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"Die Naumburger klassenbewusste Arbeiterschaft stand von
jeher unter dem Terror der Reaktion. Seitdem aber die braunen
Mordhorden der Nazis die Avantgarde des Kapitalismus
geworden sind, hat die Naumburger Arbeiterschaft einen
Kampf zu bestehen wie selten die Arbeiterschaft an einem
anderen Orte."

Sturmbewegte Tage in Naumburg. Volksbote, Zeitz, den 13. Juli 1932

 

 

Die Arbeiterparteien und die Linken

Siehe auch: Bergarbeiterstreik 1919, Leuna-Aufstand, SPD, USPD, KPD, Konsum, Schützenhaus, Zur Linde, ArbeitersportOtto Wolf, Ernst Heinrich Bethge, Artur Samter, Max Bach, Widerstand der SAP, Generalversammlung des SPD Unterbezirks Zeitz-Weißenfels-Naumburg am 5. Februar 1933, Widerstand der Kommunisten 1  2, Konzentrationslager

Aus dem Inhalt:

RFB und Reichsbanner

Reichstagswahlen am 20. Mai 1928

Morddrohung

Demonstration gegen den Faschismus am 6. Juli 1932

 

Selbstständigkeit oder unter dem Diktat von Moskau?

Die Auswirkungen des Beitritts der USPD zur 3. Kommunistischen Internationalen erreichen auch die Linke und Arbeiterparteien in Naumburg. Sie provozieren neue, schwerwiegende Konflikte. "Dann kamen im Oktober die Auseinandersetzungen mit den Kommunisten", erzählt die Rote Chronik der Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg (277). Die USP. hatte sich in Halle gespalten; die Mehrzahl der Delegierten nahm die von Moskau befohlenen 21 Bedingungen an und trat damit zu den Kommunisten über. "Hart stritt man auf Versammlungen in den Städten und Dörfern, um das Für und Wider des Anschlusses. Ein Höhepunkt war die Kreismitgliederversammlung des USPD Unterbezirkes Naumburg-Weissenfels-Zeitz am 27. Juni 1920 in Zeitz. Die verabschiedete Resolution verpflichtete die nach Moskau reisende Delegation der USPD, alle Hindernisse zum Anschluss an die 3. Internationale zu überwinden. Der Delegierte Alfred Oelsner plädierte gar für einen "sofortigen Abschluss". Die Anwesenden wählten Albert Bergholz, Joseph Windau und Adolf Leopoldt in den Vorstand. Damit war der Klärungsprozess aber nicht abgeschlossen. Am 2. und 3. Oktober 1920 fand in Zeitz eine ausserordentliche Kreis (!) Generalversammlung statt. Genosse Düwel sprach für die Annahme der 21. Bedingungen, Genossin Toni Sender (Frankfurt am Mai) dagegen. Schließlich stimmten 73 Delegierte gegen die Annahme und 49 dafür. (Leopoldt 154f.)

Auf dem USPD-Parteitag vom 12. bis 17. Oktober 1920 im Volkspark von Halle (Saale) brachten Däumig-Stöcker den historisch Antrag ein, der Parteitag möge doch den 21. Moskauer Bedingungen zustimmen. Weder Sinowjew noch Crispien noch Däumig noch Hilferding, die man erwartet hatte, sprachen. Nur Theodor Liebknecht wagte ein Wort - und wurde niedergeschrien. Schließlich nehmen die Delegierten mit 236 gegen 156 Stimmen und 2 Enthaltungen den Antrag an. Albert Bergholz aus Zeitz stimmt mit "nein". Die Spaltung ist vollzogen. Nach der Abstimmung spricht Arthur Crispien (1875-1946), der im Sommer 1919 an den Verhandlungen in Moskau über den Beitritt der Partei zur Komintern und über einen Zusammenschluss mit der KPD teilgenommen hatte. Mit der Annahme des Antrags, so führt er aus, akzeptiert die Mehrheit die 21. Aufnahmebedingungen der Kommunistischen Internationale. Damit erklärt sich die USPD bereit der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), Sektion der 3. Kommunistischen Internationale, beizutreten. Daraufhin erhebt sich die ganze Rechte und stimmt brausende Hochrufe auf die USPD an. Unter dem Gesang der Arbeitermarseilles zieht sie dann aus dem Saal. Als der "Reiseapostel der bolschewistischen Weltrevolution" (Heinrich Ströbel 1920) am Samstagnachmittag (16.10.) hinter das Rednerpult tritt und die Anwesenden unter stürmischen Beifall mit Willkommen in der Dritten Internationalen begrüsst, hatten bereits viele Agenten der Bourgeoisie, wie er die Gegner der 21. Aufnahmebedingungen nannte, den Saal verlassen. Tags darauf veröffentlicht dazu die Volksstimme (Magdeburg) unter dem Titel Massenmörder Sinowjew einen ausführlichen Kommentar.

