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Arthur
Graf von Posadowsky-Wehner (1845-1932)
Ein modernes Land braucht den Parlamentarismus + Absentismus und Verflachung des Parlamentarismus + Gastfreundliches Deutschland + Mittellage und Einkreisungs-Doktrin + Kolonialpolitik + Kolonialkongress + Aufstand der Maji-Maji + Weltpolitik im großen Stil + Kolonialidylle wider den Skandalen + Auflösung des Reichstags 1906 + Reichstagswahlen 1907 - Bild von Posadowsky: Zahlen, Fehleranalyse, Bebels Nörgelpolitik + Die Probleme stapeln sich + Der Sturz: + (a) Liebenberg, (b) Differenzen zwischen Bülow und Posadowsky (mit Karikatur), (c) Intrige? (Karikatur Kellerfest des Hottentottenblocks), (d) Abnutzungsstimmung, (e) Entlassung und Abschied
Vierter Teil etwa 1912 bis 1932
Ein modernes Land kann ohne ein Neben der Sorge um den Besitz, bewegt die Konservativen die Angst um ihr geliebtes preußisches Dreiklassenwahlrecht. (Frank 1911, 24) An der Kraft des allgemeinen und gleichen Wahlrechts hegen sie tiefe Zweifel. Wobei ihnen, wie Posadowsky formuliert, völlig klar: "In keinem konstitutionellen Staat kann eine Regierung nicht fortgesetzt gegen eine Majorität regieren." (Posa RT 7.2.1906, 1088) Konservative zweifeln daran, ob das allgemeine und gleiche Wahlrecht wirklich den Volkswillen abbildet. Und wenn, ist es dann eine geeignete Grundlage für staatspolitische Entscheidungen? 1918 warnt Thomas Mann (394) vor dem demokratischen Votum: "Eine mechanisch demokratische Abstimmung im dritten Kriegsjahr würde mit kläglicher Wahrscheinlichkeit eine erdrückende Majorität zugunsten eines sofortigen und bedingungslosen, dass heißt ruinösen Frieden ergeben." Mitnichten verkörpert das Prinzip der Volksabstimmung, lehren die Betrachtungen eines Unpolitischen (280 ff.), den Willen des Volkes. Als Ersatz für die demokratische Idee fungiert wie 1870 bei der Bismarcksche Fürstenversammlung eine Form von verstaatlichter Demokratie, wo es am Ende nur drauf ankam: "Der Wille eines historisch aufstrebenden Volkes soll übereinkommen mit seinem Schicksal." Meine Herren", klärt Posadowsky 1905 den Reichstag auf, "wir haben in Deutschland das radikalste Wahlrecht der Welt ...." "Und ich stelle ferner fest, daß in keinem Volke der Welt eine solch lebhafte Neigung zur aufsteigenden Klassenbewegung vorhanden ist, eine solche starke Neigung, seine äußere Lage zu verbessern, in höhere soziale Schichten emporzusteigen, wie in Deutschland." Das radikale Wahlrecht und die aufsteigende Klassenbewegung sind "wichtige Elemente des wirtschaftlichen und geistigen Fortschritts". (Posa RT 22.02.1905, 4699) Er will sich in diesem Moment nicht dazu äußern, dass das preußische Dreiklassenwahlrecht große Gruppen von Bürgern von der Mitbestimmung ausschliesst, die Wahlkreisaufteilung und Zuweisung der Sitze die Sozialdemokraten übervorteilte. Beispielsweise erhielt die SPD bei den Wahlen am 3. Juni 1913 zum preußischen Abgeordnetenhaus mit annähernd soviel Stimmen wie die Konservativen - nur 10 Sitze, während jene 149 Plätze im Reichstag einnehmen durften.
Das Dreiklassenwahlrecht galt in Preußen von 1849 bis 1918 für die Wahl der Mitglieder des Abgeordnetenhauses und der Stadtverordneten. Es bildet die Grundlage der "gegenwärtigen Machtstellung der Konservativen als Partei des Agrariertums in Staat und Reich" (Bernstein 1907, 823). Man wird es ungerecht nennen müssen. Vor der Wahl werden die Urwähler entsprechend der von ihnen gezahlten direkten Steuern in drei Wahlklassen eingeteilt, die jeweils zu gleichen Teilen Steuern aufbringen. Dann wählt jede dieser Wahlklassen die gleiche Anzahl von Wahlmännern. In einem weiteren Wahlgang bestimmen sie die Abgeordneten. Folglich entscheidet eine reiche, oder doch zumindest wohlhabende Minderheit, vertreten in der ersten bzw. zweiten Wahlklasse, mit zwei Drittel der Wahlmänner über die zu wählenden Abgeordneten. Graf Posadowsky ist ein Anhänger des preußischen Dreiklassenwahlrechts; das Leistungsprinzip dient als Begründung, wie er am 8. April 1918 (83) in Wahlfragen formuliert:
Damit gewährt das Dreiklassenwahlrecht ein allgemeines, aber kein gleiches Wahlrecht, was eine undemokratische Implikation. Als Reaktion darauf formiert sich eine Wahlrechtsbewegung. Beispielsweise streiken in Hamburg am 17. Januar 1906 die Arbeiter für ein demokratisches Bürgerschaftswahlrecht. Die Reform des preußischen Wahlsystems erfordert 1. die Veränderungen der Wahlkreiseinteilung, um die Bevorzugung der Stimmen vom platten Land gegenüber Großstädten und Industriebezirken zu beenden, 2. die Aufhebung der Dreiklasseneinteilung der Wähler nach Steuerabgaben und 3. die Einführung des Frauenwahlrechts (Bernstein 1907, 829).
Trotzdem stellt er es zur Kaiserzeit nicht in Frage, wie andererseits 1918/19 der Übergang zu einem neuen Wahlrecht für ihn kein Problem darstellt und es unterstützt. Zwischen den bürgerlichen Parteien und Sozialdemokratie steht das preußische Dreiklassenwahlrecht. Und so darf man gespannt wie sich dazu die Debatte am 7. Februar 1906 Reichstag gestaltet. Auf der Tagesordnung steht die erste Beratung des von den Abgeordneten Albrecht und Genossen eingebrachten
Jede Partei macht dem Prinzip des gleichen Wahlrechts seine Komplimente und jede entzieht sich dann auf spezielle Weise dem sozialdemokratischen Antrag. "Passive Resistenz", nennt das die "Volksstimme" aus Magdeburg. Typisch hierfür das Verhalten vom Zentrum, was es für angebracht hielt, die Begründung seiner ablehnenden Stellungnahme mit dem Bekenntnis zum gleichen Wahlrechts zu verbinden. "Die Parole der Nationalliberalen lautet nicht, Abschaffung des Dreiklassenwahlrechts, sondern Befestigung des Dreiklassenwahlrechts." Für die Freisinnige Volkspartei redet Justizrat Albert Träger (*1830-1912). Den Antrag der Sozialdemokraten, beide Geschlechter ab zwanzig Jahre die Wahlberechtigung einzuräumen, wollte er nicht mittragen, obwohl er sich als Freund das allgemeinen, gleichen Wahlrechts gerierte. Erwartungsvoll sehen die Mitglieder des Reichstages der Präsentation von Graf Posadowsky entgegen. Dabei stützt sich auf Otto von Bismarck. Als Gesandter in Paris habe er das allgemeine Wahlrecht kennengelernt und sich zum Vorbild genommen. Ihn beherrschte damals unglücklichen Erinnerungen an die "Konfliktzeit in Preußen" und hegte einen Groll gegen die Demokraten. Mit Einführung des allgemeinen Wahlrechts hoffte er, daß der Reichstag "für die Zwecke der Landesverteidigung unter allen Umständen die Mittel bewilligen würde", die erforderlich sind. Das erfüllte sich nicht. Seit dem die Sozialdemokraten auf Grundlage des allgemeinen Wahlrechts ihre Organisation ausgebildet, wendet es sich in "schärfster Opposition" gegen die Forderungen für das Militär. Der Macht der Majorität im Parlament ist real, aber es bleibt immer der Ausweg: "Man kann, wenn man glaubt, daß die Majorität das nicht leistet, was zur Erhaltung des Staates notwendig ist, ein Haus wiederholt auflösen." Von Staatsstreich will er nicht sprechen. Er spürt die Dissonanz, die in der Verschiedenheit des Wahlrechts in Reich und in Preußen liegt, hält es aber im Interesse der Macht für notwendig. (Posa RT 7.2.1906, 1088ff.) Recht unkoventionell für die damalige Zeit sind von ihm die unter massenpsychologischen Gesichtspunkt vorgetragenen Bedenken gegen das allgemeine Wahlrecht.
