, Elektrizitäts- und Wasserwerke führen drei Prozent der Lohnsumme ab. Im Juli 1934 sind dies 443,90 Reichsmark.

Mit dem Kirchengesetz vom 6. September 1933 sind die Ämter des Generalsuperintendenten aufgehoben. Neue Bistümer werden errichtet, darunter das Bistum Merseburg-Naumburg. Die Stadt bemüht sich um den Sitz einer Propstei. Als Dienstwohnung für den Probst schlägt sie die Domkurie vor. (Stand Dezember 1933)

Die Stadt übernimmt die Trägerschaft der Stadtrandsiedlung. Sie plant außerdem den Bau eines Landgerichtsgebäudes am Roonplatz.

Bei Schellsitz friert die Saale zu. Groß und Klein amüsiert sich beim Eislaufen.

Am 25. Januar 1934 erfolgt die feierliche Inaugurierung von Friedrich Uebelhoer als Oberbürgermeister der Stadt Naumburg im Auftrag des Ministers für Inneres durch Regierungspräsident Dr. Sommer. Seitdem 26. Oktober 1932 war die Stelle unbesetzt.

Das Gesetz über den Neuaufbau des Reiches vom 30. Januar bringt das Ende der Länderhoheit. Die Regierung hat das Recht, neues Verfassungsrecht zu setzen und damit die Bestimmungen oder Einrichtungen der Weimarer Verfassung aufzuheben (siehe zum Beispiel unten das Gesetz über das Staatsoberhaupt vom 1. August 1934 und die Volksabstimmung am 19. August 1934). Nach nationalsozialistischer Staats- und Rechtsauffassung ist damit das Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 aufgehoben. Das Gesetz wird vom Reichstag - wie nicht anders zu erwarten - einstimmig beschlossen.

Jetzt geht es anders rum. Die nächste Sitzung des Gemeinderats im Februar 1934 erfolgt unter Hinzuziehung des Rangältesten Führers der SA Obersturmbannführer Franz Schröder. - Die Machtübergabe an die NSDAP ist abgeschlossen.

Bürgermeister Karl Roloff starb im März 1939. Stadtassessor Werner Schröder (*5. Oktober 1904, gefallen am 20. August 1942) tritt am 7. Dezember 1939 seine Nachfolge an. Stadtbaurat Schröter nimmt als dienstältester Beigeordneter die Amtseinführung vor. Martin Schmidt, Kreisgeschäftsführer der NSDAP-Kreisleitung Naumburg, überbringt die Glückwünsch der NSDAP.

 

 

Gemeinderat und Gemeindeordnung (1935)  nach oben

Das Preußische Gemeindeverfassungsgesetz (GVG) vom 15. Dezember 1933 verfügt die vom Minister des Inneren vorzunehmende Einsetzung eines starken Bürger- oder Oberbürgermeisters als Gemeindeleiter. Diesem tritt der Gemeinderat ohne jede Entscheidungsbefugnis gegenüber. Laut Gesetz endet die Legislaturperiode des 1933 gewählten Gemeinderates Mitte 1934. Also muss ein neuer präsentiert werden.

 

 

Der Regierungspräsident bittet den Oberbürgermeister der Stadt Naumburg mit Schreiben vom 29. August 1934 im Auftrag des Gauamtsleiters der NSDAP für Kommunalpolitik des Gaues Halle-Merseburg um eine Vorschlagsliste der Gemeindevertreter, die einvernehmlich mit der NSDAP-Kreisleitung erstellt werden soll. Der Oberbürgermeister der Stadt Naumburg, gleichzeitig NSDAP-Kreisleiter, erstellt die Vorschläge mit dem 1. Oktober 1934 (siehe Übersicht oben) und übersendet diese an den Regierungspräsidenten. Sie enthält siebzehn Personen. Max Albertus und Alex Brenner sind als "Ersatz" gekennzeichnet.

 

Carl Julius Dohmgoergen (1885-1945). Studium der Rechtswissenschaft und Nationalökonomie in Halle. 1928 Geschäftsführer der BARMER-Ersatzkasse in Halle. Seit 1930 NSDAP-Mitglied. 1933 NSDAP-Kreisleiter Halle.

Anschrift
Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei, Gauleitung, Gaugeschäftsstelle, Halle an der Saale, Thielenstraße 5

 

Mit dem Brief vom 31. Januar 1935 an den Oberbürgermeister der Stadt Naumburg kritisiert der Regierungspräsident, dass erstens ein Repräsentant der örtlichen Kultur, zweitens ein Vertreter der höheren Beamtenschaft und drittens ein Anwalt der örtlichen Unternehmer oder Gewerkschaften in der Vorschlagsliste fehlen. Uebelhoer legt daraufhin dar, dass die Ratsherren-Versammlung aus 3 bodenständigen Handwerkern, 3 Beamten, 1 Lehrer, 4 Arbeitern und Angestellten, 2 Angehörigen der freien Berufe und 2 Bauern besteht. Die Belange des Doms mit seinen Stifterfiguren nimmt Zeichenlehrer Robert Langermann wahr. In der am 8. April 1935 an den Oberbürgermeister der Stadt Naumburg übersandten Vorschlagsliste vom Regierungspräsidenten sowie dem Reichs- und Preußischen Minister des Inneren findet sich eine Veränderung. Statt Heinrich Eickmann wird nun Ernst Pinder vom Oberlandesgericht nominiert. Max Albertus und Alex Kaufmann bleiben Ersatzkandidaten.

 

Ernst Pinder  nach oben

wurde am 14. August 1885 in Kassel als Sohn des Oberregierungsrats a. D. Pinder geboren. Gymnasium und Studium Rechtswissenschaften. Abgangszeugnis der Universität Heidelberg im August 1904 "sämtlich als sehr gut". Verheiratet seit 29. September 1916 mit Ursula Jones. Landrichter in Kassel. Landesgerichtsrat in Kassel (1919). Hilfsrichter beim Oberlandesgericht Kassel (1922). Seit 1926 am Oberlandesgericht in Naumburg tätig. Zuletzt Senatspräsident. Jahreseinkommen 1944 etwa 3 700 Reichsmark. Seit 1. Mai 1933 Mitglied der NSDAP (Nr. 2 782 860). NSRB seit 3. Juli 1933. NSV seit 1. Juli 1933. In jeder Beziehung ein "vortrefflicher Richter", ein "überzeugter Anhänger nat. soz. Bewegung", urteilt sein Dienstvorgesetzter, der Präsident des Oberlandesgerichts Naumburg Paul Sattelmacher. Die Ehefrau (jetzt wohnhaft Detmold, Freiligrathstraße 24) ersucht am 19. April 1949 beim Oberlandesgericht Hamm um Versorgungsbezüge für ihren vermissten Ehemann. (Vgl. Pinder)

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Nach der Ersten Durchführungsbestimmung der Deutschen Gemeindeordnung vom 22. März 1935 sind nach § 51 die Gemeinderäte erstmalig bis 1. Oktober 1935 zu berufen, was taggenau durch den Beauftragten der N.S.D.A.P. Gauinspektor Dohmgoergen erfolgt. Heinrich Eickmann, Karl Forwergk und Franz Schröder sind nicht dabei.

SA-Mann Franz Schröder ist im Jahr 1934 noch nominiert. Im Oktober 1935 ist er von der Liste gestrichen. Inzwischen war mit dem sogenannten Röhm-Putsch am 30. Juni 1934 in blutiger Weise ein Machtkampf ausgetragen worden. Dabei entledigte sich Hitler auch einflussreicher politischer Gegner aus dem konservativen Lager, wie Kurt von Schleicher. Hernach wandelt sich die SA: Im Februar 1938 zieht sie im Dienst der Festigung des deutschen Wirtschaftslebens mit dem Handwagen als Altstoff-Sammel-Truppe durch die Stadt. Letzter SA-Standartenführer in Naumburg (1945) ist Gerhard Juch (Roßbacher Straße 9).

Intellektuell war der hochgebildete und talentierte Ernst Pinder die herausragende Persönlichkeit im Gemeinderat.

Die Kommunalgesetzgebung dient der Durchsetzung des Willens der NSDAP. Dem Gauinspektor der NSDAP, erst in Weißenfels, dann in Halle institutionalisiert, kommt bei Personalfragen (Oberbürgermeister, Bürgermeister, Mitglieder des Gemeinderats) eine zentrale Rolle zu.

Den Entwurf der Hauptsatzung der Stadt Naumburg übersendet der Oberbürgermeister am 12. Juli 1935 an das Amt für Kommunalpolitik, Deutscher Gemeindetag, des NSDAP-Gau Halle-Merseburg Weißenfels zu Händen des Beauftragten der N.S.D.A.P. Gauamtsleiter Parteigenosse Alfred Pape.  nach oben

Am 15. Juli 1935 ergeht sie an den Regierungspräsidenten in Merseburg, der am 12. September 1935 die Genehmigung erteilt. Darin ist festgelegt, dass der Oberbürgermeister hautamtlich seinem Dienst nachgeht und ihm ein Bürgermeister, ein hauptamtlicher Bürgermeister, ein hauptamtlicher Stadtkämmerer, ein hauptamtlicher Beigeordneter (Stadtrechtsbeigeordneter - "kw"), ein hauptamtlicher Stadtbaurat und sechs ehrenamtliche Beigeordnete zur Seite stehen.


Deutsche
Gemeindeordnung (DGO) 
vom 30. Januar 1935

§ 18
Die Gemeinde kann bei dringendem öffentlichen Bedürfnis durch Satzung
mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde für die Grundstücke ihres Gebietes
den Anschluss an Wasserleitung, Kanalisation, Müllabfuhr,
Straßenreinigung und ähnliche der Volksgesundheit dienende Einrichtungen
(Anschlusszwang) und die Benutzung dieser Einrichtungen und der
Schlachthöfe (Benutzungszwang) vorschreiben.

 

Die ehemaligen ehrenamtlichen Beigeordneten von 1933, deren Amtszeit nach dem Gemeindeverfassungsgesetz mit dem 30. Juni 1934 abgelaufen ist, werden ersetzt durch: Otto Lehmann, NSDAP-Kreisleitung; Ernst Flachsbarth, Rechtsanwalt und Notar; Victor Artes, Kaufmann; Kurt Daßler, Drogist, Naumburg; Dr. med. dent. Ulrich Tigerström, Zahnarzt; Franz Andacht, Kaufmann, Naumburg; meldet der Oberbürgermeister der Stadt Naumburg am 3. Dezember 1935 an den NSDAP-Gauinspektor. Die Abberufung der alten Gemeinderäte Eix, Dr. Burkhardt, Goldschmidt, Günther, Hochstein, Mehner, Menzel, Siegel, Wohlleben und des SA-Obersturmbannführers Franz Schröder erfolgte durch den Oberbürgermeister zum 7. Oktober 1935.

Der Oberbürgermeister oder Bürgermeister muss laut Hauptsatzung der Stadt Naumburg die Befähigung zum Richteramt oder höheren Verwaltungsdienst haben. Die Stelle des hauptamtlichen Stadtrechtsrates soll mit dem Ausscheiden des bisherigen Amtsträgers wegfallen. Der Stadtkämmerer muss die Befähigung zum Richteramt oder eine langjährige praktische Erfahrung aufweisen. Die Stelle wird nicht eingerichtet, solange der Beamte Schaffernicht die Verwaltung des Geldwesens führt. Der Stadtbaurat soll möglichst die 2. Staatsprüfung als Regierungsbaumeister (Hochbau) erfüllen.

Die ehrenamtlichen Beigeordneten, Ratsherren und sonstigen ehrenamtlichen Bürger erhalten bei auswärtigen Tätigkeiten Reisekosten und Tagegelder nach den gesetzlichen Vorschriften erstattet.

 

 

 

Gemeinderatsmitglieder und die Teilnahme (Auswahl)
an den Gemeinderatssitzungen

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14.8.
34
30.10.
34
8.3.
35
1.10.
35
4.12.
35
26.11.
36
16.12.
37
19.12.
38
25.10.
39
                     
  Oberbürgermeister
Friedrich Uebelhoer
geboren am 25. September
1893 in Rothenburg ob der
Tauber - kein Beruf
Luisenstraße 11
X
X
X
 
X
krank
 
X
X
                     
 

Bürgermeister
Karl Roloff
geboren am 24. September
1884
in Hückeswagen
Jurist
Jenaerstrasse 32

X
X
X
 
E
X
X
X
 
                     
  Stadtrat
Erich Keiner
geboren am 4. Mai 1891
in Mühlhausen (Thüringen)
Finanz- und Volkswirt - seit
1. April 1925 Beamter in der Stadtverwaltung
X
X
X
 
X
X
X
   
                     
  Stadtbaurat
Paul Schröter
geboren am 4. Juni 1876
in Löbejün bei Halle
Architekt
Danziger Straße 15
X
X
X
 
X
X
X
X
 
                     
 

Stadtrat
Victor Artes
geboren am 5. Juni 1877
in Salzungen (Thüringen)
Kaufmann
Herrenstraße 19

X
 
X
 
X
X
X
X
 
                     
  Stadtrat
Franz Andacht
geboren am 14. Dezember
1888 - Kaufmann
Oberkramermeister
Herrenstraße 14/15
X
X
X
 
X
E
     
                     
  Stadtrat
Ernst Flachsbarth
geboren am 21. September
1881 in Gera
Kaufmann
Luisenstraße 14
 
X
X
 
X
X
X
X
 
                     
 

Stadtrat
Dr. med. Dent. Ulrich
Tigerström - geboren am
4. Februar 1895 in Bassin, Kreis Grimmen - Zahnarzt
Blücherstraße 18

         
X
X
X
 
                     
  Stadtrat
Kurt Daßler
geboren am 6. April 1893
in Kahla
Drogerist
Engelgasse 11

 

 

X
X
   
X
X
E
 
                     
  Stadtrat
Paul Kröber
Rechtsanwalt
Kösenerstr 15

 
X
X
 
E
       
                     
 

Stadtrat
Otto Lehmann
geboren am 28. Juni 1896
in Hohenbucko
Mägdestieg 6

         
X
E
X
 
                     
  Max Albertus
geboren 2. Januar 1887
in Naumburg
Lagerleiter
Ortsgruppenleiter NSDAP
Kaiser-Friedrich-Straße 6
X
   
1935
X
X
X
X
X
                     
  Alex Brenner
geboren 16. Oktober 1893 in Odessa
Kaufmann
Ortsgruppenleiter NSDAP
Burgstraße 47
E
X
X
1935
X
E
X
X
im Osten
                     
  Erich Dietze
geboren 27. Februar 1904
in Oldenburg
Rechtsanwalt
Kreisrechtsstellenleiter
Jakobsring 2
X
X
X
1935
X
X
X
X
X
                     
  Heinrich Eickmann
geboren 21. Dezember 1894
in Buchholz
Kohlenhändler
Marienstraße 15
     
1935
         
                     
  Karl Forwergk
geboren 3. Juni 1900in Naumburg
Eisenhändler
Vorstandsmitglied des Hausbesitzervereins
Jakobsstraße 6
     
1935
         
                     
  Georg Gerhard
geboren 18. Oktober 1891
in Lohrbach/ Baden
Schlosser
Ortsgruppenleiter der NSDAP
Hallesche Str. 23
X
X
X
1935
 
X
X
E
X
                     
 

Paul Gotter
geboren 9. März 1897
in Solau
Buchhalter
Ortswalter der Angestelltenschaft
Jakobsstraße 31

X
E
X
1935
X
X
X
X
X
                     
  Roland Langermann
geboren 23. Mai 1895
in Riga
Zeichenlehrer
Kreisobmann der NSLB
Spechsart 60a
X
X
E
1935
X
X
X
X
X
                     
 

Robert Leonhardt
geboren 29. November 1894 in Herren-Gosserstädt
Schlosser
Kreisbetriebszellenobmann
Oststraße 35

X
X
X
1935
E
X
X
X
X
                     
 

Dr. Erich Müller
geboren 27. August 1887 in Naumburg
Arzt
SA Standarte J 4, Standartenarzt
Grochlitzer Straße 45

     
1935
E
E
E
E
krank
                     
  Rudolf Müller
geboren 16. Juni 1867 in Burgscheidungen
Reichsbahnassistent
Beamtenfachschaftsleiter
Horst-Wessel-Siedlung 15
X
X
X
1935
X
X
X
X
X
                     
 

Ernst Pinder
geboren 14. August 1885
in Kassel
Jurist
Oberlandesgerichtsrat
Grochlitzer Straße 2/3

     
1935
E
X
X
X
X
                     
  Franz Reichenbach
geboren 24. April 1902 in Roßbach a. S.
Bauer
Ortsbauernführer
Badstraße 14
     
1935
X
X
X
X
X
                     
  Martin Schmidt
geboren 24. September 1900 in Naumburg
Kaufmann
Kreisamtsleiter HAGO
Lindenring 13
X
X
X
1935
X
E
X
X
X
                     
  Walter Schmöller
geboren 10. März 1894 in Naumburg
Postschaffner
Kreisschulamtsleiter NSDAP
Linsenberg 21
X
X
E
1935
 
X
E
E
X
                     
  Franz Schröder
geboren 11. Februar 1891
in Bibra
Fleischermeister
Rangälteste der SA
Hallesche Straße 43
     
1935
         
                     
  Moritz Starke
geboren 8. August 1889
in Naumburg
Bauer
NSDFB
Weißenfelser Straße 14
X
X
X
1935
X
X
X
E
X
                     
  Gustav Wesemann
geboren 4. März 1889 in Loderburg
Uhrmacher
Obermeister der Innungen
Kaiser-Wilhelm-Platz 9
     
1935
X
X
X
E
X
                     
  Alle nachfolgend Genannten sind nur bis zum 7. Oktober 1935 kommissarischer Gemeindevertreter.            
                     
  Julius Eix
X
X
X
           
                     
  Gustav Menzel
X
X
X
           
                     
  Karl Mehner
X
X
X
           
                     
  Ernst Hochstein
X
X
X
           
                     
  Alfred Goldschmidt
X
X
X
           
                     
  Richter
X
               
                     
  Günther
X
X
E
           
                     
  Dr. Herbert Burkhardt  
X
X
           
                     
  Dr. Martin Grüneisen  
X
X
           
                     
  Siegel
X
X
X
           
                     
  Hermann Wohlleben    
X
           
                     
 

 

X = anwesend; E = entschuldigt

1935 = Gemeinderatsmitglieder am 1. Oktober 1935

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Verbot der Arbeitervereine    nach oben

Faschismus und Diktatur assoziiert die demokratische Öffentlichkeit gewöhnlich mit Bildern vom brennenden Reichstag, gequälten Menschen in Konzentrationslagern und misshandelten politischen Gegnern. Dagegen erscheint das Verbot der Arbeitervereine als randständiges, fast harmloses Ereignis. Selbst die Betroffenen unterschätzen die Folgen. "Die Gründung des kleinsten Arbeitervereins wird", schrieb einst Johann Jacoby (1805-1877), "für den künftigen Kulturhistoriker von größeren Wert sein als - der Schlachttag von Sadowa." Mit Liquidierung der Arbeitervereine wird der moralische Schutzzaun vor chauvinistischen Nationalismus, Rassenideologie und Untermenschentum niedergebrochen. Humane informelle Netzwerke werden zerstört und der Aufbau einer politischen Gegenkultur ungemein erschwert.

"Alle Vereine, denen ich angehörte", trägt Fritz Voigt dazu vor, "sympathisierten mit der KPD und wurden von ihr gefördert. Die Mehrzahl der Mitglieder im Kraftsportverein waren Mitglieder der KPD und aktiv im Parteileben." Eine solche Sportlandschaft wollten die Nationalsozialisten nicht. Also erfolgt am 4. Mai ihre Gleichschaltung oder Auflösung. Hierfür ist Sturmführer Voigt verantwortlich. Die alten Vorstände müssen ihre Funktion niederlegen. Bis 15. Mai ist ein neuer Vorstand zu wählen, der zu 51 Prozent aus zuverlässigen NSDAP-Mitgliedern besteht. Wo das nicht möglich ist, erfolgt ein Verbot des Vereins und das Eigentum wird beschlagnahmt.

Den Schachverein V.F.L 88 [oder VfL 88] trifft es am 15. Juli 1933 mit seinem Sparbuch-Guthaben von 12,85 RM. Beschlagnahmt wird ein Rucksack der Ortsgruppe der KPD am 8. September 1933, ebenso die roten Armbinden vom Arbeitersportkartell Naumburg am 27. September 1933.

