Arthur
Graf von Posadowsky-Wehner (1845-1932)
Lebensdaten + Provinz Posen + Landrat + Erster Hauptsatz der Sozialpolitik + Im Reichsschatzamt + Moloch Militarismus + Die erste Aufgabe + Grand pas du Finanzreform + Codewort Miquel + Staatssekretär des Inneren + Einkreisung + Der "Sozialismus ist ihm ...." + Handelspolitiker + Affäre Bueck-Woedtke-Posadowsky + Zuchthausvorlage + Bekämpfung der Sozialdemokratie + Menschenbild + Kernsätze der Sozialpolitik + Wollte oder durfte er nicht? + Staatssekretär für Sozialpolitik + Kellerfest des Hottentottenblocks + Kolonialpolitik und Weltstellung + Hottentottenwahl 1907 + Bülow-Schlächterei + Massensturz + Die Wohnungsfrage + Materialismus des Besitzes + Reichstagsabgeordneter + Friedensresolution 1917 + Jede Zeit ist eine Sphinx + Kühlmann-Episode + Reichskronen-Rede 1919 + Oppositionsführer + Ostjuden + Kapp-Putsch + Vertrauen der Welt + Elite + Fürstenentscheid + Subventionen + Bürgersinn und Verantwortung + Rechtsbewusstsein wider Durchbrechungstheorie + Gedenkstein + Proviziallandtag + Reichspartei (VRP) + Geldpolitik + Man hörte kaum die Sätze + Diese Politik ist nicht mehr erträglich + Der Posadowsky-Codex + Unser Erbe + Der Deutschland-Plan + Quellen
Wozu viele konservative Politiker weder willens noch fähig waren, Arthur Graf von Posadowsky-Wehner schafft es. Aus Anlaß der bevorstehenden Reichstagswahlen rechnet er am 15. Januar 1919 in der Reichskrone (Bild) von Naumburg mit der Welt-, Flotten- und Kolonialpolitik von Wilhelm II. ab. Vielleicht nicht in umfassender Weise, denn er bleibt gewissen Schöpfungen des Deutschtums treu. Trotzdem. Tiefgründig, weitsichtig und kritisch analysiert er die verhängnisvollen Fehler der zurückliegenden Epoche der Staatspolitik. Im Geist vereint mit dem konservativ-reformfreundlichen Bürgertum macht er sich auf den Weg in die Republik. Und darauf kam es in dieser Stunde der Geschichte an.
Der aus Schlesien stammende Politiker imponiert durch eine klare Sprache, die Phrasen und Leersätze meidet, keine politischen Urteile scheut und eine beeindruckende analytische Kraft entfaltet. Dem politischen Gegner tritt er achtungsvoll, öfter auch humorvoll gegenüber. Sachlich, systematisch, dass heißt vom Standpunkt einer konservativ-liberalen Politik gewichtet, konkret und ohne persönliche Anfeindungen, parliert er am 13. Dezember 1897 vor dem Reichstag als Staatssekretär des Inneren die Rede von August Bebel. So erleben die Reichstagsabgeordneten nicht nur ein hartes Ringen politischer Kontrahenten, sondern eine Sternstunde der Parlamentskultur. Den Gewerkschaften, die den Unternehmern in England verbieten wollen, arbeitersparende Maschinen anzuschaffen, wirft der Ministerielle vor, zu Streikvereinen zu verkommen. Der Arbeiterführer moniert, was bereits im Streit um die Miquel`sche Finanzreform zum Tragen kam, dass die steigenden indirekten Steuern für die Arbeiter eine hohe Belastung darstellen. Und er warnte davor, auf die jetzigen Einnahmen, künftige Ausgaben zu begründen, worauf Posadowsky erwidert, dass die Preise für eine Vielzahl notwendiger Lebensmittel gesunken, gleichzeitig aber die Arbeitslöhne in viel größerer Progression gestiegen sind. Bei der Präsentation der sozialen Frage versprühte der Staatssekretär des Reichsamtes überzeugen seine inneren Optimismus, den Geist von Freiheit und Wohlstand. Warum auch nicht? Zum 23. Mai 1907 trägt man ihn die Eröffnung der 11. Generalversammlung des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose in Berlin an. Eine Gelegenheit, die sozialen Ursachen der Krankheit darzustellen, um dann gemeinsam das menschliche Elend zu bekämpfen. Wer ihn kannte, achtete und bewunderte ihn. "Seine Hauptstärke war", bescheinigt ihn das Zeugnis der Volksstimme aus Magdeburg vom 25. Juni 1907, "die fleißige Durchdringung der zahlreichen Einzelheiten seines Ressorts, verbunden mit einer gewissen Nachdenklichkeit, also einer in preußischen-deutschen Regierungskreisen höchst seltenen Eigenschaft." Paul Wittko (1866-1958) kannte ihn als einen Menschen, der nichts weniger als ein "typischer Junker" war. Doktor Andreas Grieser (1868-1955), ehemals Staatssekretär im Reichsarbeitsministerium und 1933 von den Nationalsozialisten entlassen, charakterisiert ihn treffend als einen Politiker, der konservative Ideen und Werte organisch mit der Modernisierung verbinden kann. Das war eher ungewöhnlich, zumindest doch eine bemerkenswerte Fähigkeit. Und damit stoßen wir auf einen durchgreifenden Widerspruch, der sein politisches Leben als konservativer Politiker prägte, dass er oft beliebt bei verschiedenen Parteien, außer bei den (Rechts-) Konservativen. "Posadowsky war ein Fremdkörper in der wilhelminischen Regierungswelt," befundet das Berliner Tageblatt am 24. Oktober 1932, "in die ihn das Schicksal gestellt hatte. Sein Ernst und sein reines Wollen hat stets in allen politischen Lagern, und oft am meisten bei den Gegnern seiner konservativen Anschauungen, Anerkennung gefunden." "Wer wirklich auf christlichen Boden steht," erklärt am 18. Januar 1912 Graf Posadowsky auf einer Wählerversammlung im großen Volkshaussaal (Bild) zu Jena, "der muß wahre Toleranz üben gegen jede Religion und jede Konfession ( .). Ich gestehe das ganz offen, dass ich deshalb ein Gegner der antisemitischen Agitation bin ( .)." Indes war die Deutschnationale Volkspartei, der er von 1919 bis (wahrscheinlich) 1921 angehörte, stark antisemitisch orientiert. Dagegen unternahm Doktor Max Naumann (1875-1939), 1922 bis 1932 Herausgeber der Zeitschrift Der nationaldeutsche Jude" eine bemerkenswerte Attacke. Im Dezember 1921 rief der von ihn geleitete Verband nationaldeutscher Juden zur Versammlung, wo nichtjüdische Deutsche aus allen Lagern eingeladen und sehr willkommen waren. Es erschienen unter anderen der deutschnationale Friedrich von Oppeln-Bronikowski (1873-1936), der sich energisch gegen den antisemitischen Rummel in der Partei wandte und scharfe Kritik an Ludendorff übte. Ebenso wollten einige andere die antisemitische Agitation nicht mitmachen, darunter der Abgeordnete Ritter, Clemens von Delbrück (1856-1921) und Arthur Graf von Posadowsky-Wehner. Aber, kommentiert am 10. Dezember 1921 der Vorwärts (SPD), "das geistige Wesen der Deutschnationalen wird .... nicht von Delbrück und Posadowsky präsentiert, sondern von [Reinhold] Wulle [1882-1950]." Oftmals wirkte er etwas steif und unnahbar, doch nie unaufmerksam oder unfreundlich. Die Naumburger begegneten ihn mit Ehrfurcht und freundlichem Respekt. "Zu meiner Zeit saß in der Kurie der schlesische Graf von Posadowsky-Wehner", rekonstruiert Hans-Gert Kirsche 2006 die Begegnung mit ihm, "seinerzeit Böttichers Nachfolger im Reichsamt des Inneren und später Reichstagsabgeordneter der Deutschnationalen Volkspartei. Er sah aus wie der leibhaftige Weihnachtsmann, denn er trug einen riesigen weißen Vollbart vor sich her, und war in der Stadt, wo man ihn häufig auf den Straßen sah, sehr beliebt. Als er [am 23. Oktober] 1932 starb, folgte fast ganz Naumburg seinem Sarge, es war wie ein Staatsbegräbnis."
Bevor wir ihn, was er nie wollte, auf den Denkmal-Sockel hieven, noch die Frage, war er stets die Kraft, die nie das Böse schafft? Als Staatssekretär des Reichsamt des Inneren bereitete er die Zollgesetzgebung vor, die der Reichstag Ende 1902 verabschiedete. In ihm sahen die Sozialdemokraten den "eigentlichen Organisator" der nun einsetzenden "künstlichen Teuerungen" und nannten ihn "Vater des Brotwuchers". Schlimmer noch für sie war, dass es "kein Attentat auf die Arbeiterklasse" gab, "bei dem dieser Mann nicht die Hand im Spiele hat." "Bei den schmutzigsten Scharfmachern" bettelte er dafür "um lausiges Geld". Damit nimmt die Leipziger Volkszeitung (24.6.1907) wahrscheinlich Bezug auf die Affäre Bueck-Woedtke-Posadowsky, die weiter unten erzählt wird. Leider zeigt der Staatssekretär, warf ihn August Bebel 1897 vor, "..... das lebhafteste Mitgefühl für die Schmerzen der Junker" und "mögen dieselben noch so kühn und anmaßend sein, niemals wird ein Wort des Tadels oder der Klage aus seinem Munde kommen; immer wird er diesen gegenüber die Dinge von der schönsten wohlwollendsten Seite betrachten." Rosa Luxemburg interveniert 1899 gegen sein heftiges "Attentat auf das allgemeine Reichstagswahlrecht". 1930 verdächtigt ihn der Zeitzer Volksbote in Verboten - Verweigert - Abgelehnt, dass ihm noch immer "die Errungenschaften der Republik arg im Magen" liegen. Für die Meldung gabe es einen Anlass: Die Sozialdemokraten hatten sich über die ausbleibende Unterstützung für eine Veranstaltung geärgert. Nun machte die Nachricht ihre Runde, und bestätigte, was alle eh schon zu wissen glaubten, er ist ein Gegner der Republik. Natürlich stimmte die inkriminierte Aussage nicht. Und wie sich noch herausstellen wird, ist dies keine Lappalie, sondern eine Tendenz, die den Triumph der nationalistischen Bewegung in der Stadt begünstige.
Arthur Graf von Posadowsky-Wehner zurück wurde am 3. Juni 1845 als Sohn des Oberlandesgerichtsrats Graf von Posadowsky und seiner Ehefrau Amalie, geborene von Plötz, in Groß-Glogau geboren. 1864 verlässt er das hiesige Evangelische Gymnasium mit der Reifeprüfung und studiert in Berlin, Heidelberg und Breslau Jura und Cammaralia. Im Jahre 1867 erfolgt an der Universität Breslau die Promotion zum "Dr. jur.". Dann Auskulator dem Stadtgericht in Breslau. Nachdem er in der schlesischen Hauptstadt das zweite juristische Staatsexamen abgelegt hatte, verlässt er den Justizdienst. Im Kreis Gnesen erwirbt die Familie das Gut Welna. Hier sammelt der Jung-Akademiker praktische Erfahrungen und Kenntnisse bei der Führung eines landwirtschaftlichen Betriebes. 1871 wechselt Posadowsky als Regierungsreferendar und -assessor wieder in den preußischen Staatsdienst nach Posen. Im gleichen Jahr heiratet er Elise von Moeller, die Tochter eines Präsidenten eines Appellationsgerichts. Gemeinsam ziehen sie zwei Söhne und zwei Töchter groß. Ein Sohn verstirbt früh.
Die Posener Zeit zurück Als Graf Posadowsky-Wehner 1893 zum Staatssekretär des Reichsschatzamtes berufen, nörgelt der "Vorwärts" aus Berlin am 13. August herum:
Wieso denn das? Er war doch sogar ein wenig überregional bekannt, zum Beispiel durch seine Abgeordnetentätigkeit. Jedenfalls begann er 1873 seine Tätigkeit als Landrat. Das war in Wongrowitz und gehörte zu der 28 992 Quadratkilometer großen Provinz Posen. Von ihr sagte Bismarck 1895:
Es ist ein Landstrich der tiefe Friktionen trägt und ungestillte Gegensätze atmtet: National vom Kulturkampf aufgebürstet. Ökonomisch unterentwickelt. Ethnische Konkurrenzkonflikte, ausgelöst durch starke, teilweise unkontrollierte Einwanderung in den Arbeitsmarkt. Kampf um den Boden der polnischen Großgrundbesitzer (Ansiedlungsgesetz 26.4.1886).
erklärt Fürst Bismarck am 16. September 1895 der Posener Huldigungsdeputation beim Empfang auf Schloß Varzin. Der Altkanzler stachelt den deutschen Chauvinismus zum Kampf wider die Polen, zur Kollision mit dem Adel und der polnischen Geistlichkeit auf. Wie unter einem Brennglas fokussieren sich zu Zeiten von Posadowsky-Wehner die sozio-ökonomischen Probleme in der Ernährungslage. Noch immer war sie wesentlich schlechter als in den fruchtbaren Gegenden von Ost- und Westpreußen oder Pommern. Meist bestand die Kost der Landarbeiterfamilien aus Milch und Mehlsuppe, Erbsen und Sauerkraut, namentlich Kartoffeln. Fleisch und Brot gelangt weniger auf den Tisch als anderswo. Statt der acht bis zehn wöchentlichen Fleischmahlzeiten der Landarbeiter, erhält das Gesinde günstigenfalls vier. Fast verschwunden war, erhebt 1892 der von Max Weber gezeichnet "Schlussbericht über die Provinz Posen" die Bereitschaft zum Grunderwerb, weil die Besitzlosen zwar den Kaufpreis für den Boden, nicht aber das Baukapital abtragen konnten. "Entscheidend ist ferner bei den Polen die Untüchtigkeit der Frauen. So tüchtig das polnische Mädchen als Arbeiterin ist, so untüchtig ist sie als Frau." Zugeteilt auf dem leichten Boden im Kreis Mogilno, ging es den Parzellenbesitzern nicht gut. Auch im Kreis Gnesen haben sie nur auf besseren Boden bestand. Offenbar kommen die Bestrebungen zur Parzellierung, also der Seßhaftmachung, nur schwer voran und werden durch die widersprüchliche soziale Lage ausgebremst. Oftmals bestand wohl die Neigung zum Sparen, was jedoch später regelmäßig zur Überschuldung führte und sich deshalb nicht fortsetzte. Bedingt durch hohe Branntweinpreise, nahm die Trunksucht ab. Uneheliche Geburten, Feld- und Forstdiebstahl sind eine alltägliche Erscheinung. Das Inzestverhältnis entschärft sich durch den starken Zustrom ausländischer Landarbeiter. Die Zeit, als nach 1873 deutsche Wanderarbeiter Lebensansprüche in die slawische Bevölkerung trugen, wurde verdrängt durch die Invasion billiger, besonders russischer Arbeitskräfte aus dem Osten. Die Landwirte im Osten sind g e z w u n g e n, hält Posadowsky am 13. Dezember 1896 im Reichstag August Bebel vor, grosse Massen von ausländischen Schnittern und Erntearbeitern heranzuziehen. Sie bargen die Ernte der großen Güter, vernichteten dabei praktisch den Bestand freier Tagelöhner, drückten objektiv das Lohnniveau und verdrängten die einheimischen Arbeitskräfte. Es begann, was man die Sachsengängerei nannte, die einheimischen Landarbeiter wanderten zur Zuckerrübenernte in die preußische Provinz Sachsen ab. Es ist der kapitalistische Weg in der Landwirtschaft, der die Überlegenheit des Großbetriebs zur Geltung bringt. Nachdem Karl Kautsky (1854-1938) in der Schrift "Die Agrarfrage" (1899) die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Formen und Größen des landwirtschaftlichen Betriebes untersucht und die ökonomische Überlegenheit des Großbetriebes darlegte, wies er dann auf den Vorteil des Kleinbetriebs hin, den größeren Fleiß und die Sorgfalt des Arbeiters sowie Bedürfnislosigkeit des kleinen Landwirts. Im 1037 Quadratkilometer groß Landkreis Wongrowitz, dem Posadowsky seit 1873 vorsteht, leben und wohnen 54 787 Einwohner. zurück 78 Prozent der Bevölkerung sind Polen, 20 Prozent Deutsche und 2 Prozent Juden. Von 1877 bis 1885 regiert er den Kreis Rawitsch. Hier leben 1905 48 850 Einwohner, wovon 26 781 polnischsprachig sind. Rückblickend auf diese Zeit sagt er 1930 im Preußischen Landtag:
Dies verlangte seiner Tätigkeit als Landrat viel Augenmass und kluge Verhandlungen ab. Dabei strebte er nach ausgleichender Gerechtigkeit und verlor die Verantwortung für das Ganze nicht aus den Augen. Ein Posadowsky urteilt nicht nach Oberflächlichkeiten oder von Schlagworten gelenkt! Und sagt von sich:
Jedenfalls war es so, dass in den Landkreisen Wongrowitz und Rawitsch die polnische Bevölkerung überwog. Das Deutschtum war in der Minderheit und bot keine wirkliche Stütze. Ihm drohte der Totalverlust. "Dicht bei Posen liegen Dörfer", erinnert sich 1920 der ehemalige Landrat, "deren Frauen bei festlichen Gelegenheiten zwar noch die alte Bamberger Tracht tragen, aber ihr Deutschtum in Sprache und Sitte vollkommen verloren haben." Zwischen 1885 bis 1887 erfolgte in den preußischen Ostprovinzen, von rücksichtslosen und von antisemtischen Ausfällen begleitet, die Ausweisung von 35 000 Polen. Wie weit die Eindämmungspolitik von Bismarck in den Ostprovinzen direkt in Posadowsky`s Tätigkeit einfloß, muss hier, womit jedoch keine abstrakte Vermutung angedeutet oder ausgeprochen ist, offen bleiben. Die Idee "große Inseln des Deutschtums im polnischen Meer" (Bülow) zu schaffen, wurde nicht aufgegeben. Kaum hatte Posadowsky-Wehner im Juni 1907 den Regierungsapparat verlassen, da brachte Bülow am 26. November desselben Jahres im preußischen Abgeordnetenhaus den Entwurf eines Gesetzes ein, das es erlaubte, polnischen Grundbesitz zu enteignen.
Wenn August Bebel am 15. Dezember 1897 (252) im Reichstag Posadowsky vorwirft, "sein ganzes Herz ist ein heiß agrarisches Herz", dann ist da etwas dran, insofern die Kreise Rawitsch und Wongrowitz durch die landwirtschaftliche Produktionsweise geprägt und dominiert wurden. Mag man dies beim Streit um das Koalitionsverbot der Arbeiter, in den Posadowsky tief involviert war, nicht als Vorteil einbringen können, so ist es für die Wahrnehmung und Gestaltung der sozialen Frage der arbeitenden Klasse kein Nachteil. Denn wie in der Industrie steht in der Landwirtschaft d i e A r b e i t mit ihren Opfern, Anstrengungen, Mühen und Artefakten im Mittelpunkt. Zunächst muss sich die Sozialpolitik ihnen zuwenden. Aus den ökonomischen Verhältnissen in Wongrowitz und Rawitsch häutet sich die Einsicht, dass das Lebensniveau der Landarbeiter und des Gesindes, einschließlich ihrer Familien, mehr vom Kulturstand als direkt von der Fruchtbarkeit des Bodens abhängt. Arthur Graf von Posadowsky-Wehner schöpft daraus den Ersten Hauptsatz der Sozialpolitik:
Auf den Erfahrungen der Posener Zeit aufbauen wird er einst in Berlin für die Sozialpolitik als Kulturaufgabe entschieden eintreten. Wenn es sich anbietet, verweist er im Plenum des Reichstages auf die "schlechten Verhältnisse des Ostens". In der Beratung am 28. November 1893 zum Etat- und Anleihegesetz hören die Abgeordneten: Wenn sie nur zwei Jahre, unter diesen Verhältnissen gelebt hätten, dann würden sie ganz anders denken. Unvoreingenommen, mit sozialer Sensibilität, geleitet von christlichen Werten, betrachtet und analysiert Posadowsky die soziale Frage, ohne sie einzunivellieren, zu kaschieren oder bewußt zu entstellen. Sozialstatistiken nach Art Ludendorff`scher Kriegsberichterstattung sind Tabu. Es gilt der Grundsatz:
Auf dem Hintergrund des Kulturkampfes um die preußische Kirchen- und Schulpolitik entstanden zwischen Bürger und Staat immer wieder Spannungen, die oft in alltägliche Dinge hineinspielten oder sie in unterschiedlicher Stärke überlagerten. "Die polnisch-nationale Bewegung wurde durch den Kulturkampf in einer für den preußischen Staatsgedanken gefährlichen Weise gestärkt." "Graf Posadowsky suchte die Kulturkampfgesetze in sachlicher, das religiöse Gefühl der katholischen Bevölkerung möglichst schonender Weise durchzuführen", urteilen 1925 (388 / 390) in Deutscher Aufstieg Doktor Hans von Arnim und Professor Doktor Georg v. Below. Gleichzeitig "bemühte er sich, ohne Ansehen der Nationalität, die wirtschaftlichen Interessen der Kreisbevölkerung zu fördern, und fand hierfür dankbar Anerkennung." Von 1882 bis 1885 repräsentiert Posadowsky-Wehner im Preußischen Abgeordnetenhaus für die Freikonservative Partei den Wahlkreis Lissa-Rawitsch-Fraustadt. Er ist Mitglied der Generalsynode der evangelischen Kirche Preußens und der Provinzialsynode sowie des Consistorium der Provinz Posen. 1882 erscheint von Posadowsky-Wehner der Aufsatz "Über die Altersversorgung der Arbeiter", wo er die Notwendigkeit der staatlichen Fürsorgepolitik begründet, aber die Unternehmer und Grundbesitzer vor finanzielle Belastungen schont. Es ist ein Hinweis auf die konservative Grundhaltung und Frontstellung zur Sozialdemokratie.
Arbeitsethos, Disziplin und Ordnung Das Ganze über das persönliche Interesse stellen. Bescheidenheit im täglichen Leben üben. Vorangehen! Nicht aber ins Rampenlicht drängen. Dabei zusammen mit den Bürgern und Mitarbeitern klare Vorstellungen von der Zukunft entwickeln. Vor allem: Wie kann man besser werden? So läst sich sein Arbeitsethos umschreiben. Zudem lernte er sich als Landrat, geschickt in konfliktreichen Räumen zu bewegen und konnte dabei die Kenntnisse in der administrativen Leitung und Organisation von Verwaltungsprozessen vervollkommnen.
Disziplin und Ordnung, darauf spielt im November 1932 das Posener Tageblatt an, führen bei ihm ein strenges Regime. Das steigerte nicht immer seine Beliebtheit. "Selbst eine Arbeitskraft ersten Ranges, galt er als außerordentlich scharf hinsichtlich seiner Anforderungen an die ihm unterstehende Beamtenschaft. Wer von seinen Leuten nicht am Morgen pünktlich mit dem Glockenschlage an seinem Pulte saß, hatte nichts zu lachen, und wie ein Flugfeuer verbreitete sich bald nach seinem Dienstantritte in Posen von Mund zu Mund die Kunde, dass einer der Räte der Landeshauptmannschaft, der eines Morgens etwa verspätet zum Dienst gekommen war, in seinem Dienstzimmer auf dem Tische die Visitenkarte des neuen Chefs vorgefunden hat." Bisher besorgten die Mitglieder des Oberpräsidiums der Regierung die Geschäfte der Provinzialverwaltung, ohne dass die einzelnen Verwaltungsgebiete untereinander organisch verbunden waren, wodurch die kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung schweren Schaden erlitt. Im Jahre 1885 gelang es einzelnen Verwaltungszweigen der provinziellen Selbstverwaltung dieselbe Persönlichkeit voranzustellen. Die Wahl als provisorischer Leiter der Verwaltung Posens fiel 1885 auf Graf Posadowsky. 1900 erhielt er den Titel "Landeshauptmann" verliehen. Abgeordneter konnte er schlecht bleiben, da ihn die Arbeiten zur Reorganisation der Verwaltung voll in Anspruch nahmen. 1889 wurde er als Landesdirektor der Provinz Posen gewählt. "Der neue Landeshauptmann", erinnert sich die Posener Zeitung 1932, "hatte keine Zeit zum Besuch von Gesellschaften, und wenn er selbst wohl oder übel doch einmal einen Empfang geben musste, hörte man hinterher Gäste von sehr großer Schlichtheit der Bewirtung raunen." Inzwischen war Deutschland zum System der gesetzlichen Sozialversicherung übergegangen. Der Reichstag verabschiedete am 6. Juli 1884 das Unfallversicherungsgesetz, am 15. Juni 1883 das Krankenversicherungsgesetz (Pflichtmitgliedschaft!) und am 22. Juni 1889 das Gesetz über die Invaliditäts- und Altersversicherung. Bis zum Rücktritt von Reichskanzler Bismarck am 20. März 1890 blieb die Frage der Selbstbeteiligung und Selbstverwaltung, die er nicht befürwortete, strittig. Posa wird nun bald vom Kaiser nach Berlin gerufen. Damit die öffentliche Reputation über seine Arbeit in der Provinz aus Anlass seines Abschieds nicht zu überschwänglich positiv ausfällt, rührt die Posener Zeitung (JV 4.10.1893) nochmal seine Spar-Künste auf. "Die Beispiele beziehen sich durchweg auf das Gebiet der Schule, auf dem in einer Reihe von Fällen Gehaltherabsetzungen für die Lehrer vorgenommen wurden, so für die Lehrer an den Provinzial-Taubstummenanstalten, sowohl bezüglich der Gehaltssätze als auch des Wohnungsgeldzuschusses; selbst den älteren Taubstummenlehrer seien die von 5 zu 5 Jahren ihnen zustehenden Gehaltserhöhungen von 300 Mark um 100 bis 200 Mark gekürzt, teils der Bezug um einige Jahre hinausgeschoben worden."
Aufstieg zum Staatssekretär des Reichsschatzamtes zurück Reichskanzler Leo von Caprivi meldete im Hochsommer 1893 dem Kaiser, dass der unentbehrliche Freund Bismarcks, Freiherr von Maltzahn, als Staatssekretär des Reichsschatzamtes, zurücktreten will. Er nannte, erzählt 1925 Paul Wittko, als Nachfolger drei Namen, die alle im Vorfeld ausschieden. Angeblich schlug dann der Kaiser selbst den Grafen Posadowsky vor, weil er von ihm so viel Gutes gehört hatte. Ein besonderes persönliches Verhältnis, erzählen viele Jahre später am 3. März 1930 die Danziger Neueste Nachrichten, lag dem nicht zu Grunde: "Für den Grafen, den der Kaiser unter Außerachtlassung anderer Vorschläge aus eigener Initiative zum Staatssekretär berief, hat er niemals besondere Sympathien gehabt. Das kam auch äußerlich zum Ausdruck. Selten nur befahl Wilhelm II. Posadowsky zum Vortrag, und nur ein oder zweimal ist er in ins einem Hause gewesen!" "Der gräfliche Reichsschatz-Sekretär," raunt der Vorwärts aus Berlin am 13. August 1893, "ist politisch ein völlig unbekannter Mann." Ähnlich äußerten sich andere Zeitungen. Etwas versteckt, verbarg sich dahinter die Frage: War er wirklich der Richtige für diese Aufgabe? An seiner Leistungsfähigkeit bestanden keine Zweifel. Und an der Treue zur Krone? Auch da bestand kein Anlass zur Sorge. Der Stallgeruch passte. Die Familie entstammt dem schlesischen Uradel und der Vater war königlicher Oberlandesgerichtsrat. Sohn Arthur bildete und festigte als Referendar, Gutsverwalter, Landrat und Abgeordneter der Freikonservativen Partei im Preußischen Abgeordnetenhaus das konservative Standes- und Selbstbewußtsein weiter. Paul Wittko erzählt 1925, Posadowsky verdankt seine überraschende Ernennung
als Staatssekretär des Reichsschatzamtes einem Konflikt zwischen Helmuth Freiherr von Maltzahn (1840-1923) und dem preußischen Finanzminister Johannes von Miquel (1828-1901). Die nette Geschichte vom Aufstieg des Grafen aus der Provinz Posen, später oft repetiert, erscheint fraglich, weil zu einfach, zu glatt, zu oberflächlich. Sie legt die Vermutung nahe, dass wichtige Umstände des eigentlichen Geschehens damit nicht berührt werden. Um diese Vermutung zu erhärten oder zu verwerfen, ist es wichtig zu wissen, in welchen sozialen und politischen Kontext seine Ernennung zum Sekretär des Reichsschatzamtes erfolgte. Dies zu erkunden ist keine leichte Aufgabe, denn die Lagebeurteilung kondensiert aus der Analyse des Ist-Zustandes, Würdigung der Zukunftserwartungen und Sondierung von Nullereignissen ab. Der Übersicht halber wird dies untergliedert in Moloch Militarismus, Neuer Kurs, Reichstagswahlen 1893, Revirement und Umsturzvorlage.
