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Überblick zu den Ereignissen im März 1920
in Naumburg an der Saale

 

13. Januar
Verordnung des Reichspräsidenten auf Grund des Artikel 48 Abs. 2 der Reichsverfassung, betreffend die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Reichsgebiete mit Ausnahme von Bayern, Sachsen, Württemberg und Baden und der von ihnen umschlossenen Gebiete nötigen Maßnahmen.


9. März
Major Fr
eiherr von Seebach beim Appell zur Auflösung der Kadette Naumburg: "Die Kadetten sind entlassen."

 

13. März
Wolfgang Kapp putscht in der Reichshauptstadt Berlin.

"Lasse sich kein denkender Arbeiter, Angestellter und Beamter," heißt es im Aufruf " des ADGB und der AFA zum Kapp-Putsch am 13. März aus Berlin, "durch zweifelhafte Versprechungen der Putschregierung betören. Es gilt alle Kräfte des Volkes zum Widerstand zusammenzufassen."

Aufforderung der Reichszentrale für Einwohnerwehren an die Einwohnerwehren zur Unterstützung des Staatsstreichs, was zur Konfronation mit dem Aktionsausschuss führt.

Spontane Zusammenkünfte von politischen Gruppen in Naumburg.

Die Bezirksleitung der USPD in Halle ruft zum Generalstreik auf.

 

14. März, Sonntag
In Naumburg formiert sich die Bürgerwehr in Kooperation mit der Reichswehr.

15 Uhr: Kundgebung auf dem Kaiser-Friedrich-Platz (Heinrich-von-Stephan-Platz) Ansprachen von Vertretern von SPD und USPD

17 Uhr: Im Rathaus verhandelt eine Delegation der sozialistischen Parteien mit Oberbürgermeister Arthur Dietrich, Max Jüttner, Kreisrat für die Einwohnerwehren Naumburg Stadt und Naumburg Land und Eckartsberga, und dem Polizeiinspektor.



15. März, Montag
10 Uhr: Versammlung in der Reichskrone mit Vertretern der Gewerkschaften, USDP, SPD und KPD. Beschlüsse:

Wahl eines Aktions-Ausschusses, der sich im Goldenen Hahn“ stationiert.

Politischer Streik gegen die Kapp-Regierung in Berlin.

Der Aktions-Ausschuss stellt Oberbürgermeister Dietrich ein Ultimatum zur Entwaffnung der Einwohnerwehr (Bürgerwehr).

12 Uhr: Verhandlung einer Depuation der sozialistischen Parteien mit dem Oberbürgermeister im Rathaus über die Entwaffnung Einwohnerwehr. Er kann sich aber mit seiner Forderung nicht durchsetzen. Vereinbart wird der Eintritt von bis zu 50 Streikenden in die Einwohnerwehr bis spätestens 14 Uhr.

Gegen 13 Uhr: Demonstration auf dem Marktplatz. Walter Fieker (KPD) spricht vom Marktbrunnen zu den versammelten Bürgern. Anschließend redet Buchhändler Paul Heese (USPD), der wesentlich radikaler Auftritt, was den mit der SPD im Aktionsausschuss zu Kontroversen führt.

15 Uhr: Die Lage auf dem Markt spitzt sich zu. Bürger fordern die Besetzung des Rathauses. Die Lage bleibt aber friedlich.

Heftige Kämpfe im benachbarten Eulau.



16. März, Dienstag
Die Entwaffnung der Bürgerwehr durch den Aktionsausschuss gelingt nicht.

Die Reichswehrbrigade XVI unter Major Wiesner rückt über den Domplatz, die Linden- und Herrenstraße auf den Markt vor. Installierung eines Maschinengewehrs an der Ecke Marienstraße / Markt (Stadtplan). Schüsse in die Menge. "14 Bürger Naumburgs brachen in ihrem Blute zusammen" (Aktionsausschuss).

Funktionärskonferenz der Kapp-Gegner im Goldenen Hahn.
Der Aktionsausschuss beschließt die Bewaffnung der Arbeiter.
Mit der militärischen Leitung werden Walter Fieker und Paul Heese beauftragt.


17. März, Mittwoch
In Berlin ist der Kapp-Putsch gescheitert.

Naumburg. Die vom Aktionsausschuss geführten Bürger besorgen sich in den umliegenden Dörfern von Mitgliedern der Einwohnerwehr Waffen. Sie werden in einer Scheune in der Lehmgrube am Kalten Hügel und später im Fuchsbau (Schulstrasse) gelagert. Einige nehmen die Waffen mit nach Hause.