"In der Vereinsregistersache Arbeitersportkartell Naumburg a. S. erwidere ich auf das Schreiben vom 25.11. [1933] ergebenst, daß der genannte Verein aufgehört hat zu bestehen. Vereinsmitglieder sind nicht mehr vorhanden. Insbesondere dürfte sich nach Erlaß des polizeilichen Betätigungsverbotes niemand mehr finden, der geneigt sein würde, die Geschäfte des Vorstandes zu übernehmen", schreibt Bürgermeister Karl Roloff am 20. November 1933 an das Amtsgericht Naumburg. (Vgl. Roloff 30.11.1933) - Auch der Verein für Leibesübungen 1888 wird im November 1933 verboten.

 
Oblitzer Schleuse an der Saale
bei Naumburg (2007)

Man glaubt es kaum. Damit sich die Kommunisten. Freidenker und Sympathisanten nicht zu ihren Gesprächen, heute nennt man es ehr Meetings, an der Oblitzer Schleuse zusammenfinden können, heisst es in einem offiziellen Protokoll, konfisziert die Staatsmacht massenhaft ihre Fahrräder. Zum Beispiel am 12. Juni 1933 das von Hans Falk, Wendenplan 3, oder von Rosa Schaumburg in der Windmühlenstraße. Paula Samter aus dem Mägdestieg 14, Ehefrau des kommunistischen Funktionärs Arthur Samter, besitzt ebenfalls ein Fahrrad. Am 12. Juni 1933 beschlagnahmt es die Polizei. Im Mai 1933 stellt der SS-Sturm 3/IV.26. Standarte Naumburg beim Reichsbanner-Mitglied Walter Grosser im Weinbergweg 11 eine Schreibmaschine der Marke Mignon sicher. Der Gutenberg Gesangsverein verliert am 15. Juli 1933 bei der Enteignungsaktion sein Sparbuchguthaben in Höhe von 242,32 Reichsmark. Der Reichsbanner Ortsgruppe nimmt man am 21. August 1933 unter anderem ihren Notenständer. "Weil die Maschine früher kommunistischen Zwecken diente", heißt es im Beschlagnahmeprotokoll, wird am 12. Januar 1934 die Schreibmaschine Marke Kapell Nr. 22474 von Walter Höhne durch die Ortspolizeibehörde eingezogen. (Vgl. Nachweisung 1933/34)

Der Regierungspräsident von Merseburg bestellt zum 22. Mai 1934 den Rechtsanwalt und Vorsitzenden des NS-Rechtswahrer Bundes Doktor Werner Rieling (Hochstraße 9) im Polizeibezirk Naumburg als Treuhänder für das Vermögen der ehemals marxistischen Sportverbände.

Das Arbeitersportkartell steht unter dem Einfluss der Sozialdemokraten.

"Vereinsmitglieder sind nicht mehr vorhanden",

schreibt Bürgermeister Roloff am 25. November 1933.

"Insbesondere dürfte sich nach Erlaß der polizeilichen Betätigungsverbote niemand mehr finden, der geneigt sein würde, die Geschäfte des Vorstandes wieder zu übernehmen." (Verfügung 30.11.1933)

Nach Ermittlungen der Staatspolizei, besteht die Kampfgemeinschaft der Roten Sporteinheit im Oktober 1934 noch. (Vgl. Stapo 1933e, 211). Im März 1935 startet sie eine große Verhaftungswelle. Unter den Festgenommenen befindet sich der Arbeitersportler Richard Locker.

Geschafft! Alles auf Linie des Nationalsozialismus. Mit den anderen Sportvereinen hatte man dabei keine Schwierigkeiten. "Denn gerade in den bisherigen bürgerlichen Turn- und Sportvereinen", referiert der Volksbote (Zeitz) 1931, "wird der Faschismus in der üblichen Weise gezüchtet. Der Männer-Turnverein, der Turnverein Friesen und der Fußballclub 05 sind geradezu Brutstätten für die Nazis, und dabei sind die führenden Geister freigewerkschaftlich organisierte Arbeiter (!)." (Stärkt 1931)  nach oben

 

 

Was wird aus den bürgerlichen Gesellschaftsvereinen?  nach oben

Die verbliebenen Vereine unterwirft die NSDAP ihrer Kontrolle.

Generalstaatsanwalt Dr. jur. Ludwig Becker (geboren am 21. Mai 1871, wohnhaft Breithauptstraße 22), Oberleutnant a. D. Wilhelm Krieger (geboren 19. April 1871, wohnhaft Luisenstraße 15), Fabrikdirektor Heinrich Prehn (geboren 19. Dezember 1887, wohnhaft Buchholzstraße 30) und Karl Roloff (geboren 24. September 1887, wohnhaft Jenaer Straße 32) treffen sich regelmäßig in der 1807 gegründeten

Erholungsgesellschaft

Über ihre Zusammenkünfte äußert die Ortspolizeibehörde:

"Die vorstehenden aufgeführten Personen sind durchaus national eingestellt. Es ist mit Bestimmtheit anzunehmen, daß sie sich rückhaltlos für den nationalsozialistischen Staat einsetzen." (Vgl. Nachweisung 1934)

Für die anderen "Gesellschaften" wird dies in etwas abgeschwächter Form ähnlich festgestellt.

Im

Kaufmännischen Verein

(seit 1880) korrespondieren Bürger unter der Ägide von Kaufmann Ernst Hohenstein (geboren 4. Januar 1886, wohnhaft Burgstraße 58) und Konditormeister Walter Furcht (geboren 18. Januar 1898, wohnhaft Markt 3) miteinander.

Auf eine lange Tradition schaut der

Naumburger Bürgerverein

zurück. Er besteht seit 1821. Wortführer sind hier Kaufmann Friedrich Andacht (geboren 14. Dezember 1888, wohnhaft Herrenstraße 15) und Kaufmann Kurt Kuttke (geboren 14. November 1897, wohnhaft Pfortastraße 30).

In der

Ressource,

1855 gegründet, organisieren Bürger ihr Kulturleben unter Leitung von Kaufmann Alfred Schulze (geboren 6. Juni 1883, wohnhaft Grochlitzer Straße 47), Mittelschuldirektor August Lehmann (geboren 2. Februar 1887, wohnhaft Flemminger Weg 29) und Richard Hertel.

 

 

Parteienverbot  nach oben

Das Gesetz gegen die Neubildung von Parteien vom 14. Juli verleiht der NSDAP eine Monopolstellung. Das Gesetz zur Sicherung der Einheit von Partei und Staat vom 1. Dezember definiert sie als Trägerin des deutschen Staatsgedankens und mit dem Staate unlösbar verbunden.

Am 22. Juni verbietet Reichsinnenminister Friedrich Frick die traditionsreiche Sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschlands.

Bürgermeister Roloff aberkennt am 29. Juni Wilhelm Schwencke (SPD) schriftlich das Stadtverordnetenmandat und droht ihm mit Schutzhaft. Er verbietet die Tätigkeit der SPD.

 

 

[Abschrift]
Der Oberbürgermeister als Ortspolizeibehörde
Tgb. Nr. P. V.

Naumburg a. S.,
den 29. Juni 1933

Polizeiliche Verfügung!

Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands ist namentlich nach ihrer Betätigung in den letzten Tagen und Wochen als staats- und volksfeindliche Organisation anzusehen. Auf Anordnung des Herrn Ministers des Inneren werden Sie daher hiermit von der Ausübung ihres Stadtverordnetenamtes ausgeschlossen, weil Ihre Weiterbetätigung eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit darstellt. Es wird Ihnen aufgegeben, sich der weiteren Ausübung des Mandats zu enthalten, widrigenfalls Ihre polizeiliche Inhaftnahme nach Maßgabe des § 1 der Verordnung des Schutzes von Volk und Staat vom 28.2.1933 erfolgen müßte.

In Vertretung [Unterschrift] Roloff

Herrn
Schriftsetzer Wilhelm Schwencke
hier.
- - - -
Lindenhof 3

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Am 10. August 1933 stellt die Staatspolizeistelle für den Regierungsbezirk Merseburg (I 401) Wilhelm Schwenke (SPD) die Mitteilung über Einziehung des Vermögens vom Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold Ortsgruppe Naumburg zu. Grundlage bildet das Gesetz über die Einziehung kommunistischen Vermögens vom 26. Mai 1933 und das Gesetz über die Einziehung volks- und staatsfeindlichen Vermögens vom 14. Juli 1933.

Nach dem Verbot der SPD erfolgt sukzessive die Selbstauflösung der übrigen Parteien (DVP 27.6., DDP 28.6., BVP 4.7. und Zentrum 5.7.). Die DNVP wird in die NSDAP-Fraktion aufgenommen. Die Selbstauflösung der Deutschnationalen Volkspartei "markiert einen kläglichen Schlusspunkt", wobei der Begriff der Partei für dieses Gebilde allerdings zu hochgegriffen war (Flemming 1982, 297).


Wahlkampfrede von Adolf Hitler im Göttinger Kaiser-Wilhelm-Park
am 21. Juli 1932.

Ausschnitt zum Thema Mehrparteiensystem.
Hier hören:
mp3, 1:23 Minuten
.

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Überraschend kam das Parteienverbot nicht. Es war voraussehbar. Bereits in seiner Wahlkampfrede am 31. Juli 1932 im Göttinger Kaiser-Wilhelm-Park charakterisiert Adolf Hitler das Vielparteiensystem als nutzlos. Und darin war er sich mit anderen rechten Parteiführern offenbar einig. Vizekanzler Franz Papen assistiert am 11. Juni 1933 auf dem Markt von Naumburg: "Einmal musste ja die deutsche Selbstzerfleischung aufhören, einmal musste der Parteienkampf zum Schweigen gebracht werden. Wir können wieder hoffen, dass die nationale Brüderlichkeit selbstverständlich wird, dass es Werte gibt, die innerhalb des Volkes unbestritten gelten." Es war nicht nur Hitler ....

 

Illusionen über die Legalität der Macht  nach oben

Lass die mal machen. Die wirtschaften bald ab, hörte man nach den Wahlen vom 5. März öfter in der Stadt. Auf wundersame Weise, so glaubten nicht wenige, pendeln die Verhältnisse bald von selbst wieder in den Bereich der Vernunft zurück. Andere sahen sich dem Prinzip der Legalität verpflichtet und wollten die Nationalsozialisten nicht provozieren. Die meisten jubelten nur über die "Machtergreifung".

72 Prozent der Naumburger votieren am 5. März zur Reichstagswahl für den nationalsozialistisch-deutschnationalen Machtblock. Wie sollte es jetzt weitergehen? Mit Bürgerkrieg? Hilft den Hitler-Gegnern vielleicht der Zufall? Ist ein Umschwung noch möglich? "Unter Umständen kommt die Stunde sehr schnell in der die nationalistischen Regierungsmanöver die Mehrheit des Volkes aufwühlen und eine revolutionäre Stimmung schaffen", hofft Paul Franken (Zeitz). So aufschlussreich dieser Gedanke ist, man darf daraus nicht ableiten, dass sich die Generalversammlung des SPD-Unterbezirkes Zeitz-Weissenfels-Naumburg am 5. Februar 1933 in Zeitz auf diese Wartehaltung kaprizierte. Das Schicksal des Widerstandes deutet sich eher in der Aufforderung an die SPD-Genossen an: "Für uns gelten nur die Parolen der zentralen Leitung [!] der Eisernen Front."

Warum kam es nach dem Aufruf der KPD (Berlin) vom 30. Januar und dem Aufruf des SPD-Vorstandes und der SPD-Reichstagsfraktion vom selben Tag nicht zu institutionell abgestützten kollektiven Aktionen des Widerstandes?

Eine Ursache waren "starke(n) Erscheinungen des Zurückbleibens hinter den Massen", wie es Ernst Thälmann am 7. Februar 1933 im Sporthaus Ziegenhals auf der letzten Tagung des Zentralkomitees der KPD eingestand. Vielleicht ist es nicht der rechte historische Moment für eine tiefere Analyse der Ursachen, schliesslich war es der letzte öffentliche Auftritt des KP-Vorsitzenden vor seinem Verrat und der Verhaftung am 3. März 1933. Über den Zickzackkurs gegenüber den Gewerkschaften, den rabiaten Erziehungsmethoden in der Partei, der Besserwisserei gegenüber SPD, SAP und FAUD oder den lähmenden Zentralismus spricht der Sohn seiner Klasse (Kurt Maetzig) ungern. Auch die Resolution des EKKI-Präsidiums Die Lage in Deutschland vom 1. April 1933 und die am 2. Juni veröffentliche Entschließung des ZK der KPD über die politische Linie (EKKI) stellen die Entscheidungen der Führung der KPD vor dem 30. Januar 1933 wider allen Realitäten als völlig richtig dar.

Das Zurückbleiben hinter den Massen ist prinzipieller Natur. Lenin analysierte 1902 in Was tun? die Eigenheiten und das Verhältnis von Arbeiter- und Avantgarde-Bewusstsein. Nicht, dass es solche soziopsychischen Unterschiede nicht gäbe, verhängnisvoll war nur, dass der Parteiapparat dies ausnutzte, um in den Alleinbesitz der Wahrheit - sprich Macht - zu gelangen. Denn die Partei war zentralistisch aufgebaut und organisiert. Als Preis für die Bolschewisierung der Partei verdrängte Bewusstheit die Spontanität des Handelns, wofür sie einen sehr hohen Preis zahlt: die Schwächung des subjektiven Faktors. Darauf spielt Ossip K. Flechtheim (224) an, wenn er fragt, ob die KPD nach dem Reichstagsbrand "nur noch ein Häuflein von gehetzten Funktionären und führungslosen Mitläufern" war? Jedenfalls konnte die KPD die Einheitsfront aus vielerlei Gründen nicht anführen.

Primo loco beruht die Kampfkraft der KPD in Naumburg auf der Selbstlosigkeit und Disziplin ihrer Mitglieder. Aber militärische Formen der Erziehung unterminieren ihre Fähigkeit zum spontanen, kreativen Handeln. Ohne zentralen Beschluss bleibt die politische Reaktion aus. Aus Kampfkraft wurde Krampf und Hilflosigkeit. Eine Lektion der Geschichte, nicht nur für die kommunistische Partei, sondern für alle deutschen Parteien zum Thema Fesselung der Persönlichkeit durch Institutionen (Staat), was bereits die Freideutschen 1913 auf dem Meissner umtrieb.

Ähnlich die SPD: Zwischen Programm und Politik aufgerieben, konnten die Sozialdemokraten nur noch Legalitätspolitik. Ihr Zurückweichen und Aufschieben rächte sich bitter. Der politische Glaube an die Legitimität der in Wahlen errungenen staatlichen Macht war der SPD zur Obsession geworden, verführte sie zur Taktik, bloss, um keinen Vorwand für Repressionen und Verbote zu liefern, die Machthaber nicht provozieren. Ihr Vorsitzender begibt sich sogar auf die Suche nach Gemeinsamkeiten mit der NSDAP. "Der Herr Reichskanzler [Adolf Hitler] hat auch vorgestern in Potsdam einen Satz gesprochen", erinnert Otto Wels (2008, 26) am 23. März vor dem Reichstag, "den wir unterschreiben können. Er lautet: Aus dem Aberwitz der Theorie von ewigen Siegern und Besiegten kam der Wahnwitz der Reparationen und in der Folge die Katastrophe der Wirtschaft." Die Rede enthielt, worauf Wilhelm Hoegner (230) hinweist, "auch das Angebot der Sozialdemokratie an die Reichsregierung zur loyalen Mitarbeit".

Obwohl ein Teil der SPD-Führung bereits nach Prag exiliert, setzt eine Rumpfgruppe die Politik vom 23. März fort und stimmt "am 17. Mai im Reichstag zusammen mit den Nationalsozialisten für die Forderung der Gleichberechtigung Deutschlands" (Hoegner 230). Zuvor hatte Adolf Hitler eine heuchlerische Rede gehalten, in der er seinen Friedenswillen betonte. Die SPD-Abgeordneten erhoben sich und "stimmten der Erklärung des deutschen Reichstages zu". "Dann fingen die deutschnationalen Abgeordneten das Deutschlandlied zu singen an. Die meisten", berichtet Wilhelm Hoegner (202 f.), "in unseren Reihen sangen mit."

Einst schwor die SPD, "notfalls zur Verteidigung der Republik ihr Leben einzusetzen". "Dass es um Ganze ging, wenn bereits das rote Bollwerk Preussen [am 20. Juli 1932] zu Fall gebracht wurde, hatte jeder Begriffen …." Dennoch ging sie "kampflos in den Untergang". (Herlemann 2004) Erst im Prager Manifest vom Januar 1934 erkennt die SPD, dass es im Kampf gegen die nationalsozialistische Diktatur "für Reformismus und Legalität keine Stätte" gibt.  nach oben

 

1932/33 ist der Point of no Return längst überschritten. In alle Lebensbereiche war der Nationalsozialismus von unten hineingewachsen. Militarismus, Demokratiefeindlichkeit, rückwärtsgewandte Helden- und Führerverehrung und unzivilisiertes Verhalten gegenüber Andersdenkenden beherrschen die politische Stadtkultur. Dazu Judenhass. Jubel für Franz Seldte und Franz von Papen. Und im Schlafwagen der Geschichte döst die große Masse der Unpolitischen weiter dahin. Derweil feierte die streng nationale Familie enthusiastisch den Sieg der nationalen Revolution (Hitler). Vor dem Realgymnasium am Bismarckplatz hisst sie am 9. März 1933 gegen 5 Uhr nachmittags die Hakenkreuz- und Schwarz-Weiß-Rote Fahne. Stahlhelm, SS, SA und Hitlerjugend nehmen Aufstellung. Von der Freitreppe der Schule eröffnet Lehrer Wilhelm Zils (*1893) den symbolischen Akt mit einer schwungvollen Rede. Der Studienrat hebt die Bedeutung der alten Reichsfarben Schwarz-Weiss-Rot hervor und geisselt den Verrat von 1918. Zugegen auch Doktor Heinrich Lemcke (*1884), eine stadtbekannte Persönlichkeit mit umspannender Reputation. Er hielt am 30. Oktober 1930 die Totenrede für Oberbürgermeister Arthur Dietrich. Heute, nach dem Gesang des Horst-Wessel-Liedes, ergreift der Studienrat das Wort. Schon in seiner Antrittsrede 1925 als Direktor des Realreform-Gymnasiums, nach 1933 umbenannt in Walter-Flex-Schule, appellierte er an die nationalen Gefühle, sprach vom Erleben und Wachsen der Seele, der Erziehung im Geist selbstloser Pflichterfüllung. Als der Sieger von Tannenberg am 2. Oktober 1927 seinen 80. Geburtstag beging, gedachte der Oberstudienrat tags zuvor auf einer Schulfeier zusammen mit Schülern und Lehrern nicht nur des Ehrentages des großen Schlachtenlenkers, sondern würdigte gleichfalls die Dolchstoßlegende. Heute, am 9. März, singen sie zum Abschluss der feierlichen Fahnenhissung gemeinsam das Deutschlandlied. Dann marschieren die Schwarzen, Braunen und Feldgrauen vom Realgymnasium durch die Stadt zur St. Wenzelskirche. Auf dem Turm weht die Schwarz-Weiss-Rote - und Hakenkreuzfahne. Am Amtsgericht nach dem Marktplatz hin flattert die Hakenkreuzfahne und am Domgymnasium hisst der Jungstahlhelm die Nationalfahne des Kaiserreichs.

Die bürgerlichen Parteien operieren zwischen guten Absichten, Loyalität und Übergabe an die neuen Machthaber. Eduard Dingeldey (1886-1942) wechselt von der Deutschen Volkspartei als Hospitant in die NSDAP-Fraktion, löst die Partei am 4. Juli auf. Die DNVP war ohnehin Regierungspartei. Zentrum und Deutsche Staatspartei stimmen dem Ermächtigungsgesetz zu. Viele denken überhaupt nicht an Widerstand gegen die Hitler-Hugenberg-Regierung. Warum auch? Sie ging doch aus dem nationalsozialistisch-deutschnationalen Machtblock hervor, der im Bürgertum großen Zuspruch fand. Von Standpunkt ihres politischen Paradigmas, entbehrt es nicht einer gewissen Logik, wenn sie dem Ermächtigungsgesetz zustimmen.

