Kunst und Kultur
in Überzeugung zum Führer
Jazz-Affäre
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Das Domgymnasium
stellt an seine Schüler hohe Anforderungen. Während einige nach
dem Unterricht Latein und Griechisch büffeln, verausgaben sich andere
im Naumburger-Gymnasial-Ruderverein (NGRV). Und ziehen dann und wann am
späten Abend durch die Park-, Lepsius- sowie Jenaer Straße
und löschen die Gaslaternen, was die Stadtwerke nicht so lustig finden.
Zu Weihnachten geben sich dann gewöhnlich alle besonders brav und
führen ein Rührstück aus der deutschen Erbauungsliteratur
auf, wo sich nach dem letzten Akt keine Hand zum Beifall regt. Wem
kommt jetzt, zumal es streng verboten ist, nur der Gedanke, dass Domschüler
heimlich und für Geld zum Jazz aufspielen könnten? Doch das
Unglaubliche geschieht. Studiendirektor Bruno
Kaiser erfährt Ende 1926 davon. Nun droht ein Skandal. In einem
Brief aus Querfurt muss der Professor lesen: Einige Schüler spielen
für billiges Geld in Mücheln zum Tanz auf. Dann petzt noch jemand
am 3. Dezember 1926 dem Schuldirektor: Domschüler nahmen beim
E.G.T. (Ehemalige Gymnasiasten Tanzstunde) ein Engagement für den
11. Dezember in der Loge (Neustraße
15) an. "Wohlbemerkt als Jazz Musiker"! Der Schreiber empfindet
es als seine Pflicht anonym mitzuteilen:
"Ich glaube
wohl, dass sich etwas derartiges kein Schüler einer höheren
Lehranstalt leisten darf, als Musiker öffentlich aufzutreten."
Und dann:
"
event. bin ich auch bereit meinen Namen öffentlich dafür preiszugeben."
Was
heißt hier dafür? Für die Aufrechterhaltung
von Moral und Sitte?
Es sind die Eiferer des Naumburger Tugendwächter-Garderegiments,
manche durch SA-Uniform ermächtigt, andere weil sie einfach
Ordnungsliebend sind, die nach 1933 so richtig loslegen. Dann wird endlich
aufgeräumt mit den Weltverschwörern, Logenmitgliedern, Sozis,
Zeugen der Jehovas, Bolschewisten, Juden, Asozialen und natürlich
Jazzmusikern, mit allem Entarteten - damit wieder Ordnung herrscht im
Städtchen. Jetzt üben wir erst mit dem noch harmlos klingenden
Statement:
Jedenfalls
möchte ich meine Söhne
nicht mit Musikanten auf einer Schulbank sitzen sehen.
Pflichtgemäß
setzt Bruno Kaiser die Jazz-Interpreten aus seinem Haus unter Druck,
die daraufhin vom Engagement bei der Loge zurücktreten. Worauf
sich am 7. Dezember der E.G.T.-Vorsitzende wiederum an Professor Kaiser
wendet, weil er durch die Absage der Musiker in größte Schwierigkeiten
kommt. Die Schüler mögen doch künftig, bittet er, keine
Verpflichtungen übernehmen, die sie nicht erfüllen können.
So bekommen die Jazz-Enthusiasten den Schwarzen Peter zugeschoben.
Hinter allem
stecken die Gebrüder Karlewski. Am 20. Dezember befasst sich
die Lehrerkonferenz der Domschule mit ihnen. Nicht das letzte Mal.
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Cafè
Furcht, Markt 3 (1916)*
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Blick
zum Markt 3 (2006)
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*
Siehe hierzu den interessanten Aufsatz zur Kaffeehaus-Kultur in
Naumburg von Siegfried Wagner und Ursula Dittrich-Wagner: Aus der
Frühzeit der Naumburger Kaffeehäuser. In: Saale-Unstrut-Jahrbuch,
(4) 1999, Seite 112 ff.
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Unglaublich,
aber wahr: bereits im Cafe
Furcht, der Klatsch- und Tratsch-Zentrale der Stadt, spricht
man beim Kaffee-Kränzchen über die Jazzband des Domgymnasiums.
Davon erfährt Studienrat Hermann Reichardt (Jahrgang 1882)
anlässlich eines Vortrages im Kriegerverein Pretzsch im Januar 1927.
Natürlich war Mücheln nicht die einzige Station, wer wollte
das je annehmen? Zum Erntedank Anfang Oktober spielten die Jazz-Musikanten
in Altenburg (bei Naumburg) - und wahrscheinlich noch an vielen anderen
Orten, die wir leider nicht kennen. Jedenfalls muss der Magister für
Theologie, seit 1913 an der Domschule angestellt, diese so fürchterliche
Nachricht gleich am 7. Januar 1927 Bruno Kaiser überbringen.
Dabei fördert der Studienrat etwas Unglaubliches ans Tageslicht:
die Schüler verschleiern alles und geben nur zu, was die Lehrer
ohnehin schon wissen! Noch schlimmer: die Eltern helfen ihnen dabei.
Eine Pandemie also. Ihre Bekämpfung übernehmen, damit die
Kinder nicht versumpfen, die Deutschnationalen und Nationalsozialisten.
Der
Haushalts-Voranschlag des Magistrats für das Jahr 1928 sieht vor,
auf alle Veranstaltungen mit Jazz-Musik eine Steuer von 50 Prozent
zu erheben. Diese Bestimmung, so teilt die Stadtadministration dem Bürger
ausdrücklich mit, soll nicht allein aus fiskalischen, sondern aus
volkserzieherischen
Gründen
getroffen werden.
Also ein vorgezogener kulturpolitischer Modellversuch, den die
Nationalsozialisten dann verallgemeinern.
Hoppla, was passiert
denn nun? Weil das Saxophon nicht unbedingt als Jazz-Instrument angesehen
werden kann, kommt es am 18. Juni 1929 wieder zur Aufhebung dieser
Bestimmung.
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Stadtarchiv
Naumburg (Dokument fotografisch bearbeitet, Inhalt
unverändert.)
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Wie unschwer erkennbar,
besaß die Jazz-Affäre objektiv ein subversives Moment gegenüber
der isolationistischen und nationalistischen Kulturpolitik. Ob es politisch
subjektiv von den Jazz-Enthusiasten so wahrgenommen wurde, wissen wir
leider nicht. In der Person von Professor Kaiser spiegelt sich die Jazz-Affäre
eher als ein Generationskonflikt. 1930 geht der Schuldirektor gegen
den Nationalsozialistischen
Schülerbund vor.

Kriegervereine nach
oben
Zu
den Kriegervereinen:
Die erste Interessenvertretung der Soldaten entstand in Naumburg
(Saale) am 19. Januar 1867 nach dem Deutsch-Österreichischen
Krieg, als sich der König-Wilhelm-Kriegerverein gründet.
Dem Aufruf zur
Gründung des Deutschen Kriegerbundes (DKB) in Weißenfels
vom März 1873 folgen einige Naumburger. Der DKB wird zentralistisch
geführt und steht unter dem Einfluss der preußischen Regierung.
Praktisch besteht er aus dem Landesverband Preußen. Die süddeutschen
Verbände sind hier aufgrund von Vorbehalten gegenüber deren
politische Ausrichtung nicht vertreten. Sie formieren sich 1875 unter
Einbeziehung eines kleinen Teils des DKB zur Allgemeinen deutschen
Krieger-Kameradschaft (ADKK).
1881entstand der
Deutsche Kriegerverband (DKV).
Ab 1898 benennt
sich der DKB in Preußischer Landeskriegerverband (PLKV)
um. Ihm treten 1873 der Ältere Kriegerverein Naumburg, der
König-Wilhelm-Kriegerverein von 1867 und der Norddeutsche
Kriegerverein bei. Sie organisieren sich im Unterverband Bezirk
16. 1876 kam es auf Beschluss der Bundesleitung zur Teilung dieses
Bezirkes. Infolgedessen gelangen folgende Ortschaften dazu: Bad Kösen,
Deumen, Flemmingen, Granschütz, Hohenmölsen, Kayna, Keuschberg,
Kötzschau, Lissen, Merseburg, Naumburg, Nebra, Neukirchen, Osterfeld,
Schkölen, Selau, Spora, Theissen, Weißenfels und Zeitz. Alljährlich
finden Bezirksfeste und -versammlungen statt. 1880 umfasst der Bezirk
16 sechundreissig Vereine mit 2 252 Mitgliedern. Ihre
vaterländische Gesinnung und Kaisertreue wandte sich tendenziell
gegen die erstarkende Arbeiterbewegung (SPD).
Auf der Bezirksversammlung
in Lützen am 3. August 1883 schließen sich die Vereine des
DKB im Bezirk 16 zum Saale-Unstrut-Bezirk zusammen,
der sich dann am 28. August 1892 zum Saale-Unstrut-Elster-Bezirk
erweitert. 1892
ghören ihm 148 Vereine mit 7494 Mitgliedern an. Sechs Jahre
später sind es bereits 223 Vereine mit 12 205 Mitgliedern.
- 1894 untergliedert
er sich in Gruppen. Zur Gruppe Naumburg gehören Bad Kösen,
Merseburg, Weißenfels-Stadt Osterfeld, Teuchern, Eckartsberga,
Wiehe, Freyburg (Unstrut) und andere Ortschaften. 1898
zählt sie zehn
Vereine mit 591 Mitgliedern.
1884
schliessen sich die Krieger-Verbände und -Vereine zum Deutschen-Reichskrieger-Verband
(DRKV) zusammen, der sich nach der Einweihung des Kyffhäuser Denkmals
am 18. Juni 1896 auflöst. Im Mai 1900 bennent sich der ehemalige
Ständige Ausschuss der Deutschen Landes-Krieger-Verbände
für die Verwaltung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals auf dem Kyffhäuser
um in: Kyffhäuser-Bund der Deutschen Landes-Krieger-Verbände
(kurz. Kyffhäuser Bund). Er bildet damit faktisch die Zentralvereinigung
des deutschen Kriegervereinswesens. Mitglieder des Bundes sind die Landes-Krieger-Verbände.
In Naumburg (Saale)
gründen sich:
am 14. Januar
1905 der Marineverein Großadmiral von Köster,
am 18. Oktober 1909 der Verein ehemaliger 96er,
am 12. Dezember 1909 der Verein ehemaliger 94er,
am 21. Januar 1909 der Verein ehemaliger 4. Jäger,
am 1. Dezember 1910 der Verein ehemaliger Sachsen und
am 10. Februar 1911 der Kriegerverein ehemaliger Infanteristen
Generalfeldmarschall von Hindenburg.
Am 1. Januar 1922
gibt sich der Kyffhäuserbund eine neue Satzung und nennt
sich jetzt Deutscher Reichs-Krieger-Bund Kyffhäuser. Sein
erster Präsident ist Generaloberst Josias von Heeringen (1850-1926).
Politisch unterstützt der Verein seinen Ehrenpräsident Generalfeldmarschall
von Hindenburg. In
der Weimarer Republik tragen die Kriegervereine maßgeblich zur
Verklärung des Frontsoldatentums bei. Wilhelm Reinhard (1936 SS-Gruppenführer),
bekannt durch die blutige Niederschlagung des Spartakistenaufstandes
in den Berliner Märzkämpfen, übernahm 1934 den Vorsitz.
1955 erhielt Erich Raeder (1876-1960) von dem in der Bundesrepublik
Deutschland weiter existierenden Kyffhäuserbund die Ehrenmitgliedschaft.
Der Großadmiral war in den Nürnberger Prozessen wegen Kriegsverbrechen
rechtskräftig verurteilt worden.
Am 18. Mai 1935
entsteht aus dem Saale-Unstrut-Elster-Bezirk der Saale-Unstrut-Bezirk.
Zur Naumburger Gruppe zählen 19 (1898: 10) Vereine mit
1174 (1898: 591) Mitgliedern. In der Stadt führt den Verband
lange Zeit Rechtsanwalt Dr. Schnell. Dem Kreisverband mit 93 Vereinen
und 5 143 Mitgliedern steht Studienrat Dr. Wilhelm Johannpeter
vor.
1937 nennt sich
der Kyffhäuserbund in NS-Reichskriegerbund e.V. um.
Ihm sind der Gaukriegerverband Elbe und der Kreiskriegerverband
Saale / Unstrut untergeordnet. Darunter besteht der Unterverband
Naumburg des Reichskriegerbundes (Kyffhäuser) e.V. weiter.
(Vgl. Kriegervereinswesen)
Ein Grossteil der
Naumburger sind nach dem Ersten Weltkrieg kriegsmüde. Doch es waren
die Kriegervereine, stellt das Naumburger Tageblatt 1936 in einem
richtungsweisenden Artikel heraus, die Vaterlandsliebe und Kameradschaft
hochhielten. Das ".... war nicht immer leicht - zumal
hier im roten Mitteldeutschland - hinter der schwarzweissroten Fahne
einher zumarschieren. Aber die alten Kämpen ließen sich durch
nichts beirren."
Allmählich
revitalisieren sich einige Kriegervereine, die vor 1918 gegründet
worden waren. Ihre Mitgliederzahl steigt schnell an. Ausserdem gibt
es Neugründungen. Schließlich arbeiten in diesen Organisationen
mehr Bürger mit als vor 1914.
Kriegervereine
in Naumburg (Auswahl)
Offiziersverein
Barbara in Erinnerung an das Ende 1918 aufgelöste 2. Thüringische
Feldartillerie - Regiment Nr. 55 - gegründet am 15. März
1919
Verein ehemaliger
55er Feldartillerie - gegründet am 16. Oktober 1919
Reichvereinigung
ehemaliger Kriegsgefangener, Ortsgruppe - gegründet im
Dezember 1919
Vereinigte
Frontkämpfer 1914/18 - gegründet am 1. Oktober 1931
Vereinigung
ehemaliger Pioniere und Verkehrstruppen - gegründet am
16. April 1925
Verein
ehemaliger 38er - gegründet am 1. April 1922
Vereinigung
der Angehörigen ehemaliger Unteroffizier- und Vorschulen,
Ortsgruppe Naumburg - gegründet am 1. Oktober 1924.
Auf
das politische Denken der Bürger nehmen die Kriegervereine, Vaterländischen
Verbände (Stahlhelm,
Wehrwolf) und Landsmannschaften
der Schlesier, des deutschen Ostens und der Elsaß-Lothringer mindestens
soviel Einfluß wie die Parteien. Sie kolportieren die Dolchstoßlegende,
beklagen den Verrat der Marxisten, ängstigen sich über
die bolschewistischen Gefahr und Kämpfen gegen die nationale
Lumperei. In Verbindung mit Bräuchen, Festen oder Ansprachen,
pflanzt es sich tief in das Alltagsbewusstsein der Bürger fort.
Vaterlandsliebe, Heimat und Kameradschaft treten
ihren Dienst für den nächsten Eroberungskrieg an. Das taten
die Rechtsnationalen so gründlich, daß wir heute noch zögern
die Worte Heimat und Vaterland ungezwungen auszusprechen.