Der Oberbürgermeisters Arthur Dietrich und der Kreisrat Max Jüttner fürchten den Einmarsch von bewaffneten Arbeiterformationen aus Hohenmölsen, Mücheln und Osterfeld. Angedroht wird immer wieder die Befreiung der Politischen aus dem Gefängnis von Naumburg.

Der Naumburger Aktionsausschuss soll vom Weißenfelser Unterstützung angefordert haben. Eine Gruppe mit 30 Kämpfern kommt tatsächlich und nimmt mit einem Maschinengewehr am südöstlichen Stadtrand Stellung.



18. März, Donnerstag
Erklärung des Naumburger Aktionsausschusses

Der Wagen der Gemeinde Schlebroda, der Waffen für die Einwohnerwehr nach Naumburg bringen sollte, wird zwischen Nißmitz und Kleinjena angehalten. Die Waffen kommen ins Schützenhaus nach Freyburg (Unstrut) und dienen der Bewaffnung der Anti-Kapp-Putsch Formation.



19. März, Freitag
Gegen 10.00 Uhr trifft die Radfahrkompanie der Reichswehr aus Weimar ein.

Militärbefehlshaber Major Wiesner verhängt über Naumburg und Umgebung den Ausnahmezustand.

Kämpfe zwischen Reichswehr, Einwohnerwehr einerseits und den Anhängern des Aktions-Ausschusses andererseits. Verlauf der Kampflinie: Lehmgrube am Kalten Hügel, Seminarstraße, Michaelisstraße, Neuengüter, Oberlandesgericht und Moritzwiesen, Domplatz, Steinweg.

Überfall / Kampf auf beziehungsweise um die Tanne in Bad Kösen unter Beteiligung Gruppe Fieker. Neun Tote und 30 Verwundete. Etwa 26 Personen (Arbeiter) werden verhaftet.

Schwere Kämpfe in Halle

Reichswehrtruppen aus Weimar kehren zurück.

 

20. März, Samstag
8 Uhr abend Schienensprengung auf der Eisenbahnstrecke zwischen Freyburg (Unstrut) und Naumburg

 

Sonntag, 21. März
Weissenfels. Auf Anfrage des Reichswehrkommandos Naumburg erfolgt eine Verlegung der Sammelgruppe Halle der Sicherheitspolizei (Sipo) mit zweihundert Beamten von Weißenfels nach Naumburg. Unterwegs kommt es zu heftigen Kämpfen. Es gibt Tote und Verwundete. Ein Teil der Formation und der Nachhut musste sich nach Verschuss der Munition ergeben. Die Verlegung steht im Zusammenhang mit dem militrischen Schutz für das Gefängniss Naumburg. Die Behörden fürchten dessen Stürmung, nicht nur weil jetzt Kämpfer gegen Kapp dort eingesperrt sind. Seit dem Bergarbeiterstreik im März 1919 werden hier viele Zeitzer Bürger in Untersuchungshaft gehalten und warten auf ihren Landfriedensbruchprozess.

 

22. März, Montag
Versammlung in der Reichskrone. Aktions-Ausschuss beschliesst die Wiederaufnahme der Arbeit.

 

23. März, Dienstag
Beerdigung der Naumburger Opfer

Der Militärbefehlshaber von Feldmann, Oberst und stellvetretender Führer der Reichswehrbrigade XVI., ordnet die Abgabe der Waffen bis 6 Uhr nachmittags am 26. März 1920, an. Versammlungen sind verboten. Wer bewaffnet angetroffen wird, läuft Gefahr, erschossen zu werden.

 

24. März, Mittwoch
Beisetzung von Willibald Knoll und Walter Thieme aus der Einwohnerwehr auf dem Vorstädtischen beziehungsweise Neuen Friedhof.

Beendigung des Streiks in Naumburg

Freigabe der Gefangenen der Sicherheitspolizei vom 21. März aus der Kaserne in Merseburg

 

26. März
Abschluss einer Vereinbarung zwischen dem Oberbefehlshaber der Provinz Sachsen Reichskommissar Hörsing und Vertretern der Behörden, Garnison, Parteien und Gewerkschaften im Rathaus von Halle. Sie verfügt "die sofortige Auflösung der Zeitfreiwilligenverbände" und "Auflösung der Einwohnerwehr" und gilt für den gesamten Regierungsbezirk Merseburg (also einschliesslich Naumburg). Die Vereinbarung von Halle sichert den Kämpfern gegen den Kapp-Putsch Straffreiheit zu.29. März
Aufhebung der Bestimmungen zur Erweiterung des Ausnahmezustandes durch Militärbefehlshaber von Feldmann, Oberst und Führer der Reichswehrbrigade XVI.

Autor:
Detlef Belau


Geschrieben: April 2005. Aktualisiert: 21. November 2011

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