Das parlamentarische System versagte etwa seit 1930 bei der Wahrnehmung, Aufnahme und Lösung gesellschaftlicher Konflikte. "Wir Sozialdemokraten aber waren ebenso wie die Kommunisten gelähmt," stellt der ehemalige SPD-Reichstagsabgeordnete Wilhelm Hoegner (1887-1980) rückblickend fest. "In den Fraktionssitzungen droschen wir leeres Stroh." "Aber nach dem 30. Januar 1933 hatten wir keine Munition mehr. Wir hatten stillschweigend kapituliert. Es dauerte freilich noch einige Monate, bis wir es merkten." (Hoegner 54, 57)

Am 2. Mai 1933 besetzt die SA im Auftrag des Aktionskomitees zum Schutze der deutschen Arbeit die Gewerkschaftshäuser. ADGB, AfA-Bund, Einzelverbände und Bezirksausschüsse werden verboten. Beim örtlichen Gewerkschaftskartell regte sich nach dem 30. Januar kein Widerstand. Der Führerkreis der vereinigten Gewerkschaften akzeptiert am 28. April 1933, dass "die nationale Revolution" "einen neuen Staat geschaffen" hat, der an die Gewerkschaften neue Forderungen stellt. Der Verbindung gehören der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund (ADGB), Hauptvorstand des Gesamtverbandes der christlichen Gewerkschaften und Hauptvorstand des Verbandes der Deutschen Gewerkvereine an. Sie erklären, dass sie "getreu ihrer staatspolitischen Tradition,

              zur positiven Mitarbeit am Staat bereit"

 

§ 3 der Verordnung über die Deutsche Arbeitsfront
vom 24. Oktober 1934:

"Die Deutsche Arbeitsfront ist eine Gliederung der NSDAP im Sinne des Gesetzes zur Sicherung der Einheit von Partei und Staat vom 1. Dezember 1933."

 

sind. Der Führerkreis will "alle Kräfte des deutschen Volkes zu einer stärkeren Einheit" zusammenfassen, um "über alle Trennungen der Vergangenheit hinweg zu einer einzigen umfassenden nationalen Organisation der Arbeit" zu finden. Ihre Untergliederungen und Mitglieder fesseln sie derweil mit dem Beschluss: "Bis zum Abschluss der Vorarbeiten des Führerkreises enthalten sich die Vorstände jeder Sonderverhandlung über die Umgestaltung der Gewerkschaften."

In der internationalen Arbeiterbewegung löste dies eine Riesenenttäuschung aus. Denn: "Die sozialistische und kommunistische Arbeiterbewegung hatte es in keinem dieser Länder vermocht, dem Vormarsch des Faschismus Einhalt zu gebieten", zieht Augustin Souchy in Nacht über Spanien (69) die bittere historische Bilanz. "Kampflos hat sie, politische Freiheiten und soziale Errungenschaften aufgegeben …."

Mit dem Gesetz vom 24. Oktober 1934 tritt die Deutsche Arbeitsfront (DAF) als Stirn und Faust der schaffenden Deutschen an die Stelle der Gewerkschaften. 1939 hält die DAF wöchentlich in ihren Büros (Neuengüter 20, Am Ostbahnhof 3, Jakobsring 4a, Freyburger Straße 15 und Schreberstraße) Sprechstunden ab.  nach oben

 

 

Macht und Moral  nach oben

In den Tagen der nationalen Erhebung (Adolf Hitler) mussten die politische Sprache und öffentlichen Verhaltensregulative nicht revolutioniert werden. Stahlhelm, Wehrwolf, SA, Kolonialjugend, Jungdeutsche und Deutschnationale hatten längst mit ihren Fahnen, Uniformen und Losungen den öffentlichen Raum erobert, veranstalteten zackige Aufmärsche, hielten Reden über die Wehrlosmachung, schimpften auf die Erfüllungspolitik, plapperten die Dolchstoßlegende nach, lehrten den Heranwachsenden den Irrsinn von der Reinheit und Überlegenheit des Deutschen, heroisierten den Krieg und verbreiteten Verschwörungstheorien über Juden und Freimaurer.

Autoritäre Verhaltensstrukturen, Unterordnung und Gefolgschaftstreue erlernte der Naumburger lange vor 1933. Deshalb bedurfte es im städtischen Politikbetrieb zur symbolischen Präsentation der Macht keiner großen Neuerungen. "Wir dürfen es sagen: Wir haben im Dritten Reich, im nationalsozialistischen Staat, uns nicht umzustellen brauchen", resümiert am 8. April 1933 Heinrich Lemcke, Direktor der Städtischen Oberschule für Jungen, bei der Verabschiedung der Schulabgänger in der Aula. "Unsere Feiern, auf die wir immer großes Gewicht gelegt haben, legen davon Zeugnis ab; ihr Geist konnte derselbe bleiben, der er auch in schwerster Notzeit unseres Volkes und Staates immer gewesen war, der Geist der bedingungslosen Hingabe und Opferbereitschaft für Volk und Vaterland." Über das Erziehungssystem und die Inszenierungen des ideologischen Apparates - zum Beispiel der Vaterländischen Verbände - diffundiert eine unheilvolle Melange aus Untertanengeist und Großmannssucht in das politische Alltagsdenken.

 

Wer auf Autorität hin handelt,
handelt sonach nothwendig gewissenlos… 
(J.G. Fichte)  nach oben

 

Als Hannah Arendt 1964

Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht von der
Banalität des Bösen

veröffentlicht, bricht bald darauf eine heftige Debatte los, weil sie die unsäglichen Verbrechen an den Juden, ausgeführt von oft unauffällig und normal erscheinenden Menschen, mit der Durchschnittlichkeit der Person und Anonymität des Machtapparates erklärte. Nicht im Angeklagten, sondern im Apparat erblickt sie das Monströse, bringt es Alexander Mitscherlich (1965) auf den Punkt. Dass Judenräte eine Komplizenschaft mit dem NS-Machtapparat eingegangen sein sollen (vgl. Arendt 1978, 35), rief ebenfalls heftigen Widerspruch hervor. Ihre Abhandlung beruht auf Berichten, die sie als Beobachterin bei der Gerichtsverhandlung gegen Adolf Eichmann in Jerusalem zuvor im The New Yorker 1963 veröffentlicht hatte. Ihre Widersacher kritisieren den nicht zärtlichen Umgang mit der Wahrheit und die Neigung zur übertriebenen Verallgemeinerung. Tatsächlich aber kommt Hannah Arendt (1906-1975) der Wahrheit näher als die allermeisten deutschen Historiker, Politikwissenschaftler und Intellektuellen ihrer Zeit. Nicht zuletzt deshalb, weil sie den Mut zur Frage fand, warum es in der Nazizeit für die Deutschen zur Gewohnheit geworden war, sich selbst zu betrügen und gegen die Welt des Faktischen abzuschirmen. Es war eine Art, so ihre Antwort, moralische Voraussetzung zum Überleben geworden. Aber diese Gewohnheit setzte sich fort, dass es "heute noch, 18 Jahre nach dem Zusammenbruch des Naziregimes", "manchmal schwerfällt, nicht zu meinen, dass Verlogenheit und Lebenslüge zum integrierenden Bestandteil des deutschen Nationalcharakters gehören." (Arendt 1964, 81) Das schmeichelte dem Volk der Dichter und Denker nicht. Gross war die Empörung über Eichmann in Jerusalem. Heute scheint längst allgemein anerkannt, dass damit ein neues methodisches Paradigma zur Erforschung der systemischen Verschränkung von gesellschaftlichen und individuellen Ursachen der NS-Verbrechen gefunden war.

 

Die Erziehung zu Gehorsamkeit, Disziplin und Unterordnung in Staat, Familie, Schule und Armee hat in Deutschland eine lange Tradition. 1798 versetzte Johann Gottlieb Fichte der Autoritätsgläubigkeit mit seiner Moraltheorie einen schweren Schlag als er schreibt: "Wer auf Autorität hin handelt, handelt sonach nothwendig gewissenlos…". Sie überlebte es und revitalisierte sich, weil demokratische Formen der Staatsführung nach der bürgerlichen Revolution nur schwach vorankamen. Die nationalsozialistische Bewegung nutzt dies, indem sie die Versatzstücke kapitalistischer Ideologie, Malthus Lehre vom Bevölkerungswachstum, Masse-Elite- und Kolonialtheorien, Sozialdarwinismus, Rassenlehre, zusammen mit dem deutschen Nationalismus und der Autoritätsgläubigkeit im NSDAP-Parteiprogramm zum Führerkult umformatierte. Natürlich, wen interessierte schon in Zeiten der Enteignung (Hyperinflation) und Wirtschaftskrise (1929), dass damit eine schamlose Entstellung von Fichtes System der Sittenlehre nach den Prinzipien der Wissenschaftslehre (1798) einherging.

Autoritäres Denken und Verhalten behindert das vernunftbegründetes Handeln. Statt persönlicher Anstrengung, innerer Auseinandersetzungen, quälender Befragung des Gewissens, verführt es zur Bequemlichkeit und (Schein-) Zufriedenheit. Je tiefer die Normen der autoritären Erziehung interiorisiert, desto grösser der Kontrollverlust durch das Über-Ich (Gewissen). So wächst die Gefahr, dass das Verantwortungsbewusstsein schwindet, prognostizieren Alexander und Margarete Mitscherlich (1967).

Zur Steuerung des Verhaltens der Masse nutzt der ideologische Apparat gezielt Glaubensinhalte der Bibel. Professor Ernst Borkowsky (geboren 1860), Lehrer und Schuldirektor in Naumburg, dient in Unser Heiliger Krieg (1914) dem Bürger die Geschichte von Isaak und seinem einzigen Sohn zur verpflichtenden Nachahmung an.

Moralisch begründete Entscheidungen bringen, soweit sie die Interessen verschiedener Schichten und Klassen widerspiegeln, divergierende Wertorientierungen und Handlungsanweisungen zum Vorschein. Ein demokratischer und öffentlicher Diskurs eröffnet Wege zu Konfliktlösung, was augenscheinlich mit Autoritätsgläubigkeit und Führerbefehl nicht vereinbar ist.

Am folgenreichsten war vielleicht, dass das gesunde Volksempfinden der Bürger, welches fein zwischen Recht und Unrecht unterscheiden kann, durch die zunehmende Autoritätsgläubigkeit das Differenzierungsvermögen verlor. Jetzt gilt als wahr und richtig, was die Lebenskraft des Volkes und Reinheit des Blutes erhält. Das gesunde Volksempfinden diente vor dem Richterstuhl zur Rechtfertigung von Unterdrückung und staatlicher Gewaltanwendung. Die Verordnung zur Ergänzung der Strafvorschriften zum Schutz des deutschen Volkes vom 25. November 1939 verstärkt den ideologischen und durch die Rechtspflege gestützten Konformitätsdruck auf die Volksgenossen.

 

Führerprinzip

Das nationalsozialistische Herrschaftssystem organisiert sich um das Führerprinzip. Seit der Reichseinigung 1871 verliehen ihm mannigfaltige kulturelle, politische und ideologische Tendenzen auftrieb. Sozusagen als Krönung dieser Entwicklung triumphiert die Gehorsamkeit gegenüber dem Führer im System des Nationalsozialismus praktisch als quasistaatliche Norm. Das Führerprinzip für sich ist wertlos, paart es sich nicht mit der Idee der Manneszucht, also: Knurren - Abtreten - Ausführung. In der Erziehung zum blinden Gehorsam erwarben sich Wehrverbände - Stahlhelm, Wehrwolf, große Verdienste.

Bereits in der frühen Jugendbewegung war, weiss Reformpädagoge Gustav Wyneken (1916, 160), die Sehnsucht nach dem Führer, gegenwärtig. In den Schützengräben des Weltkrieges konnte sich das Prinzip durch Gewöhnung an den Befehl im Soldaten-Hirn festsetzen. Den Menschenführer mythologisiert Der Wanderer zwischen zwei Welten (Walter Flex 1916) als dem Leben und Tod gleich Nahe. Stahlhelm, Wehrwolf, Jungdo, Kolonialjugend, Hitlerjugend sowieso, perfektionieren das Gefolgschaftsdenken, pflegen und üben es ein, weshalb viele den Zwangscharakter der Diktatur nicht als Last empfanden. Die geistige Realisierung des Führerprinzips bereitete dem Bürger nach dem Wahlsieg der NSDAP am 5. März keine Schwierigkeiten. Erfüllt sich doch jetzt für viele, wozu sie sich längst bekannt oder sie längst erhofft, oftmals sogar als einzigen Ausweg aus der Krise ansahen. Ohnedies stellte sich der Bürger nur ungern gegen die Gruppenmeinung. Je bedrohter die vitalen Lebensbedingungen, je härter sie umkämpft, desto mehr wächst die Bereitschaft zur Anpassung und Übernahme von Einstellungen (Verhaltensbereitschaft) auf dem Weg der Anweisung (Befehl), was eine Vereinheitlichung des politischen Verhaltens hervorbringt. Es entsteht die Masse, wo der Einzelne wesentliche Momente seiner Identität und Würde verliert. Ohne diesen Selbstanspruch ist er zu jeder Normverletzung fähig. Der Opportunismus ist der Weltfeind, sagt Stefan Zweig 1918, treffend.

Das staatliche Herrschaftssystem des Nationalsozialismus beruht auf einer Symbiose von Führer und Bürger. Ihre skurrilen, grotesken und kriminellen Formen rufen bis heute einiges Erstaunen hervor. Das Volk mit dem Führer, gibt noch immer einige Rätsel auf. War denn Deutschland nicht ein Land der Aufklärung? Woher kam "das Unvermögen," um es mit Immanuel Kant zu sagen, "sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen"?

Hilde Munske generiert 1935 im Aufsatz über Maria Kahle die folgende typische Rezeptionsweise des Führerprinzips: "Der Wille des Führers entschied und Kraft und Glauben eines geeinten Volkes trugen zur Verwirklichung bei." Eine andere deklariert am 20. April 1936 der Kommandeur des Infanterieregiments 53 Oberst Freiherr von Waldenfels als er seine Stimme zur Ansprache auf der Vogelwiese in Naumburg erhebt: Nach dem Wollen des Führers sollen wir mitarbeiten, an

"der Erziehung des neuen deutschen Menschen".

"Ihm so zu danken", ist wirklich gering, "gemessen am Wirken an dem unermüdlichen Wirken und Schaffen des Führers". Dem nationalsozialistischen Staat gelang die durchgreifende Verallgemeinerung des Führerprinzips in Kultur, Wehrmacht und Wirtschaft, in der politischen Organisation der Gesellschaft sowieso. Wilhelm Keppler (1882-1960), Aufsichtsratsvorsitzende der Braunkohle-Benzin AG (BRABAG), unter anderen mit einem Zweigwerk in Zeitz präsent, und Kommissar für Wirtschaftsfragen in der Reichskanzlei, drängte darauf, das Führerprinzip im Bankwesen durchzusetzen. (Vgl. Kern 1933)

Auf Grund der konstitutiven Funktion des Führerprinzips im System der nationalsozialistischen Herrschaft, muss es gegen die demokratische Idee immunisiert werden. Dazu dient der NS-Elite die religiöse Sanktionierung. Ende 1939 prophezeit NSDAP-Kreisleiter Friedrich Uebelhoer im Kampf für Grossdeutschlands Lebensrecht: ".... die Vorsehung wird uns den Führer erhalten, denn die Vorsehung hat ihn uns gesandt." Die Hybris nationalsozialistischen Führertum vermittelt ein chiliastisches Moment, so wie es NSDAP-Kreisleiters am 10. Oktober 1938 aus Anlass der "Eingliederung" des Sudetenlandes in das Deutsche Reich vorträgt: "Wir wissen, wir werden den Tag erleben, dass der Führer uns erlösen und dafür sorgen wird ….".

Der Führer übernimmt die Rolle des Über-Ich, also eines externalisierten Gewissens. In diesem Sinne unterweist der Oberbürgermeister und NSDAP-Kreisleiter Friedrich Uebelhoer die Abiturienten des Jahrgangs 1937 bei ihrem Abgang von der Städtischen Oberschule für Jungen (Bismarckplatz): "Vor entscheidenden Entschlüssen fragt euch immer: Was würde der Führer dazu sagen." Als die Symbiose zwischen Führer und Bürger (Gefolgschaft) mit dem Zusammenbruch gewaltsam aufgelöst, schwindet die narzisstische Objektbesetzung. Die Verbrechen "entwirklichen sich hinter einem Schleier der Verleugnung" (Mitscherlich 81). Viele sagten dann: Wir taten nur unsere Pflicht. Nur wessen Pflicht? Schwerlich war es die selbst gewählte, die von eigener Verantwortung und Gewissen getragene.

 

Loyalität

Im System der Arbeitsteilung und Kooperation ist der Einzelne auf die Anerkennung und das Vertrauen des beziehungsweise der Anderen angewiesen. Treue, Disziplin, Zuverlässigkeit und Loyalität gegenüber der Person sind Voraussetzung für die leistungssteigernde Arbeitsteilung. Andererseits verdrängt die bedingungslose Loyalität individuelle Entscheidungen und führt zur kollektiven Verantwortungslosigkeit. Mitunter empfindet der Einzelne die Delegierung der Verantwortung an den Führer als praktisch und hilfreich, entlastet sie ihn doch von den Folgen seines Handelns. Er kann die Folgen von Entscheidungen anderen aufbürden.

Altruistisches Verhalten, wie freundlich kooperatives Verhalten, Empathie und Anpassung, verführen zum selbstreproduktiven Konformismus. Denn die gruppenintegrativen Verhaltensnormen können schamlos zur Unterdrückung Anderer, zum Beispiel zur Formierung eines Beistandsverhaltens gegenüber einem fiktiven Feind ausgebeutet werden. Erschwerend kommt hinzu, dass es den meisten aufgrund des anthropologischen Bedürfnisses nach Anerkennung schwerfällt, eine kritische Distanz zum Anpassungsverhalten einzunehmen.

 

Treue

Und so gilt der nationalsozialistischen Gruppenmoral die Gefolgschaftstreue viel mehr als Mitleid mit Schwachen, Fremden, Andersdenkenden oder Feinden. Um die Gruppenmoral zu wahren, verletzt der Präsident des Oberlandesgerichts Naumburg Professor Paul Sattelmacher allgemeine ethische Prinzipien des Richterstandes und manövriert sich so in eine aussichtslose persönliche Lage.

Typisch für die bedingungslose Treue, wie sie immer wieder eingefordert und zum Beispiel als moralisches Leitbild für den Offizier und Soldaten der Wehrmacht durchgesetzt wird, ist, dass sie von der Ehre gestützt wird. Aus Anlass des Kommerses der Offizierskameradschaft vom ehemaligen 2. Thüringer Feldartillerie-Regiments am 8. Juli 1939 in der Hindenburg-Kaserne Naumburg erklärt Traditionsverbandsführer Major Wiesner distinguiert: "Die Treue ist das Mark der Ehre, dafür bürgen die Volksgemeinschaft, alte Kameradschaft, die Partei und die alten Soldaten."

 

Fähigkeit zur Selbstlüge  nach oben

Übermütig suspendiert die politische Elite nach der nationalen Revolution (Hitler) das Gesetz von Zahl und Wahrscheinlichkeit vom Dienst. Dabei fing es so harmlos an, als im Juni 1914 auf dem Vortrupp-Tag in Leipzig Hermann Popert (61) die Formel des radikalen politischen Voluntarismus verkündet, "dass Wille zehnmal mehr wert ist, als Wissen". Die Folge sind Wahrnehmungs- und Realitätsverluste, wie sie Bürgermeister Karl Roloff am 30. Juni 1933 eindrucksvoll in der Rede zum Ausklang des Mädchen-Kirschfestes zum Ausdruck bringt: "Auf Anraten von leichtfertigen Führern hatten wir uns selbst entwaffnet. Zerbrochen hatten wir selbst das Siegfried-Schwert, und nachdem wir waffenlos waren, wollte uns der Feind noch ehrlos machen. Ehrlos kann und mag der Deutsche aber nicht leben. Unter der Führung unseres Herrn Reichskanzlers Adolf Hitler sind die falschen Führer unseres Volkes verjagt worden, und wir gehen daran, das Siegfried-Schwert neu zu schmieden. Das ist aber nur möglich, wenn uns alle der eiserne Wille unseres Führers Adolf Hitler beseelt."

 

Militär als das normale Leben

Als nach dem Erlass des Gesetzes über den Aufbau der Wehrmacht vom 16. März 1935 Naumburg wieder offizieller Standort der Reichswehr wurde, prangte bald auf einem Spruchband an der Reichskrone die unverschämte Lüge:

"Die Garnisonen Deutschlands
sind Garnisonen des Friedens."