 

 

Auf dem Vereinigungsparteitag vom 4. bis 7. Dezember desselben Jahres schliessen sich die Ja-Sager der KPD an. Am 12. Dezember wählen die Delegierten des Bezirksparteitages der KPD in Halle eine neue Leitung. Die gesamte Bezirksleitung, Alfred Oelssner, Arthur Sämisch, Oskar Fiedler, Paul Bowitzky, Alfred Lemck, Mina Reichert, besteht aus ehemaligen USPD-Mitgliedern. Die Vereinigung kommt einer Bluttransfusion für die KPD gleich, stärkt die KPD-Ortsgruppe, führt in Naumburg zum Aufschwung der Partei.

Am 24. September 1922 erfolgt auf dem Parteitag in Nürnberg die Wiedervereinigung von USPD und SPD. Einige gehen nun zurück in die KPD, die meisten aber bleiben bei der SPD.

 

 

Nachrichten aus dem Gewerkschaftskartell Naumburg

Gewerkschaftssekretär Gottfried Rublack (1881-1962) ist bei den Nazis verhasst und befürwortet, obwohl er besonders Mitte der zwanziger Jahre heftigen politischen Angriffen seitens der KPD-Ortsgruppe ausgesetzt war, die Zusammenarbeit zwischen ihr und der SPD. Ab 1921 ist er Vorsitzender des Naumburger Gewerkschaftskartells. In dieser Organisation koordinieren seit 1. Mai 1895 die Holzarbeiter, Buchdrucker, Schneider, Schuhmacher, Fabrik- und Handarbeiter ihre Aktionen. 1897 schliessen sich die Müller, Porzellanmaler und Steinsetzer an. 1900 die Töpfer. Insgesamt sechzehn Gewerkschaften zählt Adolf Leopoldt (1931, 346) für das Jahr 1905. Zu Zeiten von Rublack ging es nicht allein um Lohnerhöhungen oder um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, sondern ebenso um die Fragen der Stadt- und Gesellschaftsentwicklung, wie die Vorbereitung und Durchführung der 1.-Mai-Feier oder die Demonstration mit Kranzniederlegung für die Gefallenen des Kapp-Putsch.

Am Sonntagabend, den 23. Januar 1923 treffen sich im Ratskeller von Naumburg die Mitglieder des Naumburger Gewerkschaftskartells. Auf der Tagesordnung der gut besuchten Versammlung steht die Ruhrkrise. Soviel ist klar, in das übliche rechtsnationale Getöse wollen sie nicht einstimmen. Im Unterschied zur den Deutschnationalen, der Freiheitspartei und dem Stahlhelm, die erneut ihr nationale Voreingenommenheit erkennen lassen, stellen die Linken regelmässig die Frage nach den Interessen der französischen und deutschen Großindustriellen. Sie fürchten eine Wiederholung von 1914/18. Doch sie haben, wie sie es deutlich sagen, vom Krieg die Schnauze voll.