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Blick
in Richtung
Claudiusstraße 7 (2005)
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Der
zur Gruppe des Naumburger Kyffhäuserbundes gehörende Verein
ehemaliger Artilleristen organisiert am 23. Oktober 1933 aus
Anlass der Diamantenen Hochzeit von Oberstleutnant a. D. D. Scheele
einen Fackelzug. Von Alt-Naumburg (Kleine Jakobsgasse) geht es
im Rhythmus der Militärmärsche mit der Stahlhelm-Bundeskapelle
durch die Wenzel-, Bürgergarten- und Karlstraße zur Wohnung
des Jubilars. Hier erstattet der Vorsitzende
des Vereins, Lokomotivführer i. R. [in Ruhe] Günther
Altenburg, Meldung:
56 Mann
des Vereins angetreten.
Er übermittelt
die Glückwünsche an das Vereinsmitglied. Mit ehrenden Worten
überreicht er ein Hindenburg-Bild verbunden mit einer Glückwunschkarte
des Bundespräsidenten des Kyffhäuserbundes General von Horn.
Scheele dankt in
bewegenden Worten und schließt mit einem Hoch auf das Deutsche
Vaterland. Dann überbringt Oberstleutnant a. D. Ribbentrop
(Claudiusstraße 7) als Vertreter des deutschen Offizierbundes
ebenfalls seine Glückwünsche.
Joachim
Ribbentrop, ab 1925 von Ribbentrop, wurde am 30. April 1893 in
Wesel als Sohn des Oberstleutnants Richard Ribbentrop und der
Johanne Sophie Hertwig geboren. Er heiratete am 5. Juli 1920 die
Tochter des Sektfabrikanten Otto Henkell (Henkell & Söhnlein
KG), Anna Elisabeth Henkell (1896-1973). Ihr Vater Karl Ribbentrop
wurde
im Jahr 1884 geadelt. Joachim Ribbentrops Tante, Gertrud von Ribbentrop
(1863-1943) in Naumburg, adoptierte ihn am 15. Mai 1925.
Von 1938 bis 1945 war Joachim von Ribbentrop deutscher Außenminister
und in den Nürnberger Prozessen zum Tode verurteilt und am
16. Oktober 1946 hingerichtet.
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Vor dem Haus des
geehrten Paares hält man inne und überreicht ein Bild des
Siegers von Tannenberg und den Befürworter einer Koalitionsregierung
mit Hitler (9. Januar 1933). Die Abordnungen der Kreisgruppe Naumburg-Stadt
des Stahlhelms gratulieren bereits am Vormittag. Abschliessend intoniert
die Kapelle das Vereinslied und alle stimmen ein: Wir sind ein
frohes, gewaltiges Korps, / geschmückt mit dem schwarzen Kragen,
/ und stünde uns immer der Tod bevor, / so dürfen wir doch
nicht verzagen, / denn der schwarze Kragen bezeichnet den Mut, / er
kleidet den Artilleristen so gut.
Man sah bei den
Kriegervereine ebenso Sozialdemokraten und Kommunisten. Diese Kameradschaftsabende,
die waren doch immer so gemütlich.
Am Sonntag, den
22. April 1928, zieht eine Kapelle mit den beliebten Martins-Hörnern
zusammen mit einem Trupp der Vereinigten Spielmannszüge
des Reichsbanners vor das Gosecker-Kriegerdenkmal. Eugen Wallbaum (SPD)
aus Naumburg hält eine Rede. Sein Manuskript ist nicht überliefert.
Aus den Berichten über dieses Treffen kann man jedoch schließen,
daß die Botschaften andere waren, als sie die vaterländischen
Wehrverbände bei dieser Gelegenheit aussandten. Der rührige
Naumburger SPD-Funktionär stimmte die Bürger auf die bevorstehenden
Reichstagswahlen am 20. Mai ein.
Gebt
uns unsre Kolonien wieder! nach
oben
Die Kriegervereine
huldigen nicht als Einzige der nationaldeutschen Vaterlandsliebe.
Kolonial- und volksdeutsche Gruppen unternehmen ganz ähnliche Anstrengungen.
Sie organisieren in der Stadt eine äusserst fragwürdige Pflege
des Deutschtums und propagieren die Eroberungspolitik. Viele ihre Mitglieder
dienten im letzten Krieg unter Hindenburg an der Ostfront. Andere kämpften
bei den Freikorps
im Baltikum. So setzte sich im kollektiven Bewusstsein fest: Es geht
doch! Adolf
Hitler nimmt diese Erfahrungen auf und führt sie weiter. Im vierten
Kapitel von Mein Kampf (1925) erörtert er Die vier Wege
deutscher Politik, die zum umgrenzten Lebensraum zur Erfüllung
wirtschaftlicher Aufgaben in den Osten führen. Der
deutsche Mensch braucht, wenn er nicht untergehen will, mehr Raum, so
erzählt Hans Grimm (1926) das Leben des Cornelius Friebott im Roman
Mensch ohne Raum. Und ein bisschen Imperialismus muss sein. Im
Kolonialladen um die Ecke, kaufte der Bürger vor dem Krieg gerne
exotische und preiswerte Waren ein.
Im
Ergebnis des Ersten Weltkrieg verliert das Deutsche Reich alle Kolonien.
Viele wollen sich damit nicht abfinden. Die Verhandlungen des Deutschen
Kolonialkongresses vom 17. bis 18. September 1924 in Berlin ergaben:
"Wir Kolonialdeutsche werden daher nicht die Schande auf uns nehmen,
kleinmutig zu verzagen oder kampflos zu verzichten, ehe nicht das letzte
versucht ist, zuruckzuerhalten was uns auf Grund einer Lüge gegen
das Völkerrecht geraubt." (Seite XVI)
Den Interessen der
Kolonialdeutschen nehmen zum Beispiel an: der Frauenbund der
Deutschen Kolonialgesellschaft, Vorsitzende Frau Kapitän zur
See Hartog, Oskar-Wilde-Straße 41, die Kolonial-Mädchengruppe
Hedwig von Wissmann, die Frauengruppe des Deutschen Seevereins
für In- und Ausland oder
der Verein für das Deutschtum im Auslande e.V., Vorsitzender
Studienrat Becker, Lepsiusstraße 23.
Die Deutsche
Kolonialgesellschaft Abteilung Naumburg leiten Generalmajor
Maximillian Rüder (Oskar-Wilde-Strasse 5), Geheimer Studienrat
Fischer, Direktor des Realgymnasiums, Unternehmer H.
Sieling (Schriftführer) und Bankier Dr. Karl
Vogel. Später übernimmt Kapitänleutnant Gutjahr (Große
Salzstraße 33) den Vorsitz.
Der Kolonial-Verein
arbeitet wiederum eng mit den Rechtsparteien und den national ausgerichteten
Wehrverbänden zusammen. Gemeinsam halten sie die Erinnerung an
die deutschen Kolonien wach und geben auf ihre Weise Antwort auf die
Frage
Wo sind unsere
Kolonien?
Die Expansionsidee
präsentiert sich in Naumburg leicht modernisiert in folkloristischer
Form. Wie staunen da die Naumburger als am Sonntag, dem 8. Juni
1930 in der Frühe Massaikrieger vor dem Marientor auftauchen und
sich auf dem Kaiser-Friedrich-Platz (Heinrich-von-Stephan-Platz) versammeln,
wo um 10 Uhr der Fest- und Werbeumzug der Deutschen Kolonialjugend beginnt.
Besonders originell sind die Festwagen des Marinevereins und der Kolonialkrieger
gestaltet. Zeigt jener mit der Inschrift Seefahrt tut not einen
Schiffsaufbau, Luftschiffe und Flugzeuge, so sieht man auf dem anderen
eine Eingeborenen-Schule mit der Aufschrift
Gebt uns
unsre Kolonien wieder!
Eine Bildszene ist
besonders einprägsam gestaltet. Die kleinen schwarzen Schüler
sitzen vor der Wandtafel und lesen mit ihrem Lehrer den Satz:
Gebt uns
unsre Deutschen wieder.
In
Naumburg tagt vom 7. Juni bis 9. Juni 1930 die
3. Reichstagung
der Deutschen Kolonialjugend.
Aus allen Richtungen
reisen die Gruppen an. Die Presse (Vgl. Pfingsttagungen) ermuntert sie:
Ihr könnt
nicht laut genug rufen:
`Deutsche Jugend in Not. Heraus mit unseren Kolonien!'
Über 2 000
Gäste kommen nach Naumburg. Die Kolonialpfadfinder campieren auf
dem Knabenberg in Zelten. Bald beschatten die alten Bäume ein reges
Treiben. Vor den weißgrauen Zelten flattern bunte Wimpel. Zwischen
ihnen tummeln sich Junge wettergebräunte Gestalten. Lagerfeuer
lohen und Gulaschkanonen dampfen. (Vgl. Zwei) Im
Städtischen Speisehaus bereitet Fräulein Frida Pichon [oder
Pischon, Topfmarkt 13 ?] mit ihren Helferinnen den 650 in der
Stadt wohnenden Teilnehmern das Mittagessen. Am
Abend des ersten Tages treffen sich alle auf dem Markt zum Fackelumzug.
Bürgermeister Karl Roloff begrüßt sie mit einer Ansprache,
deren Quintessenz lautet:
"Es gilt
den Gedanken an unsere Kolonien im ganzen Volke lebendig zu erhalten
und die Welt davon zu überzeugen, daß Deutschland ohne
Kolonien nicht leben kann."
Dies kommt den Nationalsozialisten
entgegen. So verlangte Hitler 1937 mehrfach in öffentlichen Reden
die Rückgabe der deutschen Kolonien. Seine Kolonialpropaganda auf
dem Bückeberg erregte internationales Aufsehen. (Vgl. Weinberg
391)
Nach dem Bürgermeister
wendet sich Professor Doktor Moritz, Vorsitzender der Reichsarbeitsgemeinschaft
Kolonialjugend, an die verschiedenen Gruppen der Kolonialjugend und
gibt seine Freude darüber zum Ausdruck, dass es gelungen sei, die
Verzettelung und Zersplitterung der Bewegung zu überwinden. Dann
erinnert er an die "kurze, aber stolze koloniale Vergangenheit".
Sonntagfrüh
geht die Kolonialjugend zu den Gottesdiensten. Ein Teil von ihnen pilgert
um 7.30 Uhr in die Katholische Pfarrkirche. Gegen 8 Uhr versammeln
sich 500 evangelische Jugendliche in ihren Trachten im Dom. Superintendent
Wilhelm Moehring (Naumburg) thematisiert in der Predigt die Umwanderung
der Deutschen und Notwendigkeit von Kolonien für Deutschland.
Ernst Adolph Merensky,
geboren am 29. Mai 1877 in Botsabela Südafrika, gestorben
am 11. März 1946 in Naumburg an der Saale
|
Etwa
zur gleichen Zeit hält Domprediger Ernst Adolph Merensky auf dem
Knabenberg den Feldgottesdienst ab. Dann beginnt der Festumzug. Er endet
mit einer Rede an die Umzugsteilnehmer und Bürger der Stadt von
General Rochus Schmidt (1860-1938), ein alter Kolonialkrieger. "Freilich,
wo Holz gehackt wird, da fallen Späne, und auch nach - ich betone
nach Erwerbung der Kolonialbesitzungen mussten Späne fliegen",
erklärt der ehemalige Mitkämpfer von Hermann von Wissmann
(1853-1905), der durch die erste West-Ost-Durchquerung von Afrika 1881/82
bekannt wurde. Afrikaner die sich ihm 1883/85 bei einem Vorstoß
in die Kasai-Region (Demokratische Republik Kongo) in den Weg stellten,
erschoss er eigenhändig. 1889,
im Feldzug in das Hinterland von Bagamoyo (Ostafrika), belegten die
militärtechnisch weit überlegenen Deutschen die einheimischen
Aufständischen mit Artilleriefeuer. Eroberte Ortschaften liessen
sie plündern. Das waren sie also die Helden, die Vorbilder der
Deutschen Kolonialjugend, die nun in Naumburg tausendfach geklont werden
sollen.
Deutsches
Empfinden nach oben
Beim Umbau der Reichskrone
gibt es Streit um das architektonische Konzept. Dabei
tritt das rassistische, antisemitische und vom Hass auf die Systemzeit
geprägte
Kulturideal der Stadt-NSDAP zu Tage. Es begann im August 1923, als der
Filmverlag W. Feindt aus Berlin für 15 Jahre das Haus
pachtete und die Kosten für den dringend notwendigen Umbau übernahm.
Geplant ist ein modernes Kino, das im Wechsel für Schauspiel-,
Operetten- und Opernvorstellungen sowie Variteedarbietungen und Konzertveranstaltungen
genutzt werden kann. Stadtbaurat Friedrich Hoßfeld erstellt den
Entwurf für den Umbau. Unter dem Titel Umbau der Reichskrone
in Naumburg 1926
erscheint er im Heft 26 der Bauwelt. Am
5. Januar 1925 wird der grosse Saal eingeweiht. "Mit verhältnismässig
geringen Mitteln", hebt der Stadtbaurat 1926 hervor, "wurde
aus einem recht veralteten architektonisch minderwertigen Gebäude
der achtziger Jahre ein moderner Theaterraum in eigenartigen, dem
Drathputzmateriale angepassten Formen gestaltet, der mit seinen grosszügigen
flüssigen Linien und seiner schönen Farbenstimmung einen äusserst
feierlichen und festtäglichen Eindruck macht." Doch so manchen
stört der expressionistisch-spirituelle Formenapperat (Bossack
116), der von Rudolf Steiners Architektur der Seele inspiriert.
Der Unwille
darüber zieht sich bis in das Programm der Stadt-NSDAP zur Provinzial-
und Stadtverordnetenwahl am 17. November 1929. Es verspricht dem
Wähler, der Verschandelung des Stadtbildes mit undeutschen, anthroposophischen
und marxistischen Figuren und Malereien ein Ende zu setzen.
"Einmal
aber musste der Tag kommen," triumphiert am 10. August 1939
NSDAP-Kreisleiter Friedrich Uebelhoer zur feierlichen Wiedereröffnung
des Theaters in der Reichskrone, "an dem auch der Schandfleck Reichskronensaal
getilgt war. Diesen Tag können wir heute mit tiefer Freude erleben."
Er blickt zurück:
Im
Jahre 1924 und den Jahren vorher trieb die anthroposophische Gesellschaft
auch in Naumburg ihr Unwesen. Der kleine Kreis ihrer Anhänger
versuchte damals, hier in die breitere Öffentlichkeit zu dringen.
Zu ihm gehörte auch die Frau des damaligen Stadtbaurates Hossfeld.
Sie war es wohl auch, die ihrem Mann bestimmte, einen anthroposophischen
Künstler für die Umgestaltung des Reichskronensaals zu berufen.