Auf seine Kasernen und das Militär war Naumburg immer stolz. Nach 1933 stationieren sich das Artillerie Regiment 14, Infanterieregiment 55, Heereszeugamt, Heeresbauamt, Heeresverpflegungsamt, Wehrbezirkskommando sowie die Heeresfachschule, Heereszahlstelle und Heeresstandortverwaltung in der Stadt. Paraden, Appelle und Platzkonzerte oder Sportveranstaltungen finden bei den Bürgern großen Anklang. Bei der Vorbereitung und Durchführung wirken NSDAP-Kreisleitung und die Standortältesten der Hubertus- (Oberst Graesner) sowie Hindenburgkaserne (Oberst Scholz) eng zusammen. Wiederholt bringen hohe Wehrmachtsoffiziere öffentlich ihre Dankbarkeit gegenüber dem Führer zum Ausdruck und treten gemeinsam mit dem NSDAP-Kreisleiter auf. Major Wiesner ernennt Adolf Hitler am 8. Juli 1939, um 20 Uhr, aus Anlass des Kommerses der Offizierskameradschaft des ehemaligen 2. Thüringer Feldartillerie Regiments in der Hindenburg-Kaserne (Naumburg a.S.) zum

"Oberbefehlshaber aller deutschen Herzen."

Befehle organisieren die Abläufe in den Kasernen. Hier herrschen andere moralische Normen als im zivilen Leben. Gewöhnlich ahndet der deutsche Staat das Töten mit Paragraf 212 und 211 des Strafgesetzbuches. Nicht aber bei den Soldaten und Offizieren. Ihre Taten unter Befehl zur Verteidigung des Vaterlandes stellt er straffrei. Es gehört zur Pflicht des Soldaten, den Feind im Kampf zu töten oder kampfunfähig zu machen. Es gibt keine Ausnahme von der Geltung des Gesetzes und vom Gehorsam der Untertanen unter das Gesetz. "Das Gesetz gilt, weil es Gesetz ist." (Gustav Radbruch 209)

Handeln auf Befehl ermöglicht Töten, ohne moralisch zu Fehlen. Das steht im Widerspruch zur zivilgesellschaftlichen Moral- und Rechtsnorm Du sollst nicht töten. Von Kindheit an lernt der aufwachsende Mensch in der zivilisierten Gesellschaft, dass es eine Untat ist, anderen Menschen gegen ihren Willen wehzutun. Soll der Soldat diesen altruistischen Verhaltensimpuls folgen oder dem Befehl zum Töten? Es besteht die Gefahr, dass aus widersprechenden Handlungsanweisungen Dissonanzen entstehen, welche die Bereitschaft zur Gehorsamkeit herabsetzen. Gewissensarbeit ist hinderlich, denn die Paradoxie von Empathie und Befehl darf nicht bewusstwerden. Militärische Erziehung ist darauf angelegt, diesen Gegensatz durch Ausschaltung des sozialen Denkens zu verdrängen. Es schwindet das innere Verantwortungsgefühl. Das Feindbild, die Ideologie vom Opfer für das Vaterland und der Freiheit steuert das militärische Handeln.

Die innere Einstellung des Postens auf dem Wachtturm des Konzentrationslagers ist schliesslich völlig gleichgültig, wenn er nur diszipliniert seinen Dienst tut. Zudem empfindet sich der Ausführende am Ende einer langen Befehlskette, wofür immer andere die Verantwortung tragen.

Für eine Diktatur sind das passende moralische Verhaltensweisen. Warum dann das zivile Leben nicht ganz dem Prinzip Befehl unterordnen? Hierzu erteilt der NSDAP-Kreisgeschäftsführer Martin Schmidt am 14. Oktober 1935 vor der NS-Hago den Parteigenossen schon mal die Instruktion: "Immer müsse man denken im Krieg zu sein, und jeder solle an seiner Stelle im tagtäglichen Lebenskampfe, ganz gleich, welcher Berufsrichtung er angehöre, als Soldat handeln."

 

Wir müssen grausam sein.

Die autoritäre Persönlichkeit besitzt eine Vorliebe für eine Regierung der starken Hand, die Zentralisation der Macht und bevorzugt die Härte. Hingegen lehnt sie die Sentimentalität und Gefühlsbestimmtheit ab. (Vgl. Bauer 1960, 187) Der Typus der nationalsozialistischen Moral gerinnt in Reinhard Heydrichs Satz: Es besteht die Pflicht zur Härte!. Damit einher geht die Schwächung des sozialen Blicks. Etwa so, wie es die Richter Hagen, Doktor Tolle und Hochheim am 3. Januar 1934 in der Sitzung der Großen Strafkammer des Landgerichts Naumburg praktizieren, wenn sie urteilen: "Irgendwelche Milde verdient der Angeklagte nicht …". Ein Leuna-Arbeiter versteckte ein paar kommunistische Zeitschriften unter einer Drehrolle im Hausflur seines Wohnhauses. Das verdient, urteilen Naumburger Richter im Januar 1934, drei Jahre Zuchthaus und die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf zehn Jahre.

Für des Führers Gefolgschaft besteht nicht mehr die Verpflichtung, gut und gerecht zu sein. Das könnte in Konfliktsituationen nur stören, politisch und funktional. In Gespräche(n) mit Hitler (1940, 32), egal ob fiktiv oder real, perfektioniert Hermann Rauschning (1887-1982) die moralische Leitidee des Nationalsozialismus: "Wir müssen grausam sein. Wir müssen das gute Gewissen zur Grausamkeit wiedergewinnen. Nur so können wir unserem Volk die Weichmütigkeit und sentimentale Philiströsität austreiben, die `Gemütlichkeit` und Dämerschoppenseligkeit. Wir haben keine Zeit zu den schönen Gefühlen. Wir müssen unser Volk zu Größe zwingen, wenn es seine historische Aufgabe erfüllen soll."

 

Humanität ´als feindliche Versuchung´

In die abendländische Geschichte ist nach Alfred Rosenberg "Mythos des 20. Jahrhunderts" (1934) in verschiedener Form die Humanität ´als feindliche Versuchung´ eingedrungen. Eine heisst Mitleid, die der nordische Mensch überwinden muss. Er schwätzt nicht stundenlang wie der griechische Held und schreit nicht bei Verwundung, denn "sein Ehrbewußtsein
forderte Gelassenheit und Kräftesammlung".

 

Alle machen mit, aber keiner hat Schuld  nach oben

Allgemein bringt die Konzentration und Zentralisation der Macht in sozialen Systemen die Bürokratisierung der Verwaltung von Staat und Bürger hervor. Ihr Handeln leiten die Funktionsträger der Macht aus formalen Regeln und abstrakten Normen her. Die Lebenswelt ernüchtert zu einem technischen und sachlichen Kalkül. Fritz Bauer (1965, 179) nennt es die Degradierung des Amtes zu einer bloßen Robotertätigkeit. Ausgeschaltet, das Gewissen. (a) Deshalb entspringt, argumentiert Hannah Arendt, Das Böse nicht der Selbstsucht und den Absichten des Einzelnen. Vielmehr machen funktionierende bürokratische Systeme moralische Wertentscheidungen überflüssig. Darin eingebunden treffen, oft im vorauseilenden Gehorsam Parteiarbeiter, Militärs und Beamte in grenzenloser Loyalität gegenüber dem Führer ihre Entscheidungen. (b) Der Rechtspositivismus souffliert der Justiz-Elite: Gesetz ist Gesetz, und schafft so den politischen Raum für falschen Gehorsam. (c) Das philosophisch approbierte Pflichtbewusstsein lehrt dem Bürger, dass Gute beruht nicht darauf, was wir bewirken oder nicht bewirken, sondern allein auf der Botmäßigkeit gegenüber der Pflicht. Es verteufelt damit die große Verweigerung als Disziplinlosigkeit, die zu bestrafen ist. So konnte das Unmögliche Wirklichkeit werden (Bauer 1965, 176, 179f.): Alle machen mit, aber keiner hat Schuld.

 

Preisgabe des Menschlichen  nach oben

Die Bereitschaft zur Opferung des Lebens für das Vaterland sollte unter allen Umständen sichergestellt werden. Zur Vorbereitung dieses Schritts, leistete das 1916 erschienene Buch Der Wanderer zwischen beiden Welten gute Dienste. Während der Weimarer Zeit war es eines der am meistgelesenen Bücher (Safransky 327). Die autobiographische Novelle von Walter Flex (1887-1917) entlehnt ihren Stoff dem Tagebuch des ehemaligen Wandervogel Ernst Wurche, der bei einem Patrouillengang am 23. August 1915 in der Nähe von Simnen (Litauen) fällt. Als Kultbuch der Kriegsgeneration, vermittelt der Wanderer zwischen Leben und Tod die bedingungslose Zurücknahme der Individualität und die Preisgabe des Ichs zugunsten des Staates, ein für das nationalsozialistische Herrschafts- und Erziehungssystem unverzichtbaren moralischen Imperativ. Paradigmatisch hierfür die Stelle: "Ich bin nicht mehr ich selbst / ich war. Ich bin ein Glied der heiligen Schar, / die sich dir opfert, Vaterland." - Für Männer wie Walter Flex und Ernst Wuche, pointiert 1980 Werner Helwig (126) die Haltung, bestand geradezu ein schicksalhafter Zwang zu fallen, um in ihrer Form der Wahrheit zu verbleiben. Und das war es, was man jetzt wollte und brauchte.

Am 10. Januar 1938 erhält das Realreformgymnasium mit Oberrealschule am Bismarckplatz (Theaterplatz) 3 in einer Feierstunde den Namen Walter-Flex-Schule, Städtische Oberschule für Jungen. In seiner Ansprache erteilt Direktor Doktor Heinrich Lemcke den Schülern aus Der Wanderer zwischen beiden Welten die Instruktion:

"Leutnantdienst tun heißt, seinen Leuten vorleben; das Vorsterben ist dann auch einmal ein Teil davon."

Man sage nicht, das war nur die Rhetorik eines Schulmannes. Genau wie es ausgesprochen, so war es gewollt, so sollte es werden! Flex´s Worte über den Leutnantdienst, finden sich im Befehl des Oberbefehlshabers der Heeresgruppe B vom 29. März 1945 an die Oberbefehlshaber, kommandierenden Generäle, Divisions- und Regimentskommandanten wieder. Sein Verfasser ist Generalfeldmarschall Walter Model, der 1909 am Domgymnasium Naumburg die Reifeprüfung ablegte.

 

Familie Meckerer wird gebeten,
sich auf der Wache zu melden.  nach oben

Der Wochenbericht des Instituts für Konjunkturforschung vom 23. Dezember 1935 teilt mit, dass der Schweinefleischverbrauch von 33,15 Kilogramm pro Kopf im Jahr 1928 auf 32,05 Kilogramm im Jahr 1935 sank. Im gleichen Zeitraum stieg der Butterverbrauch von 379 Kilogramm auf 405 Kilogramm pro Kopf und Jahr. Trotzdem ringen der Handel und die Hausfrauen mit der Fettlücke. Verstimmung herrscht in der Bevölkerung darüber, dass kinderreiche Familien auch nur pro Einkauf ¼ Pfund Butter oder Margarine erhalten. "Es ist deshalb allgemein der Fall eingetreten", stellt der Regierungspräsident von Merseburg im Lagebericht für September / Oktober 1935 an den preußischen Minister des Inneren fest, "dass kinderreiche Familien oft seit Wochen ohne Fettbrotaufstrich sind." [Stapo 1933f, 510] "Die überspannte Verknappung" entsteht, erklärt NSDAP-Kreisgeschäftsführer Martin Schmidt am 14. Oktober 1935 den Teilnehmern der Versammlung der NS-Hago und Reichsbetriebsgemeinschaft Handel und Handwerk in Naumburg, "erst durch Einheimsen und falsches Vorsorgen".

Ursache der Malaisé war jedoch, dass Deutschland nur etwa 2/3 der Fetterzeugung selber erwirtschaften konnte. 1933 mussten etwa 47 Prozent der pflanzlichen und tierischen Fette importiert werden. Im Jahr darauf rief der Landwirtschaftsminister die Erzeugerschlacht aus.

Blick vom Marientor zum Gasthaus
zum Goldenen Hufeisen (2005)

Meckerer und Nörgler, fürchten die örtlichen NSDAP-Funktionäre, könnten die Versorgungsschwierigkeiten ausnutzen, um eine ungünstige Stimmung in der Bevölkerung zu schüren. Die Partei ist wachsam und nutzt jede Möglichkeit zur Propaganda. NSDAP-Kreisgeschäftsführer Martin Schmidt agitiert am 8. Oktober 1935 im Gasthof zum Goldenen Hufeisen (Marienstraße) die Polizeibeamten auf dem turnusmäßig stattfindenden monatlichen Schulungsabend des Kameradschaftsbundes Deutscher Polizeibeamten. In einer zweistündigen Rede feiert er die Erfolge, wie sinkende Arbeitslosigkeit und stabile Preise. Tatsächlich überwacht Polizeihauptwachtmeister Thum von der Ortspolizeibehörde (OPB) bereits seit 1932 auf den Märkten und in den Geschäften die Einhaltung der Ordnung zur Preisgestaltung. Jetzt will es die Lage, trägt der NSDAP-Funktionär vor, gegen die Meckerer mit aller Konsequenz vorzugehen, das heisst im Sinne der Bewegung zur Organisation des Optimismus (Joseph Goebbels) verstärkt den "angewandten Nationalsozialismus" zu propagieren. Die erforderlichen wirtschaftspolitischen Informationen zur Gegenoffensive, können aus Zeitungen wie dem Naumburger Tageblatt entnommen werden, sagt der Referent.

 

Ihr habt kein Recht zur Kritik!

Nachdem die Gemeindevertreter auf administrativem Wege durch die NSDAP eingesetzt und die Hauptsatzung der Stadt Naumburg implantiert war, äußert sich die demokratische Mitwirkung regelhaft und immer wiederkehrend in Sätzen wie: "Die Ratsherren hatten hiergegen nichts einzuwenden" oder "Die Ratsherren erheben keinen Einwand".

Es könnte alles so schön sein, wenn die Meckerer und Kritiker nicht alles verderben würden. Unter der Losung

Kampf den Besserwissern,
Miesmachern und Nörglern

treten am Abend des 30. Mai 1934 SS, SA, Motor-SA, NSDAP, HJ, DJ und HAGO auf der Vogelwiese von Naumburg (Saale) zur Demonstration an. Von dort marschieren sie durch das Bürgergartenviertel zum Markt, wo Georg Gerhardt, NSDAP-Ortsgruppenleiter Naumburg Nordost, die Kundgebungsteilnehmer begrüsst. Dann übernimmt der NSDAP-Kreisleiter und Oberbürgermeister Friedrich Uebelhoer das Mikrofon. Er jongliert mit Kampfbegriffen, wie opferreiche Kampfzeit, sturmreiche Kampfjahre, Blutopfer oder heiliger Glauben an die Gemeinschaft und verlangt den Volksverderbern entgegenzutreten. Denn: "Wir haben keine Veranlassung irgendwie ängstlich zu werden, daß wir etwas ändern müssten. Das sollen sie sich ja nicht einbilden, denn wir wissen, wie erbärmlich sie sind, wir wissen, wie wenige sie sind, daß sie gar nicht aufbaufähig sind, daß sie die Ewiggestrigen sind, über die das Rad der Geschichte hinweggehen wird. Aber wir wollen sie in diesen Wochen und Monaten in das grelle Scheinwerferlicht setzen…." "Wir verbitten es uns, daß Nörgler und Besserwisser heute kommen und an Symptomen und Erscheinungen, die die Übergangszeit mit sich bringt, herumkritisieren, und es von Ort zu Ort zu flüstern versuchen, daß diese Aufgabe nicht gelöst worden ist." Uebelhoer warnt: "Ihr habt kein Recht zur Kritik!" Die übergroße Zahl gehorcht und passt sich an, wie es in den Autoritätssystemen Familie, Schule und Armee eingeübt. Und so schwer fällt es den Meisten nicht, bietet das System doch viele materielle und moralische Anreize.

 

Ideologie der Volksgemeinschaft

Von früh an setzen die Nationalsozialisten auf die politische Idee der Volksgemeinschaft. Bekanntlich besitzen sie darauf kein Reichspatent. Beispielsweise formuliert die Deutschnationale Volkspartei aus Anlass der Wahlen am 24. November 1924: "Wir kämpfen für Schwarz-Weiß-Rot. Auch in diesem Kampf bleibt unsere Parole: Christlich-Völkisch-National-Sozial! Diese Volksgemeinschaft wollen wir, die auf christlichem Boden aufbaut, den Klassenkampf verwirft und die Arbeiter ohne Terror befreit."

Die Volksgemeinschaft kaschiert die unterschiedlichen wirtschaftlichen und politischen Interessen der großen sozialen Klassen, Schichten und Gruppen. Sie dient der nationalsozialistischen Propaganda als Gegenentwurf zur Klassengesellschaft und damit zur Bekämpfung kommunistischer und sozialistischer Ideen.

"Mit dem Kampf gegen den Kommunismus war verbunden", hebt Uwe Wesel in der Geschichte des Rechts (1997) hervor, "die Leugnung von Klassengegensätzen." Zur Schulung der Mitglieder der NS-Hago-Zellen 21 hört sich das am 4. Juni 1934 gegen 8 Uhr abends im Ratskeller aus dem Mund von Parteigenossen Fritz Zimmermann (Almrich) so an:

"Der Klassenkampf ist verschwunden. … Und der deutsche Arbeiter soll nun nicht enttäuscht werden. Immer soll er sich als Volksgenosse fühlen und im gleichen Schritt und Tritt mitmarschieren."

Der Direktor der Nationalpolitischen Erziehungsanstalt Schulpforta Adolf Schieffer (4) hämmert es den Eleven zum Schulfest am 21. Mai 1936 in den Kopf:

"Es gibt auch keine Klassenkämpfe mehr, keine sozialen Gegensätze mehr, ebenso wenig Ausbeuter und Ausgebeutete! Wir sind, was vor wenigen Jahren noch undenkbar schien, ein wirklicher Volksstaat, eine geeinte Volksgemeinschaft."

Der in Naumburg beliebte Deutschnationale und Stahlhelmführer Theodor Duesterberg (Halle) erstrebt, wie er am 1. November 1931 in Eisleben auf der Führertagung des Stahlhelms für den Landesverband Mitteldeutschland seinen Kameraden kundtut, ein

"organisches Zusammenfassen aller deutscher Kräfte unter Ausschaltung des Klassenkampfes",

Die nationalsozialistische Idee von Volksgemeinschaft dient nicht zuletzt zur Rechtfertigung der Unterdrückung des politischen Widerstandes. Den Gegnern des Systems und den Querköpfen wurde in Gerichtsprozessen angelastet, dass sie sich nicht in die Volksgemeinschaft einfügen wollen.

Die Illusion von der Volksgemeinschaft erzeugt bei den Massen die Vorstellung, dass das Wohl der Gemeinschaft Vorrang vor den individuellen Interessen hat. Im Kern verfolgt die NSDAP andere Ziele. "Was wir Ausbilder des Führernachwuchses wollen," erläutert ein SS-Führer von der NS-Ordensburg Vogelsang im Spätherbst 1937 Eugen Kogon (1903-1987), "ist ein modernes Staatswesen nach dem Muster der hellenischen Stadtstaaten. Diesen aristokratischen gelenkten Demokratien mit ihrer breiten ökonomischen Helotenbasis sind die großen Kulturleistungen der Antike zu danken. Fünf bis zehn von Hundert der Bevölkerung, ihre beste Auslese, sollen herrschen, der Rest hat zu arbeiten und zu gehorchen." (Kogon 20)

 

Unrecht durch Gleichgültigkeit  nach oben

Krankenhaus (2007)

Am 23. März 1935, gegen 11 Uhr, soll der Feldjäger Hermann Lindner von der Feldjäger-Bereitschaft Weißenfels III/4 Andreas Nöding (Polizeihaft) aus seiner Zelle im Gerichtsgefängnis am Roonplatz holen. Im Moment des Öffnens der Zelle bringt sich dieser mit dem Messer einen Schnitt am Hals bei. Um 11.20 Uhr legt ihm Krankenpfleger Hannapel im Krankenhaus Naumburg einen Notverband an. "Bei der Revision der Wunde stellte sich aber heraus, daß eine Nebenverletzung des Kehlkopfes oder seiner großen Halsschlagader nicht vorlag." Der Häftling befindet sich nicht in Lebensgefahr. (Vgl. Generalstaatsanwaltschaft 21.9.1935) Der Krankenhausdirektor, der Krankenpfleger und der Oberwärter Bartel haben den Eindruck, dass der Selbstmordversuch "lediglich gestellt" (Vgl. Krankenhaus 31.10.1935) war.

Ursache des Suizidversuchs sind die Erlebnisse von Andreas Nöding bei den Verhören nach seiner Verhaftung. Er und Kurt Schoder berichten, dass sie geschlagen und misshandelt wurden.