 

 

 

SPD-Ortsgruppe Naumburg

Zeitraum 1923 bis 1933

Vorsitzender
Otto Grunert
Steinweg 14

Vorsitzender
Gottfried Rublack
(Stand Juli 1932)

Schriftführer
Grober
Gartenstraße 22

Kassierer
Hermann Keil
Kleine Georgengasse 1

Versammlungsort
Hotel zur Post

 

1921 konstituiert sich in Moskau die Rote Gewerkschafts-Internationale. Sie steht in Konkurrenz zum Amsterdamer Kongress des Internationalen Gewerkschaftsbundes (August 1919). Darüber kam es an der Gewerkschaftsbasis zu Auseinandersetzungen. Zum 6. Juli 1921 lädt die VKPD gemeinsam mit dem Gewerkschaftskartell alle Mitglieder und Sympathisanten zur Versammlung ein. Sie wird am 29. Juli fortgesetzt. Zehn Minuten nach acht Uhr abends begrüßt Franz Neubert (1878-1942) etwa 350 Personen, wie ein Polizist von der Ortspolizeibehörde protokolliert. Anderen Nachrichten zufolge sind es wesentlich mehr. August Undeutsch, als Referent aus Halle angekündigt, erscheint nicht. Dafür übernimmt Max Müller aus Stuttgart den einführenden Vortrag. Anschließend kommt es zu einer temperamentvollen Aussprache. Für die Amsterdamer Internationale sprechen sich Grunert, Winkler und Rublack aus. Für die Moskauer sind Franz Neubert, Hoffmann und Adolf Schuster. Rigoros fordert Neubert von der KPD die Entlarvung der Amsterdamer Internationale. Gottfried Rublack kommt hier als Rechtssozialist ins Gerede.

Viele Mitglieder des Gewerkschaftskartells Naumburg stehen wegen der Thesen von der Diktatur des Proletariats und der Weltrevolution der Moskauer oder Roten-Gewerkschafts-Internationale skeptisch gegenüber. Die der KPD nahestehenden Mitglieder stören sich an dem beabsichtigten Aufbau einer internationalen Sozialgesetzgebung, die in einem Internationalen Arbeitsamt institutionalisiert werden soll, wie es der Internationale Gewerkschaftsbund anstrebt, aber letztlich nicht zustande kommt. Die SPD-Genossen ziehen sich durch ihre leitende Mitarbeit im örtlichen Arbeitsamt den Unmut der KPD zu. Andererseits stößt speziell der Führungsanspruch der Roten Gewerkschafts-Internationale gegenüber den Nationalen Gewerkschaften auf Ablehnung. Viele Naumburger Gewerkschaftsmitglieder nehmen dies mit Unverständnis auf. Denn das stellt gewissermaßen ihre Mühen für einen gerechten Lohn, bessere Arbeitsbedingungen und politische Mitbestimmung, wie sie Adolf Leopoldt 1931 in der Roten Chronik der Kreise Zeitz, Weißenfels und Naumburg (1931) für diese Region so eindrucksvoll nachzeichnet, in Frage. Deshalb kam das Naumburger Gewerkschaftskartell gar nicht umhin, einen derart gekünstelten Führungsanspruch zurückzuweisen. Gegenüber der KPD ergeht der Vorwurf - namentlich an Walter Fieker (KPD) -, aufreibende "klassenkämpferische Phrasen" zu verwenden und "gewerkschaftliche Zerstörungsarbeit" zu leisten. Selbst der KPD-freundlich eingestellten Baugewerkschaft ging dieses Gezänk zu weit.