Eine andere Erklärung konnten wir nicht finden, denn Herr Hossfeld
hatte bis dahin ganz vernünftig gebaut. Herrn Hossfeld gelang,
den damaligen Magistrat und die ehemalige Stadtverordnetenversammlung
von der Schönheit der anthroposophischen Bauweise zu überzeugen.
Nicht aber konnte er uns, die bösen Nationalsozialisten, gewinnen.
Wie in allen Dingen, so waren wir auch hier der Hecht im Karpfenteich.
Rudolf
Steiner (1861-1925)
baute
1913 unter Beteiligung vieler Künstler in Dornach bei Basel
das Goetheanum, das dann auch sein Hauptwohnsitz wurde. Es zeichnete
sich durch organisch-runde Formen und einen hölzernen Kuppelbau
aus. In ihm veranstaltete die anthroposophische Bewegung Konzerte
und Theateraufführungen. Ein Brand in der Silvesternacht
1922/23 vernichtete den Bau. Hernach entstand ein neuer aus
Beton.
|
Um die breite
Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen, benutzten wir eine
Eurhythmie-Aufführung des Goetheanums, die
Ende Mai 1924 von den Anthroposophen im Ratskeller durchgeführt
wurde und bei der auch die Frau des großen Magiers Rudolf Steiner
mitwirkte, um Protest gegen die verwirrenden internationalen Ideen
und Gedankengänge der Anthroposophen im allgemeinen und gegen
die Verschandelung des Reichskronensaales im Besonderen zu erheben.
Sachbearbeiter für Kunst und Kulturfragen, Pg. Lisker, erhob
in dieser Aufführung lebhaften Protest. Die Folge war, daß
der am Flügel sitzende Russe sinnlos auf die Tasten schlug, um
Liskers Worte unverständlich zu machen. Als das nicht genügte,
griff man Lisker mit Brachialgewalt an. Der Kampf endete zwar in den
Kulissen, unser Zweck aber, die Öffentlichkeit aufmerksam zu
machen, war erreicht, ich schrieb dann in der Presse am 3. Juni 1924:
Es ist schlimm
genug, daß es Leute in Deutschland gibt, die an solcher Kunst
Gefallen finden
. Treten diese Kreise aber mit ihren Darbietungen
in die Öffentlichkeit, so müssen sie sich schon gefallen
lassen, daß deutsch Empfindende schärfste Kritik daran
üben. Gott sei Dank kann ich feststellen, daß der weitaus
größere Teil der geistig interessierten Kreise Naumburgs
so gesund empfindet, daß er gegen den Einzug des ganz und
gar undeutschen anthroposophischen Geistes entschiedene Stellung
nimmt. Mit besonderem Nachdruck legte dieser Teil der Bürgerschaft
dagegen Verwahrung ein, daß der große Saal der Reichskrone,
wie es sicherem Vernehmen nach geplant ist, in anthroposophischem
Geist ausgebaut wird. Er fühlte sich umso mehr dazu berechtigt,
als die Bausumme vorschussweise von der Stadt Naumburg bezahlt werden
muß und sicherlich durch Steuern der Bürgerschaft aufgebracht
werden wird. Die Bürgerschaft kann es sich unter keinen
Umständen gefallen lassen, dass der größte Saal
der Stadt, der auf Jahrzehnte die Stätte ihrer Kunstpflege
sein wird, ausgerechnet nach anthroposophischen Geschmack ausgebaut
werden soll.
Die Anthroposophen
rührten sich nicht. Daraufhin schrieb Stadtrat Pg. Lisker am
13. Juni 1924:
.... Ich
habe Herrn Baurat Hossfeld (bis auf einige Ausnahmen) bisher in
seiner Tätigkeit als Architekt unterstützen können
und konnte das auch mit gutem Gewissen; auf dem Weg aber, der mit
der Umgestaltung des großen Reichskronensaals in anthroposophischen
Sinne beschritten wird, werde ich auf keinen Fall folgen, ich werde
darin ein unerbittlicher und zäher Gegner bleiben, solange
ich nicht durch die Qualität anthroposophischer Gestaltungskraft
eines besseren belehrt worden bin.
Leider
konnten wir uns damals nicht durchsetzen und so wurde dann der Saal
im anthroposophischen Geist ausgebaut.
. Offen gestanden waren
wir auch darüber gar nicht böse; denn ein besseres Anschauungsmaterial
für die Verfallszeit konnte es ja nicht geben.
. dann kam
uns erst recht und mit Schaudern zum Bewußtsein, wie Juden und
Judengenossen auch gerade auf künstlerischem Gebiet in der Systemzeit
gehaust haben, wie sie mit ihrer krankhaften Fantasie und mit dem
Willen zur Zersetzung des deutschen Volkes eine so genannte Kunstform
nach der anderen als modern bezeichneten und dem deutschen Volke aufzudrängen
versuchten.
Heute ist dieser
Spuk Gott sei Dank ausgetrieben. Das deutsche Volk ist sich seiner
rassischen Werte bewußt geworden, und auf allen Gebieten, auch
der Kunst, sind die deutschen Menschen wieder mit heißem Bemühen
am Werk, nach dem Vorbild und dem Willen des Führers Werke zu
schaffen.
Das deutsche
Empfinden orientiert sich an rassischen Werten, wendet sich gegen
die krankhafte Fantasien der Juden und die Zersetzung der deutschen
Kunst durch die Moderne.
KfdK
und NS-Kulturgemeinde nach
oben
Der
Kampfbund für deutsche Kultur (KfdK) entsteht auf
Initiative seines Chefideologen und Vorsitzenden Alfred Rosenberg
(1893-1946) am 4. Januar 1928 mit Sitz in München. Die
Jugend- und Kulturtagung des KfdK in Potsdam zu Pfingsten 1931
(24./25. Mai) stand unter dem Motto "Es ist nicht nötig,
daß ich lebe, wohl aber, daß ich meine Pflicht tue!"
1934 wurde er zusammen mit dem Reichsverband Deutsche Bühne
e. V. in die NS-Kulturgemeinde überführt.
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Kultur
und Alltag erhalten eine völkische und deutsch-nationale Ausrichtung.
Also freie Bahn für Kulturchauvinismus und die Banalisierung des
Volkstümlichen. Darum kümmert sich der Kampfbund für
deutsche Kultur (KfdK), etwas später NS-Kulturgemeinde,
dann seit 1937 Deutsches Volksbildungswerk in der NS-Gemeinschaft
K.d.F.. Der
KfdK-Ortsgruppe Naumburg wird am 20. Januar 1934 von Doktor Jäger
gegründet. Dessen
Nachfolge tritt um 1935 Rektor Hanns Müller (Hans-Schemm-Schule)
an.
Niemand dürfe
glauben, er könne im Kampfbund spintisieren und debattieren,
betont in Angst vor Intellektualität und demokratischem Diskurs
Friedrich Uebelhoer. Zunächst musste sich die nationalsozialistische
Bewegung um die Machtfrage kümmern, stellt der NSDAP-Kreisleiter
von Naumburg fest. Doch jetzt sieht der KfdK die Zeit gekommmen, um
deutsche Kunst zu volkstümlichen Preisen zu schaffen. Ihr
Fundament bleibt die Scheidung zwischen Deutschen und Undeutschen. Dafür
setzte ich mich, hebt der Nationalsozialist hervor, schon als Mitglied
des Bücherausschusses in der Stadtbibliothek Naumburg ein, was,
wie wir zuverlässig wissen, damals schon auf Widerstand stiess.
Im Juni 1934 ordnet
Alfred Rosenberg an, daß der Kampfbund für deutsche Kultur
mit dem ihm angeschlossenen Verbänden und dem Reichsverband Deutsche
Bühnen zur Nationalsozialistischen Kulturgemeinde vereinigt
wird. Körperschaftlich tritt sie in die Organisation Kraft durch
Freude ein. Führer der NS-Kulturgemeinde wird Doktor Walter Stang.
Kein
Funke der politischen Besinnung .... nach
oben
Ein zum Völkischen
und Volkstümlichen neigender Kulturbetrieb verleiht dem System
den Schein von Normalität. Die Naumburger Theaterspielzeit 1933/34
eröffnet die Saison mit Rigoletto, Das Spitzentuch der
Königin, dem Lustspiel Krach um Jolanthe und Die
Puppenfee. Das Deutsche Volkstheater von Erfurt ist am 12. Juni
1936 mit Fidelio von Beethoven, die Kleine Stadt von Lortzing
und Schillers Don Carlos zu Gast. Manchmal gastiert ein Ensemble
in der Sporthalle der Hindenburg-Kaserne, wie am 1. Juli 1940
das Göttinger Stadttheater mit der Operette Der Vetter aus Dingsda
von E. Künnecke. So ist vorgesorgt, daß kein Funke der
politischen Besinnung in die Freizeit fällt.
Reichskrone
(etwa 1935)
Wer jetzt - 1933
- aber auf der Bühne vom Großen Saal in der Reichskrone
gastieren will, sollte Mitglied der Reichskulturkammer sein und darf
nur auftreten, wenn er nach deren Feststellung die erforderliche
Zuverlässigkeit und Eignung besitzt. So bestimmte es Goebbels
in der Durchführungsverordnung zum Gesetz über die Mitgliedschaft
in der Reichskulturkammer vom 1. November 1933. Mit der Verordnung
über Pflichtmitgliedschaft in der Reichskulturkammer vom 5. März
1934, die mit dem Ariernachweis verbunden war, dürfen Juden nicht
mehr auftreten. Darunter die genialen Comedian Harmonists. 1935
trennt sich die Gruppe. Die drei Arier bleiben in Deutschland, die Nichtarier
gehen ins Ausland.
Zur Stadtkultur
rechnen nicht nur Operettenaufführungen oder Kunstausstellungen,
sondern ebenso das sittliche Verhalten der Bürger im Alltag. Unter
den nationalsozialistischen Herrschaftsverhältnissen werden die
Codes der Kommunikation umgeschrieben. Formelle und informelle Beziehungen
zwischen den sozialen Gruppen und ihre Hierarchien ordnen sich neu.
Normen des öffentlichen Lebens und Alltagsverhaltens (zum Beispiel
Heil-Hitler-Gruß) wandeln sich. Kultur bedeutet für
uns in ihrer ganzen begrifflichen Tiefe gar nichts anderes als die Veredlung
des Menschen und des Volkes durch die Ausbildung der Seele und die Schöpfung
von Werken, die der Ausdruck einer veredelten Gesinnung sind,
erklärt der Kreisleiter der NSDAP und Oberbürgermeister der
Stadt in Vorbereitung des Tages der bildenden Kunst am 26. Februar
1938. Das postulierte Ideal der veredelten Gesinnung steht freilich
im krassen Gegensatz zum städtischen Alltag. Das Schicksal von
Otto Paschke
veranschaulicht, wie nationalsozialistische Machtverhältnisse die
moralischen Verhältnisse der Bürger verändern.
Ästhetisierung
des Politischen nach oben
Viele Bürger
sind durch die Aufmärsche und politischen Inszenierungen beeindruckt.
Egal, ob es nun der Erste Mai als
Tag der nationalen Arbeit, Erntedanktag (erster Sonntag nach
Michaelis) oder der Heldengedenktag ist. Letzterer entsteht
gemäß dem Gesetz über die Feiertage vom 27. Februar
1934 aus Umwandlung des 1926 eingeführten Volkstrauertages.
Es bleibt bei Sonntag Reminiscere, fünfter Sonntag vor
Ostern. "Erst
das nationalsozialistische Deutschland erhob den Sonntag Reminiszere
zum jährlichen Heldengedenktag - zum Nationalfeiertag des ganzen
deutschen Volkes", erklärt Oberst Friedrich von Scotti (1889-1969)
in seiner Rede zum Heldengedenktag 1938 auf der Vogelwiese in
Naumburg (Saale). Die hier gehaltenen Ansprachen artikulieren die
üblichen militaristischen und revanchistischen Ambitionen. So mutiert
der Volkstrauertag zu einer unverhohlenen Vorbereitung und Rechtfertigung
des Krieges. Gedacht
wird nicht nur den Toten des Ersten Weltkrieges, sondern ebenso den
Gefallenen der Bewegung. 1939 bindet Hitler den Gedenktag an
den Tag Wiedereinführung der Wehrpflicht (16. März
1935).
In der öffentlichen
Selbstdarstellung aus Anlass von Fest-, Wehr- und Sportveranstaltungen
oder Kundgebungen trägt der Nationalsozialismus Zukunfts- und Selbstbewusstsein
zur Schau. Fackelzüge wecken archaische Gefühle. Kühn
jagen die Flakscheinwerfer gegen den Himmel. Im Schein der Lagerfeuer
träumt die Jugend von einer besseren Zukunft. Der
Bürger konnte, wenn die Indoktrinierung nicht zu weit fortgeschritten
war, den gekünstelten Charakter dieser Rituale durchaus wahrnehmen.
Sie sind Ausdruck der Ästhetisierung des Politischen, deren Faszination
auf der Wahrnehmung des Gleichklangs von Ordnung und Macht beruht. Die
Organisatoren überlassen nichts dem Zufall. Ein Ablauf- und Aufmarschplan,
in dem alles bis ins Detail vorausgedacht und geplant, wird erstellt.
So auch für den Heldengedenktag am Sonntag, dem 13. März
1938. Die Feier beginnt um 9.30 Uhr mit dem Aufmarsch der einzelnen
Verbände nach einem vorgegebenen Stellplan (siehe Skizze).

Nach erfolgter Meldung
an den Standortältesten schreitet dieser die Front ab. Zur Feier
des Tages wird auch die Fahne des 4. Jäger-Bataillons gehisst.
Nach einem Choral des Trompeterkorps des Artillerieregiments 14 hält
Oberst von Scotti die Gedenkrede.
Ludwig
Uhland (1809)
Ich
hatt' einen Kameraden,
Einen bessern findst du nit.
Die Trommel schlug zum Streite,
Er ging an meiner Seite
In gleichem Schritt und Tritt.
Eine Kugel kam geflogen,
Gilt's mir oder gilt es dir?
Ihn hat es weggerissen,
Er liegt mir vor den Füßen,
Als wär's ein Stück von mir.
Will mir die Hand noch reichen,
Derweil ich eben lad.
Kann dir die Hand nicht geben,
Bleib du im ew'gen Leben
Mein guter Kamerad!
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Ihr Ende findet
die Zeremonie mit dem Lied vom alten Kameraden. Ein beliebtes
Lied, das gern gesungen wird. Den Text dichtet 1809 Ludwig Uhland (1787-1862).
Im selben
Jahr begann in Tirol, Spanien und Norddeutschland der Widerstand gegen
Napoleon. Friedrich
Staps (1792-1809) aus Naumburg, Sohn des Pfarrers der St. Othmargemeinde,
begibt sich nach Wien um Napoleon zu töten, für die Freiheit
und Selbstbestimmung der entstehenden deutschen Nation. Die Kameraden
zu Uhlands Zeiten starben für die Freiheit, die Soldaten der Wehrmacht
mit der Blut-und-Boden Ideologie kämpften in einem Angriffs- und
Eroberungskrieg.