Doch für die weitere Analyse und Schlussfolgerungen, ist heute keine Zeit, niemanden steht der Sinn danach. Die Presse schaut kritisch auf seinen Auftritt im Reichstag: "Nie ist wohl noch eine Rede", urteilt die Volksstimme aus Magdeburg zwei Tage später, "mit großer Spannung erwartet worden"; nie hat aber auch einer seiner Reden so sehr enttäuscht. "In einer Situation, die ein klares, offenes und entschiedenes Bekenntnis der Regierung erfordert, hat sich ihr Vertreter als ein Hans der Träumer vorgestellt, der mit Ideen jongliert, Luftschlösser baut und Seifenblasen nachjagt. Seufzend steht er dann am Scheideweg: das Dreiklassenwahlrecht hat seine schweren Mängel, aber das Reichstagswahlrecht hat sie auch. Denn das Reichstagswahlrecht berücksichtigt nicht die Intelligenz. Das Ideal des Grafen Posadowsky - desselben Grafen Posadowsky der am Tage zuvor über den "Zukunftsstaat" der Sozialdemokratie zu spotten versucht hatte - ist offenbar der unmöglichste oder doch der feinste der aller Zukunftsstaaten, die platonische Republik nämlich, in der Philosophen mit weiser Einsicht und unendlicher Güte das Volk regieren." (VS 9.2.1906) Vielleicht stimmte der nun folgende Satz versöhnlich, jedenfalls nehmen große Teile der Öffentlichkeit sein Bekenntnis zum Dreiklassewahlrecht erstaunlich nachgiebig auf:
"Posadowsky ist einsichtig genug," kommt ihn am 7. Februar 1906 die Leipziger Volkszeitung ein Stück entgegen, "um zu erkennen, dass das bestehende Wahlsystem zum preußischen Geldsackparlament nicht zu halten ist ...." Sowohl die "National-Zeitung" wie der "Vorwärts" bewerten seine Rede vom 7. Februar negativ. Gewiss, hegte die SPD zum allgemeinen und gleichen Wahlrecht Erwartungen, die er nicht erfüllte. Und die Nationalen vermuteten nach seinem Auftritt gleich einen Generalangriff auf ihre existentiellen Interessen. Beide vernachlässigen, dass er für den Parlamentarismus streitet und ehrlich für eine politisch emanzipierte Arbeiterschaft eintritt. Den Scharfmachern, der Sammlungsbewegung (um Miquel) und der reaktionären Masse, stellt er im Dezember 1905 seine geronnenen politischen Erfahrungen entgegen:
Eduards Bernsteins Analyse der "Aussichten der Wahlrechtsreform in Preußen" von 1907 fällt düster aus. Auf dem SPD-Parteitag vom 15. bis 21. September in Essen liegt ein Wahlrechtsantrag vor. Reichskanzler Fürst von Bülow trägt sich angeblich mit der Absicht, Anfang November dazu den preußischen Landtag einzuberufen. Doch die Diskussion dazu wird auf Initiative von August Bebel auf den Preußischen Parteitag verschoben. Aus föderaler Pespektive beurteilt Graf Posadowsky die Debatte um die Stabilität und Brauchbarkeit des preußischen Wahlsystems kritisch. Gegensätze und widerstreitende Interessen sind im Reich reichlich vorhanden. Entscheidend ist für ihn, dass das Wahlrecht seine "nationale Aufgabe" erfüllt. Selbst die Gegner müssen anerkennen, notiert er am 1. März 1910 im Manuskript zur Innere(n) Reichspolitik (73), dass es "unter der Herrschaft" des alten Wahlrechts eine gewaltige Kulturarbeit geleistet wurde. Er beurteilt den Erfolg und Mißerfolg des Parlaments und Demokratie danach, ob die genehmigten und durch das Wahlsystem installierten Körperschaften, stets die Mittel, "welche zur Verteidigung unseres Vaterlandes zu Land und zu Wasser notwendig waren" genehmigt. Das sollten seine Gegner anerkennen. Unkritisch schreitet er so über das vom Reichstag organisierte System zur Finanzierung der Flottenrüstung sowie der Verkopplung von Militär- und Haushaltspolitik hinweg und erhebt den Dienst am Krieg zum Maßstab des Reichswahlgesetzes. Das Reichstagswahlrecht bestand seiner Auffassung nach mit Auflösung des Reichstags im Winter 1906 seine Bewährungsprobe, weshalb es ihm nicht gerechtfertigt erscheint, wenn man dieses Wahlrecht als eine für Deutschland verfehlte und schädliche Einrichtung darstellt. Die Reformer, wendet er ein, sind wahrscheinlich kaum in der Lage "ihre Gegnerschaft in gesetzgeberische Beschlüsse zu übertragen". (Alles "Innere Reichspolitik" 1910) "Zu all diesen symptomatischen Äußerungen und verschleierten Stimmungen," schildert 1910 Posadowsky im Aufsatz Innere Reichspolitik die politische Stimmung, kommt noch die bekannte Erklärung von Elard von Oldenburg (1855-1937). Was der ehemalige Offizier im 2. Garde-Ulanen-Regiment (1874 bis 1883) und Rittergutsbesitzer im Reichstag am 29. Januar 1910 kundtut, erzeugte in der Öffentlichkeit einige Unruhe. Es tat die Äußerung: "Ja, meine Herren, das ist auch eine alte preußische Tradition . Der König von Preußen und der Deutsche Kaiser muß jeden Moment imstande sein, zu einem Leutnant zu sagen: Nehmen Sie zehn Mann und schließen Sie den Reichstag." (Oldenburg RT 29.01.1910, 898) "Wer den
gesamten Inhalt der Verhandlung und insbesondere jener Rede vorurteilfrei
von der Hitze des politischen Kampfes unbeeinflusst liest,"
kommentiert Posadowsky, "muss zugestehen, daß die Äußerung
nur ein Beispiel für den unbedingten Gehorsam des Soldaten
gegenüber der Allerhöchsten Kommandogewalt geben sollte,
und daß es eine arge Übertreibung ist, in jener Äußerung
eine Aufforderung zum Verfassungsbruch zu erblicken. Trotzdem ist
ein solch drastisches Beispiel schon deshalb höchst gefährlich,
weil es, wenn auch nur theoretisch, die Möglichkeit zulässt,
dass der höchste Vertreter von Recht und Gesetz einen Befehl
erteilen könnte, der gegen die Grundverfassung des deutschen
Reiches verstieße." (Posa Innere Reichspolitik, 1.3.1910,
74/75) Als Fraktionsführer der Deutschnationalen Partei mahnt Graf Posadowsky am 7. Oktober 1919 (2898) in der Nationalversammlung Verbesserungen am republikanisch-demokratischen System an. Doch es es hat Grenzen. Die Volkssouveränität, wie es die Radikalen verlangen, führt nach Posadowsky`s Überzeugung in die "Despotie rein materialistischer Massentriebe" (Demokratie, 8.12.1921). Ihm fällt der Abschied vom preußischen Dreiklassenwahlrecht nicht leicht. Noch am 7. Oktober 1919 (5) beharrrt in der Nationalversammlung darauf: "Wir
glauben, dass die konstitutionelle Monarchie die Staatsform ist, welche
den sicheren Gang der Staatsmaschine am besten gewährleistet."
"Wir hatten also in Deutschland das freieste Wahlrecht, das man in Europa kennt ....". Nichtsdestotrotz ist gut erkennbar, dass er sich in der Revolutionzeit vom preußischen Dreiklassenwahlrecht endgültig verabschiedet. Er unterstützt die Demokratisierung der Gesellschaft und Parlamentarisierung. Zur Demokratie, dessen Kern der Wille und die Praxis eines rechtsstaatlichen Umgangs mit dem politischen Gegner, bekannte er sich bereits 1911 in der Bielefelder-Rede. Überdies äußern sich in anderen politischen Feldern Elemente seines demokratischen Bewußtseins.
Absentismus und Absentismus, Verflachung der Debatten und fehlende Legitimation einzelner Beschlüsse des Reichstages werfen kein gutes Licht auf den Parlamentarismus und das demokratische Selbstverständnis vieler Abgeordneter. Oftmals bleiben viele von ihnen den Verhandlungen des Reichstags fern. "Zunächst ist es unzweifelhaft ein anormaler Zustand, der leider seit Jahrzehnten im Deutschen Reichstage besteht, daß die allerwichtigsten Gesetze nicht von der Volksvertretung in ihrer Gesamtheit, nicht von der verfassungsmäßigen Mehrheit der Volksvertretung beraten und beschlossen werden, sondern unter Umständen von einer ganz verschwindenden Minderzahl der Abgeordneten. (Sehr richtig! rechts.)" (Posa RT 26.4.1906, 2708) So der Standpunktr von Graf von Posadowsky am 26. April 1906 in der Debatte zum Gesetz, betreffend der Gewährung einer Entschädigung an die Mitglieder des Reichstags. - Nahtlos fügen sich die Beobachtungen von August Bebel (1911/1986, 293) an: "Die große Mehrzahl der Gesetze wurde von beschlußunfähigen Häusern angenommen. So blieb es bekanntlich bis zur Einführung der Diäten im Frühjahr 1906." In jenem Jahr berät am 26. April der Reichstag über die Gewährung einer Entschädigung für die Teilnahme an den Sitzungen. Das scheint plausibel, denn nicht wenige sehen die Ursache für die beschriebenen Missstände in den fehlenden Tagegeldern. Doch haben die nach Einschätzung von Posadowsky keinen Einfluss auf die Anwesenheit der Abgeordneten, weil sie für die meisten von ihnen keine wirtschaftliche Bedeutung haben. Deshalb verhalten sich die konservativen Abgeordneten in der Debatte zurückhaltend und verweisen auf die Regelung durch Otto von Bismarck. Als er "die Bestimmung der Diätlosigkeit in die Verfassung des Deutschen Reiches einsetzte", erklärt Graf Posadowsky,
daß die Vertreter des Deutschen Volkes ohne welche Entschädigung dauernd, und so wie es das Reichsinteresse erfordert, das Mandat eines Abgeordneten wahrnehmen können. Oh nein, protestiert August Bebel (ebenda 293), das war vielen nicht möglich!. Für die SPD-Abgeordneten war "die Teilnahme an den Reichstags- und Zollparlamentsverhandlungen" ein "großes Opfer". Eine Parteiunterstützung, "die mager genug ausfiel", gab es erst ab 1874. Reisen nach und von Berlin mussten wir aus eigener Tasche bezahlen. "So fehlten wir oft in Sitzungen, manchmal sogar, wenn unser Parteiinteresse gebot, anwesend zu sein."