Wegen der unfruchtbaren Streitereien bleiben viele (Einzel-) Gewerkschaften (Buchdrucker, Gemeindearbeiter, Dachdecker) dem Orts-Kartell fern, wenn auch nicht für immer und ewig. Im September 1925 treten viele wieder ein. Prompt stehen erneut heftigste Auseinandersetzungen auf der Tagesordnung. Wieder steht Gottfried Rublack im Mittelpunkt der Angriffe. Geschäftemacherei wirft die Orts-KPD dem Gewerkschaftsführer vor. Umgehend tritt Rublack und der gesamte Vorstand zurück. Sogleich schreitet man wieder zur Neuwahl. Das Ergebnis spricht nicht für die KPD, weshalb Fieker sie als Zufallswahl abwertet. Der abgewählte, von der KPD gestellte Kassierer verzögert monatelang die Kassenübergabe, was die Stimmung nicht verbessert. Ein anderer Streitpunkt betrifft die geplante Versammlung mit einem "Rußlandabgeordneten", die ein KPD-Vertreter vorschlug. Die Zweifel gelten dem vorgeschalteten Adjektiv "sozialdemokratisch". Darüber ist der Gewerkschaftskartell-Vorstand sehr verärgert, so dass er es vorzieht Ende 1925 nicht mehr wie bisher üblich im Gasthaus Goldener Hahn (Am Salztor), sondern im Hotel Zur Post (Lindenring) zu tagen.

 

USPD-Ortsgruppe Naumburg

Vorsitzender:
Leopold Heinrich
Stellvertreter: Fischer
Schriftführer: Schwarz
Kassierer: [W.] Sörrensen [Weingarten 4].

Genannt werden auch:
Maurer Anton Schmitt als 1.Vorsitzender,
Max Zimmermann als 2. Vorsitzender,
Gastwirt Max Moritz und
Hugo Schwarz als Schriftführer.

 

Erst im März 1928 kommt es mit 22 Vertretern wieder zu einer ordentlich verlaufenden Gewerkschaftskartellsitzung. Noch hängen einige Sitzungsteilnehmer der Amsterdamer und andere der Moskauer Richtung an. Elf von ihnen orientieren sich an der KPD Richtung, wovon sechs als Mitläufer eingestuft werden. Es ist von einer "zerstörende (n) Betätigung der K.P.-Helden" als Opposition die Rede. Von der Opposition gab es erneut Angriffe auf Gottfried Rublack (SPD), den Vorsitzenden. Aber alle 22 anwesenden Vertreter sprechen ihm das Vertrauen aus und bescheinigen ihm eine korrekte Arbeitsweise. Die Konflikte müssen ernst gewesen sein. Denn man kann sich nicht auf die Durchführung der nächsten 1.-Mai-Feier einigen. Man hofft, dass die SPD-Ortsorganisation diese Aufgabe übernimmt. - Wenngleich hier lediglich die Aussagen vom Volksboten (Zeitz) zu Verfügung stehen, müssen diese ernst genommen werden. Immerhin attestiert das Gewerkschafts-Gremium der in Zeitz erscheinenden Zeitung ausdrücklich, dass diese ihre Berichte "in gewissenhafter Genauigkeit" (Sitzung 29.3.1928) abfasst.

In Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften und der SPD treten, wie etwa bei der Wahl von Karl Roloff zum ersten Bürgermeister am 24. Juli 1930 zu beobachten, bei der KPD immer wieder dogmatische und sektiererische Tendenzen hervor. Obwohl dessen Zuneigung zur NSDAP früh erkennbar, konnten sich die Genossen der Stadtratsfraktion nicht zur Ablehnung entschliessen. Der Formierung einer Abwehrfront gegen Hitler war dies nicht gerade dienlich.

Mit ihrer zentralistischen Organisationsweise erreicht die KPD enorme Anfangserfolge. Im Lauf der Zeit wird sie in unauflösbarer Verbindung mit stalinistisch imprägnierten Methoden zu einem unüberwindbaren Entwicklungshemmnis. Der Volksbote (Zeitz) bringt 1928 die Stalin-Methoden der Naumburger Ortsgruppe der KPD auf:

"In der K.P.D. herrscht Disziplin, Ruhe und Ordnung. Kusch dich, oder du fliegst ist die herrschende Parole. Was eine hohe Leitung beschließt, ist richtig, ihre Entscheidungen sind unfehlbar. Wehe dem, der aufzumucken wagt! Er wird rücksichtslos erledigt."