Technikeuphorie
als Illusion für eine moderne Gesellschaft nach
oben
Wie staunen
die Anwohner des Spechsart als ab Oktober 1935 zweimal am Tag der Fliegende
Frankfurter auf der Thüringen-Strecke 9.51 Uhr in Richtung
Weißenfels und 20.21 Uhr in Richtung Frankfurt mit mehr als
einhundert Stundenkilometern vorbeirauscht. Bei seiner Jungfernfahrt
am 15. Mai 1933 stellte einen Geschwindigkeitsrekord für die Strecke
Berlin-Hamburg auf, der erst 1997 von einem ICE eingestellt wurde.
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Der
Unglücksort (1935)
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Zum Jahresende drängen
sich die Risiken des technischen Fortschritts mit Wucht ins Stadtgespräch.
Am 24. Dezember 1935, gegen 7 Uhr abends, kollidiert 800 Meter
östlich von der Bahnhofsausfahrt Großheringen der aus Naumburg
kommende Schnellzug D 44 mit dem entgegenkommenden Personenzug
P 825. 31 Personen werden getötet und 27 verletzt.
Die Nazis beschwören den Geist der Volksgemeinschaft. Laut
offizieller
Mitteilung war die Hilfe der Einsatztrupps in Großheringen eine
Stunde der Bewährung des national-sozialistischen Geistes und
der gesamten Volksgemeinschaft.
- (1943 kommt es auf dem Bahnhof Naumburg zu einem schweren Zugunglück.)
Zu gerne präsentieren
sich die Nazi-Größen mit den Accessoires der Modernen. Hermann
Göring zeigt 1937 auf der Düsseldorfer Ausstellung Schaffendes
Volk mit der Cola-Flasche in der Hand. Wo
immer möglich, nutzt die nationalsozialistische Bewegung die Technikeuphorie
zur Faszination der Massen. Besonders bei der Jugend verfehlt dies nicht
seine Wirkung. Zum anderen steigert es den immer schon vorhandenen Hang
zur Deutschtümelei, den Wahn von der deutschen Überlegenheit.
Nur Wenigen sind die inhärenten Atavismen, wie Rassismus, Antisemitismus
oder Volk ohne Raum, politisch bewusst.
Hugo
Wegner, Hermann Eckhardt: Flugzeug-Modellbau. Entwicklung und
praktische Anleitung Abbildungen und Konstruktions-zeichnungen
von Hermann Eckhardt, Selbstverlag, Halle an der Saale 1926
Hugo
Wegner: Flugmodelle, Flugmodell-Werkstoffe, Werkzeuge, Baupläne.
Naumburg an der Saale 1936
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An einem Morgen
im August 1934 segelt Karl Heidecke vom Lauchaer Hang im Westwind bis
nach Eilenburg. Dafür gibt es das Abzeichen Silberne Leistung
C. Sein Segler trägt den Namen vom NSDAP-Kreisleiter Naumburg
Friedrich Uebelhoer. Der Rekordflieger trainiert an der Windlücke
zwischen Schulpforta und Bad Kösen die vierzig Mann zählende
Gruppe der HJ-Fliegerschar.
Mit zunehmender
Begeisterung für das Fliegen, wächst das Interesse am Flugmodellbau.
Für die beliebte Freizeitbeschäftigung vertreibt die Firma
Wegner aus Naumburg (Saale) Anleitungen, Fachschriften, Werkstoffe,
Werkzeuge und Halbzeuge. Ab 1933 fragen nun nicht nur Privatkunden nach,
sondern verstärkt das Reichsluftfahrtministerium, das Nationalsozialistische
Fliegerkorps und die Schulen. Der Umsatz des Unternehmens steigt von
86 906 Reichsmark im Jahr 1934 auf 262 545 Reichsmark 1939. Am Firmensitz
in der Wiesenstraße 11 arbeiten 32 Gefolgschaftsmitglieder.
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Sensationsfilm.
Zeichnung von M. Frischmann
Simplicissimus. 34. Jahrgang, Nummer 2,
8. April 1929, Seite
29
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Als
die große Welt in die kleine Stadt kam nach
oben
Naumburgs Kinos
bieten ihrem Publikum ein beliebtes Amüsement. Jeden Abend bringen
sie die große Welt in die kleine Stadt. Das Fräulein
vom Büro trifft sich mit ihrem Freund zum verheißungsvollen
Kinobesuch. Nach der Vorstellung fragt er höflich, ob er sie nach
Hause geleiten darf. Doch erst entfliehen sie dem Alltag. Im verdunkelten
Saal baut sich ihnen eine eigene Wirklichkeit auf. Sie vergessen ihre
Sorgen und träumen sich in eine bessere Zukunft. Aber was hier
geträumt werden soll, darum entbrennt ein harter politischer Kampf.
Schnell findet die Deuligs-Woche, ab 1922 Deuligs-Wochenschau
genannt, Eingang in die Kinos. Ab 1925 kommt die Ufa-Wochenschau
dazu. Beide rechtsnational orientiert. Alternative Firmen (Emelka-Woche)
können sich im Lichtspiel-Markt nicht halten.
Bald entdeckt man
den Film als Mittel
der Volkserziehung. Voran die nationalen Windbeutel von
der Devoli. Ausserdem
verspricht das Verleihgeschäft mit den Filmkopien und den
Besuchern in tausenden Lichtspieltheatern ein gutes Geschäft.
Im Schützenhaus
finden vor dem Ersten Weltkrieg die ersten Kino-Vorstellungen statt.
Die Lichtspiele, wie die Institution damals noch genannt, zog
viele magische an.
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Ehemaliges
Kino in den Drei Schwanen (2006)
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Mitte der zwanziger
Jahre entstieg der Spielfilm den Kinderschuhen. Das erste moderne Kino
der Stadt, die Schwanen-Lichtspiele in der Jakobsstraße,
wird im Juli 1925 eingeweiht. Freudig und erwartungsvoll stimmt den
Zuschauer den
in Blau und Silber gehaltene Vorführsaal ein, ausgestattet nach
dem Vorbild des Ufa-Palastes der Alberthalle in Leipzig mit attraktivem,
allen Phasen der Vorführung angepasstem elektrischen Saallicht.
Noch vertont "mit großem Orchester zu kleinen Preisen"
Herrn Geipel mit seinen Musikanten im versenkten Raum vor der Bühne
den Film. 1930 endet die Stummfilmära. Der Orchestergraben wird
überflüssig, leistungsfähige Lautsprecher sind nun gefragt.
Natürlich möchte
die Stadtverwaltung am Lichtspielbetrieb mitverdienen. Deshalb
beschließt die Stadtverordnetenversammlung am 27. Juni 1918
die Erhebung einer Lustbarkeitssteuer gegenüber Personen, Vereinen
und Kooperationen, die als Pauschal- oder Eintrittskartensteuer erhoben
werden kann. Für ein Tanzvergnügen sind laut Verordnung 10 bis
30 Mark fällig. Bei Kostüm- und Marktfesten verdoppelt
sich der Betrag. Eine Konzert- oder Theatervorstellung kostet dem Veranstalter
10 bis 60 Mark Lustbarkeitssteuer. Beim Lichtspielbetrieb
kassiert die Stadt 5 Pfennige pro Eintrittskarte bis zum Verkaufspreis
von 0,50 Mark und für jede weitere angefangene Mark noch mal
5 Pfennige. Das ist zu hoch, protestiert der Mitinhaber des Schwanentheaters
Oskar Balzer am 15. Februar 1921 gegen die seitens der Stadt reklamierten
1350 Mark Lustbarkeitsteuer.
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Ankündigung
des ersten Tonfilms in den Schwanen-Lichtspielen im Naumburger
Tageblatt am 21. Februar 1930
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Nicht selten verwehrt
man den Heranwachsenden mit dem Hinweis Für Jugendliche ab 16 Jahre
oder Ab 18 Jahre den Eintritt ins Kino. Jürgen Dorka
erinnert (2006) sich an die kulturhungrigen Menschen in der Nachkriegszeit,
die die "meist überfüllten Vorstellungen" stürmten.
Gegen einen kleinen Obolus schleuste er manchen seiner Mitschüler
in jugendverbotene Filme der Reichskronen-Lichtspiele (Bismarckplatz /
Theaterplatz), wo sein Vater der Chef war.
Das
Gebot des Jugendschutzes spielt auch am Abend des 24. März
1928 in Knörrichs-Garten an der Jakobspromenade - Vogelwiese
(Anfang 1937 abgerissen / umgebaut) eine Rolle. Der Rotfrontkämpferbund
hatte zur Filmabend eingeladen. Um den ordnungsgemäßen Ablauf
zu überwachen, stellt sich bald Polizeihauptwachtmeister Thum von
der Ortspolizeibehörde Naumburg ein. Zunächst läuft der
Propagandafilm Rot Front marschiert. Darauf
folgt der Streifen Iwan der Schreckliche mit dem Zusatz Erst
für Jugendliche über 18 Jahre zugelassen. Kurz vor
Beginn des Films lässt dann Film-Erklärer Adolf Schuster (KPD)
im Saal die Sätze raus:
"Der Wachtmeister
würde sicher viel lieber zu Hause sein als hier. Ich weiss
auch nicht, ob er die Fähigkeit besitzt, ohne weiteres festzustellen,
wer 18 Jahre alt ist. Da müssen wir erst zum Passfälscher
Bächler gehen."
Ein Gejohle und
Lachen bricht im Publikum los. Typisch hieran, wie es dem Filmerklärer
ein Leichtes war, die Stimmung der Zuschauer mit der Kommentierung von
Stadtereignissen aufzuschäumen. Erst der Tonfilm kalkuliert die
Emotionen der Kinobesucher genauer, lenkt sie in berechenbare Bahnen.
- Jedenfalls war der Beamte Bächler durch Schusters Worte vor der
gesamten Zuhörerschaft durch den Kakao gezogen worden, wie Staatsanwalt
Keßler bei der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht am 25. November
1929 feststellt. Das Gericht sieht den Tatbestand der Beleidigung erfüllt
und verurteilt Adolf Schuster aus Almrich (Naumburg) zu einer Geldstrafe
von 300 Reichsmark. Viel Geld in einer Zeit, als der Wochenlohn
eines Arbeiters in den Werkstätten von Friedrich
Muck-Lamberty um die 30 Reichsmark beträgt.
Gleich nach der
Machtübergabe an die Nationalsozialisten ändert sich das Filmprogramm.
Nun flimmern NS-Schinken, wie SA-Mann Brand (1933),
Hitlerjunge Quex (1933) oder Hans Westmar (1933)
über die Leinwand. Sie widmen sich dem unbekannten ermordeten SA-Mann,
den gemeuchelten Naziheroen Herbert Norkus und Horst Wessel. Allerdings
sieht der Bürger im deutschen Spielfilm ansonsten auffällig
wenige uniformierte Nazis, Hakenkreuzfahnen oder den Hitlergruß.
Gleichwohl
finden Filme über die NSDAP-Parteitage, wie der Sieg des Glaubens
(1933) und Triumph des Willens (1935), grossen Zuspruch.
Außerdem organisiert in Naumburg die Hitler-Jugend ihren Besuch
für die höheren Schulklassen. Die HJ von Schulpforta besucht
am 28. April 1934 den Film Stoßtrupp 1917.
Nach den Ausführungsbestimmungen
zum Reichs-Lichtspielgesetz vom 16. Februar 1934 war jedem
Spielfilm die Wochenschau als Beiprogramm vorzuschalten. So konnten
dann eines Tages die Naumburger sogar ihren NSDAP-Kreisleiter
in der Wochenschau sehen.
Mit Abriss von Knörrichs
Garten (gegründet beziehungsweise umgebaut von Robert Knörrich,
Inhaber Gustav Noack) auf der Jakobspromenade 3 im Jahr 1937, gibt
es einen Kino-Veranstalter weniger. Ende der 30-ziger Jahre bieten
noch die Reichskrone-Lichtspiele (Bismarckplatz 5) und die Schwanen-Lichtspiele
Kinovorstellungen (Grosse Jakobstrasse 28/29) an.
Die
Goebbelsschnauze nach oben
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Volksempfänger
VE 301
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Radio hören wird
in den 30er Jahren zu einer beliebten Freizeitbeschäftigung. Aufgrund
der vom Reichspropagandaministerium festgelegten niedrigen Preise für
Rundfunkempfangsgeräte (76 Reichsmark, 1933) und dank dem Erlass
von Rundfunkgebühren erlangt die Goebbelsschnauze große
Beliebtheit. Bis 1935 sind 1,3 Millionen Geräte verkauft. Der Volksempfänger
(VE 301) trägt als Typenbezeichnung das Datum der Machtübernahme
durch die Nazis, den 30.1. ("301"). Es ist eine Gemeinschaftsproduktion
von 28 deutschen Firmen und geht am 25. Mai 1933 in Serienproduktion.
Für den 26.
September 1938 kündigt die Zeitung die Radioübertragung der
großen Führerrede aus dem Sportpalast Berlin an.
"Wer nicht
den eigenen Apparat im Zimmer hatte, der nutzte irgendeine der zahlreichen
anderen Gelegenheiten aus. Die Nachbarn boten sich gegenseitig, wo
sie von der Störung des Apparates wussten, das Mithören
an. Die Ortsgruppen [der NSDAP] hatten Gemeinschaftsempfang in verschiedenen
Lokalen organisiert. An manchen Orten der Stadt war Empfang im Freien.
Und schließlich bot sich noch eine günstige Gelegenheit,
in einem Lokale oder einem der Lichtspieltheater die Führerrede
abzuhören.
Wir haben oft
am Radio gesessen und den Worten des Führers zugehört. Es
war auch manche ernste Stunde dabei. Diesmal aber war es uns, als
wehte uns fühlbar der Atem der Weltgeschichte an. Wir wußten,
daß nicht nur das deutsche Volk am Apparat saß, sondern
darüber hinaus ganz Europa, abgesehen von den Staaten, die die
Wahrheit nun einmal nicht hören wollen, dann aber auch 300 Rundfunksender
Nordamerikas und andere Völker der jenseitigen Welt. Es war auch
eine Rede, die nicht unser Volk allein anging, sondern ein Appell
an die ganze Welt, sich zur Vernunft zu bekennen und den Völkern
den Frieden zu sichern. Alle Hörer waren aufs Stärkste bewegt.