Moloch Militarismus (Eugen Richter) zurück Differenzen zwischen Monarch und Volk traten immer offener zu Tage. Darauf deuten beispielweise seine Einlassungen vom 23. November 1891 in Potsdam hin, im Ernstfall gegen die Sozialistenbewegung mit Waffengewalt vorzugehen. 1892 brach um die Heeresvorlage eine politische Krise aus. Wilhelm II. pochte auf die Annahme einer dreijährigen Dienstzeit, was Reichskanzler Caprivi in eine aussichtlose Lage brachte, da dies bei allen Parteien auf erheblichen Widerstand stiess. Im Januar des folgenden Jahres stehen weitere Steuererhöhungen an. 1893, das Jahr in dem Posadowsky nach Berlin gerufen, bildeten die Heeresvorlage und der Kaiser das zentrale öffentliche politische Thema. Teile des Volkes sind nicht mehr bereit, dem "Moloch des Militarismus" (Eugen Richter) jedes Opfer zu bringen. Weihnachten 1893 schreckt Minna Kautsky (1837-1912) die Bürger mit der Nachricht auf: "In allen Kulturstaaten, namentlich auch in unserem Deutschland bereiten sich gewaltige Umgestaltungen vor." "Niemals war die innere Lage kritischer. Die Frage des Militarismus drängt gebieterisch zur Entscheidung." Zum Neujahrstag 1894 begrüßt der Vorwärts (Berlin) in Europa
Der Neue Kurs Nicht bei allen Bürgern kommt über die 12 Millionen Soldaten in Europa Freude auf, weshalb die Politiker nur schwerlich bei der Wahrheit bleiben können, wenn es sich darum handelt, dem Militarismus mehr oder weniger feindliche Wählerschaft für die Bewilligung neuer Militärforderungen geneigt zu machen. Also ist der Neue Kurs, von dem soviel die Rede ist als Posadowsky nach Berlin kommt, der alte und der heisst: "Schwindel bleibt Trumpf". (Vorwärts 29.3.1893)
Reichstagswahlen am 15. Juni 1893 Am 1. Oktober 1893 trat das neue Militärgesetz in Kraft, was sich die Nationalliberalen als Großtat anrechneten und in großen Teilen des Volkes den Glauben nährte, dass sie nun auf einige Zeit von weiteren Belastungen der Landesverteidigung verschont blieben. Ein Irrrtum. Konteradmiral Tirpitz wird am 3. Januar 1896 dem Kaiser den Plan für den Bau zweier Hochseegeschwader vorlegen. Heer und Marine dürsten nach Geld. Da möchte der Staat nicht auf wackligen Füßen stehen. Stutzig macht eine Bemerkung des Abgeordneten Eugen Richter von der Freisinnigen Volkspartei in der Reichstagssitzung am 30. Januar 1894: Herr Maltzahn war daran gescheitert, 30 Millionen zu beschaffen. Reichskanzler Leo von Caprivi gelingt es nicht mit Unterstützung des Reichstages eine Erhöhung der Heeresstärke auf 500 000 Mann zu beschließen, und ordnet deshalb zum 6. Mai 1893 seine Auflösung an. Für den 15. Juni 1893 werden Neuwahlen angesetzt.
Lediglich die Sozialdemokraten und Parteien der Antisemiten, verraten die Wahlen, verzeichnen Stimmengewinne. Das Feld der Mittelparteien reißt auf. Die konservative Wählerbasis magert ab. Das Gerede von Königs- und Gottestum wirkte überholt und abgeschmackt. Nur knapp gewannen die Kartellparteien - Deutschkonservative, Nationalliberale und Freikonservative - die Reichstagswahlen.
Revirement Die Reichsregierung legte am 23. November 1893 dem Reichstag eine Militärvorlage vor, die im Sommer darauf angenommen wurde (W. J. Mommsen 63). "Keinen Mann, keinen Groschen", agitierte die Sozialdemokratische Partei. Philipp zu Eulenburg (1847-1921), mit dem Kaiser quasi befreundet, legt am 20. März 1894 eine Denkschrift vor. Sie enthielt den Plan für ein Revirement zur Umgestaltung der deutschen Regierung: Marschall, Staatssekretär im Auswärtigen Amt, muss gehen. Bülow soll übernehmen. Miquel darf bleiben. Caprivi`s Kanzlerschaft wackelt. (Röhl 55f.) Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst wird ihn am 29. Oktober 1894 ablösen. Ein Triumph über die Politik des Ausgleichs und der Handelspolitik des Vorgängers. Und eindeutig ungünstige Signale für Posadowsky-Wehner! Gegen oder mit dem Reichstag arbeiten? Seit Jahren artikulierte das rechtskonservative Lager Zweifel an der Fähigkeit des Parlaments Probleme zu lösen. Wie die Politik des Reichsschatzamtes kalibrieren? Nach welchen Intentionen, Maßen und Formen?
Umsturzvorlage
Am 17. Dezember 1894 liegt dem Reichstag eine Umsturzvorlage vor, der Entwurf eines Gesetzes, betreffend Änderungen und Ergänzungen des Strafgesetzbuches, des Militärstrafgesetzbuches und des Gesetzes über die Presse. Unter dem Einfluss der damit verbundenen heftigen ideologischen Kämpfe, verschlechterte sich die Haltung des Kaisers gegenüber dem Parlament und den Parteien zusehends. (Vgl. W. J. Mommsen 83) Nicht allein die Strafen, fünf Jahre Zuchthaus für "Umsturz", verhießen eine gewaltige Repression. Nicht weniger undemokratisch war die damit gesetzlich gestützte Willkür, die ein gewaltiges Explorations- und Tätigkeitsfeld erhielt. Das wurde verhindert, indem am 11. Mai 1895 der Reichstag in Zweiter Lesung die Umsturzvorlage zurückwies.
Etat- und Anleihegesetz 1894/95 zurück Das Reichsschatzamt war zuständig für das Etat-, Zoll- und Rechnungswesen und hatte sich in Berlin Wilhelmstraße 61 / Wilhelmplatz 1 installiert. Die erste wichtige Aufgabe des neuen Staatssekretärs bestand in der Verabschiedung des
Rückblickend auf die Periode als Staatssekretär des Reichsschatzamtes bescheinigt ihm Eugen Richter von der Freisinnigen Volkspartei am 13. Dezember 1897 im Reichstag, dass durchaus der Vorsatz zu erkennen, in der Verwaltung zu vereinfachen, möglichst viel Klarheit und Durchsichtigkeit zu erreichen. Das war keine einfache Aufgabe, weil die Etatplanung in den letzten Jahren gegenläufige Tendenzen aufwies.
Zur Eröffnung der 2. Sezession des am 15. Juni 1893 gewählten Reichstages hält der Kaiseram 16. November 1893 die Thronrede. Er bringt seine Erwartungen zum Ausdruck, dass die Schwankungen in den Überweisungen der Matrikularbeiträge (Abgaben der Länder an den Zentralstaat) beseitigt und die Einzelüberweisungen in ein festes Verhältnis gebracht werden. Der Abgeordnete Eugen Richter schildert am 30. Januar 1894 im Reichstag die Schwierigkeiten damit: "Im Namen der Einzelstaaten hatte man immer die neuen Reichssteuern eingeführt, nachher aber hat man den Ertrag der Einzelstaaten entzogen und dem Reiche zugeführt und zwar in Form der Erhöhung der Matrikularbeiträge." Vom neuen Sekretär des Schatzamtes erwarten Wilhelm II. und sein Kanzler, dass er die Mißstände um die Matrikularbeiträge, von denen, wie Eugen Richter sagt, dass Volk nichts weiss, aber deren Lasten es tragen muss, abstellt. Die Beendigung dieser unglückseligen Praxis, erklären 1925 (391) Doktor Hans von Arnim und Professor Doktor Georg v. Below, nannte man damals Finanzreform. Ihr Ziel war ein stabiles Gleichgewicht zwischen den Leistungen des Reiches an die Bundesstaaten und der Länder an das Reich herzustellen, was wiederum eine bessere Finanzausstattung erforderte. Folgerichtig begann man umgehend, nach außerordentlichen Mitteln zu suchen. Zur Stärkung des Finanzwesens, kam die Bildung eines Reichsministeriums in Gespräch, was aber verworfen wurde.
Am
leitet Graf Posadowsky im Deutschen Reichstag mit einer Rede die erste Beratung zur Festsetzung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend des Reichshaushaltsgesetzes 1894/95 ein. Folgende Eckpunkte sind aufschlussreich: Die Gesamtrechnung wies einen Fehlbetrag von 5 1/4 Millionen Mark aus. Durch Erhöhung der Matrikularabgaben an das Reich wandelte sich dieser in einen kleinen Überschuss von 7 4/5 Millionen Mark. Trotzdem befriedigte Posadowsky diese Art und Weise der Finanzierung nicht, weshalb er vorschlägt, dass Reich durch die Bewilligung neuer Einnahmequellen finanziell zu emanzipieren. Auf seine Rede folgte ein Vertreter des Zentrums. Nach ihm betritt August Bebel die Tribüne. Er spricht 1 ½ Stunden. Ihn löst der Kriegsminister ab, der einiges zu tun hat, um die Keulenschläge des SPD-Frontmann wieder zu richten. Zur Debatte stand nach Eugen Richter eine Einnahmesteigerung von 114 Millionen Mark. Am nächsten Tag (1893,126) rechnet er vor, dass es dem Volk alles Zusammen 100 Millionen Mark kosten wird; 60 Millionen für die Heeresvorlage und 40 Millionen für das Reich. Dazu kommen die schweren Lasten der indirekten Steuern, die sich mit der Militarisierung des Staates weiter erhöhen. Von 1872 bis 1893 stiegen sie von 240 auf 680 Millionen (Karl Bachem 1894). Eugen Richter wirft am 30. Januar 1894 erneut im Reichstag die Frage nach der Steuergerechtigkeit auf: "Die Steuern, über welche das Reich verfügt, treffen vorzugsweise die minderbemittelten Klassen, und die Hauptausgaben des Reiches sind solche für Militär und Marine." Dafür tragen sie eh schon die schwere Last. " . und um so ungerechter ist es gerade die indirekten Steuern, welche ebenfalls von diesen Klassen getragen werden, noch zu erhöhen." Posadowsky, vermutlich etwas unter dem Eindruck von Richter stehend, nimmt erneut das Wort und schlägt vor, dass bei Annahme der Vorlage, entschieden werden müsse, auf welche Interessengruppen sich die Lasten verteilen sollen. "Von Posadowsky wurde eine Sozialpolitik erwartet," analysiert Joachim Bahlcke (Kulturstiftung) die Anforderungen an ihn, "die als Konsequenz der politischen Entwicklung der neunziger Jahre nach dem Programm einer "Sammlung der bürgerlichen Kräfte" nur noch Kampfinstrument gegen die Sozialdemokraten sein sollte." Es stellte sich jedoch heraus, dass bereits die Grand pas du Finanzreform (1895) diesen Kampfauftrag nicht einlösen konnte.
Grand pas du Finanzreform zurück
Nun musste, um in der Bildsprache des Wahren Jacob (1894) zu bleiben,
in Fahrt stechen, um den Steuerzahler vom Überfluss zu erlösen. Zur ersten Beratung Reichsfinanzreform am 29. Januar 1894 , erklärte Staatssekretär Posadowsky: "Die Reform des Reichsfinanzwesens ist eine politische und finanzielle Notwendigkeit. Die Matrikularbeiträge sollen nur ein Notbehelf sein, bis das Reich von seinen eigenen Einnahmen leben kann." Sogleich unterstützte Doktor Johannes von Miquel, preußischer Finanzminister, die Grand pas du Finanzreform, wie sie Der Wahre Jacob taufte, und informierte darüber, dass in Preußen außer den Freisinnigen, alle im Abgeordnetenhaus vertretenen politische Richtungen sie wollen. Ihre Ablehnung der Finanzreform, warnt er, würde den Überhang der Matrikular-Beiträge vergrößern und die Einzelstaaten könnten ihn dann nicht mehr als Wohltäter empfinden. In mehreren Sitzungen des Reichtages entbrannte nun eine Debatte um die Steuerhöhungen. Die erste Lesung zur Finanzreform leitete am 23. Februar 1895 Posadowsky-Wehner ein. Eine Luxus- und Erhöhung der Börsensteuer lehnt er mit Rücksicht auf Wirtschaft und Handel, wo es derzeit kriselte, ab. Ebenso kommt eine Inseratensteuer nicht in Frage, weil die quer zu den Interessen der Stellensucher liegt. Die sogenannte "Liebesabgabe" an die Landwirtschaft kann nicht aufgehoben werden. Gegen die Weinsteuer erhebt Württemberg Einwände. Wiederum möchte Posadowsky keine Blinden, Lahme und Taube zur Wehrsteuer heranziehen, weil die Belastung der Geringverdiener nicht den gewünschten Effekt bringt. Man spricht von zu schwachen Schultern. "Über die Belastung der schwachen Schultern", beobachtet man in Wien, "werde jetzt allgemein geklagt; es wird sogar von schulterschwachen Millionären gesprochen." (Ostdeutsche Rundschau 26.2.1895) Gegen eine Biersteuer opponieren die Bayern. "Ich habe aber die Überzeugung," fügte Posadowsky am 23. März 1895 im Reichstag an, "die Bierschlange wird immer wieder ihr drohendes Haupt erheben."
Eugen Richter problematisiert in der Reichstagssitzung vom 13. Dezember 1897 die Anliegen der Konservenindustrie zur Änderung der Zuckersteuer.
Der Wahre Jakob feiert im Dezember 1894 auf der Titelseite die
Begleitet von einem Große(n) Eröffnungs-Ballet jongliert ein Equilibrist namens Arthur Graf von Posadowsky-Wehner temperamentvoll mit Tabak-, Bier-, Schnaps- und Weinsteuer. Im Hintergrund poppt eine schmucke Tanzgruppe auf, deren Körpersprache nicht darauf hindeutet, als ob sie bald ihre Drehungen aufführen wollte. Die Kostüme, eine Anspielung auf die Misere um die Matrikularbeiträge, tragen die Namen der Länder Baiern, Württemberg, Preussen, Sachsen. "M i q u e l", flüstert der Souffleur. zurück (zur Grafik Großes Eröffnungs-Ballet) Wozu will er damit den Staatssekretär des Reichsschatzamtes verhelfen?
(1.) "Miquel" könnte das Codewort für den Auftakt zu einer umfassenden Finanz- und Steuerreform sein. Johannes von Miquel (1828-1901), Nachfolger von Daniel Heinrich Mumm von Schwarzenstein im Amt des Oberbürgermeisters in Frankfurt a. M., war bekannt für eine strenge Kontrolle aller Geldbewegungen, von Einnahmen- und Ausgaben. Reichskanzler Leo von Caprivi ernennt ihn 1890 zum preußischen Finanzminister. 1891/93 führte er das System der Einkommen-, Gewerbe- und Vermögensteuer ein. Durch das preußische Kommunalabgabengesetz vom 14. Juli 1893 erhalten die Gemeinden erstmals Grund- und Gebäudesteuer. Das Einkommensteuergesetz vom 24. Juni 1891 mit den progressiven Steuertarifen, posount er hinaus, sei die neue Steuergerechtigkeit. Die weniger bemittelten sozialen Klassen, so lobt der Finanzminister das Gesetz, werden durch die abgestufte Einkommen- und Erbschaftssteuer von Steuerbürden entlastet.
Miquel triumphierte und überspielte geschickt, dass, wo die Progression erst richtig einsetzen musste, nämlich nach oben, sie völlig fehlte. In seiner Denkschrift "Finanzreform" (1893), kritisieren die Sozialdemokraten, übersetzt er "Reform" mit "Steuerhöhung". (2.) "Miquel" wäre auch als Stichwort für das Thema Reichseinkommensteuer brauchbar. Zwar lehnte diese der preußische Finanzminister ab, war aber immerhin, meldet die Jenaer Volkszeitung am 17. Juni 1893, für die Einführung einer Reichserbschaftssteuer. Die Idee der Reichseinkommensteuer tauchte ab und an in den Debatten auf, wurde dann, warum auch immer, offiziell aus verfassungsrechtlichen Gründen, aber nicht verwirklicht. Als Ersatz beschliesst im Dezember 1893 der Reichstag das Gesetz zur Änderung der Reichsstempelabgabe, vorgelegt vom bayerischen Finanzminister Doktor Freiherr von Riedel und nach Verteidigung durch Staatssekretär Doktor Graf Posadowsky. (3.) Als Wilhelm II. in der Kronrats-Sitzung am 17. März 1892 verlangte, dass Schulgesetz im Sinne nationalliberaler Forderungen grundlegend zu ändern, protestierte Reichskanzler Leo von Caprivi, weil er ein solches ohne Zutun des Zentrums als wertlos ansah, was eine schwere Regierungskrise in Preußen auslöste, da schlug sich Miquel auf die Seite der konservativen Eliten und wirkte auf eine Sammlungsbewegung von Konservativen, Freikonservativen und Nationalliberalen hin. Hierbei entfaltete der "geheime Mentor" des Kaisers einen großen Einfallsreichtum. Zum Beispiel wollte er das Wahlsystem, durch Einführung einer Altersgrenze, Sonderstimmen und was ihm sonst noch möglich erschien, dazu nutzen. (Alles W. J. Mommsen 58ff. + 68) Sollte der schlesische Sparfuchs vielleicht im Bündnis mit, ja mit wem nun, vielleicht gar mit der Sammlungsbewegung von Miquel, die Steuerreform bewerkstelligen? "Tatsächlich schien Posadowsky [dann als Staatssekretär des Inneren] die vom preußischen Finanzminister Johannes von Miquel eingeleitete "Sammlungspolitik" zu unterstützen. In seiner ersten längeren sozialpolitischen Reichstagsrede vom 13. Dezember 1897 stellte er sich gegen die bisherige, insbesondere vom (1896 abberufenen) preußischen Handelsminister von Berlepsch betriebene Sozialpolitik." (Bahlcke, Ostdeutsche Biographien) Vielleicht bewährte
sich, man würde es so nicht unbedingt erwarten, die Produktivität
der Beziehung zwischen Posadowsky und Miquel besonders auf weltanschaulichem
Gebiet. Der Konservative partizipierte am ehemaligen Marxisten. So könnte
man ein Gespräch in ernster Stunde interpretieren von dem Posadowsky-Wehner
nach seinem Tode den Kollegen Abgeordneten in der Sitzung am 12. Dezember
1905 (239) berichtet: "Wie sie wissen, war Herr von Miquel ein Mann
von großer praktischer Erfahrung, und einer gewissen geschichtsphilosophischen
Auffassung. Er sagte mir bei dieser Gelegenheit. Wir brauchen in Deutschland
den Sieg des Radikalismus, wie er von der äußersten Linken
vertreten wird, zunächst nicht zu fürchten; denn Deutschland
hat so viele verschiedene geistige, soziale und wirtschaftliche Zentren
dank seiner Geschichte, dass diese einen festen Rückhalt gegen den
Ansturm des Radikalismus bilden; die Lage der Regierung kann erst dann
eine gefährliche werden, wenn sie in schlechte Finanzen gerät,
wenn sie infolgedessen zu abhängig wird vom Parlament, und wenn sie
Staatsausgaben, die das Land und ihre Stellung erfordert, nicht mehr leisten
kann. Meine Herrn, mir scheint hierin eine tiefe Wahrheit zu liegen."
Staatssekretär des Inneren zurück Seine Majestät der Kaiser beruft am 1. Juli 1897 allergnädigst Dr. jur. Graf Arthur Adolph von Posadowsky-Wehner zum Staatssekretär des Reichsamtes des Inneren und beauftragt ihn mit der allgemeinen Vertretung des Reichskanzlers nach Maßgabe des Gesetzes vom 17. März 1878. Seine Majestät der König ernennen ihn allergnädigst zum Staatsminister und Mitglied des Staatsministeriums. In dieser Eigenschaft leitet er die Versammlung des Bundesrates, und ist als preußischer Minister ohne Portefeuille gleichzeitig stimmberechtigtes Mitglied des preußischen Staatsministeriums. Von 1880 bis Juli 1897 lenkte das Reichsamt des Inneren Karl Heinz Boetticher, geboren am 6. März 1808 in Naumburg an der Saale. Er vergass beim Abschluss einer Sitzung das Kaiserhoch auszubringen und fiel deshalb in Ungnade. Bei den Großgrundbesitzern war er wegen seiner Unterstützung der Caprivischen Handelsverträge unbeliebt. Hingegen stand Johannes von Miquel, 1890 zum preußischen Finanzministerium ernannt, bei den Agrariern hoch im Kurs. Und Boetticher`s Nachfolger war doch der Mann, wie der Vorwärts (15.1.1898) ihn ankündigte, der alle möglichen "Staatsinterventionen zugunsten seiner agrarischen Klassengenossen für nöthig hält". So durften sie erwarten, dass die Zolltarife künftig mehr zu ihren Gunsten ausgestaltet werden. Das Reichsamt des Inneren übernimmt traditionelle Aufgaben eines Innenministeriums, Zuständigkeiten in der Sozial-, Arbeits- und Gesundheitsschutzpolitik und - in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt - die Handelspolitik. Ihr neuer Amtsinhaber verspricht am 13. Dezember 1897 (176) vor dem Reichstag, "dass Wohl der arbeitenden Klasse weiter zu fördern", "soweit es sich um berechtigte Forderungen für die sittliche und körperliche Gesundheit der Arbeiter handelt". So einfach wird das nicht. Der von vielen, besonders im städtischen Bürgertum begrüßte Neue Kurs steht im Zeichen der gefährlichen industriellen und landwirtschaftlichen Plutokratie, welche jetzt im Reich das Heft fest in der Hand haben. Den Neuen Kurs prägen Carl Ferdinand Stumm (1836-1901) und Georg von Kanitz (1842-1922). "Das sagt zur Kennzeichnung wahrlich genug." (Vorwärts 3.6.1898) Hierzu paßt der Abgang von Hans von Berlepsch (1843-1826) im Juni 1896 aus dem Amt als preußischer Staats- und Handelsminister. Ihm war Sozialpolitik stets ein Mittel zum Interessenausgleich mit der Arbeiterbewegung. "Berlepsch hat gehen müssen," kommentiert umgehend das Znaimer Wochenblatt (Wien), "weil seine eifrige Befürwortung positiver Sozialreformen nicht mehr in das gegenwärtige politische System passt." Es war die Zeit des preußischen Montanindustriellen und freikonservativen Politikers Carl Ferdinand von Stumm (1836-1901), der den Sozialpolitikern schwer auf die Nerven ging. Dabei schien er "ganz der Mann zu sein, der diesem selbstherrlichen Industriekönig, gefallen könne." Der Frankfurter Zeitung blieb bis 1932 in Erinnerung, dass Posadowsky einer temporeichen Fortführung der Sozialpolitik und Erweiterung des Koalitionsrechts kühl gegenüberstand. Wollte (oder sollte?) er lieber den Kampf gegen die Sozialdemokratie aufnehmen? Darauf hat er einen anderen Blick, den er am 13. Dezember 1897 vor dem Reichstag so darstellt:
"Einen Grund zur Unzufriedenheit, räumt Posadowsky am 13. Dezember 1898 vor dem Reichstag ein, glaubt man darin gefunden zu haben, dass die Sozialgesetzgebung zum Erliegen gekommen ist. "Eine Kulturnation", antwortet er, "kann die soziale Gesetzgebung gar nicht zum Stillstand bringen, ein Stillstand der sozialen Gesetzgebung wäre ein Stillstand der fortschreitenden Gesittung des Deutschen Reiches überhaupt." Die Bilanz der Sozialpolitik der letzten Jahre, rechnet ihn am 1. Februar 1906 der SPD-Reichstagsabgeordnete Richard Fischer (1855-1926) aus Berlin vor, "ist sehr mager". "Die Reform des Gewerbegerichtsgesetzes vom 29. September 1901, die Revision der Seemannsordnung vom 2. Juni 1902, das Kinderschutzgesetz vom 30. März 1903, das Notgesetz zur Krankenversicherung vom 23. Mai 1903, das Gesetz über die Kaufmannsgerichte vom 6. Juli 1904, die dürftige Berggesetznovelle in Preußen vom Sommer 1905 und ein paar Bundesratsverordnungen für Arbeiterschutz. Das ist alles!"
Einkreisung zurück Bernhard Fürst von Bülow (1900-1909) will in der Außenpolitik freie Hand, um Deutschlands Wirtschaftskraft zu stärken. Die vom Staatssekretär des Reichsmarineamtes Alfred Tirpitz (1849-1930) vorgelegten Pläne zur Flotten-Hochrüstung sind ihm recht. Vor dem Reichstag entwirft er am 14. November 1906 das Narrativ von der Einkreisung Deutschlands durch Frankreich, Großbritannien und Russland:
Das Einkreisungs-Narrativ durchdrang und prägte in der unmittelbaren Vorkriegszeit das außenpolitische Denken Deutschlands. Kaiser Wilhem II., außerstande die komplizierte Risikostrategie des Generalstabes zu durchschauen, wähnte sich als unschuldiges Opfer einer angeblich von langer Hand vorbereiteten Einkreisungspolitik der Entente (W. J. Mommsen 221). Auch Posa definiert die Verursacher des letzten Krieges mittels dem Einkreisungs-Theorem. Typisch hierfür sein Vorgehen am 24. August 1924 in der Rede zur Einweihung der steinernen Gedenktafel an der Nordwand im Kreuzgang des Naumburger Doms. Er sieht Deutschland 1914 in "der trüben Flut politischen Hasses und heimlicher Begehrlichkeit unserer Feinde r i n g s u m."
....
der "Sozialismus ist ihm Um 1900 flammte in Deutschland mit dem Bau und der Etablierung städtischer Warenhäuser eine öffentliche Debatte über Vor- und Nachteile moderner Kapitalassoziationen auf. Mehr als einmal beklagte sich der kleine Mittelstand über ihre rüde Art, die viele Existenzen zerstörte. Angeblich versuchte man dieses Problem, durch eine entsprechende Steuergesetzgebung zu bewältigen, was sich zugegebenermaßen als wirkungslos herausstellte. Als Staatssekretär des Inneren wollte er die modernen Triebkräfte der Wirtschaft nicht hemmen oder gar zu alten Bewegungsformen der Wirtschaft zurückkehren, räumte allerdings am 13. Dezember 1905 in der Reichstagsdebatte zwangslos ein:
Und was wird aus dem Mittelstand? Zwar merkt der Staatssekretär an, dass einiges geschehen muss, um ihn in seiner technischen und kaufmännischen Ausbildung zu heben und ihn möglich zu machen. Gleichwohl wirkt es unsicher, klingt nach vertrösten. Von Anti-Trust-Gesetzen hört und ließt man nichts. Derweil entartet der Kapitalismus ohne Wettbewerbsordnung und verliert den Charakter einer Marktwirtschaft. In monopolistischen Marktformen obliegt die Preisbildung den Mächtigen, die Rechte des Konsumenten werden beschnitten und die Regeln des fairen wirtschaftlichen Wettbewerbs ruiniert. All dies spielt in der Debatte am 13. Dezember 1904 keine Rolle. Dafür aber die Position der Sozialdemokraten, die an der Konservierung veralteter Wirtschaftsformen kein Interesse zeigen und deshalb den Staatssekretär noch anfeuern. Sie wollen alle Kräfte freimachen, "die heute noch gebunden sind" und stehen den modernen Assoziationen nicht feindlich gegenüber. Noch immer möchten sie aber den Kapitalismus beseitigen, weil die Privatbetriebe "nur Rücksicht auf den Vorteil der Kapitalbesitzer" und "nicht die Rücksicht auf das Interesse der Gesamtheit" nehmen.
" . die positiv schöpferische Kritik des Sozialismus ist ihm nach wie vor völlig verschlossen", urteilt am 16. Dezember 1904 der Vorwärts aus Berlin.
Handelspolitiker zurück Auf dem Deutschen Handelstag am 8. Januar 1901 hält Posadowsky die Eröffnungsrede. Was tat er da eigentlich? Führten ihn reine Repräsentationspflichten hierher? Darauf zu schauen, ist durchaus wichtig, weil sich in der internationalen Handelspolitik in den letzten Jahren grundlegende Veränderungen vollzogen. Der Staatssekretär weiss, der deutsche Gewerbefleiß entwickelt sich gut. Von 1889 bis 1899 stieg die deutsche Ausfuhr um 900 Millionen Mark, also durchschnittlich jährlich um 80 Millionen. (Posadowsky 8. Februar 1898) Die deutsche Okkupation von Jiaozhou 1897 markiert den Übergang zu einer ehrgeizigen Weltpolitik. Zwei Jahre zuvor tauchten Pläne von Wilhelm II. zum Bau einer großen Schlachtenflotte auf. Seit dem chinesisch-japanischen Krieg wachsen die deutschen Begehrlichkeiten gegenüber dem geschwächten China. Den Vorwand zur Intervention bot am 1. November 1897 der Mord an zwei katholischen Priestern in der Provinz Shandong. "[Staatssekretär des Äußeren Bernhard Fürst von] Bülow rechtfertige die Okkupation auf dem chinesischen Festland mit dem Argument, dass die deutsche Industrie, die den amerikanischen Markt über kurz oder lang doch verlieren werde, ein größerer Absatz in Ostasien ermöglicht werden müsse." (W. J. Mommsen 2005, 94 bis 96) Graf Posadowsky stimmt nicht in den aggressiven Ton der Welt- und Handelspolitik ein, wie ihn die nationale Großbourgeoisie anschlägt. Seine Botschaft ist einfach und klar, und wird - zumindest an diesem Tag - gut angenommen: Die deutsche Industrie und der deutsche Handel müssen "den Kampf um den ausländischen Absatz" in Zukunft in noch höheren Maße wie bisher" bestehen. Als Mittel nennt er nicht Schutzgebiete, Kartelle oder Flottenrüstung, sondern vertraut auf die "Hilfe des deutschen Erfindergeistes". Das wird nur möglich sein, betont er, wenn in der Volkswirtschaft ein Ausgleich der wirtschaftlichen Interessen erfolgt. Handel und wirtschaftlicher Wettbewerb, Außen- und Innenpolitik sollen im sozialen Frieden und Kooperation stattfinden. Am Ende eines komplizierten und langwierigen Gesetzgebungsverfahren beschloss am 13./14. Dezember 1902 der Reichstag das Zolltarifgesetz und den Zolltarif. Es begann Anfang des Jahres mit dem Ausbruch der Zollwut, beobachtete der Vorwärts (Berlin), als Posadowsky und Genossen sich schlechterdings nicht dabei beruhigen konnten, dass irgendein Produkt ohne erhöhten Zollschutz blieb. "So haben sie die Zölle da gesteigert, wo sie ausdrücklich erklären mußten, dass aus den Kreisen der Interessenten keine Anträge gekommen sein." Typisch für den Protektionismus ist, dass eine soziale Klasse die Vorteile geniesst, während andere schwere Nachteile erleiden. Im Ergebnis der Zollgesetzgebung musste die arbeitende Klasse höhere Lebensmittelpreise tragen. Nicht nur sie, natürlich! Aber ihr Arbeitslohn richtet sich im Unterschied zu anderen Einkommen, nicht direkt an den Lebensmittelpreisen aus, sondern bildet lediglich die Nachfrage von Arbeitskräften ab. Den ArbeiterInnen blieb nur, lästerten damals die Sozialdemokraten, das teuerste Brot der Welt zu essen. Auch das Fleisch, noch immer für die meisten Familien ein Luxusgut, verteuerte sich. Das Zentrum unterbreitete den Vorschlag, die Mehreinnahmen der Reichskasse aus den agrarischen Zöllen, zur Einrichtung einer Arbeiterwitwenpensionskasse zu verwenden. Wie Sentimental, applaudiert am 9. April 1902 Franz Mehring im Bericht über "Posadowskys Osterfahrt", dass die Regierung einen letzten Tropfen für das Krüglein der Witwe retten soll, während doch ihre abenteuerliche Weltpolitik die Kassen immer leerer fegt.