"Auch in der Sache Koch und Genossen behaupten mehrere Angeklagte, sie seien misshandelt worden oder hätten unter Androhung von Schlägen ihre Aussage gemacht." (Generalstaatsanwaltschaft 21.10.1935)

 

 

Zeugenaussage von Andreas Nöding, Naumburg, Weinbergweg 13, geboren am 23. August 1898 in Spangenberg (Kreis Melzungen), unverheiratet

"Ich sitze", sagt Andreas Nöding in der Vernehmung beim Amtsgericht Halle am 15. Oktober 1935, "noch 3 ½ Jahre im Zuchthaus hier ein. Ich wurde am 22. März 1935 in Naumburg festgenommen. Zu dem Geständnis wurde ich nicht genötigt … Noch am selben Tag meiner Verhaftung wurde ich verdroschen. Ich bitte das aber nicht so scharf zu schreiben, weil die Sache erledigt ist, es war aber doch schlimm. Drei Mann der geheimen Staatspolizei haben mich mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Sie haben mich über den Stuhl gelegt und mich mit einem Gummiknüppel auf Rücken und Gesäß grün und blau geschlagen. In der Zelle habe ich dem Mitbeschuldigten Tatzel meinen Rücken gezeigt. Die Namen der Beamten, die mich geschlagen haben, kann ich nicht angeben." Es folgen vage Angaben zu den Schlägern. Aber: "Bei einer Gegenüberstellung erkenne ich sie wieder. Sie sagten noch bei der Mißhandlung, "Jetzt haben wir dich halb tot geschlagen. Wenn wir dich wieder holen, schlagen wir dich ganz tot." Als sie am anderen Tag in die Zelle kamen, hatte ich Angst, daß sie mich totschlagen würden, und deshalb habe ich mir mit dem Taschenmesser einen Schnitt in den Hals beigebracht. …. Ich bin verschüttet gewesen. Hatte einen Nervenschock und kann deshalb auch heute nur noch stotternd und schwer sprechen. Ich habe die reine Wahrheit gesagt und habe nichts aus Rache ausgesagt."

(Amtsgericht Halle, 14.10.1935)

 

 

 

Zeugenaussage von Kurt Schoder, Naumburg, Mägdestieg 24, geboren am 13. Januar 1900 in Hassenhausen (Kreis Merseburg), verheiratet und vorbestraft

"Ich habe damals angegeben, wie es wirklich gewesen ist. Die vernehmenden Beamten glaubten mir aber nicht, und ich wurde von allen 3en geschlagen. Einer der Beamten trug eine Brille, der andere war etwas kleiner, und der Dritte war ein Größerer. Weiter kann ich sie nicht beschreiben. Bei einer Gegenüberstellung würde ich sie wiedererkennen. Alle drei schlugen mich mit den Fäusten ins Gesicht. Und auf meinen Kopf. Später sollte ich mich auf eine Bank legen, um verhauen zu werden. Ich sollte die Hose herunterlassen. Als ich mich sträubte, schlugen alle 3 mit dem Gummiknüppel abwechselnd auf meinen Rücken und aufs Gesäß. Sie traten mich auch auf die Füße. Den Gummiknüppel hatte meist der kleinere Dicke. Ich habe infolge der Mißhandlung 3 Tage nicht sitzen und nicht liegen können.

Ich habe die reine Wahrheit gesagt und habe nichts aus Rache gegen die Beamten ausgesagt. Das Jackett hatte ich ausziehen müssen. Der eine Beamte hat mir den linken Hemdsärmel entzweigerissen. Nach der Mißhandlung hat mein Hemdsärmel nur noch in Fetzen heruntergehangen."

(Amtsgericht Halle, 14.10.1935)

 

 

Andreas Nöding und Kurt Schoder geben ihre Klage vor dem Amtsgericht Halle zu Protokoll, wo dann eine Vorverhandlung stattfindet. Der Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Jentsch (Naumburg) teilt zu Kurt Schoder dem Gericht mit, dass er nur einmal fünf kommunistische Zeitungen im Briefkasten gefunden habe und Parteibeiträge habe er niemals bezahlt. "Er habe sich überhaupt nach der Machtergreifung durch die NSDAP. vollständig vom Leben zurückgezogen, zumal er sich auch bereits vorher um die Belange der KPD. nur wenig aktiv gekümmert habe." (Generalstaatsanwaltschaft 21.9.1935)

Die Misshandelten benennen, teilt der Oberstaatsanwalt des Kammergerichts Berlin dem Naumburger Oberstaatsanwalt beim Oberlandesgericht mit, folgende Zeugen:

Händler Hembold [richtig: Ernst Hennebold],
Naumburg a. S., Herrenstraße 3
und
Händler Wittenbächer,
Naumburg a. S., Gartenstraße 28.

"Diese Zeugen werden nach der Behauptung des Angeklagten bekunden, daß ihm von den Polizeibeamten der linke Ärmel seines Rockes fast abgerissen und daß er von der Polizei so geschlagen worden ist, daß sein Gesicht dick angeschwollen war. Die Zeugen haben den Angeklagten gesehen, als er durch die Feldjäger von der Polizeiwache nach dem so genannten Bauhof abgeführt worden war." (Generalstaatsanwaltschaft 21. 10. 1935)

 

 

Händler Ernst Hennebold, 28 Jahre, Herrenstraße 3,
sagt bei der Staatspolizei aus:

Blick auf den Markt von Naumburg (vor 1945)

"Der im Vorgang erwähnte [Kurt] Schoder ist mir der Person nach völlig unbekannt. Ich entsinne mich, daß im Frühjahr dieses Jahres eine Frau an meinem Stand am Markt [Stadtplan] war, die darüber weinte, weil ihr Sohn von der Polizei verhaftet sei. Ich erfuhr später, dass es eine Frau Schoder war. Ich habe sie von meinem Stand weg gewiesen, da ich für kriminelle Dinge kein Interesse hatte."

(Hennebold 1935)

 


 

Händler Wittenbächer, Gartenstraße 28,
gibt zu Protokoll:

"Ich bin bisher noch nie politisch organisiert gewesen. Heute gehöre ich der deutschen Arbeitsfront an. Schoder kenne ich durch den Sport. Er war wie ich Fußballspieler. Später aber ist er zur roten Sporteinheit übergegangen. Ob er direktes Mitglied war, weiß ich nicht. Jedenfalls war er bei Rot Sport regelmäßiger Zuschauer. Nach der nationalen Erhebung haben wir uns nur noch gegenseitig die Tageszeit geboten. Von der Verhaftung des Schoder habe ich erst mehr als eine Woche später erfahren. Ich habe niemals gesehen, daß Schoder von einem Feldjäger begleitet war. Erst recht nicht habe ich ihn in Begleitung eines Feldjägers gesehen, als sein Gesicht stark geschwollen und sein Rock zerrissen war. … Ich muß die Behauptung des Schoder in Bezug auf meine Person und mein Zeugnis als glatt erlogen und aus der Luft gegriffen bezeichnen. Ich bin bereit, meine Aussage vor Gericht zu beeiden."

(Wittenbächer 1935)

 


 

Frau Selma Thum sagt bei ihrer Vernehmung:

"Ich bin die Ehefrau des Polizeimeisters Georg Thum [Polizeiwachtmeister]. Mein Mann verwaltet das Polizeigefängnis in Naumburg [Ortspolizeibehörde, Jakobsring 5]. Ich kann mich genau entsinnen, daß Nöding im Frühjahr im Pol-.Gefängnis eingeliefert wurde. Auf keinen Fall ist Nöding von einem Kriminalbeamten eingeliefert worden. Der Feldjäger war von großer schlanker Statur, meines Wissens hieß er Kunze.

Der Feldjäger hat mich bestimmt nicht gefragt, ob es im Pol.-Gefängnis Ratten gäbe. Er hat auch nicht gesagt, daß den Nöding die Ratten fressen sollten. Ebenso hat er nicht gesagt, daß Nöding verhungern soll. All diese Behauptungen des Nöding sind vollkommen aus der Luft gegriffen und erlogen. Ich möchte betonen, daß das Gefängnis unter meiner Aufsicht sauber gehalten wird …"

(Thum 1935)

 

 

In einer Gegenüberstellung mit den Polizeibeamten, die Schoder und Nöding misshandelt haben, hätten sie bessere Möglichkeiten gehabt, ihre Aussagen zu erhärten, wenn dies der untersuchungsführende Staatsanwalt nur gewollt hätte. Dies würde aber unterstellen, was im ganzen Verfahren nicht gegeben war, nämlich den vorurteilslosen Willen, den Sachverhalt aufzuklären. Hieran kommen ernste Zweifel auf, wenn beispielsweise die Staatspolizei Halle am 18. November 1935 auf einen Hinweis der Kläger antwortet:

"Ein kleiner, dicker Kriminalbeamter ist bei der Staatspolizeistelle überhaupt nicht beschäftigt." Weiter heißt es: "Die Eingaben der Zuchthäusler dürften zweifellos darauf zurückzuführen sein, daß sie fürchten, ihre Straftaten, die längst noch nicht alle ermittelt sind, könnten durch eine weitere Tätigkeit der Staatspolizei eine restlose Aufklärung erfahren. Um nun die Staatspolizeibeamten in ihrer Aktivität zu hemmen, ersinnen sie die haltlosesten, niedrigsten und gemeinsten Beschuldigungen gegen die Polizeibeamten, die für sie die sichtbaren Träger der Staatsautorität sind." (Staatspolizeistelle 18.11.1935) Dr. Becker, Oberstaatsanwalt beim Landgericht Halle, beantragt am 19. November 1935 beim Generalstaatsanwalt des Kammergerichts Berlin (Elzßholzstraße 32) an Hand der Vernehmungsprotokolle zu Andreas Nöding und Tatzel vom 22. oder 23. März 1935 die Ermittlung der Namen der Beamten. Schon am 18. Januar 1936 schiebt er nach: "Ich habe das Verfahren eingestellt. Die Namen der beteiligten Kriminalbeamten haben sich auf Grund der Angaben der Gefangenen nicht feststellen lassen." (Oberstaatsanwalt 18.1.1936). Als Begründung wird auf die unzureichenden Zeugenaussagen verwiesen. Ein reguläres Verfahren soll verhindert werden. Aber das ist überflüssig. Denn "Berlin" erlässt eine Amnestie! Der Oberstaatsanwalt teilt am 27. Juli 1936 an den Reichsminister der Justiz mit:
"Assessor Mylius vom Geheimen Staatspolizeiamt Berlin" "ruft an und bittet wegen Rücksendung der Akten nicht nochmals zu erinnern. Die Sache würde in Berlin erledigt … Zweifellos käme die Amnestie zur Anwendung, da Übereifer im Kampfe für die nationalsozialistische Bewegung vorliege."

 


 

Reichsjustizminister Franz Gürtner 1935:

"Die Erfahrung der ersten Revolutionsjahre habe gezeigt, dass die mit den Prügeleien beauftragten Leute meist nach kurzer Zeit das Gefühl für Sinn und Zweck der Maßnahmen verlören und persönliche Rachegefühle und sadistische Instinkte austobten."

(Zitiert nach Bührmann-Peters 12)

 

 

Wie sagt doch Händler Hennebold (1935):

"Ich habe sie [Frau Schoder] von meinem Stand weg gewiesen, da ich für kriminelle Dinge kein Interesse hatte."

Diese Einstellung zu den politischen Delinquenten ist typisch für die öffentliche Moral der Stadt, aber keineswegs nur ein Produkt der nationalsozialistischen Propaganda. Auch ist sie nicht schlechthin Ausdruck des allgemeinen Rechtsbewusstseins, über das das Verdikt vom politischen Verbrecher obwaltet. Vielmehr tritt hier ein weiteres, überaus ernstes Problem hervor: der Wohlstandschauvinismus. Egal wie die anderen leben. Hauptsache, mir geht es gut. Die Anderen interessieren mich nicht. Indessen kann eine humanistische Gesellschaft nicht bestehen, die jederzeit bereit ist, einander wechselseitig zu verletzen und zu beleidigen. Grundlage aller Moral lehrt die Theorie der ethischen Gefühle (1751) muss das Mitgefühl sein, die Fähigkeit, im anderen immer den Menschen zu sehen. Das ist nicht so einfach getan wie gesagt, denn es mag der eigene Bruder auf der Folterbank liegen, erklärt Adam Smith, solange wir selbst uns Wohlbefinden, können uns die Sinne niemals sagen, was er erleidet. Es sei denn, wir tauschen mit ihm im Geist den Platz, was Phantasie und Vorstellungskraft erfordert.

Eine Stadt ohne soziales und menschliches Mitgefühl betritt den Vorhof zur Unmenschlichkeit.

Über die Verrohung der Gesellschaftsmoral konnte sich der Bürger mit Kraft durch Freude (KdF) oder dem Eintopfsonntag hinwegtäuschen.

 

 

Eintopfsonntag  nach oben

Im Herbst 1933 kleben die Nazis ihre Plakate zum Winterhilfs-Werk (WHW Naumburg, Lindenring 45) mit dem Aufdruck:

"Wir helfen gegen die Hungersnot".

Stadtrat Drogerist Kurt Daßler beziffert die Zahl der Hilfebedürftigen in der Stadt auf 10 000 Bürger. Viele Menschen befinden sich in Naumburg in großer sozialer Not, sagt der Kreisführer des WHW und Stadtrat im Herbst 1933. "Und das kommt daher, weil die Industrie fehlt." (Daßler)

Allerdings stellte am 23. August 1932 die NSDAP im Stadtparlament fest, dass die Unterstützungssätze für Arbeitslose "menschenwürdig" seien ….

Geschickt nutzen die nationalsozialistischen Kommunalpolitiker die

Aufklärung über die erschütternden Bilder
der herrschenden Not in Naumburg
(Naumburger Tageblatt, 11. Oktober 1933)

für sich aus. "Die Nazipropaganda setzte ein mit der Winterhilfe", beschreibt das aktive Mitglied der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAP), Anna Possögel (Kleine Wenzelsstraße/Wenzelsgasse 9), die damalige Lage und berichtet weiter,

"in meiner Wohnung sprach ich mit einer Kundin, für die ich schneiderte und sagte zu ihr: Die Winterhilfe für die Armen ist wie ein Tropfen auf dem heißen Stein. Unser Wohnungsnachbar hatte wieder einmal wie so oft in seinem angrenzenden Raum gehorcht und mich gleich darauf bei dem Nazistaat angeschwärzt. Eine Stunde später erschien bei mir ein Feuerwehrmann und verlangte von mir, daß ich sofort zum Verhör zum Stadtrat kommen sollte. Durch das Telefon sprach der Verräter schon wieder mit dem Stadtrat. Ich erklärte nun, dass es doch wohl stimme, daß man nicht gleich die Armen so versorgen könne wie es erforderlich wäre nach längerer Arbeitslosigkeit. Dann sagte ich, wie abscheulich ich das Denunziantentum finde und zitierte: Edel sei der Mensch hilfreich und gut. Der Stadtrat D. [wahrscheinlich Stadtrat Daßler] entließ mich den Worten: "Sehen Sie zu, dass Sie auf diese Angeber erzieherisch einwirken können!"" (Anna Possögel)

Armut ist eine soziale Realität und für viele Naumburger eine große Bürde. Ohne Zweifel, es besteht dringend Handlungsbedarf. Im Herbst 1933 verteilt das WHW Naumburg an die Notleidenden Brot, Bohnen, Reis, Milch und außerdem warme Kleidung. Eine Schneiderstube wird eingerichtet und eine breite Spendenbewegung organisiert. Tausende Naumburger erhalten auf der Vogelwiese und am Ostbahnhof vom WHW Ende Oktober, Anfang November als Gabe zwei Zentner Kartoffeln und sechs Zentner Kohle. Organisator ist der Kreisführer des WHW für Naumburg Stadt und Land, Stadtrat Daßler. Beim Verladen helfen Erwerbslose, SA und die Hitlerjugend. Im Winter 1934/35 müssen noch 8 000 Naumburger unterstützt werden. Das verdeutlicht den Ernst der Lage.

"Hilfsbedürftig sind diejenigen, die den nötigen Lebensbedarf für sich und ihre unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen können und ihn auch nicht von anderer Seite, insbesondere von Verwandten, erhalten." (Wir helfen)

Das WHW reicht im Februar 1935 insgesamt 2 500 Zentner Kartoffeln an Bedürftige aus. Außerdem erhalten sie entsprechend der Haushaltsgröße gegen Marken Rindfleisch, Marmelade oder Wurst. Anfang 1935 organisiert das Kreisamt des NSV die Ferienerholung von 28 Saarkindern in Naumburger Familien.

Im Rahmen der Kinderlandverschickung (Bild) nimmt 1936 der Gau Halle-Merseburg 5 136 Kinder aus anderen Teilen Deutschlands auf. Aus dem Gau werden 1443 Kinder in andere Erholungsgebiete verschickt.

Geschäftswerbung von Victor Artes 1921

Victor Artes, ehrenamtlicher Stadtrat (1933) und stellvertretender Gauamtsleiter sowie Gaugeschäftsführer des NSV (1933), legt den Beamten unumwunden ihre Pflicht zur Spende dar. Ab 20 Prozent Spende in Höhe der Lohnsteuer erhalten sie eine Plakette mit der Aufschrift "Wir helfen gegen die Hungersnot!". Selbstständige Unternehmer erhalten diese, wenn 10 Prozent von der Einkommenssteuer abgeführt werden. Vom Standpunkt der Beamten und Angestellten im öffentlichen Bereich stellt die Spende an die NSV und andere Verbände der NSDAP - eine Einkommenseinbuße dar. Um die Bereitschaft für Spenden zu erhalten wird mit Druck gearbeitet. Dazu definieren besonders die örtlichen Funktionäre die Spende als Ausdruck der Übereinstimmung mit dem Nationalsozialismus.


Von links nach rechts Jochachim Albrecht Eggeling, Emil Lamminger und Victor Artes, um 1940.

Victor Artes,
geboren als Sohn des Brauereidirektors Heinrich Artes und Ehefrau Minna, geborene Rommel, am 5. Juni 1877 in Salzungen / Thüringen. Besuch der Realschule bis zur Prima. 1892 Reifeprüfung. Lehre als Kaufmann bei der Firma Neubarth & Palm in Erfurt. Im Rahmen dieser Ausbildung war er anderthalb Jahre bei der Firma bei Bankhaus Wachenfeld & Gumprich in Schmalkalden tätig. Berufserfahrung als Handelsreisender.

Einjährige Dienstpflicht ab Herbst 1887. Wegen eines Herzleidens 1901 dienstuntauglich geschrieben. 1903 Teilhaber der Firma Friedrich Bretschneider in Naumburg. Ab 1909 Geschäft unter eigenem Namen.

Victor Artes - Erstes Spezialhaus für Wolle, Wollwaren, Strümpfe Trikotagen, Erstlingsbekleidung. Eigene Wollfabrik in Naumburg a. S. / Barbarastraße, eigenes Einkaufshaus für Kurzwaren in Berlin, eigenes Einkaufshaus für Strümpfe und Trikotagen in Chemnitz, Werkstätten für textiles Kunstgewerbe in Naumburg a. S., Einzelverkauf: Naumburg a. S., Herrenstraße 19. (1928)

Während des Krieges leistet er eine umfangreiche ehrenamtliche Arbeit zur Versorgung der Bevölkerung mit Textilien. Aus den Spenden entsteht eine Kleiderkammer. In rühriger Weise kümmert er sich um die Sicherstellung der Ernährung der Säuglinge im Stadtgebiet. 1919 wählen ihn die Naumburger zum Stadtverordneten und zum ehrenamtlichen Stadtrat (16. Oktober 1919).

Artes übernahm den Vertrieb des Notgeldes. In seinem Geschäft in der Herrenstrasse verkaufte er die Notgeld-Serie für 4,50 an Einheimische und für 7,50 Mark an Auswärtige. Warum schreitet die Staatsanwaltschaft nicht ein?, fragt damals die Zeitung. Denn die städtischen Kassen verkauften die Serie bis dahin für 4,00 Mark. (Nach Tranz)

Als Dezernent der Stadt Naumburg ist er verantwortlich für das Krankenhaus, das Gas- und Elektrizitätswerk sowie die Straßenbahn.

Victor Artes übernimmt im Kampfbund des gewerblichen Mittelstandes (1932/33) umfangreiche propagandistische Aufgaben. Nach 1933 ist er als stellvertretender Gauamtsleiter sowie Geschäftsführer der NS-Volkswohlfahrt im Gau Halle-Merseburg und als Gaubeauftragter für das Winterhilfswerk tätig.

1936 verkauft Victor Artes sein Geschäft an Otto Dobkowitz K.G. Merseburg. (Dobkowitz? - Eigentümer des 1911 in Merseburg im Jugendstil erbauten Dobkowitz-Kaufhauses?)

In einem Brief vom 15. Mai 1945 an den Bürgermeister Schaffernicht heißt es:

"Artes ist vor ein paar Tagen durch einen Hilfsschutzmann festgenommen worden. Diese Tatsache hat in der Bürgerschaft eine große Befriedigung hervorgerufen."