Auch wo man im kleinen Raum zusammensaß, da stand man zum Schluß
auf und sang die Nationallieder mit. Eine tiefstfeierliche Stimmung
legte sich über alle Hörer, und im Geiste sprachen sie das
mit, was die Tausende im Sportpalast unaufhörlich aus innerstem
Herzen heraus riefen:
`Führer
befiel, wir folgen dir!`"
Was eine große
Zahl der Naumburger hier am 26. September 1938 begeistert am Radiogerät
verfolgt, ist - wie es offiziell hieß - der Einmarsch der Wehrmacht
in das Sudetenland am 1. Oktober 1938. Darauf rief die tschechoslowakische
Regierung die Generalmobilmachung aus.
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Stadtarchiv
Naumburg (Saale)
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Während der
Gau-Kulturwoche von Halle-Merseburg steht der 1. März 1938
im Zeichen des Rundfunks. Mittags überträgt der Reichssender
Leipzig aus dem Leuna-Werk "Musik für die Arbeitspause".
Eine Rundfunkübertragung aus dem Naumburger Dom findet große Aufmerksamkeit.
Am 3. November 1938
befasst sich der Naumburger Gemeinderat mit dem Verkauf der Goebbelsschnauze.
Es ist der Volksempfängers 301 Dyn gemeint und kostet
65 Reichsmark. Ein anderes Gerät ist für 35 Reichsmark
zu haben. Das soll die Gewähr dafür bieten, "dass auch
der letzte Volksgenosse sich am Rundfunk beteiligen kann". Denn
Rundfunk ist laut Goebbels das "allermodernste und
. Allerwichtigste
Massenbeeinflussungsinstrument". "Ganz Deutschland hört
den Führer mit dem Volksempfänger", so steht es auf einem
Werbeplakat für das Radio. Deshalb übernimmt für die
Rundfunkabteilung (Abteilung II) das Reichspropagandaministerium alle
Zuständigkeiten.
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Autobahnabschnitt
Eisenberg-Weißenfels (Stand 1936)
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Die Stadtverwaltung
unterstützt die Anschaffung eines Radiogerätes mit einem Finanzierungskonzept,
was den Kauf in bequemen Ratenzahlungen ermöglicht.
Über die Nutzung
des jungen noch Massenmediums berät am 26. Juni 1943 in Naumburg
die Gautagung der NSDAP-Rundfunkführung.
Das
Auto nach oben
20. September `34.
Langsam schiebt sich ein Lautsprecherwagen durch die Straßen von
Naumburg und wirbt für sechsundzwanzig neue Autos, die sich auf
dem Marktplatz präsentieren. NSDAP-Kreisleiter Uebelhoer poussiert
mit einem Sportwagen, Kompressor-Technik, Spitze 94 Stundenkilometer.
Ganz nach der Art des Führers, der sich auf der Internationalen
Automobil- und Motorradausstellung am 11. Februar 1933 in Berlin
mit den Worten outet: "Ich
liebe den Kraftwagen über alles, denn er hat mir Deutschland erschlossen."
Nur, die Idee des
Volkswagens entwarf der Jude Josef Ganz (1899-1967). Der hat
ein besseres Konzept (vgl. ADAC Motorwelt vom 21. Juli 1933)
als Ferdinand Porsche (1875-1951). Nach einer Auto-Ausstellung wird
er von der Gestapo verhaftet. Sein Büro in Frankfurt a. M. wird
durchsucht. Ganz erhält Morddrohungen. Der "Deutsche Reichsanzeiger"
Nr. 187 vom 13. August 1938 teilt die Annullierung seiner
Staatsbürgerschaft mit.
Die Produktion
des Kdf-Wagens
wird am 20. Oktober 1938 im Naumburger Tageblatt für
Ende 1939 angekündigt. Rund 340 000 Deutsche sparen bis
1945 mit wöchentlich fünf Reichsmark-Sparmarken insgesamt
etwa 267 Millionen für den Volkswagen zusammen, den sie nie
erhalten. Fritz
Zimmermann, NSDAP-Ortsgruppenführer von Altenburg (Ortsteil von
Naumburg), hat so seine besonderen
Schwierigkeiten mit den Autos ....
Am 15. August 1936
wird das Autobahnteilstück Pörsten-Weißenfels-Eisenberg
übergeben, zum Großteil finanziert durch die Reichsanstalt
für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung. 1936 sind
im Reich 120 000 Arbeiter unter Leitung des Generalinspektors
für das deutsche Straßenwesen Fritz Todt (1891-1942) beim
Autobahnbau eingesetzt.
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Naumburger
Tageblatt, 15. August 1936
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Stadtbaurat
Friedrich Hoßfeld macht sich Gedanken über die neuen Aufgaben,
die der wachsende Auto- und Lastkraftwagenverkehr an die Stadtplanung
stellt:
"Man kann
sagen, das Auto ist der Testamentsvollstrecker des Pulvergeschützes
am Erbe der mittelalterlichen Städte. Der Erfinder des Explosionsmotors
vollendet, was der Erfinder der Kanone begonnen hat.
Der Kraftwagen
hat gerade die entgegengesetzte Tendenzen wie der Pferdewagen. Als
die Altstadt angelegt und ihre Strassen bebaut wurden rechnete man
nur mit Reiter und Wagen im Schrittgang des Pferdes. Schon das holprige
Pflaster verbot schnelles Fahren. So baute man die Strassen krumm
und unübersichtlich. Übersicht konnte beim Eindringen eines
Feindes nur verhängnisvoll werden. Heute verlangt das Auto die
Strasse gerade und übersichtlich. Erfüllt die Strasse diese
Forderung nicht, so ist sie selbst bei grösster Vorsicht des
Fahrers eine Quelle von Unfällen."
Friedrich
Hoßfeld:
"Wenn
man also konsequent sein wollte, müsste man entweder
die Altstadt für den Autoverkehr sperren oder sie abreissen
und sie nach neuen Grundsätzen bauen.
Im
inneren der Stadt
sind durch die Umgestaltung des Marktes und die Neupflasterung
von Gr. Jakobstrasse und Gr. Salzstrasse schon wesentliche
Schritte im angedeuteten Sinne getan. Freilich sind damit
noch nicht alle Gefahrenpunkte beseitigt. Doch lässt
sich ein vielleicht einmal nicht zu umgehender schmerzhafter
Eingriff in den kostbaren Hausbestand des Marktplatzes noch
lange durch eine gute Verkehrsdisziplin hinausschieben. Allerdings
muss sich auch der Fussgänger an diese Disziplin gewöhnen
und sie nicht nur dem Fahre allein zumuten. Jeder Fahrer weiss,
welche Aufmerksamkeit z.B. das in den Marktplatz von der Salzstrasse
her erfordert, zumal da dort ansteigendes Gelände ist.
Trotzdem sieht man täglich Fussgänger, die in der
Längsrichtung der Strasse, womöglich noch mit Kind
und Kegel, mitten auf dem Fahrdamm einherziehen, als ob sie
in einem einsamen Waldtal spazieren gingen." (Hossfeld
1930)
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Vieles
Scharfe und Hitzige
wird
unbewusst gesiebt nach oben
Seit den Zeiten
von Friedrich Ludwig Jahn (1778-1852), Daniel Gottlob Moritz Schreber
(1808-1861), So sollt Ihr leben (Sebastian Kneipp, 1821-1897)
oder Bess Mensendieck (Körperkultur des Weibes, München
1906) befindet sich die Körperkultur im Umbruch. Eine Reformbewegung
jagt die nächste. Die Orientierung war nicht immer einfach. Eine
Zeit des Umbruchs, wie sich in der Diskussion um die Gestaltung des
Schlafsaals in der neu herzurichtenden Jugendherberge Weißenfelser
Straße in der Stadtverordnetensitzung vom 29. April 1926
ablesen läst. Otto
Grunert von der SPD sieht keine Notwendigkeit für Mädchen
und Jungen separate Räume einzurichten. Sein Kollege von der Fraktion
der Haus- und Grundbesitzer Friedrich Hagemann (Jägerplatz 16)
widerspricht heftig. Friedrich Blüthgen (SPD) kontert noch mal:
Da alle
ohnehin wüssten, wie sie am Körper aussehen, habe die
Abtrennung keinen vernünftigen Zweck. (Neuordnung)
Die Nationalsozialisten
verherrlichen die Körperkultur und überbetonen ihre Rolle
in der Erziehung. Ihnen gilt der Körper als Ausdrucksform des eigentlich
Menschlichen. Sie pflegen das rassische Körperideal, das sich nicht
vom physischen Individualismus, sondern vom hellenischen Ideal der Ganzheit
des Menschen
leiten lässt. Darauf
stützt sich ihre sogenannte nordische Gesinnung. Aber
für die Zwecke der Kriegspropaganda darf dann die Verkrüppelung
des Körpers schon mal als Äquivokation des Heldenhaften erscheinen.
Schliesslich verdampfen ihre hellenischen Körperideale in den Krematorien
der Konzentrationslager.
Ernst
Thälmann
in Die Rote Fahne
am 29. Mai 1930:
"Die
proletarischen Sportverbände sind ein besonders wichtiges
Glied der Arbeiterbewegung. Körperliche Ausbildung, sportliche
Stählung befähigt die Proletarier, ihre physische Widerstandsfähigkeit
und Wehrhaftigkeit für den Klassenkampf zu steigern."
Quelle: Ernst Thälmann 1956
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Doch
die Gegner der Nationalsozialist stellen Körperkultur und Sport
ebenfalls in einen politischen Kontext. Ihre bisweilen anzutreffende
ideologische Reduzierung als Beitrag zum Klassenkampf fordert
eine kritische Auseinandersetzung heraus. Aber so einfach, wie es uns
vielleicht scheint, ist das nicht. Denn ob diese Denkfigur eine Dömäne
der KPD - der Kommunisten - war, ist längst nicht ausgemacht, heisst
es doch im Schwur zum 2. Arbeiter- Turn- und Sportfest in Nürnberg
1929:
"Wir wollen,
dass die arbeitende Klasse frei werde von jeder Ausbeutung. Wir wollen,
dass die arbeitende Klasse gesund und kraftvoll werde für diesen
Kampf. ..." [ATS 120]
Immerhin, die Arbeitersportler
- VfL 88, Arbeiter-Sport-Kartell Naumburg, Rote
Sportler - distanzieren sich von der Rassenideologie und dem deutschen
Überlegenheitswahn. Sie möchten keine militaristische Verwertung
des Sports und
stehen der nationalsozialistischen Bewegung ablehnend gegenüber.
Leider kann man dies von anderen
Naumburger Sportvereinen so nicht feststellen. - Die
Arbeitersportler verfolgen noch ein anderes, unbedingt ehrenhaftes Ziel,
dass Eugen Wallbaum (SPD), Geschäftsführer des Männer-Turnvereins
Naumburg, 1922 unumwunden ausspricht:
"Und eine
so volkstümliche Sache ist unser deutsches Turnen. Es ist in
seiner Art ein ganz bedeutendes Mittel, soziale Gegensätze
abzuschwächen zu helfen, denn durch das gemeinsame Handeln
der verschiedenen Schichten des Volkes kommen sich die Menschen
näher, und vieles Scharfe und Hitzige wird unbewusst gesiebt
und geläutert."
 |
Die Roten
Sportler aus Naumburg wahrscheinlich auf dem Reichstreffen
am 8. Juni 1930 in Erfurt. Zum Beispiel: Walter Fieker, zweite
Reihe,
ganz links.
|
Der
Arbeitersport setzt also programmatisch auf Integration, nicht aber
auf die Spaltung der Stadtgesellschaft. Mag man dies als Illusion bezeichnen,
dann bleibt trotzdem die Absicht immer denkwürdig. In der Beamten
Stadt hatten sie es nicht leicht. Aus
Anlass des 14. Bezirksfestes vom 4. Bezirk im 5. Kreis
des Arbeiter-Turn und Sportbundes vom 26. Juli bis 27. Juli 1930 in
Naumburg erinnert der Vorsitzende des Arbeiter-Sportkartell
Naumburg Willy Wipprecht daran:
"Der 1888
[in Naumburg] gegründete Turnverein Gut Heil hatte
als Arbeiterturnverein schwer unter den Schikanen der Vorkriegsregierung
zu leiden. Durch das Versagen jeder Unterstützung sowie die Nichtzulassung
zur Turnhallenbenutzung kamen die Schikanen rein äußerlich
zum Ausdruck."
Nach 1918 erhielt
die Bewegung durch Neuordnung des Staatswesens großen Schwung.
"Eine gewaltige Aufwärtsbewegung machte sich bemerkbar
".
Willy Wipprecht hebt hervor:
"Diese
Verheißungsvolle Periode wurde, wie in vielen anderen Orten,
auch hier durch Parteifanatiker der KPD., die den Anweisungen ihrer
Zentrale folgend den Arbeitersport zu Spaltung brachten, vernichtet."
Dazu kam, dass Teile
der Arbeitersportbewegung in bürgerliche Turn- und Sportvereine
abwanderten.
Auf dem Abreisskalender
steht: Dienstag, 18. August 1936. Ein Großereignis für
Naumburg. Tag der Deutschen Turner. Friedrich Ludwig Jahn (1778-1852)
entgeht nicht der Zwangsumarmung durch die Nationalsozialisten. Über
600 Sportler aus allen Teilen Deutschlands heißt der NSDAP-Kreisleiter
Friedrich Uebelhoer bei seiner Ansprache im Domhof willkommen. Auf der
Neuenburg in Freyburg trifft er sich an diesem Tag mit dem Führer
der Sudetendeutschen, Konrad Henlein (1898-1945), zu einer Unterredung.
Erika Junghans (Naumburg)
springt 1938 bei den Wettkämpfen zum Deutschen Turn- und Sportfest
in Breslau 5,68 Meter weit. Im Oktober desselben Jahres setzt sie beim
Abschlussfest ihres Vereins nach 6,07 Meter auf. Es ist der erste
Sprung einer Deutschen über sechs Meter! Die Frau von den Friesen
Naumburg gewinnt am 10. August 1940 in Berlin bei den Deutsche
Meisterschaften der Leichtathleten den Weitsprung.
Der Radsportverein
Diana (Herr Krause, Naumburg, Freyburger Straße) veranstaltet
am 21. Mai 1939 den gauoffenen
Großen
Straßenpreis von Naumburg.
Der Oberbürgermeister
stiftet den Preis der Stadt Naumburg: Ein
Führerbild für 19 Reichsmark!
Ich möchte
nicht verfehlen, der Stadt Naumburg für den schönen Ehrenpreis
auf diesem Wege meinen Dank abzustatten,
schreibt der Gewinner
des Rennens, Heinz Ostwald aus Halle (Frühlingsweg 8) schon am
übernächsten Tag dem Oberbürgermeister.
Am 4. Oktober 1935
findet um 14 Uhr auf der Saale die zweite Naumburger Stadtregatta
statt.