Abgesehen von der in Naumburg sozusagen naturgesetzlich gegebenen politischen Übermacht der Deutschnationalen, konnte sie mit diesem Image nicht die Sympathien der Mittelschicht gewinnen. Dabei verkündeten sie schon im Aufruf zu den Wahlen im Dezember 1924:

"Wir sind im besten Zuge, den entscheidenden Teil des Proletariats und die Sympathien der Mittelschichten zu gewinnen, die zur Machtübernahme erforderlich sind."

Von diesem Ziel war die KPD (Naumburg), trotz Persönlichkeiten wie Artur Samter und eines festen Stamms "einfacher" Genossen, die ihre kommunistische Überzeugung selbstlos, menschlich und vor allem bar aller Ambitionen auf Karriere lebten, immer weit entfernt.

 

 

Adolph Hoffmann in Naumburg (1921)

 

Franz Possögel

„Ich wurde am 23. November 1879 als fünftes Kind des Ziegeldeckers Friedrich Possögel in Naumburg geboren. Dort besuchte ich auch die Volksschule. Mein Onkel Franz Dennhardt war nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes zum Parteivorstand der Naumburger Sozialdemokraten gewählt worden. Schon als Zwölfjähriger trug ich die Parteizeitung und Flugblätter aus, was nicht leicht war. Auch in der Schule wurde ich deswegen angefeindet, denn Naumburg war damals eine sehr reaktionäre Stadt. Nach der Schulentlassung erlernte ich das Steinmetzhandwerk und trat am 1. Mai 1896 der Sozialdemokratischen Partei und der Gewerkschaft bei.“


(Possögel 1962)

 

Wieder einmal schikanieren Polizei und Behörden die Arbeiter, indem sie ein Konzert zum 1. Mai 1921 im Gasthof Zum Adler nebst Festrede von Adolph Hoffmann (1858-1930) verbieten. Genosse Louis Knauer (Jahrgang 1844) von der SPD Naumburg interveniert als Veranstalter telegraphisch beim Minister des Inneren. Am 1. Mai vormittags erhält er über den Landrat die Nachricht: Für eine Aufhebung des Verbots gibt es keine Veranlassung, weil der Wirt keinen Widerspruch eingelegt hat. Aber Knauer legt erneut Beschwerde ein, erhält jedoch keine Antwort mehr. Adolf Hoffmann fährt trotzdem nach Naumburg. Er begibt sich in den Adler und dort sein Abendbrot einnehmen. In seiner unmittelbaren Nähe sind ein Polizeikommissar und sechs Polizisten stationiert. Nach kurzer Zeit verhaften sie ihn und verbringen ihn in das Rathaus von Naumburg, wo er bis 11 Uhr nachts festgehalten wird. Dann muss er mit einem Güterzug nach Weissenfels weiterreisen. Dort kommt er frei und verbringt mit den Genossen einige vergnügten Stunden. "Naumburg war der einzige Ort im Bezirk", schliesst Adolf Leopoldt (161f.) seine Erzählung, "und vielleicht auch in ganz Deutschland, wo derartige Dinge passieren konnten."

 

1922

"Im Februar 1922 war der große Eisenbahnerstreik in dem die KPD führend war. Auch in Naumburg fanden große Arbeiterdemonstrationen statt, bei denen die Eisenbahner und Postler in Uniform demonstrierten. Mit Ausnahme von [Druckerei] Lippert, List und [Buchdruckerei] Sieling [Topfmarkt 7/8] streikten alle Betriebe in Naumburg." (Wallbaum 1950, 7)

Am 24. Juni 1922 ermordete in Berlin-Grunewald die militante Rechte Walter Rathenau. Dies löste in Naumburg bei der SPD und KPD sowie beim Gewerkschaftskartell Proteste. "Die sozialistischen Kundgebungen am gestrigen Nachmittag [den 4. Juli 1922] während der teilweisen Arbeitsruhe sind so viel uns bekannt, ohne irgendwelche Zwischenfälle verlaufen. Es erfolgte wieder ein Umzug fast ausschließlich mit roten Fahnen vom Bürgergarten durch das Stadtinnere, wobei Reden gehalten und Hochs auf die Republik ausgerufen wurden."