Affäre Bueck-Woedtke-Posadowsky zurück 1899 erhält das Reichsamt des Inneren vom Zentralverband deutscher Industrieller Propaganda-Geld. Die Sache fliegt auf, als ein Archivar des Geschäftsführers Henry Ariel Bueck vom Zentralverband deutscher Industrieller heimlich die dazugehörige Korrespondenz an den "Vorwärts" (Berlin) weiterleitet. Den Anstoß zur Affäre gab Ministerialdirektor Erich v. Woedtke (1847-1902) vom Reichsamt des Inneren, der Henry Ariel Bueck bat, sie bei der Finanzierung von Agitationsschriften gegen die Sozialdemokratie zu unterstützen.
Am 22. Oktober 1900 veröffentlicht die Leipziger Volkszeitung eine erhellende Mitteilung aus dem internen Schriftverkehr des Zentralverbandes deutscher Industrieller, die ihr Geschäftsführer Henry Ariel Bueck am 3. August 1898 ausfertigte. Das Reichsamt des Inneren äußert darin gegenüber dem Zentralverband den Wunsch, ihm 12 000 Mark zum Zweck der Agitation für den Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der gewerblichen Arbeitsverhältnisse zur Verfügung zu stellen. Bueck übermittelte diese Angelegenheit dem Geheimen Finanzrat Jencke, stellvertretender Vorsitzender des Zentralverbandes. Der empfahl das Verlangen nicht zurückzuweisen. Die Echtheit des Briefes zweifelte niemand an. Als er veröffentlicht wurde, war das Zuchthausgesetz längst begraben. Posadowsky distanziert sich öffentlich von seinem Ministerialdirektor, der daraufhin demissionieren muß und Direktor des neugeschaffenen Reichsaufsichtsamts für Versicherungswesen wird.
Zuchthausvorlage und Richtungswechsel zurück In der Schrift Sozialreform oder Revolution? (1899) findet sich eine versteckte Replik zu Arthur Graf von Posadowsky-Wehner. Ihre Autorin, Rosa Luxemburg (1871-1919), klagt ihn an, ein Attentat auf das allgemeine Reichstagswahlrecht begehen zu wollen.
Es begann damit, dass er am
aus dem Reichsamt des Inneren als Staatssekretär ein geheimes Rundschreiben an die Regierungen der deutschen Einzelstaaten sandte. Darin legte er ihnen nahe zu prüfen, ob gesetzliche Maßnahmen gegen das Streikrecht und die Koalitionsfreiheit angezeigt sind. Zitat:
Der Verfasser des Rundschreibens bittet um eine gefällige Äußerung, um den Reichstag beim nächsten Zusammentreffen, die neue Vorlage darbieten zu können. Den Sozialdemokraten war es gelungen, das Dokument in die Hand zu bekommen und am 15. Januar 1898 im Vorwärts zu veröffentlichen. Dies war ein schwerer Schlag gegen die Unterdrückung der Sozialdemokratie und dem Versuch die Dynamik dr Sozialpolitik auszubremsen. Wilhelm II. propagierte am 17. Juni 1897 in Bielefeld den "Schutz der nationalen Arbeit aller produktiven Stände und die Kräftigung des gesunden Mittelstandes. Unbedingt neu war also der Inhalt der Posadowsky Aktion vom 11. Dezember 1897 nicht. Den Anlass gaben die zunehmenden Aussperrungen und Ausstände in den Jahren 1896 und 1997. Besonders der Hamburger Hafenarbeiterstreik 1897/98 machte den Unternehmern und der Regierung die politischen Gefahren bewußt. In einer Eingabe des Zentralverbandes deutscher Industrieller an den Reichksanzler legten die unumwunden dar, dass es diesen Streik nicht gegeben hätte, wenn man ihren Vorschlag jetzt folgt: "Schutz der Arbeitswilligen gegen die Tyrannei der Streikenden." In der Oeynhausener-Rede kündigt Wilhelm II. am 6. September 1898 die Gesetzesvorlage für 1899 an. Sie sah vor, wenn jemanden daran hindert seine Arbeit zu tun, oder gar zum Streik anreizte, ihn mit Zuchthaus zu bestrafen. Es entbrannte eine öffentliche Diskussion. Friedrich Naumann (1866-1919) nimmt 1899 in einem Vortrag gegen die Zuchthausvorlage Stellung. Schliesslich lehnt der Reichstag das Dokument als Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der gewerblichen Arbeitsverhältnisse vom Mai 1899 mit einer übergroßen Mehrheit ab. Der "Richtungswechsel" (Bahlcke 2006) beginnt 1899 mit dem Scheitern der Zuchthausvorlage. Posa sucht jetzt in sozialen Fragen mit der SPD und der Arbeiterbewegung ehr den Ausgleich. Unter seiner Ägide werden bedeutende wirtschafts- und sozialpolitische Reformen realisiert: eee
Im Zeitraum von 1900 bis 1903 trägt die SPD Reformen zur Sozialversicherung und Regelung der Arbeitszeit sowie zum Verbot der Kinderarbeit und Verbesserung des Mutterschutzes mit. Jochim Bahlcke blickt auf seine Tätigkeit in den ersten Jahren im Reichsamt für Inneres so zurück: "Mit seinem neuen Kurs im Reichsamt des Innern und der Unterstützung von Seiten des Zentrums begann Posadowsky eine Reihe durchgreifender sozialpolitischer Reformen. Die Alters- und Invalidenversicherung sowie die Krankenversicherung wurden verbessert, der Bau von Arbeiterwohnungen gefördert, die Schiedsgerichte einheitlich organisiert, der Mißbrauch gewerblicher Kinderarbeit mit höheren Strafen bedroht." Die Universität Berlin ehrt die Verdienste von Posadowsky-Wehner auf dem Gebiet der Sozialpolitik mit der Verleihung eines Ehrendoktors der Theologie. Von der Universität Giessen erhält er den Ehrendoktor der Medizin zuerkannt. Sein akademischer Titel lautet jetzt: Dr. theol. h.c. Dr. med. h.c. Dr. jur..
Bekämpfung der Sozialdemokratie (Posadowsky-Wehner) zurück Posadowsky begreift die soziale Frage als Ausdruck der ökonomischen Lebensform, anerkennt die Bedingtheit des Sozialen und wachsende Rolle der materiellen und kulturellen Bedürfnisse für die arbeitenden Klassen. In unserer Diktion kann man es den Zweiten Hauptsatz der Sozialpolitik nennen. Es bedeutet, erklärt er am 12. Dezember 1905 (240) vor dem Reichstag, dass es ganz natürlich ist, wenn die Wohlhabenheit in unserem Land steigt, dass dann gleichzeitig durch die Schulbildung und mit der wachsenden Kultur die Ansprüche des Arbeiters an die äußere Lebenshaltung wachsen und er einen größeren Anteil am Gewinn der industriellen Betriebe sucht. Posadowsky im Kampf gegen die Sozialdemokratie, nähert sich in ihrer Denkweise stark an. Wenngleich, was zu beachten ist, weitere, noch andere Schwerpunkte von ihm bei der Lösung der sozialen Frage gesetzt werden. Ihn grämt, dass die Sozialdemokraten mit der Revolution spielen und nicht anerkennen, "was der Staat und die bürgerliche Gesellschaft für die arbeitenden Klassen bisher schon getan haben". "Es ist noch keinem Staat in der Welt gelungen", hält er ihnen am 13. Februar 1897 im Reichstag vor, "uns das nachzumachen, was wir für die arbeitenden Klassen gethan haben." Endlich sagts mal einer, könnte - als er dies hörte - sein Parlamentskollege Adolf Stoecker (1835-1909) gedacht haben. Denn ihn stört schon einige Zeit, "Das in manchen Kreisen eine üble Stimmung gegen uns herrscht .... " Den studierten Theologen aus Halberstadt, Begründer der antiliberalen, antisozialistischen Christlich-Sozialen Bewegung, ärgert dies, macht ihn etwas fassungslos und fragt: "Wodurch ist diese hervorgerufen?" Er hat da so eine Vermutung, die folgende Beobachung stützt: "Für die Arbeitgeber fehlt in der Sozialdemokratie jede Anerkennung." Daher könnte es sein, droht er am 12. Februar 1906 (1212) im Reichstag an, dass in Kreisen der Staatsmänner, die Lust zu Reformen vergeht. Posadowsky sieht dies offenbar anders. Ausgangspunkt dafür ist möglicherweise eine andere Lagebeurteilung der Arbeiterbewegung, über die er am 13. Dezember 1897 im Reichstag äußert: "Gott sei Dank gibt es noch eine große Anzahl Arbeiter, die treue Anhänger der Monarchie sind und die Absicht haben, im Schatten der Kirche zu sterben. (Widerspruch bei den Sozialdemokraten. Beifall rechts)". Jetzt, 1906, fragt er:
"Gegen die Kritik seiner ursprünglichen Verbündeten im konservativen Lager lenkte Posadowsky in die Bahnen der Politik des "Neuen Kurses" zurück, die 1896 abgebrochen worden war", fasst die Entwicklung Joachim Bahlcke (Kulturstiftung) zusammen. "Als Ziel schwebte ihm eine Trennung von Sozialdemokratie und Arbeiterbewegung über die christlichen Gewerkschaften vor, die sich im Jahre 1901 zum "Gesamtverband der christlichen Gewerkschaften Deutschlands" zusammenschlossen." Wenn Posadowsky die Stärkung der christlichen Arbeiterbewegung erstrebt, assistiert ihn (am 12. Februar 1906) Stoecker wieder: "Und wenn die Herren von der äußersten Linken mit einer diabolischen Klugheit immer so tun, als ob sie allein die Interessen der Arbeiterwelt verträten, und die anderen Arbeiter glauben machen, daß das wirklich so sei, - wir im Reichstage sollten das nicht nachmachen, sondern immer unterscheiden zwischen der Arbeiterwelt und der Sozialdemokratie, die in ihren Interessen gar nichts miteinander zu tun haben. (Sehr richtig! Rechts)" Hierauf antwortet am 14. Februar (1906) August Bebel im Reichstag: "Den Kampf mit Herrn Stoecker und Konsorten nehmen wir gerne auf. Er soll sich uns nur stellen ...."
Mit seiner
verleiht Posadowsky dem "Kampf gegen die Sozialdemokratie" einen neuen Impuls. Nachdem er im Plenarsaal viele an ihn gerichtete Fragen systematisch beantwortet hatte, ist die Sozialdemokratie an der Reihe. Ihn treibt die Frage um, wie man gegen die drei Millionen Stimmen der Sozialdemokratie ankommt? Er unterscheidet zwischen einer "berechtigten Arbeiterbewegung und einer unberechtigten". Die Sozialdemokraten, so lautet der zentrale Vorwurf, stellen Forderungen, "die weder im Gegenwartsstaat noch im Zukunftsstaat" "noch in irgendeinem Staate der Welt jemals zu erfüllen sein werden". Denn ihre Erfüllung würde zum Zusammenbruch des gesamten wirtschaftlichen Lebens und mit ihm des Staates führen. "Weil die Sozialdemokratie hiervon überzeugt ist, erklärt sie: der ganze bestehende Staat muss beseitigt werden. Wie dieser Zukunftsstaat aussehen würde, davon habe ich wenigstens keinen Begriff. [Sehr gut!] Deshalb muss man es doch begrüßen, wenn eine Arbeiterbewegung besteht und sich weiterentwickelt, die erklärt:
Weder als Landrat noch als Staatssekretär gründet er seine Politik auf ein idealistisches System von Ideen. Grundlage sind Reperatur- und Projektaufträge, Rücksprachen, Gesetze, Vorlagen und Informationen der Wirtschaft über die industrielle und landwirtschaftliche Arbeit, unter besonderer Beachtung von Löhnen und Preisen, der Staatsfinanzen und den Tendenzen des internationalen Handels. Zu Posa´s Zeiten hatte die soziale Frage Konjunktur. Darüber wurde viel geschrieben und noch mehr geschwätzt. Auf diese angeblich "unendlich wichtige" Frage hinterließ Karl Marx am 1. Februar 1849 in der Neuen Rheinischen Zeitung eine ziemlich sarkastische Antwort, dass davon überhaupt keine Rede sein kann, weil "jede Klasse ihre e i g e n e soziale Frage hat", und dass "mit dieser sozialen Frage einer bestimmten Klasse auch zugleich eine bestimmte politische Frage für diese Klasse gegeben ist." Posadowsky wendet sich eben dieser Problemstellung, den ökonomischen Bedürfnissen der einzelnen Klassen, Schichten und Gruppen, den verschiedenen Interessen der Landwirtschafts- und Industrieverbände und Organisationen, mit großer Aufmerksamkeit zu. Nichts weist dabei auf eine moralische oder politische Abwertung der arbeitenden Klasse und Unterschichten hin. Er verfügt über ein gesundes soziales Empfinden für die Lebenslage der arbeitenden Klassen. "Was würde werden," fragt er am 13. Dezember 1897 den Reichstag, "wenn - was Gott verhüte! - wir einen unglücklichen Krieg führten, Handel und Wandel stockten, die Fabriken still ständen, der heimische Boden nicht mehr so intensiv bearbeitet würde: - wovon sollte dann der Arbeiter leben! Die besitzenden Klasse können viel leichter über halten; die haben etwas zuzusetzen, nicht aber der Arbeiter, der von der Hand in den Mund lebt." Ende November 1911 formuliert er bei einem Auftritt als Kandidat des Reichstages für den Wahlkreis Bielefeld den moralischen Imperativ des Klassenkampfes:
Seit 1897 artikulierten die Junker ein massives Bedürfnis an der Erhöhung der Einfuhrzölle für Agrarprodukte. Wohingegen sich die Bank- und Handelsbourgeoisie dagegen auflehnte. Recht und Freiheit räumten der Interessenpolitik den Platz. In der Sozial- und Zollgesetzgebung schmiedete Posadowsky mit an Bündnissen und Kompromissen, die realen ökonomischen Klasseninteressen Rechnung trug. Dabei war es nicht immer leicht, ihn zu folgen. Denn sein Verhältnis zu den ökonomischen Bedürfnissen der verschiedenen sozialen Klassen und Gruppen und deren sozialpolitische Wichtung artikulierte sich sprachlich temporär mitunter in Abhängigkeit von den strategischen und taktischen Aufgaben, was manche öffentliche Kontroverse auslöste. Zum Beispiel registrierte am 26. Februar 1905 der "Wirtschaftliche Wochenbericht" vom Vorwärts (Berlin), dass Staatssekretär Posadowsky auf einer politischen Veranstaltung als Gegengewicht zum Streben der unteren Schichten nach Verbesserung ihrer Lebenslage die "Rolle des Anti-Posa" einnahm. Er forderte den von der Sozialpolitik ausgelösten heftigen Gang der Gesetzgebungsmaschine, "die Stärkung des politischen Einflusses der Landwirtschaft, das heißt der junkerlichen Position, die er als "festen Anker unseres Staates" bezeichnete", entgegenzusetzen. August Bebel oder die ihm zugeneigte SPD "Volksstimme" aus Magdeburg stellten ihn mir nichts dir nichts unter das Verdikt, ein "Land- und Industriebündler" zu sein. Der SPD-Vorsitzende behauptete gar, Posadowsky sei durch den Verkehr mit den Kapitalisten so verwirrt, dass er nicht mehr das sozialpolitisch Richtige erkenne. Daraufhin fragt der am 12. Dezember 1900 in der Beratung zum Haushalt für das Rechnungsjahr 1901 im Plenum des Reichstages etwas listig zurück:
Selbstironisch fährt er fort:
Zum Verhältnis von Unternehmer und Arbeiter entfaltete Posadowsky ganz eigene Vorstellungen, die beispielsweise am 16. Dezember 1897 vor dem Reichstag zur Sprache kommen: "Ich habe aber ferner allerdings ausgeführt, daß es außerordentlich bedenklich sei, sämtliche Erwerbszweige Deutschlands polizeilich reglementieren zu wollen, daß man auf diesem Gebiet nur mit der äußersten Vorsicht vorgehen sollte; denn es sei bedenklich, Verordnungen zu erlassen, die sich in ihrer Ausführung gar nicht kontrollieren lassen und die sehr leicht dahin führen, daß das Verhältniß zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, der soziale Frieden, der zwischen diesen beiden Kategorien unbedingt bestehen muß, aufs schwerste gefährdet wird. Das Verhältniß zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kann man nicht nur auf den rechtlichen Vertrag stützen, es muß auch ein gewisses Pietätsverhältniß bestehen." Als das Rundschreiben vom 11. Dezember 1897 zur Strafverschärfung des Pargaraphen 153 der Gewerbe-Ordnungs-Novelle, unterzeichnet von Posadowsky-Wehner und veröffentlicht im "Vorwärts" am 15. Januar 1898, bekannt wurde, war es für viele, die daran glaubten, dass er wirklich für eine pietätvolles Verhältnis von Arbeiter und Unternehmer eintrat, eine Enttäuschung. Eine zweite gestaltende Posadowsky-Idee zur Beziehung von Unternehmer und Arbeiter verkörpert das "Vaterland". August Bebel tut so, wirft er ihn am 13. Dezember 1897 (171) im Reichstag vor, als ob die Mittel der Landesverteidigung nur den Besitzenden, den Reichen und Kapitalisten zugute kommen. Wohl kann er seine Warnung, die indirekten Steuern für die Lohnabhängigen nicht zu stark zu erhöhen, verstehen, und will ihm hier "durchaus beipflichten" (!). Nicht unterstützen kann er dessen Darstellung, "als ob die Armee und Marine nur da waren zum Schutze des Besitzes, der reichen Leute". Posadowsky fragt:
Die arbeitende Klasse
steht nicht außerhalb unserer Gesellschaft. Weshalb sie ebenfalls,
untermauert er seine Worte weiter, ein "Interesse an der Sicherheit
des Staates" und der "Aufrechterhaltung des Friedens" haben
muss. Wäre das nicht so, "dann wäre aber allerdings die
Aufrechterhaltung des allgemeinen direkten Wahlrechts auch nicht mehr
berechtigt".
Menschenbild zurück Das christliche Menschenbild bietet ihm wichtige Orientierungshilfe. Empathie und soziale Pflicht des Christen finden in der Sozialpolitik zusammen. "Ich halte die Sozialpolitik", resümiert Arthur Graf von Posadowsky-Wehner 1911 in der Bielefelder-Rede, "für ein sittliches Gebot, für ein Gebot der christlichen Religion und jedes Religions-Bekenntnisses jedes gebildeten Volkes." Den asozialen, nach materiellen Werten strebenden Menschen lehnt er ab. Gestalten ohne Mitgefühl fürchtet er. Als 1930 mit den Notverordnungen soziale Leistungen gekürzt wurden, warnte er: "Kalte Selbstsucht eines Volkes gegenüber leidenden Schichten seines eigenen Blutes bedeutet eine soziale Gefahr ." (V&R 74) Den Propheten Jesaias, "Ein Jeglicher sieht auf seinen Weg, ein Jeder geizet für sich in seinem Stande", führt er als Inbegriff des lieblosen und unsozialen Menschen vor. Feine Gemüter haben Mitgefühl und suchen, diesen Empfindungen in Wort und Tat Ausdruck zu verleihen. (V&R 74) Das tätige Mitgefühl mit seinen Stammesgenossen erhebt Posa zur vaterländischen Pflicht. Wir nennen es schlicht "Solidarität". Im Widerspruch hierzu, etwas überraschend!, lobt er am 13. Dezember 1897 (175) im Reichstag das egoistische Lebensprinzip als conditio sine qua non des Fortschritts aus:
Über freilich notwendige individuelle moralische Maßstäbe des Handelns sucht gesellschaftliche, dass Rechtsgefühl, den Anstand und die gegenseitige Achtung betreffend. Im Reichstag spricht er am 12. Dezember 1905 (240):
Kernsätze der Sozialpolitik zurück Die Sozialpolitik konstituiert sich aus dem Widerspruch von aktuell immer begrenzten ökonomischen Möglichkeiten einerseits und dem unerschöpflichen Bedürfnis die Produktivkraft Arbeit zu erhalten und zu fördern andererseits. Ihre merkantile Ausgestaltung greift tief in die Wertverhältnisse des nationalen Lohn- und Renten- sowie Gesundheitssystem ein. Zwangsläufig unterliegt der Widerspruch dem Kampf der Interessen der sozialen Klassen, Gruppen und Parteien sowie der alltäglichen Polemik von Presse und Öffentlichkeit. Die Materialisierung der Sozialpolitik ist vom politischen Kräfteverhältnis der im Reichstag konkurrierenden Parteien, den Gewerkschaften, dem Einfluss der Unternehmer nebst ihren Organisationen und Verbänden abhängig. Für das Unternehmertum avisiert Posadowsky klare Leitideen. Wie das auszusehen hat, teilt er ihnen am 22. Januar 1902 im Fluss der Beratung zum Etat des Reichshaushalts mit:
Oft wird die deutsche Sozialpolitik vor dem Ersten Weltkrieg als Reaktion auf den wachsenden Einfluss der Sozialdemokratie und im Dienst der Domestizierung der Arbeiterklasse interpretiert. Andere begreifen sie vor allem als Pflegeleistung zur Produktivitätssteigerung der Arbeit. Posadowsky-Wehner überschreitet deutlich den Horizont sowohl einer populistisch wie ökonomistisch fundierten Sozialpolitik. Für ihn ist sie, eine universelle kulturelle Aufgabe, ohne die kein gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Fortschritt möglich (V&R 126ff.). Damit überschreitet er den Horizont der sozialethischen Auffassungen der Posener-Zeit, die die Pflicht zur sozialen Fürsorge vor allem aus dem Gebot der christlichen Sittenlehre ableiteten Sozialpolitik verstand Posadowsky nicht als Praxis sozialer Geschenke an eine geschundene arbeitende Klasse. Vielmehr lotete er Möglichkeiten und Grenzen im Feld von Humanität, Rationalität und Ökonomie aus. Volkswirtschaftlich betrachtet handelt es sich hier um die Gestaltung des Verhältnis von Ordnung und Markt, was in der täglichen Arbeit seinen Niederschlag fand. Einerseits widersprach er ".... auf das heftigste, wenn der Centralverband deutscher Industrieller Forderungen, die der Gesundheit und körperlichen Unversehrtheit am Arbeitsplatz galten, als sozialdemokratisches Anliegen zurückwies." (Bahlcke 96) Das beruhte auf der Überzeugung,
Was er hier 1932 in "Volk und Regierung" als
artikuliert, beruht auf seinen praktischen Erfahrungen im Reichsschatzamt und Reichsamt des Inneren und geht, soweit es einzusehen, auf seine Rede vom 12. Dezember 1905 vor dem Reichstag zurück. Es ist ein durchgreifendes ökonomisches Kraftmoment der Sozialpolitik und der Sozialgesetzgebung überhaupt. Von der linken und extrem linken Opposition wird es nach 1918, speziell nach seiner Rede vom 14. Februar 1919 in der Nationalversammlung, manchmal zitiert, aber viel, viel öfter in verallgemeinerter Form zurechtgestutzt und verstümmelt dargelegt. Um Klarheit zu schaffen, soll er selbst zu Wort kommen. Das Bestreben um einen größeren Anteil der Arbeiter am Gewinn des Unternehmens betrachtet er "an sich verständlich und auch berechtigt." Doch darf die Produktion dadurch nicht in einer Weise verteuert werden, dass diese konkurrenzunfähig, lebensunfähig oder reproduktionsunfähig wird.
Die Gewinn-Beteiligung des Arbeiters am Unternehmen definiert er als eine Frage der Gerechtigkeit. Natürlich in den ökonomischen Formen und Verhältnissen - von 1906 und 1919. Wie sonst? Ihm ist nicht nicht vorzuwerfen, Humanität und Ökonomie versöhnen zu wollen. Nicht als postuliertes hoch daherkommendes Sonntagsversprechen, sondern auf die Ökonmie gegründet. Das ist Posadowsky´s Art. Nach fast zehnjähriger Tätigkeit als Staatssekretär des Inneren, nennt ihn am 25. Juni 1907 die Volksstimme aus Magdeburg, einen Vertreter des sozialen Königtums. Die Kaufmannsgehilfen-Tagung am 9. Februar 1926 in Naumburg begrüßt ihn als
Wollte oder durfte er nicht? zurück
Eifrig schreitet der Staatsminister des Inneren auf dem deutschen Weg der Wirtschaft fort, der sich durch die Sozialpolitik deutlich vom anglo-amerikanischen Wirtschaftssystem unterscheidet. Er erkannte sehr wohl, schreibt Albin Gladen (85f), "dass staatliche Sozialpolitik in eine emanzipatorische Gesellschaftspolitik einmünden müsse, die den Arbeitern Freiheit und Möglichkeit zur Selbsthilfe gab." Das verlangte die Aufhebung des politisch-diskriminierenden Zensuswahlrechts mit anachronistischer Wahlkreiseinteilung und die uneingeschränkte Koalitionsfreiheit. An die Lösung der Arbeiterfrage nicht nur sozialpolitisch heranzugehen, sondern sie als Verfassungsfrage anzuheben, das wollte er nicht verantworten. - Nachfrage, wollte oder durfte er nicht? Über welche Handlungsspielräume verfügte der Staatssekretär a) innerhalb der institutionellen und b) in den Grenzen der kaiserlich-herrschaftlichen Subordinationsverhältnisse? Was konnte er gestalten und entscheiden? Was lässt das persönliche Regiment von Wilhelm II. zu? - Regierung, Beamtenschaft usw waren " durchsetzt von dem Bestreben, die Gunst, der Allerhöchsten Person für sich zu gewinnen bzw. zu erhalten" (Röhl 133). "Die Reichskanzler, die Staatssekretäre der Reichsämter und die preußischen Minister waren praktisch zu Handlangern der Monarchen herabgesunken ...." (Röhl 130). ". immer weiter frisst sich die Überzeugung Bahn, die sämtlichen Minister seien nicht selbständige Männer, die nach ihrem guten Glauben handeln, sondern mehr oder weniger Puppen, die blindlings den Winken und Launen ihres kaiserlichen Herren folgen" (W. J. Mommsen 64). In den Äußeren Angelegenheiten des Landes verhält es sich so, dass gemäß Artikel 11 der alten Reichsverfassung allein dem Kaiser die völkerrechtliche Vertretung des Reiches zusteht.
Ich
bin aber, solange ich in diesem Amte stehe, Im Reichstag stößt die Fortsetzung der Sozialpolitik auf Widerstand, was natürlich von ideologischen Auseinandersetzungen begleitet ist. Seine Gegner stellen das
in Frage. In der Reichstagsdebatte am 9. März 1907 (344/345) argumentiert der Staatssekretär des Inneren: Ein Volk, dass in der Bildung fortgeschritten, stellt auch im Unglück höhere Anforderungen an seine Lebensführung als die Armenpflege gewähren kann. "Deshalb kann ein Volk von dem Kulturstande des deutschen Volkes die Sozialpolitik nicht aufhalten und nicht aufgeben, trotz aller stillen und offenen Gegner." Folglich kann die Sozialpolitik kein "verhängnisvoller Schritt" dagegen sein. Doch seine Tätigkeit wird nicht darin einmünden, stellte er bereits in der Reichstagsrede am 13. Dezember 1897 klar, "alle Erwerbszweige polizeilich zu reglementieren, um schließlich einen sozialistischen Polizeistaat herbeizuführen, in dem sich die Arbeiter nicht wohler befinden dürften als bisher, in dem aber die besitzenden Klassen sich zu bewußten Gegnern des Staats herausbilden würden."