 

Dabei geht die Führung der Organisation mit den finanziellen Mitteln nicht immer sorgsam um.

"Die NS-Volkswohlfahrt [Gau Halle-Merseburg] arbeitet mit zu großen Verwaltungskosten,"

heißt es im Lagebericht des Regierungspräsidenten von Merseburg im Juli 1934.

"Dabei scheint die sicher übertriebene Anschaffung von Kraftwagen sowie festgestellte schlampige Wirtschaft und Untreue des Personals einzelner Kreisgeschäftsstellen, die mehrmals, zuletzt in Merseburg, nach anfänglicher Vertuschung zum Einschreiten der Staatsanwaltschaft geführt haben, eine bedeutende Rolle zu spielen." (Stapo 1933b 107)

NSV und WHW übernehmen eine wichtige politische und soziale Funktion im System der kommunalen Diktatur. Im Mai 1933 erkennt Adolf Hitler in einem Führererlass die NSV als Organisation an. Im Januar 1934 wird das Hauptamt für Volkswohlfahrt bei der Reichsleitung der NSDAP gegründet und hier eingegliedert.

Andere Verbände werden in der Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege Deutschlands (AGdfW) gleichgeschaltet. Die in freien Verbänden organisierten Pflegerinnen werden am 3. Oktober 1936 unter Führung von Hilgenfeldt im Reichsbund der freien Schwestern und Pflegerinnen (RBdfS) zusammengefasst.

Der Leiter der NS-Volkswohlfahrt lenkt auch den Fachausschuss für das Schwesternwesen in der AGdfW und koordiniert damit die NS-Schwesternschaft, den RBdfS, die Schwestern des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) sowie die evangelischen und katholischen Schwesternschaften.

In Naumburg existieren (1935) zwei Dienststellen des NSV. Nach dem Umbau des Braugebäudes Haus Lindenring 45 etabliert sich hier im Oktober 1935 die Kreisamtsleitung des NSV mit dem WHW. Leiter des Kreisamtes ist seit 1940 Pg. Gerhard Söllinger (Mägdestieg 9). Vorher regierte hier Victor Artes.

Die zweite Dienststelle des NSV arbeitet seit Herbst 1933 im Haus Markt 12. Die Gauamtsleitung steht unter Führung von Friedrich Uebelhoer mit zunächst drei Mitarbeitern. Später richten sie ihr Büro im "Kaiserhof" (am Bahnhof) ein. 1938 erfolgt der Umzug in das Haus Bahnhofstraße 44.

Im NSV Gaus Halle-Merseburg sind um Jahresmitte 1938 223 632 Mitglieder organisiert. Diese gliedern sich in 17 Kreisamtsleitungen, 683 Ortsgruppen, 2 247 Zellen und 10 440 Blocks. Von den 21 376 ständigen Mitarbeitern sind etwa 47 hauptamtlich tätig.

Im Mittelpunkt der Arbeit des Gauamtes für Volkswohlfahrt Halle-Merseburg steht die Familie als Keimzelle des völkischen Lebens. Die Abteilung Volksgesundheit leitet Doktor Oskar Gundermann. Sie hatte folgende Aufgaben: Heilverschickung, Gesundheitsführung, Tuberkulosebekämpfung (Hilfswerk). Die Finanzverwaltung führt Parteigenosse Brenner. Er übernimmt die Haushalts- und Etatplanung, Revision und Finanzrechtssachen. Die Abteilung Organisation muss vor allem das Winterhilfswerk abwickeln. Sie untersteht dem Parteigenossen Gauhauptstellenleiter Karl Willemer (Adolf-Hitler-Straße 25 I). Eine andere Abteilung befasst sich mit der Werbung und Schulung (Langermann und Tiebel). Das Ernährungshilfswerk leitet Parteigenosse Victor Artes. Parteigenosse Lehmann leitet die Wohlfahrtspflege und Jugendhilfe mit den Abteilungen Wohlfahrtspflege, Familienhilfe, Bittgesuche, Kindertagesstätten, Jugendhilfe, Jugenderholung, Rechts- und Schwesternwesen.

Im NSV begegnen sich viele "alte Kämpfer" (zum Beispiel Karl Willemer) wieder und erhalten einen Posten. Über die entstprechenden Wahrnehmungen der Bürger schreibt Regierungspräsident von Merseburg im Lagebericht vom Juli 1934:

"Das Ansehen des NSV leidet auch unter häufigen Klagen aus der Bevölkerung über Vetternwirtschaft bei der Verteilung der Spenden und aufwendiges Auftreten mancher Amtswalter der NSV, vor allem durch Benutzung des Dienstkraftwagens zu privaten Zwecken. Die Opfer und Spendenbereitschaft hat unter diesen Erscheinungen stark gelitten." (Stapo 1933b, 107)

1936 kauft das NSV Hauptamt Berlin die ursprünglich für einen Postmeister erbaute Villa (Bild etwa 1941) in Bad Kösen, Eckhartsbergaer Strasse 2, und richtet hier eine NSV-Gauschule ein. Die neunzehn Zimmer mit insgesamt 450 Quadratmetern werden als Kinderheim und Funktionärsschule genutzt.

An Stelle des von Hitler zum Regierungspräsidenten ernannten Gauamtsleiters Parteigenossen Friedrich Uebelhoer beruft NSDAP-Gauleiter Eggeling mit Wirkung vom 18. April 1940 Parteigenossen Emil Lamminger (Bild unten) zum kommissarischen Leiter des Gauamtes Halle-Merseburg für Volkswohlfahrt (Bahnhofstraße 44).

Die Amtseinführung des Neuen erfolgt im NS-Frontbrief vom Gau Halle- Merseburg vom Juni 1940 mit dem Entree

"Deutschland ist
der größte Sozialstaat der Welt."

Einen Einblick in das Aufgabenspektrum und die Arbeitsweise des NSV-Gauamtes geben die regelmäßigen Arbeitstagungen. Eine findet am 10. April 1940 in der Gauamtsschule von Bad Kösen statt. Es ist die erste Arbeitstagung der Kreisamtsleiter mit dem neuen kommissarischen Leiter des Gauamtes, Parteigenossen Lamminger.

Emil Lamminger, NSV-Gauamtsleiter von Halle-Merseburg ab 1940 (Vorgänger Friedrich Uebelhoer): geboren am 4. Januar 1901 in Bernbrunnerhof, gestorben am 16. Dezember 1968. Besuch der Volksschule, anschliessend Lehre als Einzelhandelskaufmann. 1932 Eintritt in die NSDAP. Arbeit bei der DAF. Stellvertretender Gauwalter bei der Gauverwaltung DAF-Mitteldeutschland. 1933 Gauamtsleiter der Hago im Gau Halle-Merseburg. 1945 Internierung.

Sie befasst sich mit der Arbeit des NSV und des Kriegshilfswerkes des Deutschen Roten Kreuzes. Großen Raum nehmen Fragen des Ernährungshilfswerks ein. Bei der Sicherung der Volksernährung sieht man große Schwierigkeiten. Deshalb stellt man sich das Ziel, die Zahl der Schweine in den Mästereien im Gau zu verdoppeln. Im Vorjahr wurden im Gebiet des Kreisamtes Naumburg 750 000 Kilogramm Küchenabfälle gesammelt. 351 ausgemästete Schweine mit einem Gesamtgewicht von 56 705 Kilogramm konnten dem Schlachthof zugeführt werden.

Auf dem Gebiet des Hilfswerks Mutter und Kind mussten im Zusammenhang mit dem Krieg, auf Grund von Verwundung und Tod der Väter, neue Aufgaben abgesteckt werden. Zur Erschließung von Arbeitsressourcen richtet man weitere Dauer-, Ernte- und Hilfskindergärten ein. Der Kreis Naumburg verfügt 1940 über drei Dauer- und sechs Erntekindergärten.

Lindenring 45 (2006)

 

Um die Mütter von der Kinderversorgung während der beruflichen Arbeit zu entlasten und in kriegswichtige Arbeiten einzugliedern zu können, eröffnet der NSV an der Jacobsmauer im November 1940 einen weiteren Hilfskindergarten für 40 Kindergarten- und 40 Hortkinder sowie sechs Säuglinge.

Das WHW Naumburg (Lindenring 45) unter Leitung von Stadtrat Daßler konzentrierte seine Aktivitäten auf drei Aufgaben: (1.) Ermittlung der Bedürftigkeit (Aufstellen von Listen), (2.) Organisation von Spenden und (3.) deren Verteilung nach Bedürftigkeit.

Im Haus Lindenring 45 (Skizze links) werden in entsprechenden Ausgaberäumen die Zuweisungsscheine ausgegeben. Außerdem gibt es eine Nähstube, wo die Frauen die gespendeten Kleider sorgfältig reparieren, bevor sie zur Kleiderausgabe gelangen. In dem hinteren Gebäudeteil befindet sich ein geräumiger Kartoffelkeller. Er kann die Spenden aufnehmen. Hier befinden sich auch die Büroräume mit der großen Kartei, in der alle Unterstützungsempfänger erfasst sind.

Großer Beliebtheit erfreuen sich die durch das WHW ab dem ersten Sonntag im November 1933 organisierten Eintopfsonntage (laut Erlass vom 13. September 1933). Die Teilnehmer erhalten zum Preis von 50 Pfennig in Suppenküchen und ausgewählten Gaststätten einen Eintopf. Die Ersparnis zum normalen Sonntagsessen soll dem Winterhilfswerk gespendet werden.

 

 

Eintopfsonntag 1933

 

Sonntagsgericht "Schweinebraten"


Sonntagsgericht "Suppe"

für einen Haushalt von 4-Personen

Tomatensuppe, Schweinebraten mit
Rotkohl und Kartoffeln und Kompott Kohlsuppe mit Fleisch

1 000 g Weißkohl

500 g Tomaten

500 g Hammelfleisch

750 g Schweinekamm

500 g Kartoffeln

750 g Rotkohl, 1 000 g Kartoffeln

750 g Pflaumen für Kompott
Zutaten: Gewürze, Fett, Mehl

Zutaten: Gewürze

Gasverbrauch

Gasverbrauch

Gesamtkosten 2,70 RM

Gesamtkosten:
1,30 RM

 

"in diesem Fall also würde die Hausfrau für den wohltätigen Zweck der Winterhilfe 1,40 Mark abliefern."

 

 

Und wieder vereinte sich das deutsche Volk zur großen Tischkameradschaft. An vier Ausgabestellen an der "Erholung" (Luisenstraße), Napola, "Hufeisen" (Marienstraße) und "Dunkelbergs Garten" (Spechsart) können sich die Naumburger am 13. November 1938 an den beliebten Erbsen mit Speck aus dem Aluminium-Kochgschirr oder der Vitrine laben.

Der Naumburger Ruderverein Neptun mit ihrem ersten Vereinsführer Karl Roloff legte das Anrudern schon mal auf den Eintopfsonntag. So 1937. Als sie in ihrem Clublokal Halleschen Anger alle 102 Portionen Reis mit Blumenkohl und Fleisch ausgereicht, blieben nach Abzug der Unkosten 18.30 Reichsmark übrig, die sie an das Winterhilfswerk überwiesen.

Der Eintopfsonntag wird zu einer festen Institution und findet in Naumburg bis April 1939 statt.

Aber das Winterhilfswerk (WHW), worauf der Oberpräsident der Provinz Sachsen am 27. Februar 1937 in einem Rundschreiben hinweist, betreut keine Juden mehr. Bei ihnen darf auch nicht gesammelt werden.

 

…. sie kommen heim ins Reich (1938)  nach oben

Im Schein der Fackeln eröffnet NSDAP-Ortsgruppenführer Gerhard am 28. September auf dem Markt die

Treuekundgebung zu Führer,
Volk und Deutschtum.

Dann spricht Friedrich Uebelhoer: Edvard Beneš hat mit Grausamkeit und Frivolität ohnegleichen danach gestrebt, 3 ½ Millionen Deutsche "kirre zu machen". Heute kann er, droht der NSDAP-Kreisleiter und Oberbürgermeister, das Spiel nicht mehr treiben, denn "…. sie kommen heim ins Reich". Zusammen mit Konrad Henlein hat er diese "geschichtliche Stunde" vorbereitet. In Anschluss an die Olympischen Spielen 1936 in Berlin, trafen sie sich "von Mann zu Mann" auf der Neuenburg bei Freyburg zu einer Unterredung.

Am 10. Oktober 1938 folgte auf dem Markt eine weitere Kundgebung. Erneut nutzt der NSDAP-Kreisleiter die Gunst der Stunde, um die Leistung von Adolf Hitler und seiner Partei zu popularisieren: "Am heutigen Tag ist das im Münchner Abkommen festgelegte sudetendeutsche Gebiet von der Wehrmacht besetzt und damit der Not und Drangsal unserer Brüder und Schwestern im Sudentenland ein Ende gemacht worden." Der Führer hat seinen Entschluss wahrgemacht und 10 Millionen Österreicher und Sudentendeutsche ins Reich heimgeführt.

Zur Erinnerung an diesen Tag werden in Naumburg mehrere Strassen umbenannt. Die Siedlung am Birkenwäldchen trägt künftig den Namen des Führers. Der "Flemminger Weg" heisst jetzt "Adolf-Hitler-Strasse".

Am Tag darauf spielt in der "Reichskrone" unter Leitung von Franz Adam das "Orchester der Bewegung". Die Winterspielzeit der NS-Gemeinschaft "Kraft durch Freude" 1938/39 ist eröffnet.

 

 

Straßenumbenennungen  nach oben

Im Kampf um die symbolische Präsentation der Macht des NS-Systems sieht die Stadtverwaltung eine ständige Tagesaufgabe. Aus Anlass der Besetzung des im Münchner Abkommen (28. September 1938) festgelegten sudetendeutschen Gebiets durch die Deutsche Wehrmacht im Oktober 1938 erfolgt die Umbenennung vieler Straßen. Die Nationalsozialisten messen dem eine tiefe Bedeutung bei. Auf dem Denkmalplatz am Birkenwäldchen findet eine Kundgebung statt. Der Oberbürgermeister erklärt:

"Ihr wißt, daß bisher nicht eine Straße der Innenstadt in Adolf-Hitler-Straße umbenannt wurde. Wir wollen damit vermeiden, daß in dieser Straße vielleicht ein Jude wohnte, der dann die Briefe in die Adolf-Hitler-Straße erhielt. Wir hatten vielmehr den Entschluß gefasst, daß eine Straße entstehen soll, die Zeugnis ablegt vom Wirken Adolf Hitlers. Und heute Abend wollen wir dieser Straße den Namen geben: Der Flemminger Weg wird von heute Abend an Adolf-Hitler-Straße heißen."

 

Straßenumbenennung in Naumburg
 
16. August 1935
Straßenanlage südlich der Siedlungsstraße, zwischen der Raschstraße und der Friedrich-Nietzsche-Straße, wird als Klingerplatz bezeichnet.
 
29. Juni 1938
Prokopstraße in Willibald-Knoll-Straße
Hussitenstraße in Fritz-Barthold-Straße
Pfortastraße von der Eckhardtstraße bis zur Michaelisstraße in Walter-Thieme-Straße

Knoll, Barthold und Thieme sind im Kapp-Putsch gefallen.

 
10. Oktober 1938
vorher
1938
nach 1990
     
Flemminger Weg
Adolf-Hitler-Straße
Flemminger Weg
Memeler Str.
Rudolf-Hess-Straße
Friedrich-Fröbel-Straße
Am Birkenwäldchen
Hermann-Göring-Siedlg.
Ferdinand-Lasalle-Siedlg
Eckardtstraße
Dietrich-Eckart-Straße
Eckardtstraße
Posener Straße
Wilhelm-Frick-Straße
Friedrich-Fröbel-Straße
Camburger Straße
Saarlandstraße
Dürerstraße
Westring
Sudentenstraße
G.-F.-Kloppstock-Straße
 
Horst-Wessel-Siedlung
R.-Lepsius-Siedlung
Lützowstraße
Posener Straße
J.-Gottlieb-Fichte-Straße
Blücherstraße
Memeler Str.
Seminarstraße
Karlstraße
Lützowstraße
Ludwig-van-Beethoven-Straße
Parkstraße
Blücherstraße
Parkstraße
zwischen Buchholz- und Lepsiusstraße
   
     
31. August 1939
Lerchenweg verbindet Nord- und Raschstraße
Ulrich-von-Hutten-Straße westliche Verlängerung der Oskar-Wilde-Straße
     

 

 

Wahlen  nach oben

Zwischen November 1933 bis 1938 erlebt Naumburg vier Wahlsonntage. Ausser der NSDAP sind alle anderen Parteien verboten. Der Führerstaat hat den Parteienstaat abgelöst, tönt die Propaganda. Politisch Andersdenkende sind Repressionen und der Verfolgung ausgesetzt. Elementare politische Voraussetzungen für freie Wahlen sind nicht gegeben.

Weshalb braucht das Hitlerregime überhaupt Wahlen?

"Der Führer ruft sein Volk auf und das Volk stimmt ihm freudig zu und beweist damit, daß seine Autorität beruht auf der Gefolgschaft des deutschen Volkes"

antwortete der Gauführer des Bundes Nationalsozialistischer Deutscher Juristen Professor Erwin Noack (Halle 1934). "Das ist wirkliche Demokratie, echtes deutsches Brauchtum. " (Noack).

Wahlen sollen der Diktatur einen demokratischen Schein verleihen und Elemente charismatischer Herrschaft, wie die "Hingabe an Heiligkeit oder die Heldenkraft oder die Vorbildlichkeit" (Max Weber), reproduzieren.

Gelegentlich beurteilt die nationale Literatur die Fairness und besonders den Charakter der Wahlen zur Hitlerzeit positiver als dies aus Naumburger Sicht erfolgen kann. Unter anderem ist die Rede vom Fehlen einer systematischen Wahlbeeinflussung. Wie man es jedoch wendet, von der Verhaftungswelle nach dem Reichstagsbrand im Frühjahr 1933 geht eine gewollte Bedrohung für diejenigen Bürger aus, die dem Hitlerregime kritisch gegenüberstehen. Ob man diese Wirkung als indirekt oder direkt, verdeckt oder offen bezeichnet, ist nicht entscheidend. Zudem gab es vielfältige subtile Formen der Beeinflussung des Wahlverhaltens zugunsten des Regimes, wie etwa der obligatorische Schlepperdienst der SA (Sturmabteilung) zur Urne. Für den Einwurf der Wahlzettel am 12. November 1933 erhielt der Bürger ein Abzeichen, dass ihm die Unterstützung der Politik von Adolf Hitler attestierte.

 

Volksabstimmung und Wahlen
zum Reichstag am 12. November 1933

Im Oktober 1933 tritt die Hitler-Regierung aus dem Völkerbund aus. 95 Prozent (= 40 588 804 Stimmen) der Wähler bestätigen in einer Volksabstimmung am 12. November 1933 diese Entscheidung mit "ja".

 

 

Wahlen und Volksabstimmung
am 12. November 1933

Ergebnis Naumburg Stadt


zum Reichstag
Volksabstimmung
für NSDAP-Liste
ungültige Stimmen oder Stimmenthaltungen
mit JA
mit Nein
ungültige Stimmen
         
19 446
1 958
20 047
916
465
 

 

Am gleichen Tag wählen die Bürger 660 Abgeordneten in den Reichstag. Bei der Auswertung treten interessante Anomalien zu Tage. SPD und KPD retteten am 5. März 1933 in Naumburg zur letzten Reichstagswahl 4 858 Stimmen (24 Prozent) vor Hitler. Hingegen lehnten am 12. November desselben Jahres seinen Austritt aus dem Völkerbund lediglich 916 Bürger ab. Das ergibt die aufschlussreiche Differenz von 3 942 Stimmen, was reichlich Stoff für eine weiterführende Diskussion über das Abstimmungsverhalten spezieller Wählergruppen und die politische Entwicklung in der Stadt nach 1933 bietet.

 

Volksabstimmung am 19. August 1934

Nach dem Tod von Hindenburg am 2. August 1934 soll das Amt des Reichspräsidenten mit dem Reichskanzler zusammengelegt werden. Die Details regelt das Gesetz über das Staatsoberhaupt vom 1. August 1934. Am 19. August 1934 findet dazu eine Volksabstimmung statt. "Dem Besten der alten Generation konnte nur der Beste des neuen Deutschlands folgen", unterrichtet Professor Erwin Noack (Halle) die Naumburger einen Tag vor der Wahl. An der Volksabstimmung beteiligen sich in Naumburg 97,4 Prozent der wahlberechtigten Bürger.