Trotz der unterschiedlichen sozialen Konstellation und Erfahrungen stimmen Arbeiterführer und Staatssekretär in der Beurteilung der Folgen des Absentismus überein, und zwar in dem Sinne wie Posadowsky feststellt, das er "eine sehr bedenkliche Wirkung auf den inneren Gehalt und Wert unserer Gesetzgebung" hat. Er ist nicht vertretbar, schädigt das Ansehen und unterminiert das Vertrauen in das Hohe Haus. Was kann man angesichts der Missachtung des Pflichten-Codex durch die Abgeordneten überhaupt von ihnen erwarten? Der Absentismus bewirkt, einen viel zu häufigen Personenwechsel in den Kommissionen. Wie wollen diese Abgeordneten, die den Anfang der Beratungen überhaupt nicht beiwohnten, damit vielleicht von ganz anderen Voraussetzungen bei der Beurteilung der Regierungsvorlage ausgehen, an der Gesetzgebung konstruktiv mitwirken? Da ist das Problem der Doppelmandatierung. Viele Abgeordnete sind durch die Wahrnehmung öffentlicher Verpflichtungen überbeansprucht und können deshalb nicht an den Sitzungen teilnehmen. Außerdem besteht ein "Übermaß von Beredsamkeit im Parlament". Bei der enormen Häufung von Sitzungen in den Fraktionen und Kommissionen, der Überlastung der Abgeordneten mit Ehrenämtern, weiss Posadowsky aus eigener Erfahrung, sei es unvermeidlich, dass der Parlamentarismus verflache. " .... und ich bin der Ansicht, daß viele Klagen, die über unsere Gesetzgebung auch in der Bevölkerung erhoben werden, aus diesem häufig fehlenden Zusammenhang der Verhandlungen hervorgehen." (Posa 26.4.1906, 2708) Der SPD-Abgeordnete Paul Singer (1844-1911) lehnt am 26. April 1906 die Vorlage zum Gesetz, betreffend der Gewährung einer Entschädigung an die Mitglieder des Reichstags ab. Es bedeutet eine Geringschätzung des Parlaments im Ganzen und ein Schlag in sein Gesicht, es widerspiegelt die Furcht vor der Bürokratie, entspricht aber nicht den Vorstellungen der Parlamentarier. Mit Annahme der Vorlage, würde sich der Reichstag außerhalb der Reihe der Kulturstaaten stellen. Die Versagung der freien Fahrt für die Abgeordneten in ganz Deutschland ist kleinlich, schikanös und schulmeisterlich. Man gewinnt den Eindruck, dass es sich bei der Entschädigung nicht um den finanziellen Aufwand handelt, den der Abgeordnete während seines Aufenthaltes in Berlin betreiben muss, sondern dass die Diäten eine Art Belohnung für den Aufenthalt in Berlin darstellen. Die Bestimmung, dass die Zahl der anwesenden Mitglieder zur Herstellung der Beschlussfähigkeit nötig ist, herabgesetzt werden soll, "kann nur aus der Absicht geboren sein, die Opposition wehrlos zu machen." (Erste Lesung 27.4.1906)
Gastfreundliches Deutschland Wiener Sonn- und Montags-Zeitung 1906 zurück Wer nach der Russischen Revolution vom Januar 1905 im Meldeformular der Berliner Polizei "Aus Russland" einträgt, erhält das Etikett "lästiger Ausländer" verpasst, und wird, "mag er auch noch so harmlos und unpolitisch sein", berichtet am 7. Mai 1906 die Wiener Sonn- und Montags-Zeitung, "des Landes verwiesen". Gestützt auf die Ideenassoziation "Rußland gleich Revolution", lautet das Motto: Sicher ist sicher. Die Ausweisung erwischt Kaufleute, Fabrikanten, Gutsbesitzer, Gelehrte, Studenten, Handwerker, Händler, Arbeiter und Dienstbote. Erst Opfer der russischen Reaktion, "jetzt Opfer der deutschen Grausamkeit und Polizeiwillkür". "Besonders sind", stellt am 3. Mai August Bebel im Reichstag fest, "von den Ausweisungen die russischen Juden betroffen." "Das Land der Dichter und Denker könnte wohl darauf bedacht sein," regt die eingangs zitierte Zeitung aus der Hauptstadt des befreundeten Landes an, "nicht vom Ausland zum "Land der Richter und Henker" umgereimt zu werden." Am 3. Mai 1906 befasst sich der Reichstag mit der Russophobie deutscher Ämter, wobei zu beachten ist, dass zwar die Fremdenpolizei der Aufsicht des Reiches unterliegt, aber ihre materielle Regelung und Handhabung den Einzelstaaten überlassen wird. Ohnehin wäre es den Reichsbehörden nicht möglich, die Ausweisungen in den verschiedenen Bundesländern zu prüfen. Ein besonderer deutsch-russischer Niederlassungsvertrag besteht nicht. Deshalb, antwortet Graf von Posadowsky, lehnt der Reichskanzler die Verantwortung ab. (Posa RT, LVZ 4.5.1906) August Bebel zweifelt, ob diese verwaltungsrechtlich orientierte Antwort politisch klug war. Wohl hat sich das Deutsche Reich in Handels- und Freundschaftsverträgen, das Recht vorbehalten "lästige Ausländer" auszuweisen. Doch in einer Reihe von Vereinbarungen ist die Gleichstellung mit den deutschen Landesangehörigen festgelegt, womit praktisch eine Ausweisung nahezu undenkbar. Russische Staatsangehörige haben gemäß dem deutsch-russischen Handels- und Schifffahrtvertrag das Recht Handel und Gewerbe im Deutschen Reich auszuüben. Doch "Die Polizeibehörde weist nach Gutdünken aus, und wenn der Betreffende verlangt, wenigstens die Gründe für seine Ausweisung zu erfahren, damit er imstande ist festzustellen, ob ein Recht dazu vorliegt, ob nicht die Polizei selbst falsch über ihn unterrichtet ist, so wird ihm in allen Fällen erklärt: du hast keinen Anspruch darauf, das zu erfahren, wir haben keine Verpflichtung, es dir zu sagen und damit basta." (Bebel RT, LVZ 4.5.1906)
Mittellage und Einkreisungs-Doktrin zurück Am 24. August 1924 weihen die Domschüler, ihre Lehrer und Gäste an der Nordwand des Kreuzgangs vom Naumburger Dom den im Krieg gefallenen Domschülern eine steinerne Gedenktafel. Der Dechant des Naumburger Domkapitels Arthur Graf von Posadowsky-Wehner hält aus diesem Anlass eine Rede und würdigt mit einfühlsamen Worten ihr Leben und Opfer für das Vaterland. Als er in das Jahr 1914 zurückblickt, da schimmert wieder die Einkreisungs-Doktrin durch. Es war die Zeit "der trüben Flut politischen Hasses und heimlicher Begehrlichkeit unserer F e i n d e r i n g s u m ". Allerdings entkoppelt er im Januar 1919 in der Reichskronen-Rede die Umzingelung von deutschen Streben der Weltpolitik und verleiht dem Ganzen eine neue Anmutung und Ausrichtung, ähnlich wie er es 1918 in einer Reichstagsrede ausspricht:
Von der geopolitischen Ratio einer Mittellage ist es nur ein kleiner Schritt zur Einkreisungs-Doktrin. Reichskanzler Bernhard von Bülow popularisiert sie am 14. November 1906 in seiner Rede vor dem Reichstag. Ob es eine originäre Leistung von Bülow war, ist unklar. Vermutlich eher ein exkulpiertes Desiderat der öffentlichen Meinung in Reaktion auf die englisch-japanische Allianz vom Januar 1902 mit einer realen Komponente gegen Rußland.