Seit der freikonservative Abgeordnete Karl von Camp-Massen (1846-1918) ab Juni 1907 seine Angriffe gegen ihn, den Vizekanzler, richtete, wofür er gleichsam in den Freiherrenstand erhoben, und die Norddeutsche Allgemeine jede Woche vom bornierten Unternehmerstandpunkt aus verleumderische Anklagen gegen die modernen Gewerkschaften erhob, konnte kein Zweifel mehr bestehen, dass die Tage Posas gezählt waren. (VS 25.5.1907) Meist äußern sich, so schildert er die Lage am 9. März 1907 (344) im Reichstag, seine Widersacher öffentlich nicht in schroffer Weise. Doch sie bekämpfen jeden einzelnen (Fort-) Schritt und sorgen dafür, dass für den Schwachen nur das Notwendigste geschieht. "Und, meine Herren," streitet Posadowsky am 5. März 1907 für seine Politik vor dem Hohen Hause, "dass gegen mich in der Öffentlichkeit, persönliche gehässige, giftige und verleumderischen Angriffe gerichtet sind, das ist allgemein bekannt ." "Es gibt eben Richtungen, die wollen, dass ein Staatssekretär gegen Sozialpolitik besteht.
Kolonialpolitik - Nachtragshaushalt - Weltstellung (Bülow) zurück Unter der Kanzlerschaft von Leo von Caprivi (1890-1894) und Carl Viktor Fürst von Hohenlohe-Schillingsfürst (1894-1900) konnte Posadowsky seine Leistungskraft voll entfalten. Als Bernhard von Bülow 1900 übernahm, da brachten die "Temperamentsunterschiede" der Männer bald allerlei Misshelligkeiten zu Tage. (Paul Wittko 1925) Genauer gesagt, zwischen dem Kanzler und seinem Stellvertreter klaffen unwägbare politische Tiefen, die Kernfragen seiner "Weltpolitik" betreffen. Posadowsky zweifelt an der Sinnhaftigkeit der Kolonialpolitik. 1911 kritisiert er in der Bielefelder-Rede: [a] "Wir haben ein ungeheures Kolonialgebiet zu erschließen, wozu gewaltige finanzielle Mittel im Laufe der Zeit notwendig sein werden. Große, wilde Flächen ohne reiche Mittel zu ihrer Erschließung sind aber rein imaginäre Werte. Ein Land wo die Europäer nicht arbeiten können, und die Eingeborenen nicht arbeiten wollen, bedeutet keine Verstärkung unserer wirtschaftlichen und politischen Macht." [b] "Alle kolonialen Erwerbungen hat man bisher damit begründet, dass wir bei unserer schnell wachsenden Volkszahl Gebiete für deren Auswanderung erwerben müssen. Es ist aber falsch, zur Zeit von einer Überbevölkerung Deutschlands zu sprechen." Ob in Deutschland überhaupt ein entbehrlicher Bevölkerungsüberschuss besteht, erscheint ihm fraglich. Sein einstiger Dienstherr Reichskanzler Bernhard von Bülow (1906, 3958) war da anderer Meinung, wenn er 1906 formuliert: "Die Frage steht nicht so: ob wir kolonialisieren wollen oder nicht; sondern wir müssen kolonialisieren, ob wir wollen oder nicht." 1905 erhoben sich in Deutsch-Ostafrika die Maji-Maji gegen die repressive Kolonialherrschaft. Im Jahr zuvor traten in Deutsch-Südwestafrika die Herero und Nama (von den Deutschen abschätzig als "Hottentotten" bezeichnet) in den Aufstand. Nach der verlorenen Schlacht am Waterberg, wollten sie durch Omaheke ins Betschuanaland (Botswana) ziehen. Deutsche Truppen verhinderten ihre Wasseraufnahme und ließen sie verdursten. Wer dem Massensterben entkam, vegetierte dahin oder starb oft im Konzentrationslager. Eine Politik der Grausamkeiten, des Mordens und Terrorismus, die viel Geld kostete. Matthias Erzberger (1875-1921) - kandidiert zur Reichstagswahl 1907 im Wahlkreis Biberach, Leutkirch, Waldsee, Wangen - wandte sich gegen die Kolonialkriege und forcierte durch die Veröffentlichung skandalöser Zustände (etwa zur Tätigkeit der Firma Tippelskirch & Co. GmbH) die politische Krise, die 1907 in die Reichstagsauflösung einmündet.
Kanzler Bernhard von Bülow legt im August 1906 dem Reichstag einen Nachtragshaushalt vor, der zusätzlich 29 Millionen Mark für die Kolonialtruppen und den Bau einer angeblich kriegswichtigen Eisenbahn vorsieht. Erzberger vom Zentrum fordert die Reduzierung der Truppen und der von der Regierung beantragten Gelder. August Bebel, SPD, prangert die deutsche Ausrottungsstrategie an. Laviert aber. Er kann sich eine "Kolonisation als große Kulturmission" vorstellen. "Man will
man will endlich die langersehnte Kolonialarmee schaffen", konkretisiert es am 14. Dezember 1906 der Vorwärts aus Berlin. Mindestens 5000 Mann, vielleicht auch mehr, sollen in Südwestafrika bleiben. Reichskanzler Bernhard von Bülow interveniert am 13. Dezember 1906 gegen die widerspenstigen Abgeordneten des Reichstages:
Die SPD (78 Abgeordnete), das Zentrum (103 Abgeordnete) die Fraktion der Polen (16 Abgeordnete), und mit ihnen Posadowsky-Wehner, stimmen am 13. Dezember 1906 gegen den Nachtragshaushalt für das Kolonialamt. Die Regierungsvorlage wird mit 178 zu 168 Stimmen ablehnt. Unmittelbar danach löste Reichskanzler Bülow auf Anordnung von Kaiser Wilhelm II. das Parlament auf. Als Termin für die Neuwahl des Reichstages wurde der
Die Hottentottenwahl zurück Deutsch Konservative, Nationalliberale und Linksliberale bildeten ein Wahlbündnis, um Reichskanzler von Bülow zu stützen. Es war gegen das katholische Zentrum und die Sozialdemokratie gerichtet.
Wie soll man obiges Foto in Aktion mit der Freisinnigen Volkspartei interpretieren, wenn nicht als reservierte Haltung zur Kolonialpolitik und den Etatsteigerungen durch die Militärvorlagen? Einen instruktiven Hinweis auf die parlamentarische Konstellation von Posadowsky gibt Jochaim Bahlcke : "Wenngleich eine Zusammenarbeit oder ein Ausgleich mit der Sozialdemokratie für ihn zu keinem Zeitpunkt in Frage kam, lehnte er doch im Unterschied zu vielen Standesgenossen ein Regieren gegen die Mehrheit der Volksvertretung strikt ab, . Die Konsequenz war eine Anlehnung beim Zentrum und bei den Linksparteien." (Ostdeutsche Biographien)
Am Wahltag - den 25. Januar 1907 - entscheiden sich 28,9 Prozent der Wähler für die SPD. Sie büßte damit 2,8 Prozent der Stimmen ein und verlor 38 Sitze. Das Zentrum erreichte fast unverändert 19,4 Prozent, die Nationalliberale Partei 14,5 Prozent, die Deutschkonservativen 9,4 Prozent. Im Ergebnis war der Reichstag jetzt ohne Stimmen des Zentrums mehrheitsfähig, gestützt auf: Nationalliberale Partei + Deutsche Volkspartei + Deutschkonservative + Freisinnige Volkspartei + Freisinnige Vereinigung.
Ministerieller Massensturz zurück Gelegentlich einer Beratung am 28. Februar 1907 traten zwischen Posadowsky und Bernhard von Bülow Unstimmigkeiten auf. Der Reichskanzler wirft ihn später vor, über eine bestimmte Sachlage nicht ausreichend informiert zu haben. Außerdem erwartete er von ihm bei der Vertretung seiner Politik mehr Unterstützung. Der Chef wurde krank und sein Staatssekretär für Inneres übernahm regulär die Leitung der Reichsgeschäfte. Obwohl hierfür zweifellos zuständig, führte die Reichskanzlei sie selbständig, sozusagen parallel, weiter und unterzeichnete Dokumente mit "Im Auftrage des Reichskanzlers". Das führte natürlich zu weiteren ernsten Verstimmungen. (Arnim / v. Below 1925) Als dann noch bekannt wurde, dass der Staatssekretär Bestrebungen des Zentrums unterstützt haben soll, geredet wurde gar über die parteipolitische Unterstützung des Zentrums aus dem Reichsamt heraus, war das Maß voll.
Zum 24. Juni 1907 wird er das "Staatsschiff" verlassen. Warum - das ist Frage. (a) Er war gegen die Auflösung des Reichstags. Ein radikaler Bruch mit dem Zentrum, worauf das Vorgehen vom Kaiser und Reichskanzler abzielt, kommt ihm ungelegen, da er es zur Durchsetzung seiner Sozialpolitik braucht. Wird es mit seinen 103 Abgeordneten gestutzt, beeinträchtigt dies die Weiterführung seiner Sozialpolitik. So kann man sagen, dass sein Abschied als Staatssekretär des Inneren im Zeichen der Blockpolitik stand. (b) Gewiss spielen bei Sturz noch andere Motive und Absichten mit. "Man hatte freilich dem Kaiser geflissentlich eingeredet," erzählen die Danziger Neueste Nachrichten am 3. Juni 1930, "dass der Graf krankhaft ehrgeizig sei und durchaus Kanzler werden wolle. Unter Hohenlohe war er verschiedene Male dicht dran, den Posten zu bekommen, bis Bülow als Staatssekretär des Auswärtigen Amtes die Gunst des Kaisers erwarb und Dauphin der Wilhelmstraße 77 wurde." (c) Was befürchteten denn diejenigen Kreise, die geneigt sind einen Aufstieg des Staatssekretär des Reichsschatzamtes zum Kanzler anzunehmen? Wahrscheinlich das aufkeimen von stark differierenden Wertorientierungen zur Zukunft Deutschlands, die Infragestellung der Kolonialpolitik - ja vielleicht sogar der "Weltpolitik"? - und eine gründliche Revision der Nationalitätenpolitik. Im Abschnitt "Die Posener Zeit" wurde die Polen-Frage im Hinblick auf seine Tätigkeit erörtert. Es wurde bereits erwähnt, das Bülow am 26. November 1907 in das preußische Abgeordnetenhaus den Entwurf eines Gesetzes einbringt, dass es erlaubte, polnischen Grundbesitz zu enteignen. Wie Posadowsky öffentlich darauf reagiert hätte, ist schwer zu sagen. Doch klar ist, diese Nationalitäten-Politik war nicht nach seiner Art. Und Fürst Bülow wußte das.
"Sein Sturz entspricht", kommentiert am 25. Juni 1907 die Volksstimme aus Magdeburg, "mehr noch als den Wünschen des Fürsten Bülow jenen der scharfmacherischen Reichspartei, die den ehemaligen Vertreter der Zuchthausvorlage, den Hauptmitarbeiter des Hochschutzzolltarifs, den Vertrauensmann der Landbündler und Industriebündler, seit er sich in der Auffassung seines Amtes zu etwas modernen Anschauungen gewandelt hatte, als ihren Todfeind zu behandeln pflegte." "Über die Entlassung von Posadowsky", reicht am 26. Juni 1907 das Jenaer Volksblatt nach, "ist noch zu bemerken, dass er schon längst all den Kreisen der Großindustrie und des unsozialen Junkertums verhasst war, denen selbst die unvollkommene, zögernde und reaktionäre Sozialpolitik Posadowsky noch zu "revolutionär" erscheint." Besonders von den Montanindustriellen zog sich der Sozialpolitiker den Unwillen zu. Mit ihm scheidet am 22. Juni 1907 aus der Reichs- und preußischen Staatsregierung, bemerkt die Volksstimme (Magdeburg) drei Tage später,
Nachfolger wird der preußische Polizeiminister und spätere Reichskanzler Theodor von Bethmann Hollweg. Am Die Entlassung von Posadowsky vergisst die politische Öffentlichkeit nicht so schnell. Abermals kommt sie in der Nachricht "Kampf um die Macht" über die Reichstagssitzung vom 7. Februar 1913 zur Sprache, wo es heißt: "Das Auftreten des Staatssekretärs Dr. Delbrück erinnerte an die letzte Rede, die im Reichstage sein Amtsvorgänger Graf Posadowsky als Staatssekretär gehalten hat. Auch Graf v. Posadowsky erklärte damals den ostdeutschen Junkern, dass er ein "grundsätzlicher" Gegner ihrer Politik sei. Er wolle kein Minister gegen, sondern für die Sozialpolitik sein. Herr von Delbrück hat am Freitag [den 7. Februar 1913] dasselbe, wenn auch mit anderen Worten gesagt. Graf v. Posadowsky war kurze Zeit nach jener Rede aus seinem Amt ausgeschieden worden."
"Die
Wohnungsfrage ist nicht mehr Noch hausen in Deutschland, besonders in den Industriezentren, Invalide, Greise, Erwerblose in Löchern, deren Luft stickig und der Sanitär unzureichend ist. Wohnungselend bringt Krankheiten, Süchte und Verbrechen hervor. Kriminalität, Alkoholismus, Kohlenot und andere die Gesundheit zerstörende Laster haben in nicht unerheblichen Umfang ihre Ursache im Wohnungselend. "Es ist in immer tiefere Kreise unsere Bevölkerung das Bewußtsein eingedrungen," stellt er 1913 im erfreulichen Unterton im Reichstag fest, "dass ein großer Teil der körperlichen und sittlichen Leiden der minderbemittelten Schichten aus den ungenügenden Wohnverhältnissen hervorgeht, die namentlich in den großen Städten bestehen. (Lebhafte Zustimmung rechts und links im Zentrum)." Die herrschende Wohnungsnot ist ein Brand, in dem Gerechtigkeit und die Würde des Bürgers in Asche zerfallen. "Wir unterstützen die Säuglingspflege, wir schaffen Jugendgerichtshöfe, wir verfolgen Laster und Verbrechen; damit kurieren wir aber nur auf die Symptome, wenn wir nicht die Hauptkrankheitsursachen, die sittliche bedenklichen Wohnungszustände, beseitigen." (6.2.1913, 3548/3549) Die Wohnung bleibt das materiell-soziale Fundament für die Gestaltung des familiären und persönlich sozialen Lebens. Hundert freudliche Arbeiterhäuschen lösen das Problem nicht. Geräumige, hygienisch einwandfreie Großblöcke sind der Maßstab der Stunde für den sozialen Wohnungsbau. Daß die Lösung der Wohnungsfrage für die Besitzer von Schlössern anders aussieht als in den Arbeitervierteln von Berlin, war ihm gegenwärtig, ohne dass er sich deshalb in den Klassenkampf stürzt. "Die Wohnungsfrage ist nicht mehr eine soziale Frage sie ist jetzt die soziale Frage", erklärt er am 6. Februar 1913 (3548/3549) vor dem Reichstag, sie "ist jetzt die soziale Frage." In der Reichstagsdebatte 1912 erweitert er den Ersten Hauptsatz der Sozialpolitikum die Aufgaben der praktische Wohnungsbaupolitik, die auf die schnelle und spürbarte Verbesserung der Wohnverhältnisse in unserem schnell wachsenden Volk. Welche enorme sozialpsychologische und politische Reichweite eine gestaltende, auf die werktätigen Massen ausgerichtet Wohnungspolitik hat, erschließt sich ebenso mit dem berühmten Satz von Karl Marx aus der Zur Kritik der politischen Ökonomie. Vorwort von 1859 (9): "Es ist nicht das Denken der Menschen, das ihr Sein bestimmt, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Denken bestimmt." Diese moralischen Grundsätze und sozialen Anschauungsweisen kennzeichnen das Konzept und die Vorschläge seiner Wohnungspolitik. In ihnen verflechten sich Ansprüche an die gesellschaftliche Moral mit einem ethischen komplementären Menschenbild und ökonomischen Leitorientierungen: gesetzliche Festlegungen zum Bau von ausreichend Kleinwohnungen, Erbbaurecht, finanzielle Förderung der minderbemittelten Schichten. "Will man die Wohnungsverhältnisse der Bevölkerung positiv fördern, so muß man auch finanzielle Maßregeln treffen - und solche erwarte ich vorzugsweise von den Bundesstaaten und den Gemeinden die es denen ermöglichen, die nur ein kleines Sparkapital besitzen und im übrigen für die Erfüllung ihrer Verpflichtungen nichts als ihre redlich Arbeitskraft bieten können, sich damit in unserem Vaterlande ein gefundenes Heim zu schaffen." Er stellt die Bedürfnisse der Arbeiter und kleinen Angestellten in den Mittelpunkt der Wohnungspolitik. Posadowsky geht es darum, kommentiert 1907 die "Volksstimme" aus Magdeburg, der Ausbeutung der Mieter durch die Hausbesitzer und Grundbesitzer entgegenzutreten. Er unterstützte den
der am 16. Oktober 1904 in Frankfurt am Main eröffnet wurde. Um die Mieten für die Reichsangestellten zu senken, schlägt er den Bau von eigenen Wohnungen vor.
bittet der Bayerische
Verband für Wohnungsförderung
Zunächst analysiert er die Tendenzen der Bevölkerungsentwicklung in Deutschland, wobei kritische Untertöne zur Kolonialpolitik anklingen: In den besten Kolonien, wie Südwestafrika, die 26 Jahre zu Deutschland gehören, siedelten lediglich 6 210 Deutsche, während sich die Bevölkerung im gleichen Zeitraum um 18 Millionen erhöhte. "Auch die wärmsten Vertreter einer starken Kolonialpolitik werden hiernach die Hoffnung kaum mehr aufrechterhalten können, dass unsere Kolonien imstande wären, einen irgendwie nennenswerten Teil unserer wachsenden Bevölkerung aufzunehmen." Wenn wir den jetzigen Kulturstand halten wollen, kalkuliert der Graf, dann müssen ausreichend Wohnstätten geschaffen werden, die den gesundheitlichen und sittlichen Anforderungen genügen. Gegenwärtig lebt die Stadtbevölkerung zu vier Fünftel in Kleinwohnungen mit zwei bis drei Räumen. "Aber nur in sehr großen Entfernungen von ihrer Arbeitsstelle können sie sie finden `zum Schaden ihrer Arbeits- und Nachtruhe und ihres Familienlebens`". Etwa 63 Prozent der Bevölkerung leben in Zwei- bis Dreizimmerwohnungen. In einzelnen Orten sind sie bis zu 59 Prozent mit zwei, ja sogar mit drei Schlafgängern belegt, was "die kaum glaubliche Zerrüttung des Familienlebens in den Arbeiterfamilien" bedingt. Staat, Städte und Gemeinden müssen deshalb eine neue Richtung im Wohnungsbau einschlagen. Bei der Verbsserung der Wohnraumversorgung kommt dem er das Erbbaurecht eine bedeutende Rolle zu. "..... gerade von der Entwicklung des Erbbaurechts, glaube ich," sagt er am 6. Februar 1913 (3548) vor dem Reichstag, "ist eine sehr wirksame Förderung des Wohnungswesens zu erwarten; denn das Erbbaurecht hat den großen Vorzug, erstens, dass das bebaute Grundstück nicht aus dem Hypothekenverbande des Stammgrundstücks ausgelöst zu werden braucht; ferner erlaubt es auch minder bemittelten Personen, ein derartiges Grundstück im Wege des Erbbauvertrages zu erwerben, weil kein Kapital zu zahlen ist, sondern nur eine fortlaufende Rente, und endlich hat er für den Besitzer des Grundstücks den wesentlichen Vorteil, dass er Eigentümer seines Grundstücks bleibt, und ihm deshalb auch der Gewinn aus der Steigerung des Preises für den Grund und Boden zufließt, sobald die Erbbaufläche nach Ablauf des Erbbauvertrages wieder in sein Eigentum zurückkehrt." Um den Wohnungsbau zu angemessenen Preisen realisieren zu können, müssen die Gemeinden endlich reichlich und vorsorgend Grund und Boden ankaufen. Für dringend notwendig hält er den Bau von Wohnungen für Reichsangestellte, damit, wie er formuliert, die Mieter der Ausbeutung durch die Hausbesitzer und Grundeigentümer entrinnen können. Über den Münchner Vortrag 1910 fällt die sozialdemokratische Wochenschrift Die Neue Zeit (1910) ein vielsagendes Urteil:
Auf dem
hält Doktor Graf von Posadowsky-Wehner als Ehrenpräsident die Eröffnungsrede. Er gilt auf dem Gebiet der Wohnungspolitik als Fachmann und findet in der deutschen Presse weithin Beachtung. Der ehemalige Staatssekretär und Stellvertreter des Reichskanzlers fordert Wohnungsgesetze und Vorschriften, die sicherstellen, dass gewisse mit dem Bebauungsplan einbezogene Landstücke nur mit Kleinwohnungen bewirtschaftet und die darauf errichteten Häuser ebenfalls nur als Kleinwohnungen benutzt werden dürfen. Sozialpolitisch und wirtschaftlich ist es falsch, beklagt er, die minderbemittelten Klassen in weitentfernten Vororte zusammenzudrängen. Höchst wichtig hingegen bleibt, die Ausgabe von Land zum Erbbaurecht, was die Möglichkeit eröffnet, mit geringen Kostenaufwand den Besitz von Grund und Boden für Wohnungszwecke auf die Lebensdauer mehrere Geschlechter hinaus zu erwerben. Dies erhärtet er nochmal in seiner Rede vor dem Reichstag am 6. Februar 1913 (3549). Dazu sind, legt er am vom 28. Februar 1912 im Reichstag dar, zwei Maßregeln notwendig. A) Das Erbbaurecht ist für die Städte, die möglichst große Ländereien erwerben, das geeignete Mittel, um auf dem Wege des Kleinwohnungsbaus für die minderbemittelten Volksklassen gesunde und preiswerte Wohnungen zu schaffen. Allerdings müssen dazu die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches zum Erbbaurecht entsprechend ergänzt werden. B) Die Städte können die Aufgabe nicht alleine lösen. Das Großkapital muss Mut und Luft haben, die Förderung des Wohnungsbaus mittels dem Erbbaurechts zu unterstützen. Die Lösung der Wohnungsfrage als soziales Problem ist nur mittels öffentlicher und privat-unternehmerischer Investitionen möglich. Durch entsprechende Ergänzungen der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches würde sich, dass Großkapital interessiert zeigen. Zurzeit ist das nicht der Fall, weshalb rechtlich an der Liquidität der Anlagen oft Zweifel bestehen. Das Konzept der Vergesellschaftung der Produktionsmittel, welches die Sozialdemokraten noch immer im "Erfurter Programm" (1891) favorisieren, ist logisch nicht mit diesen Aufgaben vereinbar. Trotzdem, ächzt Posadowsky, halten sie daran fest. Allerdings fallen jetzt Teile der SPD davon ab, nahm er bei seinem vorbereitenden Literaturstudium wahr. Nun wäre es, rät er, an der Zeit festzustellen, dass die "Vergesellschaftung" ein Irrtum, also nicht ausführbar ist. Auf diese Weise drängte sich so am 27. Februar 1912 - was nicht überraschend kam - der entscheidende Unterschied zwischen konservativer und sozialistischer Denkweise, die Haltung zum Privateigentum an Produktionsmitteln, in die Reichstagsdebatte.
1920 legt er in "Die Berliner Wohnungsfrage" erneut Vorschläge vor und wiederholt:
Typisch hier wieder, der Realismus mit dem er vorgeht. Offensichtlich reichen, muss er registrieren, alle bisherigen Bemühungen, besonders wegen des schnellen Bevölkerungswachstums, nicht aus. Sie zeigen keinen durchschlagenden Erfolg. Und der wird weiter ausbleiben, warnt Posadowsky, solange nicht für die Benutzung der Wohnungen allgemein gültige Mindestanforderungen aufgestellt und deren Durchführung überwacht werden. Speziell für den Bau von Kleinwohnungen und deren Nutzung sind dringend Gesetze notwendig. Um zu niedrigen Mietpreisen zu gelangen, favorisiert er erneut das Erbbaurecht. "Entschliesst man sich nicht zu durchgreifenden Massnahmen," warnt er, "so wird Laster und Verbrechen der Großstadt sich in einem Masse weiter entwickeln, das für das Volksleben nicht nur in den Großstädten, sondern des ganzen Landes bedrohlich wird."
Abgeordneter des Reichstags zurück 1915 gehört er zu den Berliner Reichstagsköpfen, die man öfter auf den Straßen der Stadt sieht. Der Mann mit der überaus schlanken Figur und dem aristokratischen Gelehrtengesicht wurde am 12. Januar 1912 bei den letzten Wahlen zum Reichstag in Bielefeld als Kompromiss-Kandidat von Konservativen, Zentrum, Wirtschaftlicher Vereinigung des Bundes der Landwirte und Nationalliberalen als Sieger ausgezählt und schlug damit den Sozialdemokraten Carl Severing (1875-1952) aus dem Feld. Er ist Hospitant bei der Reichspartei, die einst unter der Führung des Großindustriellen Freiherrn v. Stumm stand. In der Nationalversammlung, beobachtet 1919 "Der Welthandel", sitzt er in den Reihen der Deutschnationalen, teilt mit Clemens von Delbrück deren geistige Leitung in den politischen staatsrechtlichen Fragen.
Die Kandidatur als Reichstagsabgeordneter begann Ende November 1911 in Bielefeld mit einer Rede auf einer grossen Volksversammlung. Hiervon sind folgende Gedanken überliefert:
Wahlkampfauftritte erledigte er pflichtbewusst. Und man hörte wenig Tadel. Doch ein großer Wahlkämpfer war er nicht. Von einem Szenarium der Signale und Symbole hielt er nicht viel. Stimmung, Beliebtheit und Redegewandtheit, was das Wahlvolk so liebte, interessierte den Parlamentarier Posadowsky wenig. Ihm lag die vom demokratischen Wahlbetrieb generierte populistische Effekthascherei nicht. Das steigerte in Wahlzeiten nicht unbedingt seine Popularität. In allgemeinen misst er Reden, zumindest denen im Reichstag, eine geringe Wirkung bei. Ich glaube nicht, reflektiert er in der Reichstagssitzung am 12. Dezember 1905 (238), dass der Abgeordnete Herr von Kardorff überzeugt worden ist von einer Rede des Herrn Abgeordneten Bebel. Und so glaube ich umgekehrt nicht, dass der Herr Bebel durch eine Rede des Abgeordneten von Kardorff wesentlich beeinflusst wurde.
Splitter
Im August 1915 äußert er die Ansicht, dass jetzt noch gar nicht zu übersehen ist, welche wirtschaftlichen Verschiebungen der Krieg mit sich bringt. Offenbar bereitet ihm die Abschaffung der Golddeckung der Mark und die Finanzierung des Krieges auf Kredit, zu diesem Zeitpunkt keine besonderen Sorgen.
Der Landrat Graf Posadowsky, bisher Kreischef in Lowicz, meldet am 25. Juli 1916 das "Fremden-Blatt" aus Wien, wurde in die Zentralverwaltung nach Warschau berufen.
Vom 8. April 1917 findet sich folgende Nachricht: Wilhelm II. sprach Posadowsky-Wehner, der seit August 1915 das Landratsamt in Elbing führte, seinen Dank für vorbildliche Pflichterfüllung aus. Der übernahm einst diese Aufgabe, um den Inhaber des Postens, seinen Sohn, den Eintritt in den Heeresdienst zu ermöglichen. Zum 1. April 1917 bat er den Kaiser, ihn von dieser Funktion zu entbinden.
Kundgebung der
deutschen Wirtschaftsstände
Friedensresolution 1917 zurück Im Kampf um die Mandate der Deutschen Nationalversammlung eröffnet er am 15. Januar 1919 den Naumburgern in der Reichskrone:
Somit war klar, DER gehört zur nationalen Opposition. Dem können wir vertrauen, sagte der konservative Wähler, der will den Siegfrieden. Und es verlor sich etwas ihre Furcht vor dem billigen und faulen Frieden. Die militärische Lage war kritisch. Deutschland eröffnet Ende Januar 1917 den uneingeschränkten U-Boot-Krieg. Reichskanzler Theobald Bethmann Hollweg stand ihm skeptisch gegenüber, weil er nicht den erhofften Erfolg zeitigte, eine Fehlentscheidung war. Die USA treten am 6. April 1917 in den Krieg gegen Deutschland ein. Der von US-Präsident Woodrow Wilson verkündete "Kreuzzug für die Demokratie" destabilisierte das europäische Staatensystem weiter. Um das Interesse Deutschlands an einem "Frieden ohne Annexionen" zu signalisieren, bringt am 17. Juli 1917 Matthias Erzberger (Zentrum), nach Absprache mit der Regierung und der OHL (Oberste Heeresleitung), getragen von Sozialdemokraten, Zentrum und Fortschrittlern, in den Deutschen Reichstag
ein. Einen ersten Entwurf akzeptierte Bethmann Hollweg bereits am 10. Juli. Er fand sogar, verbunden mit der Zusage, dass in Preußen geltende Dreiklassenwahlrechts durch das gleiche Wahlrecht zu ersetzen, die Zustimmung des Kaisers. Zwei Tage später erfährt davon die Öffentlichkeit. (Fritz Fischer 339) Die Reaktion darauf war heftig. Von alldeutscher Seite wurde die Gegenwehr mit extremer Polemik gegen Bethmann Hollweg geführt, zum Beispiel, dass er unter "jüdischen Einfluß" stände. Der alldeutsche Chemieprofessor Hans von Liebig in Gießen bezeichnet ihn als "Kanzler des Judentums" (Bernd 75). Konservative, antidemokratische und rechtsradikale Kreise antworten auf die Friedensresolution Anfang September 1917 mit der Gründung der Vaterlandspartei (DVLP). Die nationale Opposition erblickt in der Friedensresolution ein Zeichen des Verrats, weil sie nicht dem Willen der Mehrheit des Volkes zum Ausdruck bringt. Wer möchte denn keinen Frieden, fragt sie?, und untermauert ihr Vorgehen mit: "Nervenschwache Friedenskundgebungen verzögern aber nur den Frieden. Unsere auf die Vernichtung Deutschlands bedachten Feinde erblicken in ihnen nur den Zusammenbruch deutscher Kraft." (Vorwärts 10.09.1917) "Wer eine solche Friedensresolution fasst," lässt Graf von Posadowsky-Wehner verlauten, "weckt den Verdacht, dass er die Hoffnung auf den Sieg aufgegeben hat, und erschüttert damit auch die Siegeszuversicht des Heeres." Das sagt er nicht einfach dahin. Bereits 1915 auferlegt er dem Einzelnen in Was regiert die Stunde, die moralische Pflicht zu prüfen, was er für die Heimat in dieser Stunde tun kann. Sein Naumburger DNVP-Parteikollege Georg Schiele schliesst sich der Friedensresolution ebenfalls nicht an. Dessen politische Schlussfolgerungen zum Kriegsverlauf und zur volkswirtschaftlichen Entwicklung fallen noch deutlich anders aus. Das Größere Deutschland braucht nach Überzeugung von Georg Schiele nicht Maß, Zurückhaltung, Vorsicht und Achtung gegenüber anderen Nationen. Vielmehr bekümmert ihn die mangelnde "Bausicherheit" des deutschen Welthandels. Es war "zu wenig auf Macht," heisst es in Waffensieg und Wirtschaftskrieg (1918), "auf Eigentum, auf Respekt gegründet."