 

 

Ergebnis der Volksabstimmung
vom 19. August 1934 in Naumburg

 

 
Stimmberechtigte
Ja-Stimmen
Nein-Stimmen
Prozent

Reich


42 272 012

+ 3 201 623

38 362 760
4 294 654
9,4
         

Naumburg

21 724
17 925
2 707
12,4
 

 

 

Reichstagswahlen 1936

Zusammen mit den Reichstagswahlen findet am 29. März 1936 eine Volksabstimmung über die Ermächtigung zur Rheinlandbesetzung statt. Dem ging die Stationierung von Truppenteilen der Wehrmacht am 7. März 1936 im Rheinland voraus (Remilitarisierung).

 

 

Ergebnis der Reichstagswahlen
vom 29. März 1936

 

 
Stimmberechtigte
für die NSDAP-Liste
gegen die Liste
Prozent


Reich


45 428 641


44 409 9222

542 954

98,95
         


Naumburg

 
21 656
439

 

 

 

 

Rund 99 Prozent der Wahlbeteiligten stimmen für die Liste der NSDAP. Jüdische Bürger dürfen nicht mehr an der Wahl teilnehmen. Angesichts des großen Sieges ordnet der Reichspropagandaleiter der NSDAP für den 30. März die Beflaggung der öffentlichen Gebäude an.

Die Vorbereitung der Wahlen erfolgte mit viel propagandistischen Getöse. Am 15. März findet eine Wahlkundgebung mit Gauleiter Rudolf Jordan statt.

 

 

 
Naumburger, das geht Euch an!
Am Sonntag, dem 15. März, wird abends
in der "Erholung", Luisenstrasse
Gauleiter Pg. Judolf Jordan
in einer
Grosskundgebung der NSDAP
sprechen.
Die Rede des Gauleiters wird in die Säle des "Ratskellers" und des "Hotels zur Post" in Parallelversammlungen übertragen!
 

Abschrift: Naumburger Tageblatt,
13. März 1936

 

 

 

Kurz vor 8 Uhr abends sperrt die SS am 17. März 1936 den Platz vor der Reichskrone ab . Fackelträger, Ehrengefolgschaft und ein Ehrenzug der NAPOLA nehmen Aufstellung. ½ 9 Uhr schreitet der Reichsjugendführer die Front der Ehrenabordnungen ab. Vorher zogen Agitprop-Trupps der HJ aus Anlass der bevorstehenden Reichstagswahl am 29. März mit Sprechchören durch die Straßen und skandierten:

Wahlrecht ist Wahlpflicht.

 

Reichskrone (um 1935), Bismarckplatz,
heute Theaterplatz, Stadtplan

 

 

Die Umgebung der Reichskrone erlebt eine ausgetüftelte politische Inszenierung des Nazikults. Auf der Tribüne hebt Baldur von Schirach (1907-1974) zu seiner Rede an. Der aus gutbürgerlichen Kreisen in Weimar stammende Reichsjugendführer predigt "die Überwindung der Klassengegensätze" mittels der Volksgemeinschaft.

 

Ankündigung der Kundgebung mit Baldur von Schirach im
Naumburger Tageblatt vom 16. März 1936

 

 

Volksabstimmung 1938

Die Stadt sucht nach Unterbringungsmöglichkeiten der Wohlfahrts-, sprich Dauererwerbslosen, sie schafft Volkswohnungen. Es werden die Kasernenbauten für das III. /A.R.14. errichtet. Das Jugendheim wird erneuert. Die Säuglingssterblichkeit sinkt. Eine zweijährige Handelsschule lässt sich am Ort nieder. Die Berufsschulpflicht wird erweitert. Am Hauptbahnhof arbeiten die Handwerker, um die Voraussetzungen für den Fremdenverkehr zu verbessern. Italienische Landarbeiter helfen im Sommer bei der Ernte. Die Stromtarife sollen reformiert. Der Anschluß an das Ferngasnetz ist vorzubereiten. Eingemeindungsfragen beschäftigen die Verwaltung. Im September `38 schafft die Stadt den ersten Sprengwagen an. Zwischen Neuflemmingen - Friedhof verkehrt die erste Omnibuslinie. Vor dem Dom beginnt die Umgestaltung des Domplatzes. Auf dem Salzberg (Kaiser-Wilhelm-Platz / Kramerplatz) versetzt man das Kriegerdenkmal an seinen heutigen Standort. Gemäss NSDAP-Direktive wandelt sich das Kirschfest zum Bänderfest.

Am 10. April 1938 sollen alle vor dem 19. August 1914 geborenen Volksgenossen die Frage beantworten:

"Bist du mit der am 13. März 1938 vollzogenen Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich einverstanden und stimmst du für die Liste unseres Führers Adolf Hitler"?

Ja oder Nein?

Mit der Volksabstimmung erfolgt zugleich die Neuwahl des Reichstages.

Am 24. März kommt man im Ratskellersaal zur Wahlkundgebung zusammen. Bald nach der Begrüßung durch Kreispropagandaleiter Walter Schieke, spricht NSDAP-Kreisleiter Friedrich Uebelhoer seine Erwartungen aus:

"Das deutsche Volk ist vom Führer aufgerufen worden, von der ganzen Welt zu bezeugen, das es heute hinter ihm steht, dass es keinen deutschen Mann und keine deutsche Frau im großen Deutschen Reich gibt, der sich nicht in Treue, ganzer Hingabe und Gehorsam zu Adolf Hitler bekennt."

In festlich hergerichteten Wahllokalen geben die Volksgenossen ihre Stimme ab. Grüne Girlanden und Kränze schmücken die Stadt. Sie droht in einem Meer von Fahnen zu versinken. Alles Bisherige wird übertroffen. Es jubeln die Offiziellen: Ein einzigartiges Bekenntnis aus Liebe zum Führer. Mit großer Spannung erwartet man das Ergebnis, dramatisiert künstlich die örtliche Presse.

 

 

Ergebnis der Volksabstimmung
vom 10. April 1938 in Naumburg

 

 
Ja-Stimmen
Prozent
Nein-Stimmen
       

Reich

48 751 587
99,08
452 170
       

Naumburg

22 163
99,34
192

 

vgl. Meldung 1938

 

 

Das Naumburger Abstimmungsergebnis liegt über dem Reichs- und Gaudurchschnitt.

Die während der Herrschaft des Nationalsozialismus abgehaltenen politischen Wahlen verdienen diese Bezeichnung im eigentlichen Sinne der Bedeutung des Wortes nicht. Ihre hierzu erlassenen Gesetze und Verordnungen ließen alternative Vorschläge nicht zu und enthielten diskriminierende Einschränkungen; zum Beispiel für jüdische Mitbürger, aber nicht nur für sie. Eine Aufstellung alternativer Kandidaten war nicht zugelassen. Die Wahlen waren ein "cäsaristisches Instrument plebiszitärer Betätigung nicht vom Volk gestellter Fragen" (von Armin 180). Die Abstimmungen fanden unter repressiven Verhältnissen statt, öffentlichen wie nicht öffentlichen, zum Teil massiver, zum Teil sehr subtiler Art. Oftmals erfolgte die Einstellung in weiten Bereichen nach politischer, sprich nationaler Zuverlässigkeit, was das abstimmen für Hitler einschloss. Abweichende politische Meinungen im öffentlichen Raum wurden unterdrückt. Über nationale und internationale politische Ereignisse und deren Hintergründe informierten Presse und Rundfunk den Bürger völlig unzureichend. Die Losung hiess: Wir stehen zu Deutschland und dem Führer! Von der NSDAP abweichende Meinungen und politischen Konzepte kamen nicht zur Sprache. Wenn über sie informiert wurde, dann lediglich in entstellter und höchst unvollständiger Weise.

Es mutet fatalistisch an, aber demokratisch-freiheitliche Wahlen hätten am Mehrheitsvotum für die nationalsozialistische Politik wahrscheinlich nichts geändert. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Kampf um freie Wahlen, Demokratie und Opposition ohne Folgen für die weitere Stadt- und nationale Geschichte geblieben wäre. Oft verbirgt sich dahinter eine in der deutschen Politikkultur weit verbreitete Unterschätzung des produktiven Beitrags von organisierten, aber demokratisch gesinnten Minderheiten.

 

 

Naumburg auf dem Weg zur "Kongressstadt"  nach oben

Den für Naumburg notwendigen wirtschaftlichen Strukturwandel zugunsten der Erhöhung wertschaffender Arbeitsplätze nimmt der Oberbürgermeister nicht in Angriff. Seine Politik konzentriert sich auf:

den Aufbau der Garnisonsstadt für die Stationierung der Wehrmacht und ihre Einrichtungen,

die Bautätigkeit im Bereich der Infrastruktur und Schaffung von Wohnungen,

den Tourismus als Schlüsselindustrie (1935) und

die Profilierung von Naumburg als Kongressstadt.

Über diese Einseitigkeit und Fortschreibung tradierter Disproportionen in der kommunalen Wirtschaft ist sich der Oberbürgermeister völlig im Klaren. In seinem kommunalpolitischen Testament vom 28. Oktober 1939 dichtet er sie mit folgenden Worten zur Tugend um:

"Naumburg wollte unter meiner Leitung nicht Industriestadt werden. Ich bin der Meinung, daß sie auch in Zukunft keinen falschen Ehrgeiz nach dieser Richtung haben sollte. Bei der Fortsetzung der Bestrebung zur Hebung des Fremdenverkehrs muß ein Hauptziel sein, Naumburg auch zur Kongreß-Stadt zu machen. Dafür ist aber Bedingung, daß wir eine Stadthalle erhalten mit einem Saal, der etwa 3 000 Menschen faßt. … Nach meiner Meinung muß die neu zu erbauende Stadthalle an die Ostseite der Vogelwiese kommen."

Naumburg soll sich also auf dem Weg zur Kongressstadt machen, obwohl die Wohnraumversorgung Ende der 30er Jahre unter den Bedingungen der Bevölkerungszunahme noch längst kein zufriedenstellendes Niveau erreicht hat. Familie Jäger wohnt noch immer im Notquartier unter dem Spechsart ....

In der Region konzentriert sich die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik auf die Rüstungsindustrie: Flugzeugbenzin und Wasserstoff (für Buna) in Leuna, Kohlehydrierung in Tröglitz (Zeitz) und Böhlen (BRABAG - Braunkohle-Benzin AG), Flugzeugproduktion bei Siebel (Halle - vorher Klemm-Flugzeugwerke) und Herstellung von synthetischen Kautschuk in Buna (Korbetha, Schkopau).

Einige Monate nach der Machtübernahme erklärt der Kreisamtsschulungsleiter Alfred Goldschmidt den Mitgliedern der NS-Hago Zellen im Hotel Zur Post (Lindenring 34):

"Der Nationalsozialismus hat heute grundsätzlich mit den gleichen Mitteln die Bekämpfung der [Wirtschafts-] Krise aufgenommen, die Friedrich der Große nach dem Siebenjährigen Krieg mit so großem Erfolg anwandte … " (NS-Hago)

Es ist eher ein Zeugnis vom infantilen Umgang mit dem Bürger, als es wirklich Aufschluss über die kommunale Wirtschaftspolitik gibt.

Die Fortschritte bei der Senkung der Arbeitslosigkeit, Arbeitsförderung, Armutsbekämpfung durch das Winterhilfswerk (WHW) und der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV), dem Ausbau der öffentlichen Wasserversorgung oder Wohnungsbau, Wege- und Strassenbau sind bedeutend und greifbar. Unbenommen dessen sind die kommunalpolitischen Entscheidungen zur Stadtentwicklung von 1933 bis 1945 durch soziale, moralische und ästhetische Werte der nationalsozialistischen Ideologie geprägt: Militarisierung, Herrenmenschentum, Rassenerziehung, Berufsverbote, Rache an der sozialistischen Arbeiterbewegung, Judenverfolgung, Weg mit den Kommunisten und völkische Bevölkerungspolitik mit sozialdarwinistischen Einschlag.

 

 

Gustav Thate (*27.01.1901) widersprach am 31. Januar 1933 auf dem Marktplatz von Naumburg energisch Adolf Hitler und seiner Regierung. Er wurde verhaftet, durch ein Gericht verurteilt und eingesperrt. Nach der Entlassung aus dem Konzentrationslager Buchenwald im Jahr 1939 arbeitet er als Motorenschlosser in der Opel Zentrale Naumburg. Am 4. Februar 1943 zieht ihn die Wehrmacht zur Frontbewährung ein. Nach vier Monaten russischer Gefangenschaft, kehrt er 1945 zu seiner Familie in die Stadt Naumburg, Lindenring 11, zurück.  nach oben

 

 

 

Weiter: Naumburg im Krieg, Die Wehrmacht in Naumburg

 

Im Text gebrauchte Abkürzungen:

NBT = Naumburger Tageblatt, Naumburg an der Saale
LVZ = Leipziger Volkszeitung
VB = Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg
ZNN = Zeitzer Neueste Nachrichten. Unabhängige Tageszeitung, Zeitz

 

 

Abschied vom SS-Mann Güthling. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 5. Mai 1933

[ADGB] Der ADGB zur politischen Situation. Stellungnahme des Bundesausschusses. "Leipziger Volkszeitung. Die Tageszeitung für die Interessen des werktätigen Volkes." Leipzig, den 1. Februar 1933

Alle Kommunistenschriften verboten. "Naumburger Tagblatt", Naumburg, den 17. März 1933

Amtsgericht Halle an der Saale am 14. Oktober 1935. Strafsache gegen Andreas Nöding wegen Mißhandlung. In: Blattsammlung der Staatsanwaltschaft beim Landgerichte in Halle an der Saale, Vorverfahren in der Strafsache wider A. Nöding wegen Mißhandlung. Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Merseburg, Staatsanwaltschaft Halle, Rep. C 141

Arbeiterschaft in höchster Bereitschaft! "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg". Zeitz, den 6. Februar 1932

Erklärung der Generalversammlung des SPD-Unterbezirkes Zeitz-Weißenfels-Naumburg am 5. Februar 1933 in Zeitz. In: Arbeiterschaft in höchster Bereitschaft! "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg". Zeitz, den 6. Februar 1932

Arendt, Hannah: Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht von der Banalität des Bösen. R. Piper, München 1964. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, Februar 1978

Barbara (e.V.). Offizierskameradschaft des ehemaligen 2. Thür. Feldar.- Rgts... Nachrichtenblatt, Nr. 55, Naumburg (Saale) 1939

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Bericht über Besichtigung der Stadt Naumburg (Saale) durch den Herrn Oberpräsidenten am 15. Dezember 1938 gemäss Anweisung vom 13. Oktober 1937. Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Merseburg, Akten betreffen Stadtbesichtigung Naumburg, Band I, Rep. 48, I h, Nr. 915

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Die verbotene Demonstration der 6000. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ der Kreise Zeitz, Weissenfels, Naumburg." Zeitz, den 6. Februar 1933

Demonstrationsverbot für die KPD. "Leipziger Volkszeitung. Die Tageszeitung für die Interessen des werktätigen Volkes". Leipzig, den 2. Februar 1933

Der ADGB erklärt. In: Metallarbeiter-Zeitung. Wochenblatt des Deutschen Metallarbeiter-Verbandes. Nummer 12, Berlin, den 1. April 1933

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Eine feine Marke von KPD-Arbeiterführer! "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg". Zeitz, den 26. Januar 1933

[Eine Mutter schreibt] Der hohe Milchpreis. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 12. Februar 1923

Einlieferungsbuch vom Konzentrationslager Buchenwald. Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Archiv, Weimar Buchenwald

Ein Wendepunkt im Hausbesitzerverein. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 30. März 1933

[EKKI] Präsidium des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale.
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Entschließung der SPD-Unterbezirkskonferenz Zeitz-Weissenfels-Naumburg am 5. Februar 1933. In: Arbeiter in höchster Bereitschaft! "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg". Zeitz, den 6. Februar 1932

[Eröffnungssitzung] Donnerstag Eröffnungssitzung des Stadtparlaments. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 3. April 1933

[Fahnenhissung] Weitere Fahnenhissung in Naumburg. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 10. März 1933

Feier zur Eröffnung der Volkshochschule. "Naumburger Tageblatt". Beilage Nr. 229 des "Naumburger Tageblatts". Naumburg, den 1. Oktober 1919

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Freiwilliger Arbeitsdienst für die Winternothilfe. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 17. Dezember 1932

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Führertagung des Landesverbandes Mitteldeutschland des Stahlhelms (B.d.F.) am 1. November 1931 in Eisleben. Herausgegeben vom Landesverband Mitteldeutschland des Stahlhelms, Halle a.S., Magdeburger Straße 66 [1931]

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[Gestapo] Preußische Geheime Staatspolizei. Der stellvertretende Chef, Berlin 9. März 1936. Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Merseburg, C 48 I e, Nr. 1132

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Großer Regierungssieg bei den Kommunalwahlen. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 13. März 1933

[Güthling, Siegfried] Todesanzeige zum Tod des SS-Manns Siegfried Güthling, Naumburg, Medler Strasse 21. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 2. Mai 1933

[Gutgesell, Kurt] Urteil gegen Kurt Gutgesell. Sitzung der Großen Strafkammer des Landgerichts in Naumburg a. S. vom 3. Januar 1934. 1 K.L. 57/33 (451). Unterzeichnet von Landgerichtsrat Hagen (Vorsitzender), Landgerichtsrat Dr. Tolle und beisitzenden Richter Hochheim. Amtlich bestätigte Abschrift, unveröffentlicht

[Gutgesell, Kurt] Staatsanwaltschaft beim Landgerichte in Naumburg an der Saale. Strafprozessakten Gutgesell. Bundesarchiv Berlin. Akten des Instituts für Geschichte der Arbeiterbewegung. Zentrales Parteiarchiv. Signatur: DY 55/V 287/482

Handel und Handwerk im politischen Soldatentum des Führers. Versammlung der NS-Hago und Reichsbetriebsgemeinschaft Handel und Handwerk in Naumburg. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 15. Oktober 1935

Haus- und Grundbesitzerverein. Quellen hierzu in revolution.htm.

[Haus- und Grundbesitzerverein] Zur Mitarbeit bereit aber …. "Der Abend. Spätausgabe des "Vorwärts"". Berlin, den 15. August 1931

Hausbesitzer-Forderungen für 1932. [Ein Sondebericht der Vossischen Zeitung von der Zentralverband-Tagung in Danzig] "Vossischen Zeitung. Berlinische Zeittung von Staats- und gelehrten Sachen. Abendausgabe". Berlin, den 11. August 1932

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Kreiskonferenz des Reichsbanners. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg". Zeitz, den 1. Februar 1933

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Kundgebung des Naumburger Haus- und Grundbesitzervereins zur Stadtverordnetenwahl am 12. März. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 10. März 1933

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[Lederfabrik] 350-jähriges Gerberjubiläum und 150-jähriges Bestehen der Lederfabrik Johannes Freytag in Naumburg (Saale). Festschrift zum 22. Oktober 1938 von Friedrich Hoppe, Naumburg (Saale), Seite16

[Leitlinie] Die Gewerkschaften und der Regierungswechsel. 13. Bundesausschusssitzung des ADGB am 31. Januar 1933. Gewerkschafts-Zeitung, Organ des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes 4. Februar 1933, Nummer 5

Lemcke, Dr. Heinrich, Direktor der Städtischen Oberschule für Jungen: Rede, am 8. April 1933. In: 75 Jahre Walter-Flex-Schule Städtische Oberschule für Jungen in Naumburg an der Saale, 1863 bis 1938. Seite 33 bis 35

Lemcke, Dr. Heinrich, Direktor Realreformgymnasiums mit Oberrealschule, Bismarckplatz 3. Rede zur Umbenennung in "Walter-Flex-Schule, Städtische Oberschule für Jungen" am 7. Januar 1938. In: Feierstunde der Walter Flex-Schule. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 11. Januar 1938

Leopoldt, Adolf: Rote Chronik der Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg. Herausgeber SPD. Unterbezirk Zeitz-Weißenfels-Naumburg, Zeitz 1931

Ley, Dr.: Auflösung des Kampfbundes. [Anordnung von Dr. Ley zur Auflösung des Kampfbundes des gewerblichen Mittelstandes]. Vossische Zeitung, Berlin, den 7. August 1933

[Lucie] Weihnachten wie noch nie (1935). Folge 3. Die Heimat. Trilogie. Drehbuch Edgar Reitz. Dreharbeiten Mai 1981 bis November 1982. Schauspielerin Karin Rasenack in der Rolle von Lucie Hardtke und Schauspieler Rüdiger Weigang in der Rolle von Eduard Simon.