Während der Entfesselungskünstler Harry Houdini am 8. Dezember 1915 dem staunenden Publikum vorführt, wie man sich aus der Zwangsjacke frei in der Luft an einem Seil hängend befreien konnte, gelingt es den meisten Deutschen nicht, die Einkreisungs-Doktrin wieder abzulegen. Die Einkreisungs-Doktrin nimmt in der deutschen Politik einen zentralen Platz ein und war von nachhaltiger Wirkung. Sie leistete unschätzbare Dienste bei der Verfeindung von Staaten und damit der politischen Mobilisierung der Bürger. War der Krieg ein Mittel der Selbstbehauptung einer Welt von Feinden gegenüber, kann Deutschlandland allein schwerlich Schuld tragen an diesem größten aller Kriege. Der Deutsche Reichstag behandelt am 30. Juni 1913 in dritter Lesung die Wehrvorlage und beschließt die Erhöhung der Friedensstärke des Heeres um 117 267 auf 661 478 Mann. Darin sieht die Majorität des Hohen Hauses keinen Akt der potentiellen Bedrohung der Nachbarn. Deutschland ist nicht aggressiv. Alles dient lediglich der Wehrhaftigkeit Deutschlands, das von Frankreich, Großbritannien und Russland umstellt. Verdankt die Wehrvorlage wirklich der Einkreisungs-Doktrin oder dem Verlust jeder bürgerlichen Opposition durch die "Entfesselung der chauvinistischen Instinkte" (Emil 1906/07, 133) ihr Leben? Auch Kaiser Wilhelm II., außerstande die komplizierte Risikostrategie des Generalstabes zu durchschauen, wähnte sich als unschuldiges Opfer einer angeblich von langer Hand vorbereiteten Einkreisungspolitik der Entente (Mommsen 2005, 221). Gustav Stresemann (1878-1929) spricht am 13. April 1919 (913) auf dem Parteitag der Deutschen Volkspartei (DVP) in Jena "von dem von allen Seiten bedrohten Deutschen Reich". Paul Rohrbach (1869-1956) begreift die Einkreisung-Doktrin in "Monarchie, Republik und politische Parteien in Deutschland" (1920) als ein notwendiges Moment zur Bildung der "Einheit des nationalen Empfindens". Am 11. Mai 1924 findet in Halle an der Saale der "Deutsche Tag" statt. Aus diesem Anlass gedenkt Stahlhelmführer Oberstleutnant a.D. Theodor Duesterberg (1875-1950) in seiner Ansprache am Moltke-Denkmal einleitend dem Anschlag jugendlicher Kommunisten gegen die Kaiser-Wilhelm-Denkmalanlage vor zwei Jahren, um dann vor den 2000 auserwählten Gästen der wilhelminischen Generalität und revisionistisch deutschnationalen Prominenz Deutschlands Lage in der Welt zu beklagen:
"Wir Deutschen . verlangen aber, und das soll die ganze Welt hören, auf Grund des ersten aller Völkerrechte, auf Grund des Selbstbestimmungsrechts die Wiedervereinigung aller in Mitteleuropa geschlossen lebenden Deutschen zu einem neuen großen Deutschen Reich." (Der "Deutsche Tag, 12. Mai 1924) "Deutschland als Militärstaat war im Jahre 1914 eingekeilt zwischen zwei Länder," legt Adolf Hitler 1925 in "Mein Kampf", Kapitel "Deutsche Bündnispolitik nach dem Kriege", dar, "von denen das eine über die gleiche Macht und das andere über eine größere verfügte. Dazu kam die überlegene Seegeltung Englands. Frankreich und Rußland allein boten jeder übermäßigen Entwicklung deutscher Größe Hindernisse und Widerstand." Die Rede von Reichspräsident Paul von Hindenburg (1847-1934) am 18. September 1927 zur Einweihung des Tannenberg-Denkmals steht unter dem Stern "Nichts gelernt und nichts vergessen" und reüssiert mit Deutschland in der
Kolonialpolitik zurück Schon recht früh übt Graf Posadowsky Kritik an der deutschen Kolonialpolitik, weil sie nicht zur Stärkung der wirtschaftlichen und politischen Macht Deutschlands beiträgt. Im Unterschied dazu, besteht Reichskanzler Bernhard von Bülow (RT 1906, 3958) schlussendlich darauf:
Derartig apodiktischen Aussagen und Statements misstraut Posadowsky. Er gründet seine Einschätzung auf Fakten und Zahlen. Das Ergebnis lautet: Die Kolonialpolitik ist weder ein Mittel gegen die Arbeitslosigkeit noch gegen die angebliche Überbevölkerung. Letztere existiert überhaupt nicht, argumentiert er 1911 in der Bielefelder-Rede:
Ein weiterer Kritikpunkt lautet:
Ein logischer Widerspruch zwischen den Aussagen der Bielefelder- und Jenenser-Rede liegt dennoch nicht vor. Etwas vereinfacht gesagt, er kritisiert die politische Ausrichtung und Durchführung der neuerlichen Kolonialpolitik, lehnt sie aber nicht ab.
[Kolonialkongress zurück] Am 5. Oktober 1905 eröffnet Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg in Berlin den Deutschen Kolonialkongress. Arthur Graf von Posadowsky-Wehner folgte der Einladung und hält zur Eröffnung eine Ansprache. Das Vaterland, die Zeitung für die österreichische Monarchie, bescheinigt ihm am Tag darauf, dass er den ernst Lage der Kolonien erfasst. Eine Rückwirkung auf die koloniale Stimmung in der Bevölkerung, die sich in jüngster Vergangenheit auf Grund der Ereignisse in Afrika deutlich verschlechterte, ist deutlich zu spüren. "Die Schwierigkeiten sind in den kolonialpolitischen Kreisen unterschätzt worden." Von Bravorufen und lebendigem Beifall begleitet, stellt der Stellvertreter des Reichskanzlers den Einsatz und die Haltung der Kolonialtruppe lobend heraus: "Einen Lichtpunkt in diesen trüben Ereignissen bietet die Haltung unserer Truppen (Bravo!), die unter der schwere des tropischen Klimas, in dem unabsehbaren, wegelosen Gelände mit bewundernswerter Ausdauer ihre Pflicht bis zum Tode erfüllen (Bravo!) und so den alten Ruhm deutscher Soldatenehre von neuem bewährt haben; sie haben sicher
für diesen Dienst am Vaterlande ebenso erworben, als ob sie zur Verteidigung unserer heimischen Grenzen ausgezogen wären. (Bravo)!"
Sozusagen in "Dankbarkeit des deutschen Volkes" erhält Dr. Carl Peters (1856-1918) im gleichen Jahr den Titel Reichskommissars a.D. und ab 1914 eine Pension zuerkannt. Doch der Kolonialkrieger war nicht damit einverstanden, dass der gesetzliche Presseverantwortliche der "Münchner Post" Martin Gruber (1866-1936) ihn als "abgeurteilt" schmähte und zerrte ihn deshalb vor das Schöffengericht in München. Sein Verteidiger Doktor Bernheim weicht der Wahrheit nicht aus und vollendet vor dem Richter:
[Aufstand der Maji-Maji zurück] Im Morgengrauen des 20. Juli 1905 reißen in Nandete im Matumbiland (Deutsch-Ostafrika) eine Frau und zwei Männer Baumwollpflanzen aus dem Boden. Eine Aktion die zum Signal für den Aufstand der Maji-Maji wurde. Es folgen Massaker und Strafexpeditionen bis Chief Chabruma´s Kämpfer durch die deutsche Schutztruppe am 25. Juni 1906 in Ungoni eingeschlossen und vernichtet. Der Aufstand der Maji-Maji gegen die repressive Kolonialherrschaft endet am 18. Juli 1908 mit der Erschießung von Rebellenführer Mpangiro. 1904 traten in Deutsch-Südwestafrika die Herero und Nama (von den Deutschen abschätzig als "Hottentotten" bezeichnet) in den Aufstand. Nach der verlorenen Schlacht am Waterberg, wollten sie durch Omaheke ins Betschuanaland (Botswana) ziehen. Deutsche Truppen verhinderten ihre Wasseraufnahme und ließen sie verdursten. Wer dem Massensterben entkam, vegetierte dahin oder starb oft im Konzentrationslager.
[Weltpolitik im großen Stil zurück] August Bebel prangert am 3. März 1906 im Reichstag die deutsche Ausrottungsstrategie in den Kolonien an und würdigt den Einsatz des Zentrum-Manns Matthias Erzberger (1875-1921). Allein für Ostafrika, bei Gesamteinnahmen von 4.657.881 und Ausgaben von 11.717.208 Mark, muss das Reich laut Budgetkommission des Reichstages 7.059.827 Mark an Zuschuß leisten. Im August 1906 legt Kanzler Bernhard von Bülow dem Reichstag einen Nachtragshaushalt vor, der zusätzlich 29 Millionen Mark für die Kolonialtruppen und den Bau einer angeblich kriegswichtigen Eisenbahn vorsieht. "Man will Weltpolitik großen Stils treiben, man will endlich die langersehnte Kolonialarmee schaffen", konkretisiert am 14. Dezember 1906 der Vorwärts aus Berlin das Vorhaben der Regierung. Mindestens 5000 Mann, gegebenenfalls auch mehr, sollen in Südwestafrika bleiben. Es mussten die Truppen in Deutsch-Südwest Afrika verstärkt werden, um die Aufstände der Hottentotten und Hereros gegen die Deutschen niederzuschlagen. Das kostete Geld.
[Kolonialidylle wider den Skandalen zurück] Matthias Erzberger vom Zentrum wendet sich gegen Grausamkeiten der Kolonialkriege, dem Morden und Terrorismus. Er fordert die Reduzierung der Truppen und der beantragten Regierungsgelder. Durch die Veröffentlichung der skandalösen Tätigkeit der Firma Tippelskirch & Co. GmbH forciert der Kandidat für den Reichstagswahlkreis Biberach, Leutkirch, Waldsee, Wangen, die politische Krise, die im Januar 1907 in Neuwahlen einmündet. Das schlechte öffentliche Bild der Kolonialpolitik bereitete ihren Befürwortern zunehmend Sorgen. Bernhard Dernburg (1865-1937) wird im September 1906 zum Leiter der Kolonialpolitischen Abteilung des Auswärtigen Amtes bestellt. Er schönt die Krise der Kolonialpolitik und Ökonomie der Kolonialwirtschaft. Der "Feuerwerker der Kolonialpolitik" (SPD), zeichnet in der Öffentlichkeit eine "Kolonialidylle" in den "rosigsten Farben" mit "Sumpf-" und "Schwindelblüten" und "berauschender Zukunftsmusik". Das sehen die Kolonialschwärmer des besitzenden Bürgertums gerne. "Endlich besteigt er die Rednertribüne, von tausendstimmigen Jubel, Händeklatschen, Getrampel minutenlang begrüßt.", berichtet Pester Lloyd von seinem Vortrag am 8. Januar 1907 in Berlin.