Vor dem Krieg zweifelte die Freideutsche Jugendbewegung an der Fähigkeit der wilhelminischen Elite zur sozialen Empathie und ihren Willen zu Reformen. Radikalopportunistisch und indolent, zu wenig am Aufbau einer friedlichen Welt interessiert, so lautet ihr Urteil. Tatsächlich traf die Elite nach dieser historisch nahezu singulären Staatspleite von 1918 ein ungeheurer Reputationsverlust. Das moralische Ansehen der Alten war gründlich ramponiert, weshalb Stefan Zweig (1881-1942) 1918 fordert:
Dieser Posadowsky-Wehner! Ist er nicht durch seine ehemals hohen Ämter verdorben? Nein, und nochmals nein. Und das, obwohl beispielsweise folgende Worte aus der Nationalversammlung vom 14. Februar 1919 von ihm zur Disposition stehen:
Hinter dem Dreiundsiebzigjährigen liegen arbeitsreiche Jahre: Referendar am Breslauer Stadtgericht, Gutsverwalter, Landrat, Landeshauptmann der Provinz Posen, Chef des Schatzamtes, Staatssekretär des Inneren, Stellvertreter des Reichskanzlers, Landtags- und Reichstagsabgeordneter und die Vertretung in Elbing. "Jedenfalls bleibt er in Erinnerung," gedenkt 1932 die Frankfurter Zeitung seiner, "als einer der Aufrechten aus der wilhelminischen Zeit." Sein christliches Weltbild mit hohen moralischen Ansprüchen, der fortschrittliche Kampfgeist und die Fähigkeit zum Reformdenken, sie bewahren ihn vorm Sturz in den Abgrund. U n d j e t z t ? Kriegsniederlage und Versailles lassen ihn innerlich nicht zur Ruhe kommen. Überhaupt, es sind weniger die Schattenseiten der Revolution als die ungeheuerlichen Zumutungen des Versailles Friedensvertrages, die Posadowsky politische Sorgen bereiten. "Dieser Vertragsentwurf", äußert er am 12. Mai 1919 in der Deutschen Nationalversammlung über die Friedensbedingungen, "ist ein Gemisch von französischer Rachsucht und englischer Brutalität". "Man will eine ungeheure Brandschatzung am deutschen Goldbestand durchführen." Deutschland verliert die gesamte Handels- und Fischereiflotte, was die Ernährungsnöte verewigt. So darf man das deutsche Volk nicht behandeln. Dieser Vertrag kann nicht erfüllt werden. (GA 13.5.1919) "Für die Feinde Deutschlands" werde der Tag kommen, zitiert ihn 1921 Arthur Crispien (USPD / SPD), wo "die Rache der Götter" auf sie niederstürze". "Weder die Regierung noch das Volk", das ist seine feste Überzeugung, "hat den Krieg gewollt." Er "ist von unseren offenen und heimlichen Feinden im Stillen jahrelang gegen uns geplant". Wenn er jetzt nur daran denkt, zurück wie die Alliierten Deutschland in die Rolle des Kulturschänders drängen, erfasst ihn Unruhe und tiefe Empörung. So scheint es, als ob Posadowsky auf die Rede von Staatssekretär Richard von Kühlmann (1873-1948) vom Auswärtigen Amt schon lange wartete, um dann endlich am 27. Juni 1918 der Presse mitteilen zu können:
U n d w i e w e i t e r? Vor dem Krieg war Deutschland ein aufblühendes Staatswesen mit aufsteigender Klassenbewegung. Infolge der schweren Rezession registriert der Staatssekretär a. D. nach dem Krieg den umgekehrten Vorgang, die höher gestellten Klassen sinken nach unten. (V&R 74) Das verbessert nicht gerade die Stimmung. Und die ist nicht unwichtig. Die Stimmung im Volk, wird er am 4. September 1918 formulieren, sie "ist der Wertmesser seiner Tatkraft und damit die Grundlage des Erfolges". Er denkt an sein Land, leidet mit ihm, erfühlt die Schmerzen und die Gefahr. In der Sitzung der Nationalversammlung am 7. Oktober 1919 spricht er sich Mut zu: "Jetzt denken wir an keinen 18. Brumaire. Uns fehlt vor allem ein Napoleon, der aus einem siegreichen Kriege zurückkehrt. .
Deutschland und seine Bürger sind überfordert. "Es wäre eine Übertreibung, zu behaupten, dass all das politische Elend, wirtschaftliche und sittliche Elend, unter dem unser Volk leidet, eine Folge der Revolution sei. Die Ursache hierfür liegt in der seelischen, körperlichen und sittlichen Erschöpfung des Volkes als Folge eines 4 ½ jährigen Kriegs, der uns überanstrengt und unsere Widerstandsfähigkeit geschwächt. Die Revolution trägt aber die unzweifelhafte Schuld, dass sie Staat und Gesellschaft in ihren Grundfesten erschüttert, den Beamtenkörper und sein dienstliches Pflichtgefühl vielfach gelockert und so den Wiederaufbau des Staates unendlich erschwert hat." (V+R 96) "Wir sind keine Revolutionäre," entscheidet Posdowsky am 7. Oktober 1919 in Gegen Bauer und Noske (5), "aber wir sind Evolutionisten." Er lehnt also die Revolution 1918/19 nicht ab, was ihn von vielen anderen Persönlichkeiten aus dem deutschnationalen Lager unterscheidet. Geht es nach ihm, sollen im Ergebnis der Umwälzungen alle Bürger in ein gemeinschaftlich zu schaffendes Staatswesen integriert werden, das die "Grundrechte des Menschen" (Posadowsky-Wehner) gewährt und achtet. Er setzte die richtigen Schwerpunkte: Worauf kann sich die neue Ordnung stützen? Was macht sie attraktiv? Und wie kann sie ihr Konflikte lösen? "Die
muss darauf gegründet werden," formuliert er am 19. Dezember 1930 im Preußischen Landtag, "daß der Staat ein Staat des unbedingten Rechts gegen alle Parteien des Reichstags und alle Volksschichten in gleicher Weise ist, sie muss damit begründet werden, daß das Recht auch im Privatleben mit pünktlicher Genauigkeit durchgesetzt und geschützt wird, daß das Volk das Vertrauen hat:
der nicht regiert wird von wechselnder Politik, sondern nur von den Buchstaben des Gesetzes und den Geboten des Rechts." Hierin kumulieren seine politischen Werte und praktischen Erfahrungen. "Das deutsche Volk hat ungeheuere Lasten aufzubringen," rechnet er am 9. Juli 1919 in der Nationalversammlung aus Anlass der ersten Beratung zu Steuerfragen vor, "die seine harte Lage noch verschlimmern". Die Jahreslast von 25 Milliarden Mark, die das Land aufnehmen muss, entspricht einem Volksvermögen von 500 Milliarden Mark, dass in Friedenszeiten lediglich auf 300 Milliarden Mark geschätzt wurde. Der Steuerbetrag (25 Milliarden Mark) kann sich noch erhöhen. Bei diesen riesigen Verpflichtungen ist der Ausbau der indirekten Steuern unbedingt geboten. "Hinsichtlich der Erbschaftssteuer wollen wir angesichts der Not der Zeit von unseren Grundsätzen nachlassen." Im weiteren Verlauf der Debatte kritisiert Matthias Erzberger, dass die Kapitalflucht nicht, wie Posadowsky behauptet, eine Folge der Revolution ist. Vielmehr benutzen die besitzenden Kreise die Revolution, um Steuern zu vermeiden. Ihrer Vaterlandsliebe haben sie damit ein äußerst trauriges Zeugnis ausgestellt. Das Kapital soll für die Volkswirtschaft arbeiten, jawohl. Aber es kommt darauf an, betont der Reichsfinanzminister, für wen es arbeitet, wer die Gewinne einstreicht. Seiner Auffassung nach wird das Kapitaleinkommen nicht genügend scharf besteuert. Zudem ist die Vergeudung von Heeresgut nicht nur den Arbeiter- und Soldatenräten zuzuschreiben. Prompt folgt der Zuruf von den Unabhängigen: "Die Offiziere haben alles verschoben." Posadowsky fürchtet, dass Deutschland zerbrechen könnte, womit es auf lange Zeit die entscheidende Voraussetzung für Wohlfahrt und Entfaltung der Kultur einbüßen würde. Ihm scheint, die Sozialdemokraten könnten es retten, das heißt jetzt, den Zusammenhalt der deutschen Einzelstaaten in der Republik zu gewährleisten. Möglicherweise oder wahrscheinlich, genauer ist es jetzt nicht zu sagen, gewisse Anzeichen sprechen dafür, verändert dies sein Verhältnis zur Sozialdemokratie positiv. Er räumt am 7. Oktober 1919 in Gegen Bauer und Noske (4) ein, dass die Sozialdemokraten als die zielstrebigeren und entschlosseneren Politiker in Erscheinung traten, währenddessen die Bürgerlichen daneben standen.
Abrechnung mit
der wilhelminischen Politik
Am 15. Januar 1919 lädt Dr. med. Jebsen, Vorsitzender der Ortsgruppe der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) Naumburg, zur Volksversammlung in die Reichskrone am Bismarckplatz ein. Vor einer außerordentlichen Zahl von Frauen und Männern aller Parteien referiert der DNVP-Kandidat für die Nationalversammlung Arthur Graf von Posadowsky-Wehner
Eine Stunde vor Beginn ist der grosse Saal des Hauses überfüllt. Als er eintritt, empfängt ihn lebhafter Beifall. Bedenkt man die gesellschaftlichen Umstände, ist die Stimmung gut, erstaunlich gut. Im Raum stehen die Fragen: Warum und wann verlor Deutschland seine Zukunft? Wie kam es zum Verlust moralischer Lebensformen? Wie geht es weiter? Der Referent beginnt:
Im überlieferten Reichskronen-Referat erscheint die Kriegsschuldfrage nicht. Wahrscheinlich opferten die Redakteure sie der Schere. In seiner Rede als Faktionsvorsitzender der DNVP am 14. Februar 1919 vor der Nationalversammlung in Weimar (82) führt er hierzu aus:
An dieser Haltung zur Kriegsschuldfrage ändert sich in den 20er Jahren nichts Wesentliches mehr. Nicht alle Feuer konnte der Referent, was in den Tagen der Revolution kaum jemand erwartete, während der zweistündigen Rede löschen. So war die Überraschung nicht gar zu groß, als sich tags darauf aus der Zuhörerschaft ein Deutschdemokrat mit einer
meldet. Er wirft, wie am 17. Januar im Naumburger Tageblatt zu lesen, der DNVP vor, dass sie seine politische Abteilung mit dem Schlagwort "Schutzzollfeinde" bekämpft und speziell auf ländlichen Wahlversammlungen damit Bauernfang treibt. Dies ist deplatziert und weltfremd, weil die Bevölkerung darauf angewiesen ist, dass Lebensmittel und Rohstoffe in das Land fliessen. Um dies zu erhärten, verweist der unerwartete Diskussionspartner auf den Zusammenhang mit den sozialen Fragen:
Zum Schluss klärte es sich auf. Der Referent selbst brachte die irreführende Rede von den "Schutzzollfeinden" in der Reichskrone auf. Maßgebend war und ist, Posadowsky formulierte am 15. Januar 1919 in der Reichskrone zu Naumburg die "entscheidende [parlamentarische] Frage der Gegenwart", die heißt:
Vier Tage später finden die ersten Wahlen zur Deutschen Nationalversammlung statt. Für die Deutschnationale Volkspartei (DNVP) stimmen national 10,3 Prozent und in Naumburg 21,8 Prozent der Wähler.
Oppositionsführer in der Nationalversammlung zurück Arthur Graf von Posadowsky-Wehner unterliegt am 11. Februar 1919 in der Wahl zum Reichspräsidenten dem Sozialdemokraten Friedrich Ebert mit 49 gegen 277 Stimmen der Weimarer Koalition (SPD, katholische Zentrumspartei, DDP). Drei Tage darauf hält er als DNVP-Fraktionssprecher in der Nationalversammlung die Gegenrede. Was kann, was muss der Bürger und Parlamentarier angesichts der tiefen politischen Krise des Konservatismus und desolaten Lage der bürgerlichen Parteien von ihm erwarten? Verheddert sich der Dreiundsiebzigjährige in programmatische Debatten? Oder ufert alles in Anwürfen oder personellen Streitereien aus? Nicht ohne Grund forderte Theodor Heuss am 17. Januar 1917 in Stuttgart vor der Deutschen Demokratischen Partei, dass die Parteien jetzt ihre Regierungsfähigkeit unter Beweis stellen müssen, um das Land aus der Krise zu führen. Darauf ist die DNVP aber nicht vorbereitet. Was kann der Graf in dieser wahrlich historischen Situation vor der Weimarer Nationalversammlung leisten? Die Rede beginnt so: "Wir haben in den letzten vier Jahren Gewaltiges und Furchtbares erlebt, und wie steht es jetzt? Die staatliche und bürgerliche Ordnung ist auf das schwerste gestört und fortgesetzt gefährdet." Die Staatsfinanzen sind schwer in Unordnung. Das Verkehrswesen liegt danieder. Unsere Ernährung ist bedroht. Das Wirtschaftsleben ist gelähmt. Die Waffenstillstandsbedingungen lassen alle Gerechtigkeit vermissen. Das ist die Lage. Was ist jetzt zu tun? Die Demokratie muss sich als Staatsform in Deutschland erst bewähren. Im alten System erblickt er weder einen Obrigkeitsstaat noch staatliche Gewaltherrschaft. Daraufhin hört man aus dem Saal Rufe, wie Kastenregierung, Obrigkeitsstaat, Junkerherrschaft. Flugs schreibt er den Genossen auf der Regierungsbank in ihr Poesiealbum den Merksatz: In Deutschland war es möglich aus den niedrigsten Schichten bis in die höchsten Funktionen des Staates aufzusteigen. Bezogen auf ihre Karriere, machte dies Sinn. Aber mit Blick auf die Gesellschaft, trägt 1987 (147) John C. G. Röhl vor, kann davon leider überhaupt keine Rede sein. "Die Regierung machte ausgiebig von ihrem Recht Gebrauch, qualifizierte Kandidaten aus politischen oder anderen Gründen abzulehnen." ".... in der Praxis wurden mehr als die Hälfte aller Bürger aus Gründen, die nichts mit ihrer Befähigung zu tun hatten, ausgeschlossen." Ja bitte, spricht Posa der Opposition freundlich zu, es gibt keinen Staat, der auf eine Obrigkeit als Führungsschicht verzichten kann. Sie ist die "Grundlage jeder kultivierten Staatsverfassung". Im angeblichen "Zustand der Freiheit", klagt er der Nationalversammlung, müssen wir "gewaltsame Eingriffe in die Rechtsordnung erleben. Fortgesetzt werden Gesetze verletzt, die Presse wird durch Gewalt unterdrückt, Versammlungen werden gesprengt, die freie Meinungsäußerung wird unterdrückt." Marie Juchacz lässt ihm das nicht durchgehen und stellt die Frage, wo denn die Pressefreiheit während des Krieges war. Eine durchschlagende Wirkung erzielt sie damit nicht, schließlich gehört sie als SPD-Abgeordnete zur politischen Hintergrund-Abteilung des Kabinetts Scheidemann, bestehend aus Zentrum, Deutsche Demokratischer Partei, einem Parteilosen und SPD (also: 7 SPD, 3 Zentrum, 3 DDP, 1 Parteiloser). Keine Partei ohne Ideologie! Den Konsequenzen muss die ParteiGenossin huldigen. Hingegen erkannte Posadowsky früh die Deformationskräfte des Parteiwesens und entzog sich ihnen so gut er konnte. ". Was sind parlamentarische Reden wert, wenn nicht Staatsweisheit dahintersteht und ein sittliches Rechtsbewusstsein?", so fasst er seine Erfahrungen am 27. Februar 1929 als Abgeordneter den Preußischen Landtag zusammen. In der Politik, das ist seine Überzeugung, muss die Wahrheit unbedingt leitender Grundsatz sein. Ihm wird unheimlich, wenn er daran denkt, dass "parlamentarische Politiker" "aus wahltaktischen Gründen, häufig zu sehr auf wechselnde und irrende Volksbestimmungen zu hören" pflegen, "statt unter Umständen auf Gedeih und Verderb auch gegen den Strom anzugehen." (1932, 227) Wesentlich ungünstiger verläuft der Zweikampf für Posa in der Runde zum Junkterum. Marie Juchacz trumpft auf: "Was ist unter Junkerherrschaft zu verstehen? (Lachen bei den Soz.) Das weiß alle Welt (Sehr richtig!) ..." Schon die Frage deutet auf die Schwäche im Vortrag vom Oppositionsführer hin und läuft in der Anklage zusammen: "Der Einfluss der Junker war stets stärker, als er ihnen zahlenmäßig gebührte." (Juchacz) Es ist wohl so, als Sozialist erwartet man zu Recht eine klare Haltung zum Junkertum in Deutschland. Aus der ansich berechtigten und einen überaus wichtigen Aspekt der deutschen Gechichte betreffenden Frage, schwingt der Vorwurf mit, dass der Fraktionsführer der Deutschnationale Volkspartei (DNVP) dem Junkertum unkritisch verbunden ist. Dem widespricht die ganze Anlage seiner Politik mit der Formulierung des Ersten Hauptsatzes der Sozialpolitik, wie er im Abschnitt "Die Posener Zeit" beschrieben wurde. Warum nutzt das Posadowsky nicht zur Verteidigung? Warum nicht, dafür lassen viele Gründe kommentieren. Jedenfalls bleibt der Eindruck zurück, dass sich der Ministerielle kampflos dem Junkertum ergab. Ein Junker-Knecht war er eben nicht. Franz Mehring schilderte seinerzeit im April 1902 in "Posadowskys Osterfahrt", dass er den Junkern in der Zolltariffrage auf den Hühneraugen (Mehring) rumtrat. Eine neue Runde des Zweikampfs Juchacz-Posadowsky läutet die Frage ein: Warum musste Deutschland die Bedingungen des Waffenstillstandes annehmen? Worauf Juchacz antwortet: "Weil dieser Krieg durch ihre Politik bis zum moralischen Zusammenbruch unseres Volkes geführt hat." Wahr ist, Posadowsky trat für den Siegfrieden ein. Würde er verwirklicht, hätte dies Einfluss auf die Kriegsführung, kostete es tausende Menschenopfer. Doch an der Politik bis zum moralischen Zusammenbruch - und da verschluckt die Abgeordnete Marie Juchacz lieber ihre Worte - war die SPD, wie der Fall Paul Lensch zutage fördert, beteiligt und mitverantwortlich. Dann nimmt die Rede die Biegung zur Kriegsschuldfrage. "Wir lehnen es .... ab," stellt er klar, "die Schuld des Krieges auf Deutschland zu schieben." "Dieser Krieg ist aus dem übelwollen unsere Feinde fast automatisch entstanden. Nur aus diesem verschiedenen Gründen konnte sich dieser Ring bilden, der jetzt allerdings droht, für uns zu einer wahren Sklavenfessel zu werden. Ich halte es aber für die größte Ungerechtigkeit und Lüge, wenn unsere Gegner fortgesetzt wiederholen: Deutschland hat den Krieg gewollt. Deutschland hat den Krieg nicht gewollt, weder die deutsche Regierung nicht das deutsche Volk. (Lebhafte Zustimmung rechts)" Ansonsten darf man im außenpolitischen Teil der Weimarer-Rede, den über die Aufgabe der Opposition weit hinausreichenden Versuch sehen, dass allgemeine deutsche Staatsbewußtsein zu stabilisieren. Lebhafter Beifall dringt von den Sozialdemokraten herüber, als er sagt: "Frei will das deutsche Volk seine Kräfte entfalten, frei nach innen und frei nach außen zum Wohle seiner selbst und zum Wohle der Menschheit." Der "bevorstehende Friede droht uns mit fürchterlichen Prüfungen", dünkte ihn bereits im Dezember `18. Nahezu in Panik versetzt ihn die Vorstellung einer kommunistischen Steuergesetzgebung. Das "müsste schließlich den Niederbruch des Kulturlebens für alle Schichten der Gesellschaft herbeiführen". Die finanziellen Heilmittel liegen seiner Meinung nach in der Vereinfachung der Staatsregierung, "in der Streichung aller Ausgaben, die nicht auf erworbenen Rechten beruhen" (Weltwende 52). Man darf, warnt er, das Kapital nicht "wegsteuern". (Aber es darf auch nicht flüchten und sich der nationalen Verantwortung entziehen.) Der Angriff auf die Steuerprivilegien der Reichen und Wohlhabenden drohte noch aus anderer Richtung. "Den Luxus," darauf besteht der SPD-Finanzexperte Wilhelm Keil (1870-1968), "der bisher von einer kleinen Oberschicht unseres Volkes betrieben worden ist, kann sich unser verarmtes Volk in der Zukunft nicht mehr gestatten und nicht mehr ertragen." "Besonders auf dem Gebiet der Steuergesetzgebung werden wir Gelegenheit bekommen, sozialistische Gedanken zu vertreten," kündigt er im Reichstag frohen Sinnes an. "Hier stehen wir vor geradezu gigantischen Aufgaben." Veränderungen auf diesem Gebiet waren unumgänglich, war doch die Kriegssteuerpolitik unbestreitbar "eine verfehlte, nicht nur, weil sie den Grundsätzen der Gerechtigkeit nicht entsprach, sondern weil mit der Schonung, die sie dem Besitz gewährte, eine kriegsverlängernde Wirkung verbunden war." Noch am selben Tag wie Posadowsky trat der SPD-Reichstagsabgeordnete an das Rednerpult und veranschaulichte zügig, wie sich das die SPD vorstellte:
Weiter fließt die Rede des Fraktionsvorsitzenden der DNVP in der Weimarer Nationalversammlung zum Demokratie-Thema. "Kein Volk eignet sich so wenig für die parlamentarische Regierungsform," postuliert Posadowsky in Der starke Mann (118), "wie das deutsche mit seinem ausgeprägten politischen und sozialen Individualismus, der unaustilgbar zu sein scheint." Aus historischer Sicht zeigte sich noch ein weiteres Problem. Unversehens tauschte das Proletariat 1918 beim Aufbau der parlamentarischen Demokratie den Widerspruchsgeist zum Klassenstaat gegen den Glauben an die selbsttätige therapeutische Wirkung der Demokratie ein. Daß hierzu bei der regierenden Linken kein ausreichendes Problembewußseins bestand, gehört zu den tragischen Umständen des politischen Fortschritts dieser Jahre. Wie reagierten die Konservativen auf den politischen Wandel? Sie hegten also tiefe Zweifel, ob die Demokratie als Votum wirklich den Volkswillen abbildet. "Eine mechanisch demokratische Abstimmung im dritten Kriegsjahr würde mit kläglicher Wahrscheinlichkeit eine erdrückende Majorität zugunsten eines sofortigen und bedingungslosen, dass heisst ruinösen Frieden ergeben", argumentiert 1918 Thomas Mann in den Betrachtungen eines Unpolitischen (394). Mitnichten verkörpert sie den Willen des Volkes und führt das Prinzip der Volksabstimmung (280 ff.) selbst ad absurdum. Als demokratische Idee fungiert hier im Hintergrund allein die Bismarcksche "Fürstenversammlung" von 1870, eine Form von verstaatlichter Demokratie, wo es am Ende nur auf Eines ankam:
Und über dies bestimmen allein die Herrschenden. Außerdem stappeln die Konservativen in ihrem ideologischen Vorratslager zur Ablehnung des gleichen und allgemeinen Wahlrechts noch andere Gründe. Posadowsky zieht im Aufsatz Wahlfragen vom 8. April 1918 (83) ein weiteres Argument heran: "Dem nach Besitz abgestuften Klassenwahlrecht lag über dem die wirtschaftliche Auffassung zugrunde, dass ein Gleichgewicht bestehen müsse zwischen den Leistungen an den Staat und den politischen Rechten im Staat." Die parlamentarische Demokratie ist eine Parteiendemokratie. Gefährlich scheint ihm daran, dass aufkommende überbordende "Parteiinteresse", was problematische Entwicklungen hervorbringt, wenn es "maßloseste und finanziell unverantwortliche Wünsche vertritt". Auf diese Weise wird, was den Konservativen missfällt, der Staat zu einer grossen Versorgungsanstalt. Schuld daran ist eine versteinerte Parteiauffassung. (V&R 115)# In der Schrift "Gegen Bauer und Noske", veröffentlicht am 7. Oktober 1919, offenbar als Wahlkampfhilfe gadacht, mahnt er einigen Reperaturbedarf im System der parlamentarischen Demokratie an. Der fortgesetzte Wechsel der Persönlichkeiten wirkt sich nicht positiv aujs. In die Verantwortung treten die demokratischen Persönlichkeiten nicht ein. Entweder weil sie gar nicht die nötige berufsmäßige Vorbildung oder keine Zeit haben. Seine Kritik an der Demokratie ist aufbauend, nicht zerstörend. Dies belegt (auch) seine Ablehnung des Autoritarismus, die er 1920 in Der starke Mann (113) vorträgt. Nach seinen politischen Erfahrungen kann es keinen Führer geben, "der wie mit einem Zauberstabe unsere unsäglichen äußeren und inneren Schwierigkeiten nur durch die Kraft seiner eigenen Persönlichkeit" abwendet.
Dann stellt er etwas herausfordern die Behauptung in den Raum:
Leider brachte der November 1918, bedauert der Oppositionsführer, einen "Schlag gegen die Religion selbst". Doch man darf die Kirche nicht behandeln wie einen Privatverein, denn sie ist eine "tausendjährige öffentliche Korporation" (PWd). Die überzogene nationalistische Erziehung und ihre Folgen kommen nicht zu Sprache. Und das scheint symptomatisch, denn in Fragen der Bildungspolitik und Erziehung verharrt Posadowsky lange in traditionell-konservativen Anschauungsweisen. Vor 1918 herrschte nach seiner Ansicht nicht der Militarismus, doch jetzt ist er in Gestalt der Arbeiter- und Soldatenräte "in der weitesten Form zur Macht gelangt". Hauptsache, so seine Devise, "keine kommunistischen Experimente" (PWb 752). Die Arbeiter- und Soldatenräte, die "fortgesetzt in die lokale Verwaltung" eingreifen und zur "Desorganisation" beitragen (PWb), betrachtet er als unerwünscht. Das Betriebsrätegesetz ist vernünftig, doch dürfen die Arbeitnehmer nicht "in die Art des Betriebes selbst hineinsprechen können, dass ihnen die Bilanzen vorgelegt werden müssen" (PWc 2898). Die Vergesellschaftung der Betriebe ist für den DNVP-Frontmann eine Frage, ob dadurch "die Produkte billiger und besser gestaltet" werden können. Es dürfe keine "unsinnigen Lohnsteigerungen" geben, weil das zur Inflation führt. Drohungen gegen das "arbeitslose Einkommen" sind volkswirtschaftlich gefährlich und zersetzend, denn die Betriebe benötigen dringend Kredite und Investitionen. Deshalb darf man das Kapital nicht wegsteuern. Unter F ü h r u n g von Posadowsky-Wehner will die Fraktion der Deutschnationalen Volkspartei in der Nationalversammlung helfen, die wirtschaftliche Katastrophe abzuwenden. "Wir werden daher", formuliert der Oppositionsführer, "an der Wiederaufrichtung des Vaterlandes sachlich und gewissenhaft mitarbeiten. Den gewaltsamen Umsturz haben wir jederzeit verurteilt und halten auch jetzt . an dieser Auffassung fest." Die DNVP hält sich nicht daran, sie organisiert im März 1920 den Kapp-Putsch.