Magistrat der Stadt Naumburg, Tagebuch Nr. P.V, an den Regierungspräsidenten von Merseburg: Ausscheiden von Abgeordneten aus der Stadtverordnetenversammlung auf Grund der Verordnung vom 22. März 1933. Naumburg, den 24. April 1933, unterzeichnet von [Oberbürgermeister] Roloff

Mann, Thomas: Betrachtungen eines Unpolitischen. Fischer Taschenbuchverlag, Frankfurt am Main 2004

Marien, Karl: Brief an Genossen Zeitschel. Anbei einige Daten aus der Zeit. Handschriftlich, Naumburg, 14. April 1958, unveröffentlicht

Massenkundgebung der Naumburger Hausbesitzer. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 9. November 1927

Meine Ehre heißt Treue. Beilage des "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 18. Juli 1942

Meldung des Oberbürgermeisters der Stadt Naumburg. Volksabstimmung und Reichstagswahl am 10. April 1938 Stadtkreis Naumburg (Saale), Stadtarchiv Naumburg

Mitscherlich, Alexander und Margarete: Die Unfähigkeit zu Trauern. R. Piper & Co. Verlag, München 1967, 1977

Mitscherlich, Alexander: Einfühlung in den Angeklagten. Der Spiegel. Heft 5, Hamburg 1965, Seite 78 bis 79

Mittelstandsversammlung. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 11. März 1933

Moehring, Superintendent: [Festansprache zum ersten Mai im Dom von Naumburg]. In: "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 2. Mai 1933

Möhring, Andreas: Richter im Nationalsozialismus. Personalentwicklung und Personalpolitik am Oberlandesgericht Naumburg 1933-1945. Universitätsverlag, Halle-Wittenberg, Halle 2011

[Mössingen] Hans-Joachim Althaus, Friedrich Bross: Das ist nirgends nichts gewesen ausser hier. Das rote Mössingen im Generalstreik, Rotbuch Verlag, Berlin 1982.
Siehe auch: Esther Bross: Heraus zum Massenstreik. "junge Welt", Berlin, den 30. Januar 2013. Oder: Mössinger Generalstreik kommt auf die Bühne. "Die Welt", den 6. Mai 2013

Munske, Hilde: Eine deutsche Frau und Kämpferin. In: Das Deutsche Mädel. Jahrgang 1935, Juliheft, Seit 8 bis 10

Nachweisung [des Oberbürgermeisters, Ortspolizeibehörde] betrifft bürgerliche Vereine. Verfügung der Staatspolizei Halle vom 17. November 1934. Anlage zum Schreiben des Oberbürgermeisters Naumburg, Ortspolizeibehörde vom 8. Dezember 1934, gezeichnet in Vertretung Roloff, unveröffentlicht

Nachweisung über beschlagnahmtes Vermögen staatsfeindlicher Organisationen und Einzelpersonen [für 1933/34]. Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Merseburg, Regierung Merseburg, Polizeiregistratur Nr. 1220, Rep. C 48 I e

Nationalsozialistische Wahlkundgebung. "Zeitzer Neueste Nachrichten. Unabhängige Tageszeitung". Zeitz, den 6. Februar 1933

Naumburg dankte dem Führer. "Naumburger Tageblatt", den 11. Oktober 1938

[NBT 25. 3 1936] Wie kam es, dass Naumburg wieder Standort wurde. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 25. März 1936

Neue Steuererleichterung für den Hausbesitz. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 30. März 1933

Noack, Erwin: Warum Volksabstimmung. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 18. August 1934

[NS-Hago] Kreisamtsschulungsleiter Goldschmidt: Der Nationalsozialismus Friedrich des Großen. Rede vor den Mitgliedern der Zellen der NS-Hago in der Gaststätte "Zur Post" in Naumburg, 1933

Oberstaatsanwalt beim Landgerichte Halle. Betrifft Strafverfahren wegen angeblicher Mißhandlung bei der Stapo Halle an den Herrn Reichsminister der Justiz, Halle, den 16. Juni 1936. In: Blattsammlung der Staatsanwaltschaft beim Landgerichte in Halle an der Saale, Vorverfahren in der Strafsache wider A. Nöding wegen Mißhandlung. Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Merseburg, Staatsanwaltschaft Halle Rep. C 141

[Osthilfe 1933] Die Nutznießer der Osthilfe. "Leipziger Volkszeitung. Die Tageszeitung für die Interessen des gesamten Volkes." Leipzig, den 30. Januar 1930. - - Der Osthilfesumpf. "Leipziger Volkszeitung. Die Tageszeitung für die Interessen des gesamten Volkes." Leipzig, den 30. Januar 1930

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[Osthilfeskandal] Hermines Osthilfebettel. "Vorwärts, Berliner Tagblatt. Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands." Berlin, den 26. Januar 1933

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[Prager Manifest] Kampf und Ziel des revolutionären Sozialismus. Die Politik der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. In: "Neuer Vorwärts. Sozialdemokratisches Wochenblatt". Verlag: Karlsbad, Haus "Graphia", Nummer 33. Sonntag, den 28. Januar 1934

Preußische Minister des Inneren. Berlin, den 19. September 1933. Nr. II G 1946/19.9.33. Schnellbrief. Nachprüfung der gemäß § 1 der Notverordnung vom 28. Februar 1933 erlassenen Schutzhaftordnung vom 28. Februar 1933 erlassenen Schutzhaftordnung. Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Merseburg, C 48 Ie, Nr. 1187

Preußische Minister des Inneren, Der. I G 297, Berlin, den 27. Februar 1934, Mit Bezug auf den RdErl. vom 26. Januar 1934 - I B 15/7 (MBliV Seite 127) wird nachstehendes Rundschreiben des RMdI vom 12. Februar 1934 zur Beachtung bekannt gegeben. Der Reichsminister des Inneren. Berlin, den 12. Februar 1934. Betrifft: Evangelische Kirche, unveröffentlicht

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Rassenpolitische Fragen. Die jeden Einzelnen angehen. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 11. Juli 1935

Rauschning, Hermann: Gespräche mit Hitler. Erste Auflage. Europa Verlag, New York, AG Zürich, Druckereigenossenschaft Aarau, 1940, besonders Seite 22-23, und 237-238

Regierungspräsident von Halle-Merseburg (P I/II 360/34), 17. April 1934, Mitteilung an die Landräte und Oberbürgermeister Merseburg (auf Grundlage Funkspruch vom 16. April 1934 aus Berlin

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[Roloff, Karl: Rede zum] Ausklang des Mädchen-Kirschfestes 1933. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 1. Juli 1933

[Roloff] Bürgermeister Karl Roloff, Brief an das Amtsgericht Naumburg vom 30. November 1933. Stadtarchiv Naumburg, Sonderakten der Polizeiverwaltung Naumburg a. S. Betr. Eingetragene Vereine. Angefangen 1921, Ende 1945, Archivsignatur 6888

[Roloff] Bürgermeister Karl Roloff, Brief an das Amtsgericht Naumburg vom 30. November 1933. Stadtarchiv Naumburg, Sonderakten der Polizeiverwaltung Naumburg a. S. Betr. Eingetragene Vereine. Angefangen 1921, Ende 1945, Archivsignatur 6888

Rosenberg, Alfred: Der Mythos des 20. Jahrhunderts. Eine Wertung der seelisch-geistigen Gestaltskämpfe unserer Zeit. Hoheneichen Verlag, München 1934

Die Rote Fahne. Zentralorgan der Kommunistischen Partei Österreichs (Sektion Kommunistische Internationale). Wien, den 2. Februar 1933, Seite 1

[RP] Der Regierungspräsident an die Kreisleitung der NSDAP in Naumburg und die Staatspolizeistelle in Halle / Saale. Eilbrief. Merseburg, den 20. März 1934 (J.20.3.), unveröffentlicht (Beginnt mit dem Satz: "Der Herr Ministerpräsident hat mich beauftragt zu prüfen, …")

[Rückbenennung der Straßen und Plätze 1991] Kontroverse Diskussion: Militär oder Frieden. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 26./27. Januar 1991

Safransky, Rüdiger: Romantik. Eine deutsche Affäre. Carl Hanser Verlag, München 2007

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[Schiele] Mitteldeutsche Zeitung, Nr. 153, Halle, den 1. Juli 1928

[Schutzhafthäftlinge] Die Angaben zur Zahl der Schutzhafthäftlinge per 11. April 1933 im Regierungsbezirk Merseburg wurden der Dauerausstellung der Gedenkstätte "Roter Ochse" Halle (Saale) zur Justiz der nationalsozialistischen Diktatur (Stiftung Gedenkstätten Sachsen Anhalt) entnommen. Halle an der Saale 2011

Schutzmassnahmen gegen Anhänger der Linken. "Naumburger Tageblatt, Naumburg, den 3. April 1933

Sie verwechseln die Begriffe. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg". Zeitz, den 1. Februar 1933

Souchy, Augustin: Nacht über Spanien. Bürgerkrieg und Revolution in Spanien 1936- 39. Trotzdem, 2007

Stärkt und stützt die Arbeiter-Turn-und-Sportbewegung. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg". Zeitz, Dienstag, den 21. April 1931

Smith, Adam: Theorie der ethischen Gefühle. [1751] Herausgegeben von Walter Eckstein. Felix Meiner Verlag, Hamburg 1994

[Stahlhelm] Die Naumburger Kundgebung des Stahlhelms. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 18. April 1931

Staatspolizeistelle für den Regierungsbezirk Merseburg. Halle. Schreiben vom 18. November 1935. In: Blattsammlung der Staatsanwaltschaft beim Landgerichte in Halle an der Saale, Vorverfahren in der Strafsache wider A. Nöding wegen Mißhandlung. Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Merseburg, Staatsanwaltschaft Halle Rep. C 141

[Stapo 1933b] Lagebericht des Regierungspräsidenten Merseburg für Juli 1934. In: Die Lageberichte der Geheimen Staatspolizei zur Provinz Sachsen 1933 bis 1936. Herausgegeben von Hermann-J. Rupieper und Alexander Sperk, Band 2: Regierungsbezirk Merseburg, mdv, Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 2004, Seite 106 ff.

[Stapo 1933e] Lagebericht der Staatspolizeistelle Halle für Oktober 1934. In: Die Lageberichte der Geheimen Staatspolizei zur Provinz Sachsen 1933 bis 1936. Herausgegeben von Hermann-J. Rupieper und Alexander Sperk, Band 2: Regierungsbezirk Merseburg, mdv, Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 2004, Seite 199 ff.

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"Unwiderruflich die "letzte Wahl". Der Stahlhelm kündigt den Staatsstreich an". "Leipziger Volkszeitung. Die Tageszeitung für die Interessen des werktätigen Volkes." Leipzig, den 4. Februar 1933

Thälmann, Ernst: Aus dem Referat auf der Tagung des ZK der KPD im Sporthaus Ziegenhals (7. Februar 1933). In: Ernst Thälmann: Ausgewählte Reden und Schriften, Band 2, Frankfurt/Main 1977, Seite 345ff.

Thullen, Alfred: Der Burgkeller zu Jena und die Burschenschaft auf dem Burgkeller von 1933-1945, Jena 1998, Seite 320. In: Kaupp, Peter: Burschenschaft und Antisemitismus. Dieburg 2004, Seite 3

[Thum] Vernehmung von Selma Thum, geborene Matthes, Naumburg, Jacobsring 5. Der Leiter der Staatspolizeistelle für den Regierungsbezirk Merseburg, Naumburg, den 30.10.1935. In: Blattsammlung der Staatsanwaltschaft beim Landgerichte in Halle an der Saale, Vorverfahren in der Strafsache wider A. Nöding wegen Misshandlung. Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Merseburg, Staatsanwaltschaft Halle Rep. C 141

Tranz, Gerhard: Gutes Geschäft mit eigener Währung. "Burgenlandjournal, Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 27. März 2004, Seite V 13

Tucholsky, Kurt [= Igrnaz Wrobel]: Die Erdolchten. In: Die Weltbühne, XVIII. Jahrgang, Nummer 13, 30. März 1922, Seite 309 bis 316

Uebelhoer, Friedrich: Rechenschaftsbericht zum WHW. Mehr als eine Wahl. Gilt das WHW-Ergebnis, Mitteldeutsche National-Zeitung, Halle, den 29. April 1935

Uebelhoer, Friedrich: Rede zur feierlichen Entlassung der Abiturienten des Jahrgangs 1937. In: 75 Jahre Walter Flex-Schule, Städtische Oberschule für Jungen in Naumburg an der Saale, 1863 bis 1938. Verfasser der Festschrift: Oberstudiendirektor Doktor Lemcke. Verlag Hirschfelder, Naumburg 1938, Seite 49 bis 50

[Uebelhoer, Friedrich: Rede zur Eröffnung des Wahlkampfs am 24. März 1938 im Ratskellersaal von Naumburg.] In: Der Kreisleiter eröffnete den Wahlkampf. Mitteldeutsche National-Zeitung, Halle, den 25. März 1938

Uebelhoer, Friedrich, Oberbürgermeister und NSDAP-Kreisleiter. [Rede auf dem Jägertag am 20. August 1938 in Naumburg a.S.]. In: Der Jäger Ehrentag. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 22. August 1938

Uebelhoer, Friedrich: Rede, 28. September 1938. In: "…. und sie kommen heim ins Reich. "Naumburger Tageblatt", Naumburg den 29. September 1938

Uebelhoer, Friedrich: Rede aus Anlass der "Eingliederung" des Sudetenlandes in das Deutsche Reich am 10. Oktober 1938 (freie Mitschrift). In: Naumburg dankte dem Führer. "Naumburger Tageblatt", den 11. Oktober 1938

Uebelhoer, Friedrich: Größere Aufgaben der nächsten Zeit. 28. Oktober 1939. Stadtarchiv Naumburg, Magistrat Naumburg, Größere Aufgaben der Stadt Naumburg im Bereich der Kultur. Stadtarchiv Naumburg, Archivsignatur 10798

Uebelhoer, Friedrich: Um Grossdeutschlands Lebensrecht. Front und Heimat stehen geschlossen im Abwehrkampf gegen Hass und Habgier. Naumburger Felddienstpost, 1. Folge, Weihnachten 1939, Seite 3 bis 4

"…. und sie kommen heim ins Reich". "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 29. September 1938

Unvergänglicher Ruhm deutschen Soldatentum. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 13. März 1939

Unter Mackensens Führung! "Naumburger Tageblatt", Naumburg, Sonnabend, den 11. und Sonntag, den 12. Februar 1933

Verhindert den Bürgerkrieg. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg". Zeitz, den 5. November 1932

Volkswirtschaftlicher Irrsinn. [Untertitel: Demagogische Anträge zum schweren Schaden des deutschen Kredits.] "Volksstimme. Tageszeitung der Sozialdemokratischen Partei im Regierungsbezirk Magdeburg", Magdeburg, 24. Dezember 1930

von Armin, Hans Herbert: Vom schönen Schein der Demokratie. Politik ohne Verantwortung - am Volk vorbei. Büchergilde Gutenberg, Frankfurt am Main und Wien, 2000

Was die Polizei dazu meldet. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ der Kreise Zeitz, Weissenfels, Naumburg." Zeitz, den 7. Februar 1933

Wahl für Neu-Deutschland. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 6. März 1933

[Wahlkundgebung] Der Kreisleiter eröffnet den Wahlkampf. Kundgebung im Ratskellersaal - der Kreisleiter auf dem Wege nach Österreich. "Mitteldeutsche National-Zeitung", Halle, den 25. März 1938

Wahlmanöver im Naumburger Stadtparlament. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg", Zeitz, den 27. September 1932 (Beilage zum Volksboten)

Waldenfels, Oberst Freiherr von: Ansprache. In: Standort Naumburg feiert des Führers Geburtstag. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 21. April 1936

Wallbaum, Eugen: Analyse der Stadt Naumburg. Naumburg, ohne Jahresangabe, unveröffentlicht, um 1950

[Walter Flex-Schule] 75 Jahre Walter Flex-Schule. Städtische Oberschule für Jungen in Naumburg an der Saale. 1863 bis 1938. Verfasser der Festschrift: Oberstudiendirektor Doktor Heinrich Lemcke. Verlag Hirschfelder, Naumburg 1938

Wahrer Nationalsozialismus. "Naumburger Tagblatt", Naumburg, den 14. März 1934

Weber, Max: Die drei reinen Typen der legitimen Herrschaft. Eine soziologische Studie (aus dem Nachlass, 1922). In: Max Weber: Rationalisierung und entzauberte Welt. Schriften zur Geschichte und Soziologie, Reclam-Verlag, Leipzig 1989, Seite 224-238

Weber, R.G.S.: Die deutschen Corps im Dritten Reich. SH-Verlag, Köln 1998. Besonders das Kapitel: Der Kösener Congress vom Mai 1933, Seite 132 bis 138

Weitere Fahnenhissungen in Naumburg. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 10. März 1933

Wels, Otto: Rede. Reichstag 23. März 1933. Protokoll der 2. Sitzung des Reichstages am 23. März 1933. Siehe: Rede von Otto Wels zum "Ermächtigungsgesetz" auf der Sitzung des Reichstags vom 23. März 1933. In: Manfred Stolpe: Otto Wels und die Verteidigung der Demokratie. Vortrag im Rahmen der Reihe "Profile des Parlaments" der Evangelischen Akademie zu Berlin am 14. Februar 2002, Friedrich-Ebert-Stiftung, Gesprächskreis Geschichte Heft 45, Herausgegeben von Dieter Dowe Historisches Forschungszentrum der Friedrich-Ebert-Stiftung. Oder: Rede des SPD-Vorsitzenden und Abgeordneten Otto Wels. In: Otto Wels Mut und Verpflichtung. SPD-Bundestagsfraktion. März 2008, Seite 24 bis 30

Wesel, Uwe: Geschichte des Rechts. Von den Frühformen bis zum Vertrag von Maastricht. Verlag C.H. Beck, München 1997, Seite 476

Wiesner, Major: Festrede des Traditionsverbandsführers. In: Barbara (e.V.). Offizierskameradschaft des ehemaligen 2. Thür. Feldar.- Rgts., Nachrichtenblatt, Nr. 55, Naumburg (Saale) 1939, Seite 4

Winkler, Heinrich Winkler: Extremismus der Mitte? In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte. München, Jahrgang 20 (1972), Heft 2, Seite 175 ff.

Wir helfen! Das Winterhilfswerk des deutschen Volkes. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 30. Oktober 1933

[Wittenbächer] siehe auch Hennebold

Wyneken, Gustav: Der weltgeschichtliche Sinn der Jugendbewegung. Nachdruck aus: Die freie Schulgemeinde, Heft 1, Januar 1916. In: Grundschriften der deutschen Jugendbewegung. Herausgegeben von Werner Kindt. Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf-Köln 1963, Seite 148 bis 162

Die Versorgung mit Fleisch und Fetten. In: Wochenbericht des Instituts für Konjunkturforschung. Herausgeber Prof. Dr. Ernst Wagemann. 8. Jahrgang, Nummer 51/51, Berlin, den 23. Dezember 1935, Seite 215 bis 218

Zeitz bleibt rot! 5000 Arbeiter marschieren .... "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg". Zeitz, den 7. Februar 1933

Zeitschel, Paul: Notizen. Naumburg, ohne Datum (wahrscheinlich um 1960) unveröffentlicht

Zeitschel, Felix: Mein politischer Lebenslauf. Naumburg, 27. Mai 1976, unveröffentlicht

"Zeitzer Arbeiter schlagen den Kapp-Putsch nieder". Aus dem Franz-Mehring-Institut von einem Kollektiv der Abteilung Geschichte der Arbeiterbewegung. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Karl-Marx-Universität Leipzig, 9. Jahrgang, 1959/60, Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe, Heft 2, Seite 205 bis 221

[Zimmermann] Jeder nationalsozialistische Volksgenosse eine Propagandazelle. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 5. Juni 1934

Zur Mitarbeit bereit aber ... Reaktionärer Wunschzettel der Hausbesitzer. "Der Abend. Spätausgabe des "Vorwärts"". Berlin, den 15. August 1931

Zusammenstösse und Sonstiges im Dritten Reich. Rubrik: Essen, 31. Jänner. "Salzburger Wacht. Organ für das gesamte werktätige Volk im Lande Salzburg." Salzburg, den 1. Februar 1933

Zweig, Stefan: Opportunismus, der Weltfeind [Berlin Oktober 1918]. In: Die schlaflose Welt. Aufsätze und Vorträge aus den Jahren 1909-1941. Fischer Taschenbuchverlag, Frankfurt am Main 1990, Seite 132 ff.

 

Besonderer Dank gilt dem Stadtarchiv Zeitz, dem Leiter Herrn Lautenschläger und seinen Mitarbeitern, für die konkrete Unterstützung des Projekts.

 

 

Autor
Detlef Belau

Geschrieben:
10. Juni 2010
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