Auflösung des Reichstags Ende 1906 zurück SPD, das Zentrum, die Polen-Fraktion und Welfen lehnen am 13. Dezember 1906 in zweiter Lesung den Nachtragshaushalt zur Finanzierung des Kolonialkrieges in Südafrika in Höhe von 29 Millionen Mark ab. Über die Kolonialgegner ist Reichskanzler Bülow verärgert, sinkt aber, obwohl die Aufklärung einfordernd, über das öffentlichtwerden der Gaunereien des Gutsbesitzers aus der Priegnitz Victor Adolf Theophil von Podbielski, zugleich preußischer Landwirtschaftsminister, tiefer in den Skandal mit der Firma Tippelskirch ein. Auf Anordnung von Kaiser Wilhelm II. löst Bülow das Parlament auf. Als Termin für die Neuwahl wird der
festgesetzt. Um Reichskanzler von Bülow zu stützen, bilden Deutschkonservative, Nationalliberale und Linksliberale ein Wahlbündnis. "Unter der nationalen Parole", ermittelte die Leipziger Volkszeitung, "wurde zum Sturm geblasen gegen die Sozialdemokratie, Zentrum, Polen und Welfen."
Reichstagswahlen 1907 zurück Auf einem Foto vom Reichstagswahlkampf 1907 ist Arthur Graf von Posadowsky-Wehner in der Bildmitte gut zu erkennen.
Auf dem Plakat an der linke Seite des Bildes steht geschrieben: "Alleiniger Kandidat aller freisinnigen Wähler". Darunter prangt der Name "Kaempf". Gemeint ist Johannes Kaempf (1842-1918), Jurist, Stadtrat von Berlin, 1912 bis 1918 Reichstagspräsident und Fraktionsvorsitzender der Freisinnigen Volkspartei. Schwerlich anzunehmen, daß die Aktion gegen die Kolonialpolitik und Militärvorlagen gerichtet, wechselte die Partei doch längst in das Lager der Flottenpropagandisten und Weltpolitiker. Kaempf kandidiert für seine Partei am 25. Januar 1907 zum 12. Deutschen Reichstag. Im Wahlkreis Alt-Berlin, Cölln, Friedrichswerder, Dorothenstadt und Friedrichstadt-Nord erhält in der Stichwahl 6076 Stimmen. Für seinen Gegner von der SPD, den Physiker Martin Leo Arons (1860-1919), zählt man 5040 Stimmen. [Zahlen zurück] Wer zur Wahl am 25. Januar 1907 in Berlin war, konnte Zeuge des masslosen Jubels über die Ergebnisse werden, der alle bürgerlichen Kreise erfasste. In ungeheuren Scharen zogen sie, obgleich keine Versammlung unter freien Himmel anberaumt, zum Fürsten Bülow. Und von da ging es zum Kaiser. Der hielt eine Ansprache. Er zitiert aus dem "Prinz von Homburg", die im Orginal bei Kleist lautet:
Für
die
SPD
besteht
kein
Grund
zum
Jubeln.
28,9 Prozent
der
Wähler
gaben
ihr
die
Stimme.
Damit
büßt
sie
2,8 Prozent
ein
und
verliert
38 Sitze.
Das
Zentrum
erhält
5 Sitze
mehr
als
bei
den
letzten
Wahlen.
Entspricht
fast
unverändert
19,4 Prozent.
Die
Nationalliberale
Partei
verbucht
14,5 Prozent
und
die
Deutschkonservativen 9,4 Prozent.
Der
Bülow-Block
stützt
sich
auf
die
Deutschkonservativen
(60 /
=
+
6),
Nationalliberale
Partei
(55 /
=
+
4),
Deutsche
Volkspartei
(7 / =
+
1),
Deutsche
Reichspartei
(24 / =
+
3),
Freisinnige
Volkspartei
(28 / = + 7)
und
Freisinnige
Vereinigung
(14 / =
+
5)
[Fehleranalyse zurück] Im Wahlkreis Naumburg-Zeitz sind die Sozialdemokraten tief enttäuscht. Das Mandat von Adolf Thiele (*26.9.1853) ist verloren. Die Mängel- und Fehleranalyse fällt hart aus. "Die "Gemäßigten" und "Taktierer" machten, die "Radikalen", also Genossen wie Rosa [Luxemburg] für die Niederlage verantwortlich." (Max Gallo 1988, 226) Das "Einströmen neuer Wählermassen," meint die Volksstimme aus Magdeburg, "die bisher unterhalb des politischen Bewußtseins lebten, hat den bürgerlichen Parteien für den Augenblick ein starkes Übergewicht verschafft". "Das Kennzeichen der Wahlen ist das Aufhören der bürgerlichen Opposition", urteilt die Leipziger Volkszeitung vom 28. Januar 1907. "Was übriggeblieben, ist ein trostloser Brei." Es ist ein Rechtsruck. Das Volk muss die Kosten der Flotten- und Kolonialpolitik zahlen. Die Konservativen fordern eine Änderung des Reichstagswahlrechts und greifen das Koalitionsrecht der Arbeiter an.
Bei Franz Mehring (1907) fällt die Vermessung der Wahlniederlage drastischer aus. Für ihn ist sie Folge der Hohlheit und Nichtigkeit des Geredes, als seien die Wahlverluste eine Erfrischung oder Erneuerung des nationalen oder liberalen Gedankens. Jetzt soll die liberale Bourgeoisie die willige Dirne der ostdeutschen Junker spielen. Mit einem "Platzregen notorischer Reden", heißen die konservativen "Verbündeten" sie willkommen. Trotz manch realistischer Sentenz, scheint den Genossen und Genossinnen das eigentliche Unglück, nicht klar ins politische Bewußtsein zu dringen. Die libertäre Kultur, die für Sozialdemokratie den weltanschaulichen Unterbau bildet, nahm schweren Schaden. "Die Einbindung auch der linksliberalen Parteien in einen rechtskonservativen "Block" durch Reichskanzler von Bülow 1908/07", deutet 1993 (41) Robert Hofmann die politische Rochade, "signalisiert eine weitere Abkehr von den Prinzipien linksliberaler Politik." Die Veränderungen sind Ausdruck nachhaltiger und tiefgreifender Deformationen der politischen Kultur des Staates.
Bebels Nörgelpolitik zurück] Reichskanzler Bernhard von Bülow triumphiert
in seiner Rede über die Sozialdemokraten. Ihre Niederlage, wirft er ihnen vor, ist das Ergebnis von Bebels "Verneinungs- und Nörgelpolitik". Verbunden damit war eine "unpatriotische Haltung", weshalb das Wahlergebnis gerechtfertigt ist und die Strafe "für einen engherzigen, dogmatischen, kleinlichen, philaströsen Geist, der blind gegen alle Andersdenkenden wütete". "Soll ich Sie an das Ketzergericht in Dresden erinnern?", fragt Bülow. "Soll ich Sie daran erinnern an die Art und Weise, wie sie die sechs armen Redakteure des "Vorwärts" an die Luft befördert wurden?" "Die Niederlage der Sozialdemokratie war aber auch wohlverdient, weil sie die Strafe war für eine politische Kampfesweise und für eine publizistische Methode, wie sie so brutal die gebildete Welt doch noch kaum gesehen hat. (Sehr richtig!)" "Unglaubliches ist [von den Sozialdemokraten] geleistet worden, nicht nur im herunterziehen nationaler Empfindungen und Gefühle, sondern auch in der Beschimpfung der Gegner" und dem "Sauherdentum", der sozialdemokratischen Presse. "Ich erwarte", kündigt der Reichskanzler an, "daß die Behörden ihre Schuldigkeit tun und daß sie die öffentliche Ordnung und Freiheit der Bürger gegenüber sozialdemokratischem Terrorismus mit Energie schützen werden". Die Sozialdemokratie ist nach Einschätzung des Reichskanzlers immer fanatischer, immer terroristischer und immer kulturwidriger geworden. Ein Perspektive und Bewertung der Ereignisse, die Posadowsky nicht teilt. Sie enthält versteckte, gefährliche Implikationen, die nicht seinen Vorstellungen und Zielen im Ringen um wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt mit der Sozialdemokratie genügen.