Im Sog des ewigen Deutschtums zurück "Ebenso kommen Russen herüber," lässt am 7. Oktober 1919 Posadowsky-Wehner in "Gegen Bauer und Noske" (11) verlauten, "die hier ganz offen bolschewistisch agitieren. Dieser Zustand darf nicht weitergehen. (Beifall rechts.) Die Grenze muß geschlossen werden. Wir können diese wilde Einwanderung nicht in einer Zeit dulden, wo wir an dem größten Wohnungsmangel leiden, wo wir in den Gefahren der Ernährungsmöglichkeiten stehen." Seit 1914 wanderten verstärkt Ostjuden nach Deutschland ein. Judenpogrome, der Gegensatz von Juden und Polen und ihre sich deutlich verschlechternde Wirtschaftslage stimulierten im Lauf der Zeit die Abwanderung aus Polen. In der zweiten Jahreshälfte von 1919 kamen nach Angaben des Arbeitsamtes 6 000 Ostjuden nach Deutschland. Arthur Graf von Posadowsky-Wehner verlangt am 29. September 1919 in der Sitzung des Programm-Ausschusses der Deutschnationalen Volkspartei, dass die "Türen und Tore des Ostens" gegen die "verderblichen Einwanderer" endlich geschlossen werden müssen, weil sie das "Deutschtum" verseuchen und die Lebensmittelknappheit verschärfen. Als Parteipolitiker folgt er hier einem Paradigma, dass die Ostjuden potentiell als Revolutionäre darstellt, die undeutsches Gedankengut nach Deutschland bringen, um in Deutschland blutigen Terror wie in Russland herzustellen." Die ideologische Klassifizierung von Menschen und Herabsetzung von definierten sozialen Gruppen durch den Propagandaapparat der DNVP, worauf Hans Dieter Bernd 2004 (108, 188) hinweist, verabsolutiert Urteile, die ideologischen (h i e r aber nicht biologischen) Charakter tragen. Gegen die Gedankenlosig- und Böswilligkeit mit der die Juden Osteuropas in Deutschland behandelt werden, erhebt der Schriftsteller Herbert von Eulenburg (1876-1949) Anfang 1920 in der "Vossischen Zeitung" Einspruch. Den ganzen Hintergrund für den alldeutsch-antisemitischen Feldzug gegen die Ostjuden, entblättert am 1. Juli 1920 die "Freiheit", das Organ der Unabhängigen Sozialdemokratie Deutschlands, ist ein Eingeständnis der eigenen Unfähigkeit auf dem Gebiet des Wohnungswesens und der Arbeiterwanderung mit irgendwelchen positiven Vorschlägen aufzuwarten.
Am 5. November 1919 tagt in den Thaliasälen von Halle, Geiststraße 42, der 1. Landesparteitag der Deutschnationalen Volkspartei. Die Eröffnungsansprache hält Exzellenz Generalleutnant Lothar von Trotha. Neben Rektor Herrman aus Naumburg und Graf Arthur von Posadowsky-Wehner, der zu Verfassungsfragen spricht, sind weitere bekannte Persönlichkeiten als Referenten erschienen, zum Beispiel der Russland-Experte Professor Otto Hoetzsch (Russland als Gegner Deutschlands) der Kuno Graf von Westarp.
Kapp-Putsch zurück DNVP-Mitglied Wolfgang Kapp (1858-1922) putscht im März 1920 gegen die Reichsregierung. Andere Deutschnationale taten heimlich mit oder bezogen taktische Positionen (vgl. Bernd 2004, 364). Nicht Posadowsky! Das wäre mit seiner Überzeugung vom demokratischen Verfassungsstaat unvereinbar. Ein andere schwer wiegende Differenz betrifft das Verhältnis von Heer und Regierung. Daß man das Heer durch die Reichsverfassung politisiert hat, findet nicht seine Zustimmung. Denn ein Heer, "das nicht unbedingt eine zuverlässiges Werkzeug in der Hand der Regierung ist, bedeutet eine Gefahr für jede Regierung" (16.4.1920). Eine Überzeugung, die er schon früher aussprach, namlich am 28. Mai 1906 (3569) vor dem Reichstag: "Meine Herren, zunächst, ein Soldat ist kein Politiker (Zurufe bei den Sozialdemokraten), soll es nicht sein (erneute Zurufe bei den Sozialdemokraten), - wollen Sie die Güte haben, mich sprechen zulassen! -, und ich würde den Tag beklagen, wo die Mitglieder unseres Offizierskorps Politiker würden und Politik trieben." "Er hat indes übersehen," hält Posadowsky-Wehner den Rädelsführer vom 13. März 1920 vor, "dass starke Zuversicht sich im öffentlichen Leben auf politische Erkenntnis aufbauen muss." Diese Voraussetzung fehlte ihr vollkommen. Kapp war nicht Der starke Mann als den er sich verstand. Außderdem beachtete er nicht, dass Deutschland kein Einheitsstaat ist, sondern föderativen Charakter trägt. Selbst wenn der "Gewaltstreich" in der Hauptstadt gelungen, so war damit kein entscheidender Erfolg im übrigen Deutschland erreicht, namentlioch nicht im Westen und Süden. "Infolgedessen nahm das Unternehmen nicht die Gestalt einer Volkserhebung gegen die bestehende Regierung an, sondern sank zu einem politischen Abenteur herunter." Es ".... zeugte ebensosehr von mangelndem Verständnis der politischen Lage wie von irriger Einschätzung des eigenen politischen Schwergewichts." (Der starke Mann 114-115) Posadowsky zieht die Konsequenzen, verlässt die Putsch-Partei und sucht die Zusammenarbeit mit dem Zentrum.
informiert am 16. April 1920 die Presse,
Im politisch konservativen Naumburg von Georg Schiele, im Kraftfeld des mächtigen Stahlhelms, von Kolonialverein und reaktionären Kriegervereinen, konnte er jetzt mit einer Einladung zum Treffen der streng nationalen Familie nicht mehr rechnen.
Das Vertrauen der Welt wieder gewinnen zurück Erleichtert nimmt Posadowsky nach den Reichstagswahlen vom 6. Juni 1920 auf, dass die Deutsche Volkspartei (Gustav Stresemann, Rudolf Heinze) sich entschließt der neuen Regierungsform beizutreten. Das verdient, lobt er, Anerkennung. Den Drehpunkt der Regierungsgeschehen verkörpert das Zentrum. Die sie begleitende Abneigung gegen radikale Wirtschaftsexperimente, empfindet er Wohltuend. Die rechtsstehende (Posadowsky) Deutschnationale Volkspartei (DNVP) ist in die neue Gruppenbildung zum Regieren nicht einbezogen, resümiert "Rechts oder links" (1920). Entscheidend ist, "nur wenn unsere innere Staatsverwaltung
wird der Wert unserer Banknoten und damit ihre Kaufkraft wieder steigen. Hier muss die Heilung beginnen." (Totes Rennen 12.6.1920) Er erkennt, dass dies mit Deutschnationalen Volkspartei nicht realisierbar. Posadowsky ist schon im Juni 1920 abgesägt worden, lässt am 19. Dezember 1921 der Vorwärts aus Berlin mal kurz fallen. In alter konservativer Unart sahen die Strippenzieher nur, was man verlieren konnte, nicht aber was es zu gewinnen gab. 1920 erscheint im Walter Hädecke Verlag in Stuttgart sein Buch
Eine Aufsatzsammlung über drängende aktuelle politische Fragen, oft mit philosphischen Impetus und heftigen Schlägen gegen den Zeitgeist. In ihr ringen die Kräfte der Kontinuität und des Umbruchs, der Bewahrung und Reform. Posa bleibt ein Konservativer, und was viele irritiert, mit einem fast mythischen Hang zum Modernen. Wie kann ein Konservativer, wie kann er nur? Er kann! Und das ist anstrengend. Es erfordert von ihm die Zuwendung zu neuen Arbeitsfeldern, etwa zur Geld- und Verfassungspolitik. Vielleicht, wir wissen es nicht genau, unternahm er jetzt, nach der Loslösung von der Deutschnationalen Volkspartei, Urlaubs- und Erholungsreisen. Sein Englisch, dass er im Alter von zweiundfünfzig Jahren erlernte, war nahezu perfekt. Neugierig begab er sich damals mehrmals auf England-Reise. Nach seinem Abgang 1907 als Staatssekretär des Inneren zog es ihn an die Universität Grenobel. Dort sah man ihn im Studienjahr 1907/08 unter den Studenten sitzen.
Verantwortung der Eliten zurück Nur in einem Land, wo die Gebildeten die Führung übernehmen, erhält die Zukunft eine Chance. Doch sie müssen diesen Anspruch, verlangt Graf Posadowsky, durch ihr persönliches und öffentliche Verhalten rechtfertigen. Was er hier im Alltag beobachtete, stimmte ihn nicht froh. "Leider steht die Lebensführung weiter Kreise der Oberschicht im verletzendem Gegensatz zu dieser Forderung sowie zu dem schweren Schicksal ihrer notleidenden Mitbürger und des Vaterlandes,", muss er 1932 feststellen. "Man klagt über die Verrohung der Massen. . Ohne sittlichen Aufschwung gibt es keine Auferstehung Deutschlands!" (V&R 228) Aber wie ist der Aufschwung massenpsychologisch vorzubereiten und zu begleiten? Speziell für die Eliten entwirft Posadowsky-Wehner einen gesellschaftlichen Funktionsplan. [a] Den Ausgangspunkt bildet eine reale Einschätzung der Lage, ohne Bauchpinselei und Selbstbegeisterungsübungen. Die wirtschaftliche und rechtspolitische der Weimarer Republik ist durch die Folgen der Hyperinflation schwierig. Soll man Hoffnungen erwecken? Das lehnt Posadowsky ausdrücklich und strikt ab. Das damit 1914 großes Schindluder getrieben, wenn nicht die Massen in verbrecherische Weise sogar manipuliert wurde, ist unleugbar. Und es ist wieder Posadowsky, der hieraus gewillt die Schlußfolgerungen zu ziehen. "Absichtliche Täuschung und gutgläubiger Irrtum hat schon zu lange geschadet. Das deutsche Volk muss erkennen, was ist, um sich aus dieser Erkenntnis heraus ein nüchternes Bild politisches Bild und wirtschaftliches Urteil [!] zu bilden und sein Privatleben zu regeln." (V&R 227) Es ist Aufgabe der Eliten darauf hinzuwirken.
[b] Für die Kapitaleigentümer reduziert er ihre Verantwortung nicht auf die nichtssagende Formel vom Eigentum verpflichtet. zurück Die [Produktionsmittel-] Besitzenden, die Oberschicht, Reichen und Eliten, weist er konkret in ihre Verantwortung zur Förderung eines gedeihlichen Staatswesens ein. Dabei nimmt die Freiheit und Sicherheit des Privateigentums den gebührenden Platz ein. Doch Posadowsky übersieht nicht, so beobachtete es die Volksstimme (1907) aus Magdeburg, die entstandenen gesellschaftlichen Probleme mit dem Materialismus der besitzenden Klasse, die oft eine gedeihliche Entwicklung der Gesellschaft behindern:
Andere Abgeordnetenkollegen, zum Beispiel Gutsbesitzer Graf Hans Wilhelm Alexander von Kanitz-Pondangen (1841-1913) von der Deutschkonservativen Partei, handhaben dies anders, indem sie die Frage nach dem "Materialismus des Besitzes" abwimmeln und sagen, die Landwirtschaft sei gar nicht in der Lage sich dem "Materialismus" hinzugeben. [c] "Meine Herren," erhebt er warnend an die Wirtschaftselite am 12. Dezember 1905 (241) in der Reichstagssitzung seine Stimme, "ich glaube aber auch ferner, dass mit unserem wachsenden Wohlstand nicht in gleichem Maße die Opferfreudigkeit gestiegen ist, die Großherzigkeit in wirtschaftlichen Dingen, die die besitzende Klasse auszeichnen muss!"
Fürstenentscheid zurück Am 20. Juni 1926 findet in Deutschland der
statt. Posadowsky befürwortete die Enteignung nicht, weil es mit seinem Verständnis von Recht und Gerechtigkeit unvereinbar ist. Denn "Die deutschen Fürsten haben die Rechte deutscher Staatsbürger und begründen ihre Ansprüche auf Herausgabe ihres Privateigentums mit den Vorschriften desselben bürgerlichen Rechts." "Aus politischen und wirtschaftlichen Gründen darf niemals das Recht des privaten Eigentums ausgeschaltet werden. .... Es wäre auch sittlich verwerflich, aus persönlicher Verbitterung für die Entgeignung des Fürstenvermögens zu stimmen, weil man selbst Unrecht erlitten hat. Sparer und Rentner sollten deshalb grundsätzlich der Abstimmung am 20. Juni [1926] fernbleiben ...." (V&R 229)
Kritisch gegenüber Subventionen zurück Subventionen sind in der Weimarer Republik ein heißes Thema. Was soll, was darf der Staat tun? Den Fürsten die Millionen hinterherwerfen oder sie für den Siedlungsbau der Arbeiter einsetzen? Der Staat gewährt der Industrie Kredite, zum Beispiel 1921 den Junkers Werken 21 Millionen Goldmark für den Flugzeugbau in Russland. Als das Geld nicht reicht, kommt es zum Krach. Das Reich hilft 1925 noch einmal. Aber das Werk kommt erneut in Schwierigkeiten . Posadowsky-Wehner steht der sogenannten Förderungspolitik von Unternehmen skeptisch gegenüber. "Ein Staat, der auf Kosten der Steuerzahler fortgesetzt ungeheure Subventionen und Bürgschaften für privatwirtschaftliche Unternehmungen gewährt, verlässt den wirtschaftlichen Grundsatz, dass jeder das Risiko seines Unternehmens tragen muss, wenn nicht der Staat Gefahr laufen soll, in den Strudel des wirtschaftlichen Lebens in einem Maße zu geraten, dass die Grundlage jedes geordneten Staates, geordnete Finanzen, aufs schwerste erschüttert wird." (V&R 213) Mit dieser Anschauungsweise
eines rechnenden Finanzpolitikers stößt er öfter nicht
auf Gegenliebe. Im Reichshaushalt haben wir 771 Millionen Mark Defizit,
rekapituliert er am 19. Dezember 1930 vor dem Preußischen Landtag;
"Es ist traurig, dass der Parlamentarismus im Reichstage so versagt
hat, dass eine Notverordnung ergehen musste, um die Ordnung der Finanzen
des Reiches zu sichern." In dieser Situation sollte man sparen, keine
Steuersenkungen vornehmen oder gar das ganze Steuersystem umbauen. Am 23. Januar 1932 wendet er sich im Preußischen Landtag in die Debatte über die Spar- und Reichsnotverordnungen gegen Subventionen. "Die Städte", argumentiert er, "können nicht einerseits, weil sie notleidend sind, Staatshilfe in Anspruch nehmen und andererseits Subventionen an Theater zahlen ..... ein großer Teil theatralischen Aufführungen dient nicht der seelischen und geistigen Bildung, sondern oberflächlichem Zeitvertreib." Die Haltung ist tief verankert. Schon einmal argumentierte er gegen die Theaterfinanzierung, nämlich in der Landtagsdebatte am 19. April 1929: "Wir werden gegen diesen Antrag stimmen, weil wir der Ansicht sind, daß bei der ungeheuren Steuerbelastung unseres Volkes man dem Steuerzahler nicht noch zuzmuten kann, Opfer für die Unterhaltung von subventionierten Staatstheatern zu bringen. Die Städte, die solche Theater haben, haben auch den Nutzen davon, namentlich von dem Fremdenzufluß. Diese subventionierten Staatstheater sind eine Erbschaft der monarchistischen Regierung .... Es liegt keine Veranlassung vor diese Erbschaft zu übernehmen."
Bürgersinn - Verantwortung - Pflicht zurück Nach Ansicht von Posadowsky-Wehner braucht der Staat dringend ein beherrschendes Nationalbewusstsein, spartanische Einfachheit der Sitten, edle Selbstlosigkeit und unerschütterliche Pflichttreue der Volksmassen. Das bedeutet, "dass im republikanischen Staatswesen die Pflichten des einzelnen Staatsbürgers erheblich höher sind als in der Monarchie, wo die monarchische Regierung als selbständige Machtquelle der gesetzgebenden Versammlung gegenübersteht und das Recht hat, Gesetzesentwürfe, welche ihr bedenklich erscheinen, abzulehnen.
Leider ist in weiten Kreisen diese größere Verantwortlichkeit der Staatsbürger bisher noch nicht zu Bewusstsein gekommen. Es gibt sogar eine Richtung, welche offen erklärt, dass sie mit Politik nichts zu tun haben will. Es ist dies eine Auffassung, welche nur bedacht auf den eignen, behaglichen Lebensgenuss, für keine öffentliche Angelegenheit zu haben ist, die sich nicht auf ihre eignen persönlichen Bestrebungen und Wünsche bezieht." (V&R 72) Der moderne Staatsbürger ist bei Posadowsky aktiv, engagiert, urteilsfähig und empathisch in seiner sozialen Welt tätig. Der Antiheld ist der unpolitische Bürger. Vorzugsweise beschränkt er sich bei der Teilhabe an den Staatsgeschäften darauf, die Zeitung zu lesen, womit er meint, seine Pflicht erfüllt zu haben. Eine selbstständige geistige Prüfung der politischen Ereignisse liegt ihm fern. Ein grausen ist ihm dieser "bescheidene Mensch", denn selbst bei Personen, die nach ihrer Lebensstellung als "gebildet" gelten, tut Posadowsky seine Erfahrungen kund, findet man ein überraschendes Maß an politischer Unkenntnis, Urteilslosigkeit und Gleichgültigkeit. Wo sie allerdings von der Gesetzgebung empfindlich betroffen werden, pflegen sie "in herbster Form ihr Urteil über diese politischen und wirtschaftlichen Folgeerscheinungen abzugeben", obwohl sie "zu deren Vermeidung oder Beseitigung sie selbst durch ihre öffentliche Tätigkeit nichts getan haben." (V&R 76) Die Masse dieser Schwächlinge zeichnen sich durch Untätigkeit und Trägheit aus, erwarten aber von anderen Herkules-Leistungen. "Diese politisch und wirtschaftlich wertlose Masse verschuldet es, wenn die überwiegende Volksmeinung durch rührige und skrupellose Berufspolitiker entstellt oder unterdrückt wird." (V&R 228)
Für ihn ist völlig klar, daß "das Volk in seiner Gesamtheit für die Führung der Staatsgeschäfte verantwortlich ist". Die erste Bürgerpflicht heisst, Abgabe der Wahlstimme. Wer nicht zur Wahl geht ist ein "politischer Deserteur" und vernachlässigt in unentschuldbare Weise die vaterländische Pflicht. Man kann "das Gefühl der politischen Verantwortlichkeit und Reife eines Volkes" an Hand der Beteiligung an den öffentlichen Wahlen beurteilen (V&R 73). "Weite Kreise scheinen aber diese veränderte Grundlage des öffentlichen Lebens gegenüber der konstituellen Monarchie noch nicht erkannt zu haben .... Das höchste Recht und die wichtigste Pflicht jedes Staatsbürgers ist die Abgabe seiner Wahlstimme .... " (NBT 25.4.1925)
Rechtsbewusstsein wider die Durchbrechungstheorie zurück
Rechtsstaatlichkeit und Rechtssicherheit verkörpern Leitideen und zentrale Kategorien im staatspolitischen Denken von Posadowsky-Wehner. Sie sind unerläßlich für die Schaffung eines gerechten Staates, dem der Bürger vertrauen kann. Ohne Rechtsstaat ist für ihn die Durchsetzung dem Allgemeinwohl verpflichtender Normen und Ordnungsprinzipien undenkbar. In Praxis leistet die Rechtsstaatlichkeit nach seiner Überzeugung den entscheidenden Beitrag zur Stabilisierung der Weimarer Republik. Dies fortführend, stellt er am 19. Dezember 1930 in der Rede vor dem Preußischen Landtag zwei Momente in den Vordergrund: Erstens. Die Popularität der "neuen Staatsform" wächst und gedeiht, wie der "Staat ein Staat des unbedingten Rechtes gegen alle Parteien des Reichstages und alle Berufsschichten in gleicher Weise ist". Zweitens. Auch im Privatrecht muss das Recht mit pünktlicher Genauigkeit durchgesetzt und geschützt werden. In einer Debatte des Preußischen Landtages fragt Posadowsky-Wehner den Justizminister, ob ein Gesetz beschlossen werden darf, dass gegen die Grundrechte der Weimarer Reichsverfassung verstösst. Der Minister eröffnet in seiner schriftlichen Antwort zwei Möglichkeiten: Erstens. Mit einer Zweidrittelmehrheit der gesetzlichen Körperschaft kann die Verfassung geändert werden. Zweitens könnte als Lösung die sogenannte
in Anwendung kommen. Empört weist dies Posadowsky am 19. Dezember 1930 vor dem Preußischen Landtag unter Verweis auf Artikel 76 der Reichsverfassung als glatten Verfassungsbruch zurück. "Ich verstehe es nicht," stellt er im Ton tiefer Enttäuschung fest, "dass die Mehrheit des Reichstages ein solch verfassungswidriges Verfahren wiederholt gebilligt hat. Das gilt für die Kürzung der Beamtengelder als wohlerworbene Rechte." Auch im Rahmen der Geldpolitik ist dies schon mehrfach geschehen. Als Beweis zitiert er aus der Rede von Finanzminister Doktor Luther am 23. August 1924 vor dem Reichstag, wo dieser darlegt, dass die Regierung "künstliches Geld" einsetzte, "um Werte abzulösen". Ein Privatmann, der künstliches Geld macht, schiebt Posa wütig bei seinem Auftritt im Preußischen Landtag am 23. Januar 1932 nach, begeht ein Münzvergehen und ist nach dem Strafrecht ein Verbrecher. Mit künstlichem Geld darf man keine Schulden tilgen, "deshalb sind die sogenannten Aufwertungsgesetze null und nichtig". "Es genügt nicht", fasst Graf von Posadowsky-Wehner 1932 seine Erfahrungen zusammen, "dass die gesetzgebenden Körperschaften fortgesetzt je nach den bestehenden Mehrheitsverhältnissen Gesetze beschließen und die Regierung aus politischen Gründen denselben willfahrt. Gesetze müssen sich durch jahrelange Anwendung im Rechtsbewusstsein des Volkes einbürgern, um tatsächlichen Gesetzeswert zu erlangen; durch die Veröffentlichungen in den Gesetzblättern wird die Rechtskraft nur urkundlich festgestellt, aber kein Rechtsbewusstsein geschaffen." (V&R 72)
Zum 80. Geburtstag gratulierten ihm: Reichspräsident Paul von Hindenburg, Reichskanzler Doktor Hans Luther, Reichswirtschaftsminister Albert Neuhaus, General der Infanterie Friedrich Sixt von Armin, Domherr von Naumburg und Großadmiral Hans von Köster, der Vizepräsident des Reichstages Doktor Jakob Riesser, der Ministerpräsident des Freistaates Preußen Otto Braun, der Bund der Domschüler, die Direktion des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg und andere.
Einweihung der steinernen Gedenktafel im Dom zurück Am
wird an der westlichsten Seite der Nordwand im Kreuzgang des Naumburger Doms zu Ehren der im Ersten Weltkrieg gefallenen Kameraden eine steinerne Gedenktafel enthüllt. 148 Namen sind hier eingemeißelt. Zwei, Ewald und Würzig, fügt man später noch hinzu. "Von den 16 Abiturienten von Ostern 1912 finden sich sieben auf der Tafel wieder, von 15 Kriegsbegeisterten, die es im August 1914 nicht abwarten konnten, in den Krieg zu ziehen, sind acht Namen in den Stein gehauen," ermittelte Julia Ziegler (2009) in einer Studie über die Kriegsgefallenen des Naumburger Domgymnasiums.
Am Sonntag, den 24. August 1924 um ½ 9 Uhr finden sich alle Domschüler auf dem Schulhof ein. Eine Stunde später sitzen sie brav in der Marienkirche und hören die Predigt mit der Botschaft an die Jugend von Pfarrer Mühe:
Nach dem Gottesdienst ziehen Schüler, Lehrer und Gäste im geschlossenen Zug zum Denkmal in den Kreuzgang des Doms um, wo dann bald die Worte über Deutschland von einer sittlichen Weltmacht, in des Wortes edelster Bedeutung zu hören sind. Doch war der Einmarsch der deutschen Truppen 1914 in Belgien nicht selbst schon ein sittlicher Grenzdurchbruch? Der Ort ist feierlich geschmückt. Vor der Tafel aus Krensheimer Kalkstein wachen je zwei Offiziere von der Marine und den Feldgrauen, Angehörige des Bundes Alter Naumburger Domschüler (BAND). Auf ein Zeichen hin entfernen sie die Hülle. Zuvor hielt der Architekt des Denkmals, Herr Graumüller aus Saaleck, eine kurze Ansprache. Er dankte dem Bildhauer Josef Heise für das Gesamtwerk und Kunstmaler Professor Hugo Gugg (1878-1956) für den überkrönten Aufsatz der Steintafel, die den Kopf eines jugendlichen Kämpfers mit Stahlhelm darstellt. Dann hebt der Vorsitzende vom BAND zur Ansprache an. Dies ist eine Stätte der Trauer, des Dankes und des Trostes, gedenkt Professor Flemming der Toten. Aber dies ist kein Denkmal, das mahnen soll, wie es Julia Ziegler (2009) treffend formuliert, sondern es soll eine Erinnerung an die Kämpfenden sein. Dann werden die Namen der im Ersten Weltkrieg gefallenen 150 Domschüler feierlich verlesen.
Nun wird Arthur Adolf Graf von Posadowsky-Wehner Freiherr von Postelwitz die feierliche Rede zur Einweihung der Gedenktafel vortragen. Eine Möglichkeit, um mit den Schülern, Lehrern und Repräsentanten der Stadt Naumburg über den Krieg, seinen Folgen und die persönliche Verantwortung in der Gegenwart zu sprechen. Im Raum stehen Fragen wie: Warum musste eine "sittliche Weltmacht wie Deutschland" untergehen? Warum fand, sich ein "Weltbund ungeheurer Übermacht gegen uns" zusammen? Wie konnte das alles Geschehen? Der Dechant des protestantischen Domkapitels hebt zur Festrede an:
"So möge" dieser Gedenkstein, fährt die Rede fort,
Das ist eine Metapher der deutschnationalen, völkischen und alldeutschen Vordenker, die sie salbungsvoll vorzugsweise bei Ehrungen, Kranzniederlegungen zur Geltung bringen. Der Stahlhelm-Studentenring "Langemarck" und die Stadtverwaltung giessen sie im September 1933 in den Beton des Langemarck-Denkmals. Er ist kein Vorkämpfer des Stahlhelms und des politischen Revisionismus.
Und wie man die Worte am Gedenkstein immer interpretiert, in Totalität bemühte er sich um die ökonomische und politische Stabilisierung der Weimarer Republik, mahnte stets die Rechtsstaatlichkeit an, wandte sich als Politiker den Sorgen der Unterschicht zu, verteidigte die Mittelschicht gegen die Enteignung des privaten Geldvermögens durch den Staat und führte einen verzweifeltem Kampf für Rechtsgleichheit und -sicherheit. Das war Posadowsky-Wehner. Der englischen, französischen und russischen Nation stand er im Lichte der Reziprozität der Feinbilder kritisch gegenüber, weil sie vor dem Weltkrieg darauf bedacht, im Ausland eine starke deutschfeindliche Abneigung hervorzurufen. Pars pro toto nennt er Lord Rosebery (1847-1919) von der Liberal Party und ehemaliger englischer Außenminister, der als erster den Weckruf ausstieß:
Gegen Ende des vorherigen Jahrhunderts erschienen Werke von M. E. E. Williams, "Deutsches Erzeugnis" (Made in Germany) und Maurice Schwob "Die deutsche Gefahr" (Le Denger Allemand). Bevor Sigmund Freud 1938 die Bewußtseinsspaltung in "Die Ichspaltung im Abwehrvorgang" beschrieb, diagnostizierte sie 1920 Graf Arthur von Posadowsky-Wehner im Aufsatz "Mr. Pecksniff" (23) beim freiheitsliebenden Engländer, der für sich, nicht aber für die bürgerliche Freiheit anderer Völker "die gleiche Rücksicht" empfindet. Deutschland hat sich mit seiner "verfehlten Weltpolitik" (Posadowsky) viele Feinde gemacht. Das weiß er und stellt dies überhaupt nicht Frage. Ausserdem war dies ein zentraler Kritikpunkt der Reichskronen-Rede vom 15. Januar 1919. Ihm ist gegenwärtig, Deutschland muss sich zügeln und Grenzen auferlegen. Eine neue Weltpolitik, davon ist er nicht abzubringen, wäre sein Ruin.