Wir können
nicht nur rennen in Grünau,
sondern
auch in unserer grünen Au,
Programm
der 3. Naumburger-Stadtregatta am 3. Oktober 1937
PDF-Dokument - 1,7 Megabyt
|
waren Stadtrat Keiners
geschwungene Worte zu den Sportlern und Besuchern. (Vgl. Ausklang 1935)
Als Organisator tritt die Arbeitsgemeinschaft der Naumburger Ruder-
und Faltbootvereine auf, mit dabei der Faltbootclub, der Ruder Club
Neptun und der Naumburger Gymnasial-Ruderverein. Legten sich die Jungs
vom Domgymnasium in die Riemen, konnte der Vierer die Strecke zwischen
Halleschem Anger und Eulaer Brücke in 38:12 Minuten zurücklegen.
Beliebt sind die
Ruderer allemal. Und so bringt man den Eintritt von 30 Pfennigen
gerne auf. So auch am 30. Juli 1939, einem Sonntag, als die Ruderer
bereits die sechste Drei-Städte-Regatta Merseburg-Naumburg-Weißenfels
austragen.
Schönheit
der Arbeit und KdF nach oben
Die
NS-Gemeinschaft Kraft durch Freude, geführt von Dr. Robert
Ley, wird am 27. November 1933 geschaffen. Sie ist die populärste
und massenwirksamste Organisation des Dritten Reiches. Ihr Ziel
sind der Aufbau und die Wahrung einer deutschen Volksgemeinschaft.
Sie kümmert sich um die Schönheit der Arbeit, Erholung, Feriengestaltung,
Freizeitgestaltung, Volkssport- und -erziehung.
Ein Naumburger berichtet
im Januar 1938 in der Zeitung über seine Italien-Fahrt, organisiert
von KdF. Verabschieden tat sie der Gauleiter von Halle-Merseburg,
Parteigenosse Joachim Albrecht Eggeling, mit der Ermahnung, weiter am
Werk von Adolf Hitler mitzuwirken. Dann die Heimkehr. Wahnsinnserlebnis!
Und die typischen Urlaubsfotos: Alles drauf, aber nichts zu erkennen.
Oder doch? Arbeiter sehen anders aus!
Das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit,
Paragraf 2, bestimmt:
Der
Führer des Betriebes entscheidet der Gefolgschaft gegenüber
in allen betrieblichen Angelegenheiten.
|
Bis 1939 verleben
über 43 Millionen Menschen mit KdF ihre Ferien. Zwei
25 000-Tonen-Schiffe lässt die Organisation bauen; insgesamt
sind es zehn. In Prora auf Rügen baut man ein Hotel für 20 000
Urlauber. Über KdF erhalten Arbeiter und Angestellte verbilligte
Theater-, Opern- und Konzertkarten. Die Bewegung übernimmt die
in der Zeit der Weimarer Republik gegründeten Volksbildungsstätten
und Volkshochschulen.
Gemäss dem
Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit vom Januar 1934 nennen
sich Arbeiter und Angestellte Gefolgschaft. Der Direktor
heißt nun Betriebsführer. Ihm gegenüber die Gefolgschaft
in der Pflicht zu Treue und Gehorsam. Der
Kreisobmann der Deutschen Arbeitsfront Naumburg sagt am 12. März
1938 zu den Mitgliedern der Werkschar 108 H. Sieling im
Setzersaal der Firma Sieling (Topfmarkt):
Der Nationalsozialismus
hat dem Betriebsführer die ganze Gewalt im Betrieb gegeben,
denn wir haben gesehen, wohin es führt, wenn viele im Betrieb
mitreden wollen.
Ideologisch sind
in der Betriebsgemeinschaft Lohnarbeiter, Gehaltsempfänger und
Unternehmer einträglich vereint. Kernaufgabe
der DAF ist die ideologische Harmonisierung der Interessengegensätze,
was letztlich ein Riesen-Schwindel. - Doch
Hitlers Versprechen vom 27. Januar 1932 vor dem Düsseldorfer
Industrieklub, die freie Unternehmerinitiative mit dem nationalsozialistischen
Führerprinzip zusammenzuführen, ist erfüllt.
 |
Markt
- 1. Mai 1934: Der Bürger gibt seinem Leben im Ornament der
Masse einen Sinn.
|
Zum 1. Mai-Umzug
fährt die NSDAP 1934 einen Festwagen zum Thema Kraft-durch-Freude
durch die Stadt. Die Arbeit ist nicht allein eine ökonomische Angelegenheit,
betont NSDAP-Kreisleiter Friedrich Uebelhoer in seiner Rede auf dem
Markt, sie ist ein Kraft- und Freudenquell. Der Schönheit der Arbeit
widmet sich vor allem die Deutsche Arbeitsfront (DAF). Sie setzt sich
für Kantinen, Belüftungen, Toiletten und Duschen, Werkärzte,
Sport- und Grünanlagen ein.
"Als bedeutender
sozialpolitischer Fortschritt gilt im Bäckereigewerbe das Nachtbackverbot,
das Betriebsführer und Gefolgschaft vor erheblichen Gesundheitsschäden
durch dauernde Nachtarbeit schützt und die Herstellung von Backwaren
nur unter günstigen Arbeitsbedingungen am Tage zulässt."
Das Bäckereigesetz vom 29. Juni 1936 verbietet die Aufnahme der
Backarbeiten in der Werkstatt vor 4 Uhr und die Ausgabe an die Kunden
vor 6.30 Uhr. (Vgl. Nachtbackverbot)
"Als bedeutender
sozialpolitischer Fortschritt gilt im Bäckereigewerbe das Nachtbackverbot,
das Betriebsführer und Gefolgschaft vor erheblichen Gesundheitsschäden
durch dauernde Nachtarbeit schützt und die Herstellung von Backwaren
nur unter günstigen Arbeitsbedingungen am Tage zulässt."
Das Bäckereigesetz vom 29. Juni 1936 verbietet die Aufnahme der
Backarbeiten in der Werkstatt vor 4 Uhr und die Ausgabe an die Kunden
vor 6.30 Uhr. (Vgl. Nachtbackverbot)
 |
Naumburger
Tageblatt,
Naumburg, den 11. April 1938
|
Hinzu kommen neue
Sozialleistungen, wie erhöhte Zuschüsse für Mütter,
Kinder, Witwen und kinderreiche Familien (mehr als 4 Kinder). Die
bisher üblichen drei bezahlten Urlaubstage im Jahr werden auf sechs,
sukzessive sogar auf zwölf bis fünfzehn Tage erhöht.
Die Renten-, Kranken-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung wird beibehalten
und stellenweise erweitert.
Den Tag der Arbeit
begehen die Nationalsozialisten als Fest der Nationen. Am
1. Mai 1937 sind die Giebel der Häuser wieder schön geschmückt,
die Hakenkreuzfahnen flattern im Wind, in der Mitte des Marktplatzes
prangt ein liebevoll mit bunten Tüchern und künstlerischen
Figuren umwundener Maibaum. Am Vorabend wird der zweiundzwanzig Meter
hohe Baum von der Reichskrone in Begleitung der Pimpfe, des Jungvolks
und der Jungmädels zum Marktplatz transportiert. Das Fest der Nationen
beginnt um 8.30 Uhr mit der Jugend-Kundgebung. Aus den Lautsprechern
hören die Teilnehmer eine Reichssendung
aus dem Berliner Olympiastadion. Um 10 Uhr setzt sich der Festumzug
mit 14 Wagen aus der Grochlitzer Straße auf verschlungenen
Wegen zur Vogelwiese in Bewegung.
Während des Vorbeimarschs der Betriebsgemeinschaften an den Ehrengästen
vor dem Rathaus überreicht der NSDAP-Kreisleiter den Fliegern das
Diplom im Berufswettkampf. Um 11 Uhr stehen die Betriebsgemeinschaften
nach einem Plan militärisch aufgereiht auf dem Marktplatz. Ab 12 Uhr
hören alle die Führerrede aus dem Radio. Publikumsmagnet sind
die um 17.30 Uhr beginnenden Darbietungen der Kraft durch Freude-Veranstaltungen
im Ratskeller, in der Erholung (Gesellschaftshaus, Luisenstraße
1) und im Bürgergarten.
Kraft durch Freude
Vorsitzender
Horst Seiler
Oststraße 39 (1935)
Reisen, Urlaub,
Wandern
Pg. Friedrich Hoppe
Raschstraße 5
Schönheit
der Arbeit
Pg. Horst Artes
Selbsthilfe
und Siedlung
Pg. Erich Loeser
Bahnhofstraße 20
Funk
Pg. Kurt Schmöller
Große Marienstraße 22/23
Volkstum und
Heimat
Pg. Jaeger
Markt 12
|
In der ehemaligen
Seifensiederei und jetzigen Handelsfirma für Wasch- und Reinigungsmittel
Eduard Schotte sieht man besonders auf die
Schönheit
der Arbeit,
begeistert sich
Otto Leißling. Wenn die Auftragslage mal etwas dünn ist,
greifen die Mitarbeiter zu Farbe und Pinsel. Neue Fenster kommen in
den Seitenflügel, um die Lichtverhältnisse zu verbessern.
Zur Verbesserung
der Ausbildung schafft die Firma eine Reihe von Fachbüchern an.
Ein Lehrling der Firma siegt beim Berufswettbewerb im Kreis. Die Arbeitstarifordnung
sieht drei Tage und die Angestelltenrichtlinie sechs Tage Urlaub vor.
Nicht ohne Stolz berichtet 1941 der Betriebsobmann, dass die Firma jeden
Mitarbeiter einen Urlaub von zwölf Tagen gewährt. Die Arbeiter
sind in der Allgemeinen Ortskrankenkasse
[PDF-Dokument, etwa ein Megabyte] versichert. Zudem fließen die
Erträge von Altstoffsammlungen in eine gemeinsame Kasse, aus der
im Krankheitsfall schon mal eine Unterstützung gewährt wird.
Auch zur feierlichen Ausgestaltung des 1. Mai können die Erlöse
verwendet werden. (Vgl. Schotte 1941)
Bei der Kreisdienststelle
der NS Gemeinschaft Kraft durch Freude in Naumburg, Salzstraße
7, kann man eine Hörerkarte für interessante Vorträge
erhalten. Die neue Volksbildungsstätte war im Januar 1938
eingeweiht worden. Natürlich lehrt man hier auch die Grundlagen
der nationalsozialistischen Rassen- und Bevölkerungspolitik. "Ich
möchte, dass die DAF-Führer," sagt Robert Ley auf der
Leipziger DAF-Tagung im Dezember 1935, "als Führende im deutschen
Volke, die Rassenfrage kennen." Und blieb nicht beim Vorsatz. Die
DAF wirkte bei der rassenhygienischen Auswahl von Wohnungen und Gewährung
von Sozialleistungen mit.
 |
Kraft
durch Freude -
Büro
Salzstraße 7 (2007)
|
 |
Als
Dienstgebäude bezieht die DAF Kreisverwaltunaug
Naumburg am
10. Dezember 1938 das Haus
der Deutschen Arbeit
an der Vogelwiese (Jakobsring 4a)
(Foto
2007).Robert
Leonhardt
Oststraße 35
Hans Grözinger
Am Georgentor 6
Stellvertreter
Pg. Martin Schmidt
Horst-Wessel-Siedlung 6
|
Als Freizeitgestalter
organisiert sie in der Napola (Kadette) Schwimmkurse
für Fortgeschrittene und Anfänger. Für
den 11. Oktober 1938 nachmittags 16 Uhr kündigt sich das Reichs-Sinfonie-Orchester
in der Reichskrone (Bismarckplatz) mit einem Jugendkonzert, organisiert
von Kraft durch Freude, Kreisdienststelle Naumburg, an. Über
Kraft durch Freude erhält kann man Eintrittskarten zu ermäßigten
Preisen erhalten. Niemand versäume, dass Orchester des Führers
zu hören, heißt es in der Ankündigung.
1940 jährt
sich zum 7. Mal der Gründungstag der KdF-Organisation.
Im ersten Kriegsjahr werden nicht weniger als 146 Veranstaltungen
für die Verwundeten in den Lazaretten sowie Offiziere und Mannschaften
am Standort Naumburg durchgeführt. Darunter waren: 39 Varieté-
und 20 Theaterveranstaltungen, 20 Bunte Abende, 42 Konzerte,
16 Film-, drei Ballett-, ein Dichter-
und zwei Vortragsabende, sowie zwei Attraktions-Veranstaltungen und
eine Kunstausstellung. Die NSG Kraft durch Freude ist nach
siebenjähriger Tätigkeit Träger des gesamten kulturellen
Lebens unserer Stadt geworden, kommentiert dieMitteldeutsche
National-Zeitung 1940. (Vgl. Kraft durch Freude-Bewegung)
Naumburg
tanzte zum Rundfunkball nach
oben
Für den 7.
Januar 1939 kündigt die Intendanz des Reichssenders Leipzig einen
Rundfunkball in der Erholung (Karl-Seyferth-Straße) an.
Derartige Geselligkeiten
finden beim städtischen Establishment großen Zuspruch. Durch
das Programm mit dem Naumburger Militärorchester unter Leitung
von Herbert Kegel und der Kapelle Otto Frick führt
der deutschlandweit bekannte Ansager Hans Remagen. Sendeleiter Wilhelm
Hartseil organisiert mit seinen Mitarbeitern die technisch einwandfreie
Aufnahme und Übertragung in das Funkhaus. Und er begrüßt
die Gäste im Auftrag des Intendanten des Senders Leipzig. Dann
wedelt erstmal die famose Naumburger Tanzlehrerin Mathilde Döhring
mit ihrem Partner übers Parkett. So dann
zeichnet die Ballgesellschaft
mit ihren Schritten die Muster von Menuett, Rheinländer, Walzer
und Polka auf den Tanzboden.

Erholung,
Karl-Seyferh-Straße
(2004)
"Es war Uniform
oder Gesellschaftsanzug vorgeschrieben", vermerkt das Naumburger
Tageblatt in einer Nachbetrachtung und belehrt den Bürger:
"Die Berechtigung
dieser Vorschrift steht ganz unzweifelhaft fest. Bei der Machtübernahme
war das deutsche Volk im Zustand beispielloser Verelendung. Weiteste
Kreise waren in unverschuldbare Notlage geraten, die sich in der ganzen
Lebenshaltung äußerte. Damals wäre es sinnlos oder
gar bösartig gewesen, Gesellschaftsanzug vorzuschreiben. Heute
aber liegen immerhin schon Jahre des Aufbaus hinter uns. Mag das Einkommen
im Einzelfall nicht hoch sein, es fließt aber regelmäßig
und steht auch für die Zukunft unbedingt fest. Da kann man schon
verlangen, daß sich der einzelne auch wieder einen Anzug zulegt,
den er für besondere Gelegenheiten hält. Unsere Väter
waren auch nicht mit irdischen Gütern allzu sehr gesegnet, aber
in der einfachsten Familie hatte der Vater seinen Bratenrock
[halblange Herrenjacke für feierliche Anlässe], ohne daß
man ihn darum reaktionären Kreisen hätte zurechnen dürfen.