Die Probleme stapeln sich zurück Jetzt schloss Posadowskys manchmal seine Reichstagsreden ohne fröhlichen Rabat, zum Beispiel am 11. Dezember 1905 über die Diäten und Afrika-Bahn (Lüderitz-Bahn im Südwesten von Namibia), wo das Geld nicht bewilligt wurde. "Keine Bahn für Afrika vor Weihnachten, keine Diäten nach Neujahr!" So der kurze Sinn seiner langen Rede, schreibt am nächsten Tag die National-Zeitung (Berlin). Das machte keine gute Stimmung für ihn. Egal ob aus der Sicht der parlamentarischen Kräfteverhältnisse, der Außenpolitik oder Führungskrise der Reichsleitung, in Deutschland stapeln sich die ungelösten Probleme: Finanzierung der Flottenrüstung, Konfrontation mit England, unfruchtbare Kolonialpolitik, gefährliche Konkurrenz beim Kapitalexport, zyklische ökonomische Krisen mit Massenarbeitslosigkeit, Entstehung monopolistischer Märkte, zunehmende Klassenkonfrontation (Generalstreikdebatte) und krasse Wohnungsnot der Unterklasse.Dennoch war die parteipolitische Konstellation im Reichstag für die Sozialpolitik z u n ä c h s t nicht ungünstig. "Die Sozialpolitik der letzten Friedensjahre des Kaiserreichs .... Das Jahr 1906", will sagen: "Das für Sozialpolitik zuständige Mitglied der Reichsleitung, der Staatssekretär im Reichsamt des Innern,
konnte für entsprechende Vorlagen noch bis zum Jahresende 1906 auf Rückhalt in der Fraktion des Zentrums rechnen. Deren Politik wurde von ihrem linken Flügel bestimmt, der in der Fraktion die Mehrheit besaß und sowohl für eine Demokratisierung der Verfassung als auch für eine emanzipatorische Sozialpolitik eintrat. Gerade zur letzteren hatte er seine diesbezüglichen Forderungen in der Aussprache über die Sozialpolitik während der zweiten Lesung des Reichsetats vom 1. bis 6. Februar 1906 nachdrücklich vertreten: eine Vorlage über die Rechtsfähigkeit der Berufsvereine, eine Heimarbeiterversicherung, die Ausdehnung der Krankenversicherung auf alle Arbeiter in der Landwirtschaft, eine Beschleunigung der Vorarbeiten zur Witwen- und Waisenversicherung sowie ein Ausbau des Arbeiterschutzes wurden angemahnt." (Über Posadowsky im Jahr 1906: 1987, 1-10) Anders formuliert: "Ohne die reformfreundlichen Kräfte im Reichstag, insbesondere des Zentrums, hätten Posadowskys Pläne wohl kaum verwirklicht werden können." (Schmidt 2007) Das Zentrum, so hieß es eben, war seine Hauptstütze. Doch es griff an und wurde angegriffen.
Zentrumspolitiker Karl Bachem (1858-1945) erlebte diese Zeit als Aufflammen der Hetze gegen seine Partei. Der Vertreter des Reformflügels warnt daraufhin vor der Überspannung des Konfessionalismus. Denn es darf nicht der Eindruck entstehen, als ob die Partei eine katholische Fraktion sei. Vor allen Dingen möchte die Partei sich jetzt um Abgeordnete bemühen, heißt es weiter im Aufsatz
der im 1. März 1906 in München erschienen, "welche gute Fühlung mit dem Zentrum zu nehmen und zu unterhalten willens und geeignet sind". (Bachem 1913, 23 + 24) Ende des Jahres 1906 schnüren sich die Konflikte zum Paket: Fleischnot, Podbielski- und Kanzlerkrise, Polen- und Kohlenstreik und Tschirschky-Politik [Behandlung der Marokko-Krise durch den Staatssekretär des Auswärtigen Amtes]. Das ist noch nicht alles. Unter "Matthäi am - vorletzten", unterrichtet am 8. Januar 1906 die Morgenausgabe des Berliner Tageblatt: Ultramontane fordern den Rückzug in der Polenfrage. Scharfmacher wollen der Arbeiterbewegung die Zähne zeigen. Die Agrarier wünschen wegen den Teuerungen, eine chinesische Mauer um das Deutsche Reich zu bauen. Und die Nationalliberalen möchten alle Übel heilen, indem sie nach fünfunddreißig Jahren, den leitenden Männern endlich die Wahrheit geigen. So bricht die alte Frage aus dem Auerbach-Keller auf: "Das lieb heil`ge Römische Reich, wie hält´s nur noch zusammen?"
Der Sturz zurück Der Nachtragshaushalt wird am 13. Dezember 1906 nicht genehmigt, der Reichstag aufgelöst und für den 25. Januar 1907 Neuwahlen anberaumt. "Der Streitpunkt, der Winter 1906 zur Auflösung des Reichstages führt", schreibt am 1. März 1919 Graf von Posadowsky im Aufsatz über die "Innere Reichspolitik" (76), "kann nicht als solcher betrachtet werden, bei denen es sich an sich ernsthaft um Versagung der Mittel zur nationalen Verteidigung gehandelt hatte." Bernhard von Bülow legt es am 13. Dezember 1906 (4379) vor dem Reichstag ein wenig anders dar. Er klingt etwas verärgert, wenn er auf "unsere Waffenehre", "die schwere Verantwortung", "unsere Stellung in der Welt" und "Ansehen in der Welt" verweist. Wo kommen wir denn hin, fragt er, wenn wir "Wohl und Wehe und Zukunft des ganzen Landes, von Fraktionsbeschlüssen und Parteirücksichten abhängig" machen. Ob dies Grund genug für Neuwahlen, bleibt vakant. Was bedeutet die Anspielung von Posadowsky, was führte der Reichskanzler im Sinn? [Was wurde in Liebenberg besprochen? zurück] Es wird sich bald alles entscheiden, teilt am 8. November 1906 die Abendausgabe vom "Berliner Tageblatt" im optimistischen Unterton mit. Der Kaiser wird bald von seiner Fahrt aus Liebenberg zurückkehren, wohin der Chef des Generalstabes der Armee Generalleutnant von Moltke begleitete und wo er im Kreise Eulenburg weilt. (BT 8.11.1906, AA) Was bespricht Wilhelm II. vom 7. bis 10. November 1906 in L i e b e n b e r g mit Philipp von Eulenburg? Maximillian Harden (1861-1927) wirft Philipp zu Eulenburg (1847-1921) und den "Liebenberger" am 27. November 1906 in der Zeitschrift "Die Zukunft" vor, seit langer Zeit, gestützt auf ihre persönlichen Verbindungen zum Monarchen, eine Nebenregierung zu bilden. Dabei soll die Reichsleitung, und das spricht Bände über die Ereignisse, zweimal vor den Westmächten zurückgewichen sein. Bülows Position gilt fortan als angeschlagen. (Mommsen 2005, 129/130). Harden polemisierte schon länger gegen das persönliche Regiment Wilhelm II.. Nach der "Daily-Telegraph Affäre" 1908 forderte er dessen Rücktritt. Die Stellung des Reichkanzlers gilt durch die Ereignisse um die Liebenberger Tafelrunde als erschüttert. "F ü r s t
B ü l o w
geht,
das
gilt
jetzt
in
unterrichteten
Kreisen
als
feststehend."
lautet am 8. November 1906 unter der Überschrift "Moltke Dynastie" die erste Textzeile in der Abendausgabe des Berliner Tageblatts. Bereits das Morgenblatt verkündete: "Kann
er
nicht,
dann
geht
er
besser
freiwillig."
Bis zum Rücktritt würden angeblich nur noch zwei Monate ins Land gehen. "Der Name des kommenden Reichskanzlers ist aller Voraussicht nach Helmuth von Moltke."