Ist das nicht Bismarcks-Schule? - Verzicht auf territoriale Forderungen, keine expansionistischen Bestrebungen, keine europäischen Kriege und Beteiligung an überseeischer Kolonialpolitik! Wir sollten darüber nicht in Euphorie verfallen, denn der erste Reichskanzler hinterließ uns aussenpolitisch manche Hypothek. Dennoch könnte dies unter den Bedingungen der 20er Jahre Ansätze zur Friedenspolitik bieten, auf jeden Fall jedoch ist es ein Konter gegen die Naumburger Wilhelmisten (Kolonialverein, Alldeutsche, militante Kriegervereine) und Revisionisten (Völkische, Nationalsozialisten, Stahlhelm). Die Kriegsverhältnisse bedingen den Verlust an Individualität und an Charakter einer Rechtsperson, also eine Enthumanisierung aller Verhältnisse. Je mehr das Volk im Verlaufe des Krieges zu immer höheren Leistungen aufgerufen war, erkennt Posadowsky-Wehner (V&R 40), desto mehr verliert der Einzelne an Rechten. Dies verlangt von ihm immer größere Opfer. Selbstlose Menschen treten ans Licht. Es sind die Helden, sie geben das gute Beispiel. Dem Verlust an Humanität ist damit nicht vorgebeugt, verliert doch der Einzelne durch sein Opfer die Individualität. In der Rede zur Einweihung der steinernen Gedenktafel an der Nordwand im Kreuzgang des Naumburger Doms, lässt Posadowsky wieder die Moral des heroischen Zeitalters aufleben und zitiert aus dem 1800 entstanden siebenstrophigen Wechselgesang des Vorspiels zur Trilogie Wallenstein, Ein dramatisches Gedicht von Schiller, den Vers:
Dies steht im Kontext des Dreißigjährigen Krieges und trägt nicht zur Überwindung der gesellschaftlichen Moralauffassung bei, die zur Ur-Katastrophe des 20. Jahrhunderts führte und die Dialektik der Aufklärung (91) persifliert:
Und doch sollten wir so nicht aus dem Gespräch mit ihm über die Einweihung der Steintafel zu Ehren der Gefallenen im Ersten Weltkrieg heraustreten. Vergessen wäre dann, dass Posadowsky (a) entschieden gegen den Missbrauch der Autorität eintritt, (b) vor überhöhten Vollmachten staatlicher Zentralgewalt unter Umgehung der Parteien und föderativer Einheiten warnt und dies ablehnt, (c) seine Kritik der Feindbilder den Zweck verfolgt, den Bürgern die Lust an staatlicher Aggression zu nehmen. Genau diese Momente nennt Sigmund Freud im September 1932 im Brief an Albert Einstein als Ursache von Kriegen. Eine frappante Kohärenz zwischen Freuds "Warum Krieg?" und dem Denken von Posadowsky-Wehner. Zufall oder Notwendigkeit? Zumindest macht un der Artefakt klar, wie konstruktiv der Naumburger Politiker an den globalen Sorgen der Welt teilnahm.
29.
November 1925 Am 29. November 1925 dürfen die Bürger der Provinz Sachsen die Sitze im Preußischen Provinziallandtag verteilen. Die letzte Nominierung der Kandidaten fand 1921 zusammen mit den Wahlen zum Preussischen Landtag statt. Schon deshalb, vermutet die lokale Presse, war damals die Beteiligung besser. Diesmal machten von ihrem Wahrrecht nach ihrer Schätzung nur etwa die Hälfte der Bürger gebrauch.
Posadowsky-Wehner zieht für die "Sparer" in den Provinziallandtag ein. In politischen Stellungnahmen äußert er sich besorgt über den Zustand der deutschen Nation. Ihm erscheint besonders die allgemeine Kriminalität im Lande viel zu hoch. Missfallen erregt die zunehmende Verflachung des öffentlichen Lebens. "Es ist eben ein Zeichen der Zeit," kann er am 19. Dezember 1930 in Preußischen Landtag nicht mehr an sich halten, "dass man in unserem Vaterlande die wichtigen, tiefernsten Dinge von oberflächlichen und nebensächlichen Angelegenheiten nicht mehr unterscheiden kann." "Die Ereignisse unserer Zeit lassen leider den mutigen Wirklichkeitssinn, der notwendigen Grundlage für richtiges Handeln, schmerzlich vermissen", kritisiert 1926 Im Lichte der Wirklichkeit. "Man behilft sich mit der Vorstellung, deren planmäßige Wiederholung günstig auf die öffentliche Meinung und festigend auf die eigene Stellung wirken sollen. Gehen im politischen Leben derartige Einflüsse von maßgebenden Gewalten aus, so erzeugen sie schließlich herbe Enttäuschungen und tiefgehendes Mißtrauen".
Reichspartei für Volksrecht und Aufwertung (VRP) zurück Ende Juni 1925 publizierte Posadowsky in der deutschnationalen Presse mehrere Aufsätze zum Aufwertungsgesetz, dass am 16. Juli 1925 im Deutschen Reichstag zur Abstimmung stand. Ihm war klar:
Ihm fällt es nicht leicht, dies auszusprechen. Er leidet unter diesen Verhältnissen, an dessen Horizont abgrundtiefe Gefahren für die zivilisierte Existenz der Bürger lauern. Trotzdem schuf er sich mit seiner Kritik an der Hyperinflation und Aufwertungsgesetzgebung Feinde und rief alte Gegner wieder auf den Plan. Carl Severing (1875-1952), der die Bielefelder Niederlage von 1912 bei den Reichstagswahlen nicht vergessen hatte, meldet sich am 15. Oktober 1925 im "Vorwärts", dem Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, zu Wort, und erzählt folgende Geschichte: "Jetzt aber, in diesen Sommertag, sind Ihre politischen Freunde, meine Herren von der Deutschnationalen Volkspartei, an mich herangetreten bzw. an die Herren meines Ministeriums mit dem Ersuchen diesen Landrat recht bald abzuberufen. (Lebhafte rufe: Hört! Hört! links)" In der Reichstags-Debatte über das Gesetz zur Aufwertung der Hypotheken am 13. Juli 1925 waren nicht mehr als ein Dutzend Abgeordnete ständig anwesend. Es sprachen unter anderen der Genosse Keil (SPD), Dr. Korsch (KPD) und Dr. Best. Es war unmöglich irgendwelche Verbesserungen durchzusetzen. Ein SPD-Antrag wurde mit 177 gegen 224 Stimmen abgelehnt. Dass die Deutschnationale Fraktion dem Aufwertungskompromiss zustimmen könnte, erschien Posadowsky unmöglich, weil dies im schärfsten Gegensatz zu ihren bisherigen Forderungen und Versprechungen stand. Um den 16. Oktober 1926 berichten die Zeitungen, dass die verschiedenen Sparergruppen die Reichspartei für Volksrecht und Aufwertung (VRP) ins Leben gerufen haben. Ihr Führer ist Arthur Graf von Posadowsky-Wehner aus Naumburg. Die Partei trotzt der Regierung, weil das Gesetz über die Aufwertung von Hypotheken und anderen Ansprüchen vom 16. Juli 1925 einen Vermögensverlust bis zu 97 Prozent brachte. Am
tagen die Anhänger der VRP im Preußischen Hof. Der zweite Vorsitzende der Ortsgruppe des Sparer-und Hypothekengläubiger-Verbandes eröffnet die Versammlung. Besonders begrüsst er Arthur Graf von Posadowsky-Wehner mit den Worten, "der Kampf, den er führe, habe sich gerichtet gegen Regierung und Volksvertreter, die ihr Volk entrechtet und enteignet hätten; nicht ein Knechtsstaat, sondern ein Rechtsstaat müsse erst wieder geschafft werden ...." Dann wurde die Auflösung der Ortsgruppe bekannt gegeben. Anschliessend hält der Gast einen ansprechenden und inhaltsreichen Vortrag, von dem die Passage überliefert: "Der Ausfall der Zinsen, welche die Gläubiger zu beanspruchen hätten, ziehe jetzt der Staat in Form einer Hauszinssteuer ein, darunter hätten Wirtschaft, Mittelstand, Hausbesitzer und Mieter zu leiden." Dann erläutert er die Notwendigkeit der Gründung der
Nach längerer Aussprache über die Richtlinien der Partei, wurden diese für gut befunden und einstimmig beschlossen einzutreten für:
Die Anwesenden delegieren Graf von Posadowsky-Wehner vom 22. bis 23. Oktober 1927 zum Parteitag nach Stuttgart.
Bei den preußischen Landtagwahlen am 20. Mai 1928 erringt die Volksrechtspartei zwei Mandate. Eins nimmt Posadowsky wahr.
Obwohl sich die Reichspartei für Volksrecht und Aufwertung ein halbes Jahr nach seinem Tod in Hitlers Arme wirft, darf man nicht sagen, dass Arthur Graf von Posadowsky-Wehner dem nationalsozialistischen Herrschaftsmodell irgendwie nahegestanden hat. Nicht die Diktatur war sein Ziel, sondern der Volksstaat, der die faire Beteiligung aller Klassen und Schichten an der Machtausübung garantiert.
Im
Streit für eine wirtschaftspolitisch 1928 delegiert die Reichspartei für Volksrecht und Aufwertung Posadowsky als Abgeordneten in den Preußischen Landtag. Besonders widmet er sich den Folgen der Hyperinflation und Aufwertungspolitik. Dieses
fordert er am 10. Oktober 1930, muss genau untersucht werden. Sein Ziel ist eine rechtsstaatliche, wirtschaftspolitisch verantwortungsvolle und sozial gerechte Geldpolitik. Dazu ist es nach seiner festen Überzeugung notwendig, die ideologische Verschleierung der betreffenden Vorgänge zu enttarnen und die Ursachen der Hyperinflation aufzuklären. Seine Prämissen formuliert er am 15. Dezember 1928 vor dem Preußischen Landtag:
Aus Anlass seines 85. Geburtstags erwies ihn der Rechtsausschuß des Preußischen Landtags eine ehrende Geste. Er beschloß, dass Staatsministerium möge untersuchen, "welche Elemente und Personen die Inflation hervorgerufen haben". Das war endlich eine Entgegnung auf die freche Lüge, dass die Inflation einfach gekommen sei. Hierauf warteten alle brennend, die in ihr eine kalte und verbrecherische Tat sahen. "Aber es ist leider nicht anzunehmen, dass die Annahme des Antrags eine andere Bedeutung hat als ein Blumenstrauß, der am selben Tag auf dem Platz des Jubilars gelegt wurde. Eine Höflichkeit. Der Staatsgerichtshof ist kein Untersuchungsausschuß, - er wäre für diese Frage nicht zuständig, selbst wenn sie ihn überraschenderweise interessierte". (Tagebuch 1930) Am 18. Oktober 1930 trägt er dem Preußischen Landtag erneut vor:
Zu diesem Zweck ergeht an das Hohe Haus ein Antrag, der fordert, schleunigst ein Gesetz zu verabschieden, durch welches der Staatsgerichtshof beauftragt wird, zu untersuchen, ob und welche ausländische Stellen und welche amtliche Personen und ob und welche Privatpersonen im Inland auf die planmäßige Steigerung des Dollarpreises gegenüber der deutschen Mark hingewirkt und damit planmäßig die deutsche Währung zerrüttet haben. Ein Jahr vergeht und die Regierung antwortete noch immer nicht darauf. Dann bitter er persönlich den preußischen Ministerpräsidenten um eine Erklärung. Am 23. Januar 1932 tagt wieder der Preußische Landtag. Und wieder keine Antwort! Erneut rollt Posadowsky die Sache im Plenum auf und rüttelt verzweifelt am Gewissen der Abgeordneten:
Was meint er mit "Finanzkräften des Auslandes"? Wenig Monate nach dem im November 1918 in einem Eisenwahnwaggon auf einer Lichtung im Wald von Compiègne der französische Marshall Ferdinand Foch den Deutschen die Bedingungen des Waffenstillstandes aushändigte, stürzte der Kurs der Mark gegenüber dem Dollar ab. Das Ausmass der Kriegswirtschaft und -inflation wurde sichtbar. Sofort erhöhten sich die Verbraucherpreise und die Reallöhne sanken. - Worauf Posadowsky hinweist, wenn er von "Finanzkräften des Auslandes" spricht, die hier am Werk waren, so ist damit zunächst der Umstand gemeint, dass eine Stützung der deutschen Mark unterblieb. Dies sollte später eine große Rolle bei der politischen Bewältigung der Ereignisse um die Hyperinflation spielen. Es war zunächst einmal der Versuch die Reparationslasten abzuschütteln. "Zu diesem Zweck nahm die deutsche Politik", konstatiert Sebastian Haffner 2001 in "Von Bismarck zu Hitler" (186, 187), "eine soziale Katastrophe in Kauf, die sich auf die deutsche innenpolitische Stimmung vernichtend ausgewirkt hat, nämlich eine Dauerinflation ...." Es endete 1923 mit der Hyperinflation, die "eine ungeheure Umverteilung der deutschen Vermögen zu Lasten der Geldsparer und Geldbesitzer und zugunsten der Sachwertbesitzer" hervorbrachte. Posadowsky versuchte die für nachfolgende Generationen in Ausmass und Tiefe nicht zu erahnende Bitterkeit bei den Betroffenen zu therapieren, indem er unfassbare öffentlich machen wollte:
Aber
man hörte kaum die Sätze, Rechtssicherheit als Vorbedingung für die Freiheit, dies sollte aufhorchen lassen, besonders die kommunistische Linke. Tat es aber nicht. Für sie war Posadowsky wohl eher ein Reaktionär. Gewiss, sie trennte, was nicht zu übersehen, in der Kirchen-, Schul- und Bildungspolitik, sowie in der Sozialisierungs- und Kriegsschuldfrage tiefgreifende Wertekonflikte. Trotzdem, gab es zwischen ihnen viele und bedeutende Gemeinsamkeiten, holzschnittartig umschrieben mit: Notwendigkeit einer Arbeiterbewegung, Gesellschaftsformen, Republik, Herrschaft durch gerechte Verhältnisse, Demokratie als Mitbestimmung, Kontinuität der Sozialpolitik, Wohnungen für die Unterklasse, Ablehnung der Notverordnungen. Der Erste Hauptsatz der Sozialpolitik entspricht ideologiegeschichtlich betrachtet etwa dem, was Karl Marx 1849 in der Neuen Rheinischen Zeitung zur Abhängigkeit (Determination) des Sozialen von den ökonomischen Lebensverhältnisses analysierte. Es ist überhaupt so eine Sache, wenn sich Posadowsky zum Konservativen erklärt, aber in vielen Lebensfragen, etwa in der Sozial- und Wohnungspolitik, zur Rolle der Arbeit im Leben, der Moralbildung in der Gesellschaft, der Notwendigkeit nach Gerechtigkeit t zu streben, traditionell ausgedrückt, klar nach links tendiert. Zu zählen wären nicht nur die berühmten "Übereinstimmungen". Kooperation gedeiht oft dort, wo sie durch gegenseitiges Verstehen oder Handeln aus Einsicht in die Notwendigkeit erleichtert wird. Unbefangen, also wissend die damalige Praxis ausblendend, entsteht allmählich die Frage, ob vielleicht sogar ein politischer Dialog zwischen ihm - den fortschrittlichen Konservativen - und der sozialistisch oder kommunistischen Linken möglich wäre? Hätte ein solches Herangehen vielleicht sogar das politische Kräfteparallelogramm zugunsten der Republik verschieben können? Schwer vorstellbar, wenn man an die fortwährende provokative Aufheizung derartiger Begegnungen denkt, aber deshalb trotzdem nicht zwangsläufig unmöglich. Erst am 8. Juni 1928 sah der Vorwärts in Berlin eine besonders widerwärtige und beschämende Szene. Den Anlass bot die Konstituierung des neugewählten Preußischen Landtags. Zunächst fing es feierlich an. Vor der Sitzung fanden in der Hedwigskirche und im Dom Gottesdienste statt. Anschließend traten die Abgeordneten im Gebäude des Preußischen Landtages in der Prinz-Albrecht-Strasse (Niederkirchnerstraße) zur ersten Sitzung zusammen. Eröffnet wurde sie, berichtet am Tag darauf der Sozialdemokratische Pressedienst, durch den ehemaligen kaiserlichen Staatssekretär und Vizekanzler Posadowsky-Wehner "mit einem klugen Bekenntnis zur Republik". Leider waren die äußeren Umstände nicht dazu angetan, um dies von Seiten der Parlamentarier würdigen zu können. Der Alterspräsident erlaubte sich, ihnen ans Herz zu legen, den Rechtsstaat zu schützen und zu verteidigen, ihn vor jeder Art der Vergewaltigung zu bewahren. Zum gelungenen Staatsleben gehört bekanntlich auch etwas Kompromissbereitschaft, weshalb von ihm die Aufforderung erging, es möge doch jeder sich in einem natürlich gegebenen Maß mit der Staatsordnung abfinden, egal ob der Aufbau des Staates seiner innerlichen Auffassung Rechnung trage oder nicht. Das war für die parlamentarisch-kommunistische Linke zu viel des Guten. "Schon während der Rede des 84-jährigen Posadowsky, der doch wahrhaftig keiner Partei wehtun konnte, gefielen sich einige Kommunisten darin, mit sinnlosen Zwischenrufen und Gebrüll die Stimme des Alten zu übertönen." (Vorwärts) Ihre Fraktion besaß im neugewählten Landtag 56 Mandatsträger, damit zwölf mehr als in der vorhergehenden Sitzungsperiode. Unmittelbar nach den ersten Worten stießen sie gegen Posadowsky die wildesten Schimpfworte aus: "Nieder mit der Regierung!", "Arbeitermörder!", "Amnestie!". Alles mit der kalten Ruhe, registrierte die Vossische Zeitung, die beinahe auf eine lange Vorübung schließen lassen könnte. Als die Kommunisten die Freilassung zweier ihrer Abgeordneten, die vom Reichsgericht wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu Festungshaft verurteilt waren, beantragten, heizte sich die Stimmung schnell weiter auf. Über einen entsprechenden Antrag wollte die Fraktion ihre Teilnahme erwirken. Das Reglement verlangte dazu unbedingt die Zustimmung aller Abgeordneten, was jedoch Doktor Ponsick von der Christlich-Nationalen Bauernpartei wenig interessierte. Er dachte nicht daran, dies zu unterstützen, worauf es nun so weiterging: "Ein paar kommunistische Abgeordnete unter Führung des Abgeordneten Gohlke spazierten in aller Ruhe auf die rechte Seite des Hauses herüber, holten sich Ponsick heraus und schlugen ihm langsam aber gründlich die geballte Faust ins Gesicht." (LVZ 9.6.1928) "Eine ganz andere Frage ist aber die", auf deren Beantwortung der Vorwärts (Berlin) drängt, "ob das Faustrecht mit der verstärkten kommunistischen Fraktion seinen Einzug ins Parlament halten darf." Bei der Stimmungsmache zur Eröffnungssitzung, tat sich besonders der kommunistische Abgeordnete Wilhelm Kaspar (1892-1985) hervor. So wie die Dinge liegen, darf daran erinnert werden, dass, während er einst noch beim tief reaktionären Deutschnationalen Handlungsgehilfenverband, der den Streikenden im März 1920 in den Rücken gefallen war, herumtollte, warf sich der Graf mit dem Verfassungsstaat gegen die Kapp-Lüttwitz Leute auf. Als Staatssekretär und Abgeordneter des Reichstages gestaltet er vom liberal-konservativen Standpunkt die ökonomischen Lebensfragen der arbeitenden Klasse und erreichte über die Sozialgesetzgebung historische Fortschritte. Ihm schlechterdings vorzuwerfen, dass er jetzt nicht auf die Barrikade klettert und die revolutionäre Sozialpolitik vollendet, löst den Verstand völlig von den Verhältnissen ab. Als er von den Rechten und Pflichten des Bürgers sprach, drohten seine Worte im Saal endgültig im Krach und Lärm unterzugehen. Fünf Jahre später verhallen wieder ungehört Stimmen. Diesmal das Stöhnen und die quälenden Schreie von Sozialdemokraten, Gewerkschaftern und Kommunisten, die in den Kellern der SA-Feldpolizei misshandelt und gefoltert werden.
Konservativer Vordenker
Als Dechant des protestantischen Domkapitels Rechtsritter des Johanniterordens übernimmt Arthur Graf von Posadowsky-Wehner für die Domschule eine Vordenkerfunktion in der staatsbürgerlichen Erziehung der Jugend.
Vom 29. August bis 1. September 1930 feiert die Domschule das neunhunderste Jahr ihres Bestehens, woran Vertreter der höchsten Staatsbehörden, der Kirche und benachbarten Universitäten als Gäste teilnahmen. "Ich entsinne mich noch gut an die 900-Jahr-Feier der Schule im Sommer 1930," schreibt der Zeitzeuge Hans-Gert Kirsche (2006), "die mit großem Pomp begangen wurde. Als Vierjähriger sah ich aus einem Fenster unserer Wohnung am Bismarckplatz (der jetzt nicht mehr so heißt) den Festzug unter mir vorbeiziehen, in dem mein Bruder unter den Sextanern und mein Vater unter den Abiturienten des Jahrgangs 1907 mitmarschierten. Rührend und zugleich imponierend das Defilee dieser unzähligen dickbäuchigen, glatzköpfigen oder grauhaarigen alten Herren, die aus aller Welt gekommen waren, um mit der blauen Schülermütze auf dem Kopf das Jubiläum ihrer alten Schule zu feiern." Viele hundert Schüler und Gäste reisen Ende August 1930 nach Naumburg. Vor Beginn der Feierstunde müssen die Teilnehmer von der Aula in die Marienkirche am Dom umziehen. Auf dem Festakt zum 900-jährigen Jubiläum der Domschule hält der 85-jährige Dechant Arthur Graf von Posadowsky-Wehner die Festrede. Sie kreist um die sittliche und ethische Erziehung der Jugend, deren Ziel er am 2. April 1918 in Dresden auf dem Christlich-Sozialen Kongress so absteckte:
"Das selbstlose Staatsgefühl ist es," betont er, "welches zur Größe eines Volkes führt, erhaben über den Streit der Parteien. Die höchste Aufgabe der Schule ist es deshalb, dieses Staatsgefühl in den Herzen der Jugend zu entwickeln . Die Schule soll nicht nur wissenschaftlich lehren, ihre hohe Pflicht ist, sittlich zu erziehen." Von dieser Aufgabe hegt er klare Vorstellungen. "Religiöses Gefühl, Achtung vor dem Rechte der anderen, strenge Selbstbeschränkung, sachliches und damit gerechtes Urteil über den Menschen und Zustände, körperliche Selbstzucht, das sind die Aufgaben der ethischen Erziehung, welche der Schule neben der Bahn der Wissenschaft obliegen." (Zitiert nach Büchner 1933, 28) Der von Arthur Graf von Posadowsky-Wehner präsentierte Wertekanon der schulischen Erziehung gilt bei den Nationalsozialisten als nicht erstrebenswert, worin sich der Unterschied und Gegensatz zwischen wertkonservativer und nationalsozialistischer Denkweise spiegelt.
Diese
Politik ist nicht mehr erträglich zurück In der Besprechung des Reichkanzlers mit Gewerkschaftsvertretern am 15. Juni 1931, 12 Uhr, erheben einige Teilnehmer gegen die Politik der Notverordnungen ernste staatsrechtliche Einwände. "Die Notverordnung enthalte" Dinge, bringt ein Gesprächspartner zum Ausdruck, die nicht zu verteidigen seien." Der Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB), Herr Theodor Leipart, erklärte in dieser Beratung, "daß er trotz des Gehörten, das für ihn kaum Neues gebracht habe, nicht davon überzeugt sei, daß die Notverordnung unabänderlich sei. Die Gewerkschaften seien vielmehr überzeugt, daß die praktische Durchführung der Notverordnung ins Chaos führe." Der Gewerkschaftsmann fürchtet (a) die gefährliche Volksstimmung, (b) einen Rechtsrutsch und (c) die sozialen Folgen. Posadowsky-Wehner macht hingegen vor dem Preußischen Landtag vor allem verfassungs- und staatsrechtliche Einwände geltend. Für ihn steht fest:
"Nein, meine Herren von der Regierung," reibt er ihnen am 16. Februar 1932 unter die Nase, "man kann einen Verfassungsstaat, von dem man behauptet, dass er der freieste Staat der Welt sei, und ein Volk mit mehr als tausendjährige Kultur nicht mit solchen Notverordnungen regieren." Um die Tragweite zu verdeutlichen, zitiert er die englische "Times" mit dem Satz: "Die jüngste Notverordnung stellte Eingriffe in die bisherigen Rechtsverhältnisse insbesondere privatrechtlicher Art dar, wie sie bisher außerhalb der Sowjetrepublik noch nicht dagewesen seien."
Der
Deutschland-Plan zurück Am 23. Oktober 1932 stirbt Arthur Graf von Posadowsky-Wehner im Alter von siebenundachtzig Jahren in Naumburg.
Jetzt trauern die Naumburger um ihn, begleiten seinen letzten Weg. Zeitzeugen sprechen von einem respektablen Staatsbegräbnis. Doch wo waren sie, als es darauf ankam, der bürgerlich-nationalen Politik eine demokratische und volkwirtschaftlich reale Reformperspektive zu geben? Damals hießen ihre Helden und Sympathieträger Max Jüttner (1, 2, 3), Theodor Duesterberg (1, 2, 3), Franz Seldte (Stahlhelm), Kamerad Löwe (Stahlhelm), Georg Schiele (DNVP) und nach 1930 Friedrich Uebelhoer (NSDAP). Warum hakten sich die Bürger nicht bei ihm unter? W a r u m?
Die Rede von Posadowsky am 24. August 1924 zur Einweihung der Gedenktafel im Naumburger Dom enthält kritische Akzente zum Westen, verwirft aber nicht leichtfertig dessen Fortschrittskonzept. Die Fehler der "Kabelabschneider" von 1914 wollte er nicht wiederholen. Davor bewahrte ihn sein Erfahrugen als Handelspolitiker. So war es für ihn kaum vorstellbar, was Thomas Mann vorschwebte, nämlich die deutsche Kultur von der Politik des Westens und seiner zersetzenden Kultur abzuschirmen. Die Revision europäischer Verhältnisse und Verdammung des Westens, die der Stahlhelm, die Vaterländischen Verbände und wilhelminischen Generäle am 11. Mai 1924 zum Deutschen Tag in Halle (1924) organisierten, wollte er sich ebensowenig anschliessen wie dessen Zielen und Methoden der Repräsentation. Wenn, so befürchten viele Konservative, Deutschland zum westlichen Demokratismus konzediere, befürchtet Thomas Mann, könnte der geistige Krieg gegen die westlichen Literaten, denen das Wörterbuch der französischen Revolution eigen, verloren gehen. Unter diesen Verlustängsten der "Betrachtungen eines Unpolitischen" (1919) litt Posadowsky nicht, obwohl ihn der Missionarismus des US-Präsidenten Woodrow Wilson (1856-1924) empörte. Als Alternative entwarf er nach der Revolution in mehreren Etappen und aus unterschiedlichen Anlässen eine Sammlung von Ideen und Vorschlägen zur Zukunft der Nation, den
Immer wieder setzte er sich mit der Entstehung, der schrecklichen und tragischen Wirkung von Feindbildern in der Literatur, Kunst und Politik auseinander. Eine Fortschreibung oder Vitalisierung des Kriegs-Feindbildes 14/18 kam ihn nicht in den Sinn. Sein Deutschland-Plan baut nicht auf dem Fundament eines militärisch, aggressiven Nationalismus, sondern unterschied genau zwischen dem gefährlichen, militanten, rassistisch aufgeladenen Nationalismus und der Notwendigkeit einer nationalen Identität, dem kulturvollen deutschen Nationalbewußtsein. Das war nicht nach Art der streng nationalen Familie, des Stahlhelms und der Nationalsozialisten. Die politische Sprache von Posadowsky-Wehner war korrekt, klar, eindeutig, vielfältig und angenehm intellektuell. Aber sie passte nicht zur herrschenden politischen Mode: Hetze gegen die Juden, Sozialisten und Kommunisten, moralisch überbordendes Deutschtum, Einsatz vitalisierte Feinbilder von 14/18, Produktion antiwestlicher Stimmungen, selbstverliebter, aggressiver deutscher Nationalismus, offene und versteckte, intensive Diskreditierung der Demokratie. Sein sittlich-christlicher Verhaltenscodex von antisemitischer und -rassistischer Dignität, stieß Ende der zwanziger Jahre zunehmend auf den Rassenwahn der Rechten. Dazu kam noch die oft zelebrierte peinliche Kraftmeierei, die Überschätzung Deutschlands wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit. All dies war überhaupt nicht nach Art eines Arthur Graf von Posadowsky-Wehner, was wiederum die streng nationale Familie nicht ästimierte. Im Ergebnis seiner Studien zu den Aufgaben des Völkerbundes, der Polen-Frage, zur Entstehung staatspolitisch relevanter Feindbilder und der Zukunft des Deutschtums, wurde ihm klar, dass Deutschland das Vertrauen der Staaten und ihren Respekt, nicht durch eine Neue Weltpolitik gewinnen konnte, wohl aber mit Arbeit, Tüchtigkeit, technischem Erfindergeist, präsentiert auf dem internationalen Markt, und einem funktionstüchtigen (!) Rechtsstaat im inneren. Als Fundament
der Republik wählt Posadowsky den demokratischen Verfassungsstaat,
wovon er zu keinem Zeitpunkt abrückt. Kompromisslos lehnte er jeden
Durchbruch der Verfassung und die Missachtung der Gesetze, und
sei es durch die Exekutive und Legislative, ab. Der Naumburger entschied
sich zur Landtags- und Reichstagswahl anders, eigentlich deutlich dagegen,
nämlich für die Politik des Stahlhelms, der militanten
Kriegerverbände und Kolonialgesellschaft, also
deutschnational in der alldeutschen, völkischen Diktion von Georg
Schiele, dessen Ziel es war, die Verfassung der Weimarer Republik
zu delegitimieren.