Dagegen leuchtet es ohne weiteres ein, dass eine gleich festlich gekleidete
Gesellschaft sich leichter zusammenfindet und eher Mißtöne
vermeidet, als wenn das schöne Bild durch Tänze mit Knickerbockern
und Anzügen aller Farben beeinträchtigt wird.
Der anspruchsvolle
Anzug verbürgt auch innere Haltung, stärkt das Selbstbewußtsein
und hebt hinauf. Wir wollen aber nicht - wie der Proletarierkult -
die Menschen zu einem einheitlichen Sumpf von Minderwertigkeitskomplexen
erziehen, sondern sie hinausheben in das Gefühl der gesellschaftlichen
Gleichberechtigung. Wer dieser Gleichachtung noch nicht würdig
ist, wird sich auf diese Weise auch viel leichter herausheben.
Die Richtigkeit
dieser Darlegungen erwies sich auch bei der letzten Veranstaltung
am Sonnabend."
 |
Monatsschrift für deutsche Lebensart.
1935, Heft 9. Preis 1 Mark.
Druck und Verlag Gustav Thomas, Bielefeld.
Schriftleiter: Rolf Cunz, Charlottenburg
|
In modischer Kleidung
und entsprechenden Accessoires soll also der Sieg über die Systemzeit (Demokratie)
und die Aufbauarbeit zum Ausdruck kommen.
Die Tageszeitung
überscheibt ihren Bericht mit:
Naumburg tanzte
zum Rundfunkball.
Naumburg? Wo ist
Otto Wolf mit seiner Frau? Könnte
er sich einen solchen Abend überhaupt finanziell leisten? Wahrscheinlich
widerspricht die ganze Chose seiner alternativen Lebensart. Sei es drum.
Der Anarchist sitzt seit 1937 im Zuchthaus. Vielleicht hätte der
junge Karl Possögel
mit seiner Freundin einen Tanz gewagt? Aber dieser ist im Konzentrationslager
Buchenwald interniert. Nach herrschender Anschauung
sind das die "politischen Verbrecher". Und die vermisst man
nicht! Denn sie zerstören nur die rassische Blutgebundenheit
eines Volkes, zersetzen die Moral, Sitte und Kultur eines Volkes
und verletzen die Gesetze zum Schutz der Staatserhaltung.
Wo sind die einst hoch angesehenen Bürger jüdischer Herkunft,
wie Konrad
Landsberg oder Otto Hollaender,
geblieben? Sie flohen oder sie wurden deportiert und ermordet. In der
Erholung tanzen an diesem Januarabend nicht die Naumburger,
sondern die
"hervorragende(n)
Vertreter von Partei, Staat und Wehrmacht".
Wie ihr Tanz nach
standardisierten Bewegungen und in geschlossener Gesellschaft, so sind
ihre Wahrnehmungen: selektiv und stereotyp. Damit entlasten sie sich
von der Frage nach der Menschlichkeit ihres Tuns - in guter Laune beim
Rundfunkball im Januar 1939.
Vom
Kirsch- zum Bänderfest nach
oben
Aus dem Buch Das
Naumburger Kirschfest (1903) von Karl Schöppe (1851-1915)
wissen wir um die Geschichte, Bräuche und die lange Tradition des
beliebten Naumburger Kirschfestes. Seine Legende kreist um folgendes Ereignis:
"Nach der
Sage sollen Schulkinder von ihrem Lehrer ins feindliche Lager geführt
worden sein und den Feldherren um Gnade für die Stadt gefleht
haben." (Kirschfest-Erinnerungen 1920)
Jaroslav Cermák (1830-1878): Husité
pred Naumburkem (1875). (Die
Farbkomposition auf dem Original nimmt sich deutlich anders aus
als auf dieser Kopie.)
Feldherr Prokop
Holy der Hussiten belagert (1432 ?) die Stadt Naumburg an
der Saale. Lehrer entsenden in weißen Büßerhemdchen
gekleidete Kinder mit K i r s c h e
n vor die Tore, um ihn um Frieden zu bitten.
|
Auf
Grund der dürftigen wirtschaftlichen Verhältnisse konnte das
Kirschfest bis 1923 nicht stattfinden. Als Resultat der verschiedensten
Bewegungen, nicht zuletzt aus der Jugendbewegung, entstand das Bedürfnis
nach Reformen. Friedrich
Muck-Lamberty monierte, dass es auf den
Volksfesten "kein Sichfreuen, Sichkennenlernen, kein gesundes,
herzhaftes Fröhlichsein, kein Volksleben" mehr gibt (Ritzhaupt 7).
Das Kirschfest
sei "Ein Sauffest für die Erwachsenen der bürgerlichen
Kreise" (Fieker), beklagen 1924 die Kommunisten.
1921 beruft der
Magistrat unter Leitung von SPD-Stadtrat Ernst Heinrich Bethge eine
Kirschfestdeputation. Recht bald gerät sie in Streit mit
dem konservativen Kirschfestausschuss von 1885. Bethge wollte
die Kinder wieder in den Mittelpunkt des Festes stellen, was nicht auf
Gegenliebe stiess. Die Deputation will viele neue Angebote schaffen.
Von der bündischen Jugend borgte man sich die Idee für den
Fackelumzug und die Sonnenwendfeier. Der Sozialdemokrat
machte den Vorschlag einen Festzug der Arbeit durchzuführen.
Hier sollen oder können sich alle Gewerbe der Stadt präsentieren.
Heftige Auseinandersetzungen gab es um den Kirchgang. Lehrerschaft und
Gewerkschaften lehnten den obligatorischen Kirchgang ab, was heftige
Gegenreaktionen auslöste. Uneins waren Kirschfestdeputation
und Kirschfestausschuss über die Anzahl der Festtage. Die
Stadtverordnetenversammlung orientierte auf zwei Tage. (Vgl. Schwarzweißrot)
Walter Fieker
beleidigt 1924
Bürgermeister Roloff
"Wegen
der öffentlichen Beleidigung des Bürgermeisters Roloff
hatte das Amtsgericht Walter Fieker hier zu 300 Mark Geldstrafe
oder 30 Tagen Haft verurteilt und außerdem Bürgermeister
R. [Roloff] die Befugnis zugesprochen, nach Eintritt der Rechtskraft
das Urteil einmal im Naumburger Tageblatt auf Kosten des Angeklagten
zu veröffentlichen. Gegen dieses Urteil hatte sowohl der
Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt.
In einer kommunistischen Volksversammlung im Ratskeller, die von
Fieker am 26. Juli einberufen war, war am Schlusse über die
Tätigkeit der kommunistischen Abgeordneten berichtet worden.
Dabei war mitgeteilt, daß die beantragten 3000 Mark für
das Kirschfest von den Kommunisten abgelehnt worden seien. Das
Kirschfest sei geworden, was sie vorausgesagt hätten, ein
Sauffest für die Erwachsenen der bürgerlichen Kreise.
Die Schutzpolizei habe sich nicht durchzusetzen gewußt,
insbesondere deshalb nicht, weil ihr Dezernent Bürgermeister
Roloff selbst die Polizeistunde überschritten habe. Der Gastwirt
Moritz habe erzählt, bei ihm sei Feierabend geboten in seinem
Vereinszelt. Er sei deshalb an eine Gruppe Schutzpolizeibeamte
herangetreten und habe gefragt, warum in Rösenbergers Zelt
nicht auch Feierabend geboten werde? Da sei geantwortet, das können
wir nicht, da sitzt der Dezernent selber drin. Um ½ 5
Uhr sei dann ein Polizeioffizier gekommen, der hätte Bürgermeister
Roloff, dabei einen Fußtritt markierend, hinausbefördert."
(Fieker 1924)
|
Mit großem
Krafteinsatz ringen 1929 die politischen Parteien und vaterländischen
Verbände auf dem Kirschfest um die Präsentation ihrer Symbolik.
Niemanden wird es noch verwundern, die Oberhand behalten die Deutschnationalen
und Nationalsozialisten. Überall flattern schwarzweissrote Bänder,
Wimpel und Fahnen. Hingegen waren die Symbole der Republik nicht gern
gesehen.
"Auch der Kirschfest-Ausschuss,
in dem Oskar Bartholomäi thront, tut alles, um dem Kirschfest den
reaktionären Charakter zu erhalten!"
 |
Annonce
zu Oskar Bartholomäi
|
Der Zeitzer Volksbote
teilt seine Beobachtungen am 7. Juli 1929 der Öffentlichkeit
unter der Überschrift Faschisten-Koller mit:
"Unsere
Faschisten haben während dieser Tage [1929] ihren größten
Koller. Stahlhelm, Wehrwolf, Jungdo, Hakenkreuz und der unvermeidliche
Luisenbund sind rein aus dem Häuschen. Der reaktionäre
Spießer trägt seine Anschauung öffentlich zur Schau.
Ganz Naumburg
ist in Schwarz-Weiß-Rot gehüllt, nur am Rathaus hängt
eine Schwarz-rot-goldene Fahne.
Die bösen Republikaner
haben den Herrschaften aber die Suppe arg versalzen. Im Festumzug der
Kinder wurden neben 12 schwarz-weiß-roten Fahnen auch neun
schwarz-rotgoldene mit besonderem Stolz von den Kindern getragen."
Es ist das Reichsbanner,
welches die Symbole der Republik zum Fest präsentiert. Allerdings
gelingt es ihm nicht, die Genehmigung für den Aufbau eines eigenen
Zeltes auf dem Festplatz zu erhalten. "Die Wut über den sozialdemokratischen
Vorstoß im Stadtparlament, wodurch das schwarz-weiß-rote
Beflaggen des Festzeltes unterbunden wurde, fand sein Echo in der Ablehnung
der Mitwirkung der Martins-Hörner-Kapelle beim Festzug der Kinder.
Das Monopol musste den Faschisten, der Stahlhelmkapelle, überlassen
werden."
 |
Kirschfest,
Naumburg 1928
|
"Dienstag beim
Umzug der Stahlhelmkapelle glaubte Herr Bühring mit dem Fridericus-Marsch
aufwarten zu müssen. Die Martins-Hörner-Kapelle ließ
als Antwort sofort die Internationale ertönen. Jetzt wurden die
Gesichter der Faschisten immer länger und der Andrang zum Stellplatz
des Reichsbanners immer größer. Noch ärger betroffen
waren die nationalen Helden, als sich um 10 Uhr abends das Reichsbanner
aufmachte und über den wimmelnden Festplatz mit schwarz-rot-goldenen
Laternen einen Fackelzug unternahmen." "Dieses frische, unerschrockene
Vorgehen zeigt," ermuntert der Volksbote seine Leser, "daß
wir selbst in Kappstadt die Farben der Republik mit Stolz zum Siege
führen können
"
Ab 1933 durchläuft
das Kirschfest eine Nazifizierung. Ausdruck hierfür die Rede von
Bürgermeister
Roloff auf dem Mädchenkirschfest von 1933. Oder die Ansprache
von Rektor Müller (4. Volksschule), die er mit Liebe deutsche
Mädchen einleitet und dann dazu auffordert, dass Horst-Wessel-Lied
"als Bekenntnis zu den Forderungen des Führers" zu singen.
 |
|
"Im Jahr 1939
feierten wir das letzte Kirschfest", berichtet Hans-Dieter Schütze
(2006). "Im Jahr zuvor wurde das Fest umgestellt, denn alles, was
an die Hussiten erinnerte, musste wegfallen. Es wurde als Fest des Lebens
mit bunten Bändern, Kirschen und dem Grünen neu gestaltet."
Vom 30. Juni bis
4. Juli 1938 wartet das Kirschfest wieder mit vielen Attraktionen
auf. Donnerstag bis Freitag ist das Knaben-Kirschfest, am 3. und 4. Juli
das Mädchen-Kirschfest. Viel
Trubel verspricht der am Sonnabend stattfindende "Kirschfestball
der fröhlichen Unbekannten" im Gesellschaftshaus Erholung
an der Vogelwiese. Alle Teilnehmer erhalten ein Festabzeichen mit fortlaufender
Nummer. Seinen Partner findet man mit der gleichen, aber andersfarbigen
Nummer. Ohne Festabzeichen erfolgt kein Einlass.
Auf dem Markt gibt
es eine der damals sehr beliebten und zugleich erstklassigen Varietévorstellungen
zu bewundern. Aber Höhepunkt des Festes bleibt der traditionelle
historische Festumzug am Sonntag um 2 Uhr nachmittags. Es
scheint alles wie immer zu sein. Man kann sich mit Freunden oder Verwandten
treffen und in einem der vielen Zelte gemeinsam ein Glas Bier oder Wein
trinken. An alle Generationen ist gedacht. Doch eines darf das Fest
nicht, an die Hussiten erinnern. Im
Kampfblatt der nationalsozialistischen Bewegung Grossdeutschlands
erschien einige Tage vor dem Kirschfest, genau am 12. Juni 1938,
ein Artikel über die Hussitenkriege.

Hannes
Kriesten: Hussitenkriege. Als die Banden der tschechischen Mordbrenner
durch Deutschland zogen. Völkischer Beobachter. Kampfblatt der
nationalsozialistischen Bewegung Grossdeutschlands, Norddeutsche Ausgabe,
12. Juni 1938
Raubend, plündern
und sengend zogen die Hussiten vor langer Zeit durch Deutschland. In
den eroberten Städten unterdrückten sie die Deutschen. Klagen
und Urteile durften in Böhmen nur in Tschechischer Sprache abgefasst
werden, erfährt der Leser. Das ist so aktuell, ".... dass
der Beschluss ebenso gut 1919" "abgefasst sein konnte. Dieser
Geist lebt noch immer." " ... und es geht nicht um die Lehre,
wenn sich die Tschechen immer noch des Hus` erinnern. Es geht um die
vergangene Zeit, dass sie in seinen Auftrag und Namen halb Deutschland
verwüsteten. Mann und Lehre sind vergessen. Lebendig geblieben
ist," klagt der Völkische Beobachter, "ist die
Erinnerung, wie schön es war, zu sengen und zu plündern."
Was den Naumburgern
weiter vorgeworfen, kommentiert Heidemarie Hecht (Naumburg), "ist
1938 nicht so einfach zu verkraften: Feigheit vor dem Feind. Verharmlosung
eines Gegners, der dem Deutschtum einen gnadenlosen Kampf angesagt hat.
Sie hatten nicht gekämpft, diese Naumburger, sie hatten um Gnade
gewinselt und sich der Gnade des Feindes unterworfen. Und dieser Feind
war der Tscheche."
Reime
für das
Fest der Lebensfreude (1938)
Friedrich Uebelhoer
Ich
bin das junge Leben
Ich bin der Stadt als Bote gegeben
Ich komme, euch zu laden
Das Leben von mir
Das Leben von dir
Das Leben von allen Naumburgern hier.
Ich bin der Bote des Grünen
Dem Leben zu dienen.