Als Gründe für den Sturz vom Posadowsky nennt die Presse verschiedene Ursachen. Das Neue(s) Wiener Journal schreibt sechs Jahre später am 23. März 1913: "Im Juni 1907 glaubte Fürst Bülow, Grund zu der Annahme zu haben, daß der Vizekanzler Graf Posadowsky durch den [Berliner] "Lokalanzeiger" gegen ihn intrigiere. Daraufhin erhielt Graf von Posadowsky seine Entlassung; ." So einfach ist es nicht. Bereits im Frühsommer 1906 fluktuieren öffentlich die ersten Nachrichten über einen möglichen Rücktritt von Graf Posadowsky. Alsbald mehren und verdichten sich Gerüchte über seine politische Zukunft. Eine "gewisse Unzufriedenheit über die Haltung Posadowskys bei der jüngsten Südafrikadebatte", registriert im Juni 1906 die Münchner "Allgemeine Zeitung" (Das Vaterland, 6.6.1906). Andere wiederum, etwa das "Deutsche Volksblatt" aus Wien am 3. Juni 1906, erklären dies "als vollkommen unbegründet". Näher dran scheint die "Coburger Zeitung" vom 25. Juni 1907, wenn sie beobachtet, dass zwischen dem Reichskanzler und ihm "Unstimmigkeiten in sozialpolitischen Fragen" herrschen, die den Chef schließlich im Juni 1907 zum Vortrag beim Kaiser in Kiel veranlassen, um seine Entlassung zu erwirken. Anders das "Czernowitzer Tagblatt", was am 26. Juni 1907 versichert, "dass die Sozialpolitik mit Posadowsky Ausscheiden nichts zu tun habe". Es hat damit zu tun, dass Reichskanzler Fürst Bülow, das "ganze bisherige System der mühsamen Mehrheitsbildung mit Hilfe des Zentrums" eine Absage erteilt, urteilt "Pester Lloyds" am 1. Januar 1907. [Bruch und Gegensatz zurück] Die Kriegserklärung an das Zentrum mit seinen 105 Abgeordneten, worauf Kaiser und Reichskanzler abstellen, kommt Graf von Posadowsky ungelegen, weil seine Vorstellungen zur Sozialpolitik damit nicht mehr durchsetzbar sind, weshalb er gegen die Auflösung des Reichstags stimmt. Die Zentrumsnuance besteht darin, dass derjenige der außerhalb dieser Partei ihr am Nächsten stand, sein Amt niederlegen musste. So gesehen war dann der Abschied des Staatssekretärs des Innern ein Opfer an die Blockpolitik. Am 24. Juni 1907 verlässt in "proncierter Art und Weise" das "Staatsschiff" (Neues Wiener Tagblatt). "Ich gewähre Ihnen Ihre Entlassung", wiederholz 1917 Ernst Friedegg (die amtliche Formulierung. Es traf ihn hart. Sein "hippokratisches Antlitz" mit Würde tragend, beobachtete die Vossische Zeitung (Berlin), saß er während der "erregendsten Debatten auf seinen Platz, wie der steinerne Gott. Mitunter lächelte er still und ironisch in sich hinein, um sofort, wenn er sich darüber ertappt, sein Antlitz wieder in kalte, feierliche Falten zu legen und unbeweglich vor sich hinzublicken." Er steht mitten in der Arbeit, äußert er am 11. April 1907 (RT 686), an einem Reformprogramm. Durch sein Amt werden vier Gesetze vorbereitet: Das Gesetz zur Maß- Gerichtsordnung, das Gesetz über den Unterstützungswohnsitz, das Gesetz über die Hilfskassen und das Gesetz, betroffen von Zigarren in der Hausarbeit. Spricht so jemand, der sein politisches Ableben vorbereitet? Verschiedentlich, zuweilen nur nebulös angedeutet, dann wieder klar ausgesprochen, liest man über angebliche und wirkliche Differenzen zwischen Bernhard von Bülow und seinem Staatssekretär des Innern. Paul Wittko erzählt 1925, dass Posadowsky unter Reichskanzler Carl Viktor Fürst von Hohenlohe-Schillingsfürst seine "starkgeistige und früchtereiche staatsmännische Tätigkeit ungehindert ausüben" konnte. Als im Herbst 1900 Bernhard von Bülow übernahm, da brachten die "Temperamentunterschiede dieser beiden Männer bald allerhand Misshelligkeiten zu Tage". "Graf von Posadowsky ist seiner ganzen Natur grundverschieden von Fürste Bülow," referiert zum Ministerwechsel die Neue Freie Presse am 24. Juni 1907, "und man könnte vielleicht sagen, daß, wenn Graf Posadowsky den Typus des deutschen Staatsmannes repräsentiert, sich Fürst Bülow eher demjenigen des romanischen Staatsmannes annähert." Als dann noch bekannt wurde, teilt am 25. Juni 1907 die Jenaer Volkszeitung mit, dass der Staatssekretär den Bestrebungen des Zentrums zuneigt, geredet wurde gar über eine parteipolitische Mitwirkung aus dem Reichsamt heraus, war das Maß voll. Es begann damit, daß die Desavouierung der Regierung durch den Reichstag, wie 1906 geschehen, viele Reichspolitiker als unpatriotisches Verhalten ansehen. Welche Schwerkraft der Streit darüber jedoch entfaltet, gibt Posadowsky am 28. Februar 1907 in seiner Reichstagsrede zu bedenken, lässt sich nicht präjudizieren, sondern ist von der "allgemeinen jeweiligen politischen Lage" abhängig. Jedenfalls sah der Reichskanzler in der Ablehnung der Vorlagen durch den Reichstag, was mit Bestimmtheit anzunehmen, eine nationale Frage. Unter Rückgriff auf die Worte des Vorredners Adolf Gröber (*1854) vom Zentrum, äußert er über die Entscheidung zur Auflösung des Reichstags: ".... wie kann man gegenüber einer Partei, die sich unzweifelhaft bei eine Reihe von Gelegenheiten hohe patriotische Verdienste erworben hat, indem sie für große Massregeln der Landesverteidigung stimmte, - wie kann man einer solcher Partei gegenüber, wenn sie einmal ein paar Millionen ablehnt, einen Kampf anfangen und diesen Kampf zur Ursache der Auflösung des Reichstags machen?" (Posa RT 28.2.1907,139) Wie kann er nur!, dieser Bülow! Er hätte das nicht getan, - das Zentrum ausschalten und dafür in der folgenden Legislaturperiode nur schwer kalkulierbare Risiken für die gesetzgebende Tätigkeit des Reichstages in Kauf nehmen. Das ist nicht sein Weg. Eine kleine Referenz an den Vorgesetzten, doch keine Relativierung der zuvor getroffenen Aussage, tragen die Worte: ich möchte dem Reichskanzler nicht vorgreifen. Er anerkennt, daß er mit der Auflösung des Reichstags seine Karriere als Staatsmann aufs Spiel setzte. Beim Bundesrat stößt er damit auf Verständnis, kann er doch sein Programm durchsetzen. Allerdings muss er sich, worauf Adolf Gröber und der Stuttgarter Rechtsanwalt Friedrich von Payer (*1847) von der Deutschen Volkspartei in der Debatte bereits hinwiesen, jetzt auf Parteien stützen, "die in ihren Grundanschauungen auf Grund langer geschichtlicher Entwicklung bisher allerdings wesentlich auseinandergingen" und "damit die in Aussicht gestellte Gesetzgebung nicht durchführen können". (Posa RT 28.2.1907,139) Über das Verhältnis von Bülow zu Posadowsky lebt folgende Erzählung. Der Reichskanzler wurde krank und sein Staatssekretär für Inneres übernahm regulär die Leitung der Reichsgeschäfte. Die dafür zuständige Reichskanzlei führt parallel und selbständig zum Büro von Posadowsky, was dem nicht so willkommen, weiter und unterzeichnet Dokumente "Im Auftrage des Reichskanzlers". Außerdem ist der Reichskanzler unzufrieden darüber, dass ihn sein Stellvertreter über bestimmte Sachlagen nicht ausreichend informiert. Er erwartete von ihm bei der Vertretung seiner Politik mehr Unterstützung. (Vgl. Arnim / v. Below 1925) "Endlich wird darauf hingewiesen", registriert am 21. März 1907 die Cernowitzer Allgemeine Zeitung, "daß Graf Posadowsky im Reichstag zu dem liberal-konservativen Programm des Reichskanzlers eine auffallend kühle Neigung gezeigt habe." Außerdem betonte er, "daß der Kanzler dem Bundesrat Vorsicht und Zurückhaltung schulde, und ein Vereinsrecht" "sich in den wirtschaftlich und politisch möglichen Grenzen halten" müsse. "Die Ideen des Grafen Posadowsky sind," beobachtet in Wien die Neue Freie Presse, "sind während er im Amte war, sozusagen vor aller Augen, immer moderner geworden." (NFP 24.6.1907) [Intrige zurück] Die Parteizeitung der Zentrumspartei Germania spekuliert darüber, ob der "Vorwärts" Posadowsky im Auftrag des CDI stürzte? Gegen ihn setzten früh politische Attacken ein. Da sind zum Beispiel die Ereignisse um das Rundschreiben an staatliche Institutionen, welches er am 11. Dezember 1897 zu Fragen des Streiks- und Koalitionsrechts versandte. Am 15. Januar 1898 veröffentlichten es die Sozialdemokraten im Vorwärts (Berlin). Doch WER hatte es der Redaktion zugespielt oder überbracht? Wurde diese Frage je gestellt? Man könnte, rekonstruiert zwei Jahre Später die "Germania", vernünftigerweise annehmen, dass er aus den Kreisen des Großindustriellen Wirtschaftsverbandes kommt. Vielleicht musste das sozialdemokratische Blatt dazu herhalten, "eine Intrige gegen Posadowsky anzuspinnen, um dessen Sturz herbeizuführen". Auf diese Weise verleiht die überregionale Zeitung für das Deutsche dem Vorgang ein neues Handlungsmotiv, nämlich: "Graf Posadowsky ist die Hauptstütze und der Hauptförderer der den Freihändlern verhassten und vielen Industriellen jedenfalls nicht angenehmen "agrarischen" Wirthschaftspolitik, der sich gegenwärtig wohl am tiefsten in die Fragen des neuen Zolltarifs eingearbeitet hat und am gründlichsten über alles unterrichtet ist, vielleicht der Einzige der das ganze Material beherrscht und dazu - auf eine Mehrheit im Reichstage rechnen darf. In der vorigen Woche nun hat das Plenum des Wirthschaftlichen Ausschusses zur Vorbereitung neuer Handelsverträge, in denen ja auch die Industrie gebührend vertreten ist, in Berlin getagt und in vertraulicher Weise von dem neuen Zolltarifentwurf Kenntnis erhalten. Es ist leicht möglich, dass ein Mitglied des Centralverbandes deutscher Industrieller dabei zu der Auffassung gekommen ist, es wäre für die Industrie wohl das Beste, wenn Graf Posadowsky so schnell als möglich beseitigt werde." (Germania / Reichspost 28.10.1900, 247) Der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Eduard David bringt 1909 den Sturz von Posadowsky völlig anders als die "Germania" zur Sprache: "Wir haben weiter hier angesehen das Schicksal des Grafen Posadowsky. Der ist auch durch jene Herren gefallen. Dieselbe Taktik hat ihn zu Sturze gebracht ( .) ." Mit jenen Herren ist der Centralverband deutscher Industrieller gemeint. Sein Geschäftsführer Henry Axel Bueck bringt am 7. Juni 1896 in einem Brief seine Freude über das Ausscheiden von Hans Hermann Berlepsch aus der Reichsleitung zum Ausdruck. Die betreffende Textstelle wurde bereits zitiert. David fährt in seiner Rede vor dem Reichstag fort: "Der Herr Posadowsky hatte die Mehrheit des Reichstages für seine sozialpolitischen Dinge auf seiner Seite. ( .) Warum ist er gestürzt? Weil die Mehrheit des preußischen Landtags gegen ihn war ( .), weil jene Seite, jene Machtposition, wie sie jede Sozialpolitik für die Landarbeiter inhibiert, so auch jede ernsthafte Sozialpolitik für die Arbeiter der Grubenbarone verhindert." (David RT 30.03.1909, 7859)