Und das reichte, vor allem für den Kommunikationsabbruch, wobei die meisten, das kam noch außerordentlich erschwerend hinzu, nicht zwischen "konservativ" und "reaktionär" unterschieden. Eigentlich brauchten sie ihn mit seinem Wissen und den Erfahrungen auf dem Gebiet der Sozial-, Haushalts-, Rechts- und Geldpolitik. Und in der Frage des sozialen Charakters der staatlichen Ausgabenpolitik mit hohen Gebrauchswerteigenschaften, bewertet und organisiert zugunsten der breiten Masse, konnten sie, wenn sie nur wollten, voneinander lernen. Posadowsky verstand sich als Konservativer. Gemessen an den Bedürfnissen der Gesellschaft, nahm er zu wichtigen Fragen der Zeit, eine fortschrittliche und moderne Haltung ein. Für alle, die nicht dem Aberglauben verfallen, dass man dies nur als Politiker der Mitte oder Linkspolitiker kann und darf, entsteht daraus kein Problem. Die Wohnungsfrage wollte Posa als das Wichtigste überhaupt behandelt wissen, was das Herz eines jeden Linken höherschlagen lassen musste! Aber nein, sie verschmähten ihn, weil er privates Kapital zur Lösung der Wohnungsfrage als Problem nutzen wollte, obwohl sein Konzept mit einem bemerkenswert ganzheitlich programmatischen Ansatz nahezu sozial-revolutionären Charakter trug. Das sollte aufhorchen lassen. Tat es - in seinem Naumburger Umfeld nicht, weil ein Ensemble von traditionellen Meinungsmachern aus SPD, KPD, Reichsbanner, sozialistischen Sportvereinen, Gewerkschaften und Kulturkartell am Werk, die die Bündnisfrage vorrangig in der Sphäre der Progression konstruierten, von der Aufgabe der Anpassung, Verfall und Erhaltung abtrennten und damit die Einheit des historischen Prozesses ideologisch zerstörten. Andernfalls wäre die Handlungsnot als zwingend erkannt. Hinzu kamen eine Reihe handfester sozial und ideologisch manifestierter Parteiinteressen, die das nicht zuliessen. Ihn wegen Passagen, etwa aus der Rede vom 14. Februar 1919 vor der Nationalversammlung, dass Urteil vom rückwärtsgewandten Politiker oder Gegner der Republik aufzuherrschen, wäre völlig falsch und extra-ungerecht. Nicht allen, nichtsdestoweniger wesentlichen Forderungen der Arbeiterbewegung trat er achtungs- und verständnisvoll gegenüber. Wohl führte er phasenweise einen energischen ideologischen Kampf gegen SPD, USPD, KPD. Niemals wollte oder würde er aber je den Streit mit ihnen vor den Toren von Zuchthäusern und Konzentrationslagern austragen. Er war einer der fairsten und anständigsten Gegner der Linken, den die deutsche Geschichte hervorbrachte. Demokratie nach Kassenlage, Notverordnungen, lehnte er ab! All das bleibt von der Progressions-Linken unreflektiert und unbeantwortet. Der Ball wird nicht zurückgespielt. Posadowsky`s demokratische Persönlichkeit ist nicht das Produkt der Revolution von 1918/19, obgleich sie darauf natürlich in verschiedenster Form Einfluss nimmt. Auch als kaiserlich Ministerieller zeigt er demokratische Neigungen und nimmt hierfür Schwierigkeiten und Ungemach auf sich, zum Beispiel, wenn er seine Aufgaben als Staatssekretär unter Einbeziehung des Parlaments und der Parteien lösen will. Wie ernst es ihm damit ist, beweist er in der Nachrevolutionszeit speziell auf dem außerordentlich schwierigen Feld der Geldpolitik. Nach seiner Überzeugung muss Angesichts von Kriegsgewinnlern, Getreidehalunken, Schuhwucherern, Nahrungsmittelfälschern, Kursjägern an der Börse, Schiebern und Schwarzschlachtern fällt es leicht vereinfachte Vorstellungen von Gerechtigkeiten fallen zulassen. nie aber die Idee, dass ein Staat immer nach Gerechtigkeit streben muss. Das war eine der staatpoltisch Überzeugung von Arthur Graf von Posadowsky-Wehner. Er steht damit in der modernen Tradition des Demokratie-Verständnisses, wie es Alexis de Tocqueville in Über die Demokratie in Amerika (1831,158) aufbrachte:
Gewiss traf er politische Entscheidung, etwa auf dem Gebiet der Zollpolitik, die hinsichtlich der Gerechtigkeit ambivalenten Charakter tragen. Das war so, und ist in der Klassengesellschaft unvermeidlich. Zugleich mühte er sich redlich, den Maßstab der Gerechtigkeit in den verschiedenen Feldern der Politik Anerkennug zu verschaffen: Darunter die Geldpolitik, die Gleichheit vor dem Gesetz (Rechtsstaat) und Sozialpolitik als Ausgleich von unternehmerisch und volkwirtschaftlich bedingter Einkommensunterschiede. Demokratie war für ihn nicht allein eine Lehre von den Institutionen (Parlament, Verfassungsgericht, Wahlrecht und so weiter), sondern setzte ebenso ein Repertoire an sozialen Verhaltensweisen, wie Offenheit, Wahrhaftigkeit, Achtung der Öffentlichkeit, voraus. Eine demokratische Großtat für Gerechtigkeit war seine konsequente Ablehnung der antisemtischen Hetze und Propaganda. Demokratie gedeiht seiner Überzeugung nach nur durch ein offenes, transparentes und freundliches Sozialverhalten, wo die politische Erziehung mittels Gewalt in den unterschiedlichsten und versteckten Existenzformen geächtet, das gesellschaftliche Leben bis in die Familien hinein frei von der Androhung oder Anwendung von Gewalt ist. So dachte er und er lebte vor. Ihm ist nicht nur ungeheuer wichtig, den Bürger vor der Unterdrückung durch die Regierung zu bewahren, sondern auch die Minderheit vor dem Terror der Mehrheit zu schützen. Letzteres sind Momente, die in der deutschen Demokratie-Theorie und Praxis oft eine untergeordnete Rolle spielen, sehr wohl aber aus der utilitaristischen Lehre des John Stuart Mill (Über die Freiheit, 1859) gut bekannt sind. Von Posadowsky liegen flüchtige Angaben über längere Aufenthalte in England vor .....
Unser
Erbe: Der Posadowsky-Codex. zurück Nur ganz wenige seiner Profession durchdrangen die Fragen der Zeit so tief und gründlich wie Graf Posadowsky. Sein Beitrag zum sozialen Fortschritt der Nation und zur Verbesserung der Lebensbedingungen der werktätigen Klasse leben über die Zeiten fort. Er verwarf die politische Idee, die Weimarer Republik rechtlich zu delegitimieren (Georg Schiele, Naumburg) und das Konzept vom Kapp-Putsch. Weitsichtig trat er als Abgeordneter des Preußischen Landtages für die Konstituierung und den Schutz des Verfassungsstaates ein. Das Bedürfnis des Bürgers nach Freiheit und persönlicher Sicherheit soll sich entfalten können, was durch die Innen- und Rechtspolitik adäquat begleitet werden muss. Von existentieller Bedeutung ist in diesem Kontext die Herausbildung eines demokratiewürdigen und von allen Bürgern gepflegten Rechtsbewusstseins.
verpflichtet, die Rechte des anderen zu achten, ihn nicht zu verletzen, stets um ein sachliches und gerechtes Urteil über Bürger, Zustände und Verhältnisse zu ringen, körperliche Selbstzucht und strenge Selbstbeschränkung zu üben, verlangt vom Citoyen ein selbstloses Staatsgefühl und hohes Rechtsbewusstseins auszubilden. (Siehe Rede 25.081924) Nah bei den Sorgen des Bürgers und seinen wirklichen Nöten, engagiert sich Posadowsky nach seinem 80. Geburtstag weiter für eine gerechte und volkswirtschaftlich vernünftige Geldpolitik. Ihm war nicht entgangen, dokumentiert die Rede vom 27. Februar 1929 vor dem Preußischen Landtag, dass keine Geldpolitik den Grundsatz von Treu und Glauben mehr schändete und damit das Vertrauen der Bürger in die Institutionen des Staates von Grund auf zerstören konnte als die Aufwertungsgesetzgebung. Was er auf diesem Gebiet der Geldpolitik hinsichtlich Aufklärung und parlamentarische Mitarbeit leistete, war außergewöhnlich. Die vernünftige Geld- und die Sozialpolitik als Kulturaufgabe, kann, nach allen Erfahrungen, Niederlagen und verheerenden ökonomischen Krisen, ein Schritt auf dem Weg zu einer historisch neuen Identität Deutschlands sein: der Sozialstaat auf Grundlage einer technisch-ökonomisch leistungsfähigen Volkswirtschaft. In ihm stehen die Bürger aller Klassen und Schichten gleichberechtigt und anerkannt unter der Herrschaft des Gesetzes eines liberal, humanen und auf gesetzlicher Grundlage tätigen Staates, der soziale Lebenschancen für alle sichert. Synchron dazu, auf dem konkreten historischen Niveau der Produktivkräfte, muss er immer wieder neu auf gerechte Verhältnisse im Arbeitsleben, Bildungs-, Schul- und Gesundheitssystem sowie in der Wohnungs- und Geldwirtschaft d r ä n g e n. Deutschland soll sich militärisch verteidigen können. Als erstes strich der Deutschland-Plan die Verordnung des Reichskanzler Bernhard von Bülow vom 14. November 1906 zur Therapie des Einkreisungs-Syndroms. Auf diese Weise könnte das Problem der
zwischen Ost und West, wo der "römischen Westen" die "germanische Welt" abtrennt, wie sie Thomas Mann 1918 in den "Betrachtungen" fixiert, in erstaunlicher kurzer Weise aufgelöst werden. Deutschland muss sich auf seine legitimen nationalen Interessen besinnen, ohne die anderen europäischen Staaten in ihren Sicherheitsbelangen zu ignorieren. Frankreich konnte so aus der ideologischen Fessel des Erbfeindes befreit werden und die "Vordertatze des russischen Bären" (Georg Schiele) verbliebe in der schönen Taiga und langte nicht nach Mitteleuropa. Ob die anstrengende Republik die Gefahren der wirtschaftlichen Konkurrenz zwischen den Staaten und -gruppen bannt, ist damit leider nicht entschieden. Die Bürger erwartet mit Posa´s Deutschland-Plan die
Sie verlangt von ihnen die Übernahme umfangreicher gesellschaftlicher Pflichten, vornan die unbedingte Achtung der Gesetze und der demokratisch erstimmten Verfassung. Doch die Einen - Welt- und Rassenpolitiker, Blitzkrieger, Sozialisten- und Kommunistenhasser - wollten dies nicht. Die Anderen würdigten die sozialen Fortschritte der 20er Jahre nicht angemessen, träumten von der klassenlosen Gesellschaft. Eine weitere große Gruppe, die Legalisten, pflegten weiter ihre Illusionen vom Wesen der politischen Macht. Übrig blieb der unpolitische Rest, denen sowieso alles Belanglos erschien. Dummerweise war es die große Mehrheit! So war die Chance, die Hitler-Bewegung niederzuwerfen, vertan. Unter Führung und Obhut von Arthur Graf von Posadowsky-Wehner hätte Deutschland nicht den Weg in die faschistische Diktatur gewählt und die Völker der Welt mit Krieg überzogen. Sein Herz schlug für Deutschland.
Quellen zurück
Abkürzungen im Text: BZ = Berliner Zeitung FZ = Frankfurter Zeitung GA = Grazer Abendblatt JV = Jenaer Volksblatt NBT = Naumburger Tageblatt LVZ = Leipziger Volkszeitung. Organ für die Interessen des gesamten werktätigen Volkes V&R = Arthur Graf von Posadowsky-Wehner: Volk und Regierung im neuen Reich, 1932 VS = Volksstimme. Sozialdemokratisches Organ für den Regierungsbezirk Magdeburg Vorwärts = Berliner Volksblatt. Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands
Akten der Reichskanzlei.
Weimarer Republik - Das Kabinett Bauer, Band 1, Dokumente, Nr. 71.
Bericht des Preußischen Staatskommissariats für die Überwachung
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Hofmann: Die Bielefelder Stadtverordneten. Ein Beitrag zu bürgerlicher
Selbstverwaltung und sozialem Wandel 1850 bis 1914, Matthiesen Verlag,
Januar 1962 und Becherer,
Ernst: Der Weg der Bielefelder NSDAP an die Macht 1924 - 1933 Dissertation
zur Erlangung des akademischen Grades Dr. phil. der Fakultät für
Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie der Universität
Bielefeld vorgelegt von: Ernst Becherer, Twellbachtal 82, 33619 Bielefeld.
Gutachter: Heinz-Gerhard Haupt, Universität Bielefeld. Fakultät
für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie, Abteilung
Geschichtswissenschaft, Sozialgeschichte. Juli 2007 Bülow, Fürst von: Rede im Reichstag. 128. Sitzung, 28. November 1906. Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages. XI. Legislaturperiode. II Session, 1905/06, Fünfter Band. Druck und Verlag der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Berlin 1906, Seite 395f. Bülow, Fürst
Bernhard von, Reichskanzler: Rede [Einkreisungs-Theorem]. Reichstagsprotokolle.
117. Sitzung, 14. November 1906. In: Stenographische Berichte über
die Verhandlungen des Reichstages. XI. Legislaturperiode. II. Session.
1905/1906, Fünfter Band. Von der 116. Sitzung am 13. November 1906
bis 140. (Schluss-) Sitzung am 13. Dezember 1906. Von Seite 3591 bis 4385.
Druck und Verlag der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Berlin
1906, Seite 3619 ff. Bülow, Bernhard von: Rede. 140 Sitzung. 13. Dezember 1906. In: "Vorwärts. Berliner Volksblatt. Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. 1. Beilage zum "Vorwärts" Berliner Volksblatt." Berlin, den 14. Dezember 1906 Crispien, Arthur: Kriegs- und Friedenspolitik. "Freiheit. Berliner Organ der Unabhängigen Sozialdemokratie Deutschlands". Berlin, den 21. Juni 1921 Das Aufwertungsgesetz. "Der Vorwärts. Berliner Volksblatt. Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands." Berlin, den 6. Juli 1925 Der Zolltarif und der Herr Möller. "Vorwärts. Berliner Volksblatt. Centralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands." Berlin, den 4. Januar 1902 Dreyer, Michael, Oliver Lembcke: Die deutsche Diskussion um die Kriegsschuldfrage 1918/19. Duncker & Humblot GmbH, Berlin 1993 Deutscher Reichstag. "Ostdeutsche Rundschau". Wien, den 30. Jänner 1894 Deutsche Vaterlandspartei. "Vorwärts. Berliner Volksblatt. Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands." Berlin, den 10. September 1917 Erzberger, Matthias: Rede. 9. Juli 1919. Nationalversammlung. In: "Vorwärts. Berliner Volksblatt. Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. 1. Beilage zum "Vorwärts" Berliner Volksblatt." Berlin, den 10. Juli 1919 [Finanzreform] Die deutsche Finanzreform. "Ostdeutsche Rundschau". Wien, den 26. Februar 1895 Fischer (Berlin), Abgeordneter: Rede. 1. Februar 1906, 33. Sitzung. In: Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages: XI. Legislaturperiode, II. Session. Erster Sessionsabschnitt vom 28. November 1905 bis 28. Mai 1906. Zweiter Band. Von der 32. Sitzung am 31. Januar 1906 bis zun58 Sitzung am 6. März 1906. Druck und Verlag der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags-Anstalt, Berlin 1906, Seite 955 bis 966 Fischer, Fritz: Griff nach der Weltmacht: Die Kriegszielpolitik des kaiserlichen Deutschlands 1914/18. Athenäum / Droste, Taschenbücher der Geschichte. 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Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands." Berlin, den 8. Februar 1913, Seite 2 Kanitz-Pondangen, Graf Hans Wilhelm Alexander von Graf: Rede. 36. Sitzung des Reichstages. 6. Februar 1906. In: Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages: XI. Legislaturperiode, II. Session. Erster Sessionsabschnitt vom 28. November 1905 bis 28. Mai 1906. Zweiter Band. Druck und Verlag der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags-Anstalt, Berlin 1906, Seite 1036 bis 1039 Kramer, Klaus Dieter: Freiherr. Ein Naumburger. NT. Naumburger Tageblatt. 3. Dezember 2014. https://www.naumburger-tageblatt.de/freiherr-ein-naumburger-366786 Kröben, Kreis. Preußischer Landkreis von 1793 und 1805 und von 1815 bis 1887. https://dewiki.de/Lexikon/Kreis_Kr%C3%B6ben#Einwohnerentwicklung Lenin, W. I.: Der
Kapitalismus in der Landwirtschaft. (Über das Buch von Kautsky und
einen Artikel des Herrn Bulgakow). [Geschrieben im April - Mai 1899. Veröffentlicht
im Januar und Februar 1900 in der Zeitschrift "Shisn"). In:
Lenin Werke. Band 4, 1898 - April 1901. Dietz Verlag, Berlin 1955, Seite
94 bis 150 Leopoldt, Adolf: Rote Chronik der Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg. Herausgeber SPD. Unterbezirk Zeitz-Weißenfels-Naumburg 1931 Liebe, Werner: Die Deutschnationale Volkspartei 1918-1924. Droste Verlag, Düsseldorf 1956 Marx, Karl: Die "Kölnische Zeitung" über die Wahlen. [Neue Rheinische Zeitung, Nr. 210, 1. Februar 1849.] In: Karl Marx / Friedrich Engels. Werke. Band 6, Dietz Vrlag Berlin 1961, Seite 214 bis 217, (Hervorhebung im Zitat vom Autor.) Marx, Karl: Zur Kritik der politischen Ökonomie. Vorwort. In: Karl Marx und Friedrich Engels. Werke, Band 13, Dietz Verlag, Berlin 1961, Seite 6 bis 11 Mehring, Franz: Posadowskys Osterfahrt. In: Die Neue Zeit. 20. Jahrgang, 2. Band. Nummer 2, 1901-1902, 9. April 1902, Seite 33 bis 36 Ministerieller Massensturz. "Volksstimme. Tageszeitung der Vereinigten Sozialdemokratischen Partei". Magdeburg, den 25. Juni 1907 [Miquel] Der preußische Finanzminister. Jenaer Volkszeitung. Jena, den 17. Juni 1893 Mommsen, Wolfgang J.: War der Kaiser an allem Schuld? Ullstein Taschenbuchverlag, Berlin 2005 Nationaldeutsche Juden. "Vorwärts. Berliner Volksblatt, Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei". Berlin, den 10. Dezember 1921 [Neuer Kurs] Zum Wahlkampf. "Vorwärts. Berliner Volksblatt, Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands". Berlin, den 3. Juni 1898 Der Neuhjahrstag. "Vorwärts. Berliner Volksblatt. Centralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands." Berlin, den 3. Januar 1894 Oertzen, Dietrich von: Von Wichern bis Posadowsky. Zur Geschichte der Sozialreform und der christlichen Arbeiterbewegung. Hamburg 1908 Ortsgruppe der Reichspartei für Volksrecht und Aufwertung. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 27. Oktober 1927 Die Ostjudenfrage. "Freiheit. Berliner Organ der Unabhängigen Sozialdemokratie Deutschlands", Berlin den, 1. Juli 1920 Reden und Vorträge
von Posadowsky-Wehner - zeitlich geordnet.
Parlament, wehre Dich! "Vorwärts. Berliner Volksblatt. Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands." Berlin, den 9. Juni 1928 Rathenau, Walter: Ein dunkler Tag. "Vossische Zeitung. Königliche privilegierte Berliner Zeitung von Staats- und Gelehrten Sachen." Berlin, den 7. Oktober 1918 (Ausgabe A) Der Reichshaushalt. Etat für 1894/95. "Vorwärts. Berliner Volksblatt. Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands". Berlin, den 17. November 1893, Seite 2 Reichskanzler, Der. Reichsamt des Inneren. Berlin, den 11. Dezember 1897. [Unterzeichnet] In Vertretung: Graf Posadowsky. In: "Vorwärts. Berliner Volksblatt. Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands". Berlin, den 15. Januar 1897, Seite 1 Reichstag. 140. Sitzung. Donnerstag, den 13. Dezember 1906. In: "Vorwärts. Berliner Volksblatt. Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Volksblatt 1. Beilage des Vorwärts Berliner Tageblatt." Freitag, den 14. Dezember 1906 [Reichstag.] Der Reichstag aufgelöst. Auf zum Wahlkampf! "Vorwärts. Berliner Volksblatt. Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands". Berlin, den 14. Dezember 1906 Richter, Eugen: Rede. 28. November 1893. 7. Sitzung des Reichstages. In: Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages. IX. Legislaturperiode. II. Session 1893/94. Erster Band. Von der Eröffnungssitzung am 16. November 1893 bis zur 32. Sitzung am 22. Januar 1894. Druck und Verlag der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags-Anstalt, Berlin 1894, Seite 126 bis 138 Richter, Eugen: Rede. 30. Januar 1894. 38. Sitzung des Reichstages. In: Parlamentsberichte. Deutscher Reichstag. "Vorwärts. 1. Beilage zum "Vorwärts" Berliner Volksblatt." Berlin, den 31. Januar 1894 Richter, Eugen: Rede. [Diskussion des Antrages Friedberg =von Kardorff = Lieber = Graf Mirbach betreffend die Veranstaltung einer internationalen Konferenz für die Währungsfrage] 16. Februar 1895. 39. Sitzung des Reichstages. In: Parlamentsberichte. Deutscher Reichstag. "Vorwärts. 1. Beilage zum "Vorwärts" Berliner Volksblatt." Berlin, den 17. Februar 1895 Richter, Eugen: Rede. 9. Sitzung des Reichstages. Montag, den 13. Dezember 1897. Fortsetzung der ersten Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend der Feststellung des Reichshaushaltsetats für das Rechnungsjahr 1898, nebst Anlagen, in Verbindung mit der ersten Beratung. Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages. In: Verhandlungen des Reichstags. IX. Legislaturperiode. V. Session. Erster Band. Von der Eröffnungssitzung am 30. November 1897 bis zur 30. Sitzung am 1. Februar 1898. Von Seite 1 bis 789. Druck und Verlag der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags-Anstalt, Berlin 1898, Seite 182 bis 193 Röhl, John C. G.: Der "Königsmechnismus" im Kaiserreich. In: Kaiser, Hof und Staat. Wilhelm II. und die deutsche Politik. Verlag C.H. Beck, Nödligen 1887, Seite 116 bis 140 Röhl, John C. G.: Die höhere Beamtenschaft im wilhelminischen Deutschland. In: Kaiser, Hof und Staat. Wilhelm II. und die deutsche Politik. Verlag C.H. Beck, Nödligen 1887, Seite 141 bis 161 Schemann, Ludwig: Wolfgang Kapp und das Märzunternehmen vom Jahre 1920. J. F. Lehmanns Verlag München, Berlin 1937 Schiele, Georg: Zur Polenfrage. In: Die Grenzboten. Zeitschrift für Politik, Literatur und Kunst. Jahrgang 56 (1897), Seite 7 bis 15 Schiele, Georg Wilhelm: Von einer neuen und anderen Sozialpolitik. In: Die Grenzboten. Zeitschrift für Politik, Literatur und Kunst. Jahrgang 72 (1913), Erstes Vierteljahr, Seite 304 bis 317 Schiele, Georg Wilhelm: Waffensieg und Wirtschaftskrieg. Verlag das Grosse Deutschland. Dresden 1918 Severing erledigt die Opposition. "Vorwärts. Berliner Volksblatt. Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands." Berlin den 15. Oktober 1925 Stoecker, Rede. 36. Sitzung des Reichstages. 12. Februar 1906. In: Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages: XI. Legislaturperiode, II. Session. Erster Sessionsabschnitt vom 28. November 1905 bis 28. Mai 1906. Zweiter Band. Von der 32 Sitzung am 31. Januar 1906 bis zun58 Sitzung am 6. März 1906. Druck und Verlag der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags-Anstalt, Berlin 1906, Seite 1211 bis 1215 Über Arthur Graf von Posadowsky-Wehner - zeitlich geordnet
Verboten - Verweigert - Abgelehnt. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels. Naumburg". Zeitz, den 26. Juli 1930 Voigt, Arno: Bilder vom Jagow-Prozess. "Die Weltbühne". 18. Jahrgang, 12. Januar 1922, Heft Nummer 2, Seite 31 ff. [V & R] Posadowsky-Wehner, Arthur Graf von: Volk und Regierung im neuen Reich. Aufsätze zur politischen Gegenwart von Dr. Arthur Graf Posadowsky-Wehner, Allgemeinem Stellvertreter des Reichskanzlers, Kaiserlicher Staatssekretär des Innern, Königl. Preuß. Staatsminister i. R. Mit Gedenkwort v. Staatssekretär Dr. A. Grieser, Berlin 1932 Weicker, Hans, Stadtjugendpfleger von Weissenfels: Der Mensch, sein Werden und sein Wirken. In: Hans Weicker und Emil Saupe: Karl Hemprich. Ein Leben im Dienste der Jugend. Verlag Friedrich Stollberg (Ernst Schnelle), Merseburg (Saale) 1927, Seite 5 bis 94 Politische Übersicht. Der Neuhjahrstag. "Vorwärts. Berliner Volksblatt. Centralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands." Berlin, den 3. Januar 1894 [Wilhelm II.] Reden des Kaisers. Ansprachen, Predigten, und Trinksprüche Wilhelms II. Herausgegeben von Ernst Johann. München 1966, Seite 55 bis 56 Wittko, Paul: Graf von Possadowsky. "Weser-Zeitung". Nummer 276, 2. Juni 1925 Wongrowitz, Kreis. Preußischer Landkreis von 1793 und 1919. Geschichte, Zahlen, Informationen. https://dewiki.de/Lexikon/Kreis_Wongrowitz#Einwohnerentwicklung Ziegler, Julia: Versuch der Rekonstruktion der Lebensgeschichte WK I - Kriegsgefallener des Naumburger Domgymnasiums. Universität Leipzig, Historisches Seminar, Abgabe: 10. Juli 2009, Erstkorrektor: Professor Dr. A. Kenkmann Weber, Max: Die Verhältnisse der Landarbeiter im ostelbischen Deutschland (Preußische Provinzen Ost- und Westpreußen, Pommern, Posen, Schlesien, Brandenburg, Großherzogtümer Mecklenburg, Kreis Herzogtum Lauenburg): Dargestellt auf Grund der vom Verein für Socialpolitik veranstalteten Erhebungen. Die Verhältnisse der Landarbeiter in Deutschland. Dritter Band. (Schriften des Vereins für Socialpolitik LV) Duncker & Humblot reprints 1892 Wirtschaftlicher Wochenbericht. "Vorwärts. Berliner Wochenblatt. Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands." Berlin, den 26. Februar 1905
Bunsen, Marie von: Zeitgenossen die ich erlebte. 1900-1930. Verlegt bei Koehler & Amelang GmbH, Leipzig1932 Heine, Heinrich: Die romantische Schule. Verlag Philipp Reclam jun., Leipzig 1985 Horkheimer, Max: Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente, Fischer Verlag, Frankfurt am Mai 1997 Mann, Thomas: Betrachtungen eines Unpolitischen. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt a. Main 2004 Tocqueville, Alexis de: Über die Demokratie in Amerika. Philipp Reclam, Stuttgart 1985. Es wurde besonders die Textstelle Seite 158 bis 159 genutzt. Jürgen Zimmerer, Joachim Zeller (Herausgeber): Völkermord in Deutsch-Südwestafrika. Der Kolonialkrieg 1904 - 1908 in Namibia und seine Folgen. Ch. Links Verlag, Berlin 2003 Zweig, Stefan: Opportunismus, der Weltfeind. In: Die schlaflose Welt. Aufsätze und Vorträge aus den Jahren 1909-1941. Fischer Taschenbuchverlag, Frankfurt am Main 1990, Seite 132 ff.
Grafiken, Gemälde Moses in der Wüste beschwört den Felsen um Wasser. Der Wahre Jacob. Nummer 175, Stuttgart 1893, Titelblatt Venus die Auftauchende. Der Wahre Jacob. Jahrgang 11. Nummer 213. Stuttgart, den 25. September 1894, Seite 1784 Großes Eröffnungs-Ballet. [Grand pas du Finanzreform]. Der Wahre Jacob. Jahrgang 11, Heft 218, Stuttgart, den 1. Dezember 1894, Titelblatt Klassengegensätze. Der Wahre Jacob. Nummer 19, Stuttgart 1894, Titelblatt Nachdem der Schäfer gefesselt, können die Schafe bequem geschoren werden. Der Wahre Jacob. Titelblatt. Stuttgart 1895, Nr. 221 Man werfe oben 12000 Mark hinein und ein fertiges Ausnahmegesetz gegen die Arbeiter fällt unten heraus. Der Wahre Jacob. Jahrgang 17, Heft 376, Stuttgart 1900, Seite 3395 Prügelknabe Posadowsky. Jugend. Nummer 9. München 18. Februar 1904 Das Kellerfest
des Hottentottenblocks. Der Wahre Jacob. Nummer 542, Metzel Suppe. Der Wahre Jacob. Jahrgang 24. Heft 548, Stuttgart, den 23. Juli 1907, Seite 5473 Posadowsky Hetze. Der Wahre Jacob. Jahrgang 24. Heft 540, Stuttgart, den 2. April 1907, Seite 5367 Arthur Graf von Posadowsky-Wehner (1845-1932). Nach einem Porträt von Fritz Amann (1878-1969) aus dem Jahr 1912
Quellen Anfang zurück |
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Autor:
Detlef Belau |
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