Uebelhoer 1938
|
Unter dem Druck
der Nationalsozialisten muss Fritz Seifarth 1938 sein Cafè
Prokop in der Marienstraße in Kaffee Seifarth
umbenennen. Und ein Fest, das an die mordenden und plündernden
Hussiten (Völkischer Beobachter) erinnert, durfte es jetzt
nicht mehr geben. Oberbürgermeister und NSDAP-Kreisleiter Friedrich
Uebelhoer macht folgende politisch Vorgaben:
"Das unerhörte
Vorgehen der Tschechen gegen unsere deutschen Volksgenossen im sudetendeutschen
Gebiet zwingt uns heute, zu dem Hussitenlied und zu der Sage, die
mit unserem Kirschfest bisher in Verbindung gebracht worden ist, eindeutig
Stellung zu nehmen. .... Um uns aber völlig ungetrübt der
Freude hingeben zu können, müssen wir vermeiden, daß
wir, und sei es aus Unbedachtheit, durch die Verherrlichung der Tschechen
unseren deutschen Brüdern in den Rücken fallen.
.
Die Hussitensage, deren Inhalt vor ungefähr 250 Jahren dem Fest
Form und Gestalt verlieh, ist bei noch so liebevoller Betrachtung
ein untragbarer Makel auf dem Ehrenschild der Naumburger Bürgerschaft.
.
Mag es Zeiten gegeben haben, in denen man scheinbar darin
keine Schande erblickte, heute können wir als wehrhafte deutsche
Menschen eines großen und freien Volkes eine solche Haltung
nicht mehr verstehen.
. Die heutige Haltung der Tschechen gegenüber
den Deutschen aber macht es zu einer Unmöglichkeit, einen Tschechenführer
in den Mauern einer deutschen Stadt als mitleidsvollen, Gnade spendenden
Sieger durch ein Fest zu feiern.
Statt einer Verherrlichung
der Tschechen soll unser Fest ein Appell werden an die Lebenskraft
unserer Stadt." (Uebelhoer 1938)

Illustration
von Robert Langermann zu Die Trompete des Maulesels. Eine Pferdegeschichte
aus Norwegen (1941)
Robert
Langermann, geboren am 23. Mai 1895 in Riga, wohnhaft Mägdestieg 8,
1923 bis 1925 staatliche Kunstschule Berlin, ab 1927 Zeichenlehrer
am Reformrealgymnasium Naumburg, seit 1932 NSDAP, Kreiskulturwart
der NS-Kulturgemeinde, Hauptstellenleiter des Gauschulungsamtes
und Gaureferent für Kunst und Erziehung. Von ihm stammt die
bekannte Zeichnung Heizer (Kreide / Bleistift, 32
mal 42 Zentimter gross).
Wegen
"früherer marxistischer" Betätigung, beteiligt
sich Roland Langermann (22.6.1933) am Berufsverbots-Antrag gegen
den Mittelschullehrer Friedrich Blüthgen (SPD).
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Es
soll ein Fest der Lebensfreude sein und an ein germanisches
Fruchtbarkeitsfest erinnern. An der Spitze eines Spielmannzuges
ruft der Bändermann im Auftrag des Grünen die
Jugend zusammen. Auf dem Markt tanzen jungvermählte Paare um eine
Lebensrute und Kinder führen einen Bändertanz auf.
Das alte
Kirschfestlied, humorvoll, volkstümlich und mit ausgeprägtem
historischen Sinn, ersetzen die Organisatoren des Festes durch das Bänderlied,
dessen erste Strophe lautet:
Grüner,
komm und lass Dich binden,
lass mit Bändern Dich umwinden,
weiß und rot und gelb und grünwoll`n wir durch die Straße
ziehen,
dass wir alle finden.
In der Zeitungsrückschau
auf das Kirschfest 1938 verkündet man, die Erinnerung an den Hussitenüberfall
ist ausgelöscht worden.
Aber erinnert sich
niemand mehr an die Grundidee des Kirschfestes? Schon ein Blick
auf das Wandgemälde Die Naumburger Kinder vor Prokop (1906)
von Franz Müller-Münster (1867-1936) in der Aula der Walter-Flex-Schule,
heute Alexander von Humboldt-Schule, müsste nachdenklich machen.
Zu sehen ist hier keine nationale Erhebung, sondern eine historische
Szene aus der Emanzipationsbewegung der Hussiten gegen den Anspruch
der Unfehlbarkeit des Pabstes und dem Kampf gegen eine korrupte Kirche.
Frieden erbitten die Kinder von Prokop! Dies widerstrebt den politischen
Intentionen der Nationalsozialisten. Mit
Unterstützung der Landesanstalt für Volksheilskunde in Halle
tritt nun an die Stelle des Hussiten-Motivs der Bändermann
(Bild oben), grafisch gestaltet vom enthusiastischen Nationalsozialisten
Roland Langermann (Naumburg).
Am Donnerstag gegen
16 Uhr marschiert der Grüne auf dem Festplatz der Vogelwiese
mit den Bändermännern und Hochzeitspaaren vor dem Magistratszelt
auf. Sonntag 7 Uhr morgens: Grosses Wecken mit dem Bändermann
und einem Spielmannszug zum Mädchen-Kirschfest und Tag des
Gastes.
1939 findet vorläufig
das letzte Kirschfest statt. Max Bischof teilt am 2. Mai 1939 dem
Oberbürgermeister und NSDP-Kreisleiter Friedrich Uebelhoer die
Selbstauflösung des Kirschfestausschusses mit. Eine
ehemalige Naumburgerinn erinnert sich:
"Inzwischen
war schon Kirschfestzeit, und
in den Schulen liefen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Die Oberstufenschüler
beteiligten sich an den Kostümumzügen Prokop, Ekkehard und
Uta hoch zu Roß mit ihren Vasallen und Kriegern, dazu Bürgerfrauen.
.
Als wir 1940 soweit waren, war Krieg und das Kirschfest fiel
aus, der Jammer war groß." (Peukert-Spindler)
"Durch die
schrecklichen Kriegsfolgen wurden dann die Feste am Schuljahresende
1940 gänzlich eingestellt." (Schütze 2006)
[ATS] Festschrift.
2. Arbeiter- Turn- und Sportfest in Nürnberg 1929
Ausklang des Mädchen-Kirschfestes.
"Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 1. Juli 1933
Ausklang und Rückblick
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Becker, Alexander
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Bossack, Anne-Franziska:
Städtebau zwischen Retrospektive und Avantgarde. Naumburg an der
Saale von 1900 bis 1939. Masterarbeit im Masterstudiengang. Denkmalpflege
- Heritage Conservation der Otto-Friedrich-Universität Bamberg
und an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Fachhochschule
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Dühnen, Felix
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Gewaltiger Eindruck
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Die Ikone Uta. "Naumburger Tageblatt. Mitteldeutsche Zeitung",
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[Hege, Fritz:] Walter
Hege, ein Sohn unserer Stadt. Ein Vortrag gehalten am 15. März
1956 von seinem Bruder Fritz Hege. Naumburg/Saale und Umgebung. Fotografien
zwischen 1925 und 1975 aus dem Atelier Hege /Naumburg. Museum der Stadt
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Hege, Walter: Jugenderinnerungen.
In: Der junge Walter Hege. Erinnerungen. Herausgegeben von Dr. Siegfried
Wagner mit Textbeiträgen von Walter Hege, Kai Agthe, Ursula Diettrich-Wagner
und Dr. Walter Weiße. Saale Druck, Naumburg / Saale
1998, Seite 7 ff.. (Die Geschichte vom "verbrecherischen Plan"
(Hege) findet sich im Abschnitt "Kino". Über sein Verhältnis
zu Paul Schultze-Naumburg berichtet er in "Als Kellner und Postkartenverkäufer".)
[Heldengedenktag]
Die Ausgestaltung des Heldengedenktages. "Naumburger Tageblatt",
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[Hitler] "Nun
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Herausgegeben vom Magistrat Naumburg a. S.. Bearbeitet von Stadtbaurat
Hossfeld. Dari. Deutscher Architektur und Industrie-Verlag, Berlin-Halensee
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Vom Stadtbild Naumburgs. "Naumburger Tageblatt", Naumburg,
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Kirschfest-Erinnerungen.
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Eine Bilanz für Naumburg. "Mitteldeutsche National-Zeitung",
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Vom Kriegervereinswesen, das geboren ist aus gemeinsamen Kriegserlebnissen
und der Freiheitskämpfer 1813/15. "Naumburger Tageblatt",
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Hussitenkriege. Als die Banden der tschechischen Mordbrenner durch Deutschland
zogen. Völkischer Beobachter. Kampfblatt der nationalsozialistischen
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Kunst der Alten
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Kurmann, Peter:
Fehlinterpretationen oder kühne Visionen? Walter Heges Domphotographien
im Urteil der Kunstgeschichte. In: Angelika Beckmann und Bodo von Dewitz
(Herausgeber): Dom Tempel Skulptur. Architekturphotographien von Walter
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des Agfa Foto-Historama im Römisch-Germanischen Museum Köln,
6. November 1993-16. Januar 1994, Stadt Köln, Köln 1993, Seite
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Langermann, Roland,
und andere: Schreiben vom 22. Juni 1933 an die Stadtverordnetenversammlung
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Otto. In: 250 Jahre Firma Eduard Schotte. 1691-1941, Festschrift zum
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.
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Hoppe, Friedrich:
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Thomas Müntzers
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Nachtbackverbot
muss beachtet werden. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 14. Februar 1938
Naumburger Feldpost-Brief
für unsere Soldaten im Felde. Herausgegeben von der Kreisleitung
der NSDAP. Naumburg an der Saale, 1. Folge (1939) und 5. Folge (Oktober
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Naumburg tanzte
zum Rundfunkball. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, am 9. Januar 1939
Neuordnung der Elektrizitätsverordnung
vom Stadtverordneten-Kollegium beschlossen. "Naumburger Tageblatt",
Naumburg, den 20. April 1926
Olympia, aufgenommen
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Ostwald, Heinz.
Brief an den Oberbürgermeister der Stadt Naumburg (S.) vom 23.Mai
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und Wanderpreisen bei sportlichen Veranstaltungen, Rep. 5995
Peukert-Spindler,
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Pfingsttagungen
in Naumburg und Bad Kösen. "Naumburger Tageblatt", Naumburg,
den 7. Juni 1930
Portugiesisch-Angola
als Siedlungsland. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 24. Februar
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Rademacher, Max:
6. Das Artillerieregiment 14 der deutschen Wehrmacht. Stadtarchiv Naumburg,
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Ritzhaupt, Adam:
Die "Neue Schar" in Thüringen. Verlegt bei Eugen Diederichs
in Jena 1921
Rochus Schmidt:
Deutschlands Kolonien. Ihre Gestaltung, Entwicklung und Hilfsquellen,
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Bürgermeister
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den 1. Juli 1933
Rother, Rainer:
Leni Riefenstahl. Die Verführung des Talents. Wilhelm Heyne Verlag,
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Schmidt, Rochus:
Hermann von Wissmann und Deutschlands koloniales Wirken. Klemm, Berlin-Grunewald
1925
Schöppe, Karl:
Das Naumburger Kirschfest. Seine Geschichte und Bräuche Verlag
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[Schotte] 250 Jahre
Firma Eduard Schotte. 1691-1941, Festschrift zum 1. April 1941, Naumburg
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Herausgeber Gottfried Federer. Verlag Franz Eher Nachfolger G.m.b.H.,
München 1932
Schütze, Hans-Dieter
(Jesnitz): ABC-Schütze in der Georgenschule. Internetseite des
Stadtmuseums Naumburg, www.museumnaumburg.de, Januar 2006
Schwarzweißrot
statt Schwarzrotgold [Eine Betrachtung des Stadtmuseums Naumburg an
der Saale zur Vorbereitung und Durchführung des Kirschfestes nach
1918] http://www.mv-naumburg.de/site_content/108-kirschfest/434-08-dasschwarzweissrote-fest,
17. Februar 2015
[Scotti] Scotti
zum Heldengedenktag in Naumburg (Saale) am 13. März 1935. In: Naumburg
gedachter seine toten Helden. "Mitteldeutsche National-Zeitung",
Halle, den 14. März 1938
Thälmann, Ernst:
Rüstet für Erfurt! Alle Kräfte angespannt für das
Reichstreffen der roten Sportler! [Aus "Die Rote Fahne" vom
29. Mai 1930]. In: Reden und Aufsätze zur Geschichte der deutschen
Arbeiterbewegung. Band 2, Auswahl aus den Jahren November 1928 bis September
1930. Dietz Verlag Berlin 1956
Uebelhoer, Friedrich:
Naumburg und die Gau-Kulturwoche. "Naumburger Tageblatt",
Naumburg, am 19. Februar 1938
Uebelhoer, Friedrich:
Naumburger Kirschfest 1938 in neuer Gestalt. Das alte Heimatfest wird
nach deutscher Art begangen. In: Agthe, Kai: Das Spektakel zum Mirakel.
Ein Lesebuch zum Naumburger-Hussiten-Kirschfest, Wartburg Verlag GmbH,
Weimar 2005, Seite 111-115
Uebelhoer, Friedrich:
Rede zur feierlichen Wiedereröffnung des Theaters in der Reichskrone
am 10. August 1939. Stadtarchiv Naumburg, Einzeldokument
Uebelhoer, Friedrich:
Um Großdeutschlands Lebensrecht! In: Naumburger Feldpost-Brief
für unsere Soldaten im Felde. Herausgegeben von der Kreisleitung
der NSDAP. 1. Folge, Naumburg an der Saale, Weihnachten 1939
Uebelhoer, Friedrich:
Rundschreiben des Regierungspräsidenten von Kalisch. Bildung eines
Ghettos in Kalisch. 10. Dezember 1939. In: Peter Longerich unter Mitarbeit
von Dieter Pohl: Die Ermordung der europäischen Juden. Eine umfassende
Dokumentation zum Holocaust 1941-1945, Seite 59 ff.
Verhandlungen des
Deutschen Kolonialkongresses Deutscher Kolonialkongreß. Zu Berlin
am 17. und 18. September 1924. Verlag Kolonialkriegerdank. Berlin
1924
Weinberg, Gerhard
L.: Deutsch-japanische Verhandlungen. In: Vierteljahreshefte für
Zeitgeschichte, 4 (1956) Heft 4, Seite 390-395
[Wallbaum, Eugen]
Im Mai. Ein Mahnruf von Eugen Wallbaum, Vereinsgeschäftsführer
des Männer-Turn-Vereins Naumburg. "Naumburger Tageblatt",
Naumburg, den 6. Mai 1922
Wipprecht, Willy
[Über den Arbeitersport in Naumburg]. In: Willkommen zum Fest der
Arbeit. Fest der Arbeit in Naumburg a. S.. [Programm] Sonnabend, den
26. Juli bis Sonntag, den 3. August 1930
Zwei große
Reichstreffen in Naumburg. "Naumburger Tageblatt", Naumburg,
den 10. Juni 1930
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