[Abnutzungsstimmung zurück] "Für den gesamten heutigen Zustand dieser Seite unseres öffentlichen Lebens [der Sozialpolitik]", ist laut Deutscher Arbeitgeber-Zeitung vom 24. Juni 1906, "in erster Linie" Posadowsky verantwortlich. "Es soll nicht geleugnet werden," konstatieren Die Grenzboten aus Leipzig, "dass die Auffassung ziemlich verbreitet ist, es werde etwas zuviel Sozialpolitik getrieben; weder sei es in den betreffenden Bevölkerungskreisen möglich, sich in die Fülle Verordnungen einzuleben, noch werde damit irgendwelcher Einfluß auf die Sozialdemokratie selbst und bis zu dieser bisher noch nicht gehörenden Arbeiterschaft erreicht." Erstaunlicherweise fügen sie noch an: "Staatssekretär Posadowsky hat es bei seiner außerordentlichen Hingebung beim Zolltarif um die Konservativen wahrlich nicht verdient, dass diese im Parlament und in der Presse gegen ihn Front machen, wobei diese Frontstellung bis weit in die nationalliberalen Kreise Verlängerung findet." (DG 1906) Die Konservativen und einige linksliberale Abgeordnete nutzen diese Stimmung aus, indem sie verbreiten, es sei zuviel Staatsinterventionismus geübt worden und lehnen den weiteren Ausbau der Sozialpolitik ab. (Vgl. Über Posadowsky im Jahr 1906)
Eine Abnutzungsstimmung kann man auch organisieren. Seit der Auflösung des Reichstags im Dezember 1906 kriselt es. Am 12. Juni 1907 übergibt Rudolf Martin (1867-1939) dem Reichskanzler Bernhard von Bülow eine ausführlich begründete Beschwerde über den von seinem Vorgesetzten Graf Posadowsky erteilten Verweis. Anlass hierfür war das viel beachtete Buch von Martin über "Die Zukunft Rußlands und Japans" von 1905. Es prophezeit den Staatsbankrott Rußlands. Keine uninteressante Nachricht für die Besitzer von russischen Staatsanleihen. Posadowsky mißfällt, daß der Autor in prononcierter Weise seinen Rang und Titel als kaiserlicher Regierungsrat unter den Titel setzte und so - seiner Auffassung nach - den Sensationserfolg errang. Martin empfand das als Beleidigung und will es nicht gelten lassen. Merkwürdig nur, was auch dem Neuen "Wiener Tagblatt" nicht gefiel, die Terminisierung. Nachdenklich stimmt, dass der Beschwerdeführer seine Eingabe nicht nur Reichskanzler Bülow aushändigte, sondern einigen Mitgliedern des Reichstages zustellte. [Entlassung und Abschied zurück] Die Münchner Neueste Nachrichten berichten am 25. Juni 1907 über die Entlassung von Graf von Posadowsky-Wehner: "Der Reichskanzler hat deshalb vorgeschlagen und der Kaiser hat zugestimmt, - übrigens, wie wir authentisch erfahren, ohne jede Schwierigkeit ohne irgend ein Zögern -, daß derjenige preußische Minister, der Gunst und Vertrauen der Konservativen und des Centrums am stärksten genoss, sein Amt niederlege und an seine Stelle ein Nachfolger trete, der als politisch farbloser Beamter von unzweifelhafter Tüchtigkeit und Gewandtheit vielleicht konservativen Anschauungen nahesteht, ganz gewiss aber keine Beziehung zum Centrum hat." "Mit ihm scheidet aus der Reichs- und preußischen Staatsregierung, die einzige bedeutende Persönlichkeit, der letzte, dem auch der Gegner Achtung entgegenbringen konnte." "Sein Sturz entspricht", sortiert am 25. Juni 1907 die Volksstimme aus Magdeburg die Ereignisse, "mehr noch als den Wünschen des Fürsten Bülow jenen der scharfmacherischen Reichspartei, die den ehemaligen Vertreter der Zuchthausvorlage, den Hauptmitarbeiter des Hochschutzzolltarifs, den Vertrauensmann der Landbündler und Industriebündler, seit er sich in der Auffassung seines Amtes zu etwas modernen Anschauungen gewandelt hatte, als ihren Todfeind zu behandeln pflegte."
"Über die Entlassung von Posadowsky", reicht am 26. Juni 1907 das Jenaer Volksblatt nach, "ist noch zu bemerken, dass er schon längst all den Kreisen der Großindustrie und des unsozialen Junkertums verhasst war, denen selbst die unvollkommene, zögernde und reaktionäre Sozialpolitik Posadowsky noch zu "revolutionär" erscheint." Besonders von den Montanindustriellen, bekam der Sozialpolitiker den Unwillen zu spüren. "Wenn soll denn eigentlich der Ministerwechsel zufriedenstellen," fragt am 26. Juni (1907) die National-Zeitung, "wenn nicht die Kreise, die seit langem einen Stillstand der Sozialpolitik ein schärferes Vorgehen gegen die Sozialdemokratie verlangen. Das Urteil der Berliner Presse, präsentiert am 25. Juni die Münchner Neueste Nachrichten über die makellose Persönlichkeit Graf von Posadowsky, fällt ziemlich einhellig aus: "Am lautesten erklingt sein Lob aus freisinnigen Blättern, wiewohl er aus seiner erzagrarischen Gesinnung niemals ein Hehl gemacht hat. Den konservativen, denen seine Sozialpolitik ein Dorn im Auge war, lassen das Scheiden dieses Staatsmannes erheblich kühler, ja wohl mit einiger Genugtuung auf, aber sie gedenken doch mit nassem Augen seiner hervorragenden Arbeitskraft und seines unermüdlichen Pflichteifers." (Münchner Neueste Nachrichten) Einige politische Beobachter heben seine Leistungen und den Fleiss hervor, loben die fachliche Kompetenz und seinen Beitrag zur Parlamentskultur. "Posadowsky," merkt 1925 Paul Wittko im Kontext der Krise von 1906/07 an, "stets unbedingt wahrheitswillig und von großer, fast zu großer Ehrlichkeit ...." "Ein Mann von Bedeutung, Kenntnis, und Arbeitsfähigkeit", gibt der Berliner "Vorwärts" etwas sparsam, doch treffend bei. "Er galt durch seine reichen," blieb dem ehemaligen Schriftleiter der Frankfurter "Volksstimme" Gustav Hoch (1862-1942) haften, "gediegenen Kenntnisse, durch seinen bewundernswerten Fleiß und durch seine für das Parlament nicht zu unterschätzende, ihm in hohem Grade eigene Gabe der Beredsamkeit fast als unentbehrlich." Gerüchteweise wird bekannt, kolportiert am 26. Juni 1907 das Neue Wiener Tagblatt, dass der Unterstaatssekretär Adolf Wermuth (1855-1927) seinem Chef und Freund, dem Grafen Posadowsky in den Ruhestand folgt. Insbesondere war er es, der die Verbindung, über die Bülow so ungehalten war, mit dem Zentrum aufrechterhielt. Als Mittelsperson wirkte wiederum der sogenannte "Schwarze Courier", der Geheime Regierungs- und Vortragsrat von Schönebeck, dessen ungewöhnlich schnelle Karriere in politischen Kreisen mehrfach aufgefallen war. Der Staatssekretär des Inneren ist am Tag des Rücktritts 62 Jahre alt. Er verlegt jetzt seinen Wohnsitz nach Naumburg an der Saale, wo er seit 1901 dem Domkapitel angehört. Der "Gleichheit" vom 16. September 1907 zufolge, soll der Zehnstundentag für die Arbeiterinnen Wirklichkeit werden. Der neue Staatssekretär des Innern Theobald von Bethmann Hollweg reichte ein von Posadowsky hinterlassenen Gesetzesentwurf im Bundesrat ein, der die weitere Beschränkung der Nachtarbeit für Frauen und Regelungen für die Hausarbeit vorsieht. Das Feuilleton vergisst die Entlassung von Posadowsky nicht so schnell. "Das Auftreten des Staatssekretärs Dr. Delbrück erinnerte an die letzte Rede," bringt es am 8. Februar 1913 der Vorwärts aus Berlin wieder aufs Tape, "die im Reichstage sein Amtsvorgänger Graf Posadowsky als Staatssekretär gehalten hat. Auch Graf v. Posadowsky erklärte damals den ostdeutschen Junkern, dass er ein "grundsätzlicher" Gegner ihrer Politik sei. Er wolle kein Minister gegen, sondern für die Sozialpolitik sein. Herr von Delbrück hat am Freitag [den 7. Februar 1913] dasselbe, wenn auch mit anderen Worten gesagt. Graf v. Posadowsky war kurze Zeit nach jener Rede aus seinem Amt ausgeschieden worden."
Vierter Teil etwa 1907 bis 1932 Nach
oben zum Inhaltsverzeichnis Quellennachweis zu Arthur Graf von Posadowsky-Wehner (1845-1932) an den Kipp- und Verzweigungspunkten der Geschichte: https://www.naumburg-geschichte.de/geschichte/posadowsky5.htm.
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| Autor: Detlef Belau | Urfassung:
2005. Überarbeitet am 23. April 2021. |
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