 

Pfingsttreffen 1924

Der Mai 1924 bringt neue Aufregung. Bei den Stadtverordnetenwahlen vom 4. Mai erhalten die Nationalsozialisten 1964 Stimmen. Zum ersten Mal sind sie mit vier Abgeordneten in der Stadtverordnetenversammlung vertreten. 23 bürgerlichen Abgeordneten stehen jetzt lediglich 7 sozialistisch-kommunistische Abgeordnete gegenüber. Auf dem Deutschen Tag in Halle am 11. Mai 1924 demonstrieren die restaurativen Kräfte ihre Feindschaft gegen Schwarz-Rot-Gold. Am 31. Mai beschliesst die KPD-Zentrale die Gründung des Rotfrontkämpferbundes.

Für den 8. Juni kündigt die kommunistische Arbeiterjugend ein Pfingsttreffen in Naumburg an.

 

Plakat

Bekanntmachung der Polizeiverwaltung Naumburg (Saale) vom 3. Juni 1924. Stadtarchiv Naumburg. (Bild digital bearbeitet, Inhalt unverändert.)

[Abschrift] Aufruf zum Pfingsttreffen 1924

"Revolutionäre Jugend! Proletariat!

Gewaltige Kämpfe stehen dem deutschen Proletariat bevor. Die Konterrevolution von Ludendorff bis Ebert triumphiert. Mit den brutalsten Mitteln schlägt man die Arbeiter nieder. Unsere Brüder verkommen in den Zuchthäusern der demokratischen Republik. Verrat in den eigenen Reihen, parlamentarische Scheinkämpfe haben die Reihen der Arbeiter geschwächt.

Vor fünf Jahren schlug man die bayerische Räterepublik nieder. Mordete Levine, Landauer und tausende der todesmutigen Kämpfer des Kommunismus. Ihre Opfer dürfen nicht umsonst sein. Inmitten der Konterrevolution, inmitten des Verrats und des Terrors muss kühn und gewaltig die Stimme der Revolution ertönen, die Arbeiter sammelnd zum letzten Kampf.

Die Kommunistische Arbeiter-Jugend ruft deshalb alle revolutionäre Kämpfer auf,

am Sonntag,
den 8. Juni 1924 (Pfingsten),

zum Kampftag der revolutionären Jugend nach Naumburg (Saale) zu einer Kundgebung für den Rätekommunismus, für den kompromisslosen Klassenkampf, für die proletarische Revolution zu kommen. All die alten Kämpfer von 1919, 1920 und 1921, die Kämpfer des mitteldeutschen Aufstandes müssen dort aufmarschieren. Die entschlossenen, zum Kampf bereiten Proletarier müssen zeigen, dass die Revolution trotz aller Verfolgungen wächst und siegen wird, trotz alledem.

Komm. Arbeiter-Jugend."

 

Als Chef der Ortspolizeiverwaltung Naumburg ordnet Bürgermeister Karl Roloff am 2. Juni 1924 an:

"Jede Kundgebung unter freien Himmel und jeder Umzug muss unter allen Umständen und mit aller Schärfe verhindert werden."

 

 

Arbeiter-Sport- und Kulturkartell Naumburg an der Saale e. V.

Die Ereignisse um die Gründung des Arbeiter-Sport- und Kulturkartells Naumburg an der Saale e. V. (ASKN) im August 1929 gewähren einen weiteren Einblick in das Verhältnis der beiden Arbeiterparteien der Stadt. Willy Wipprecht (Schulstraße 9) von der SPD äußert den Verdacht, dass es sich dabei "um eine Fortsetzung des seit Mai ds. Jahrs [1929] verbotenen R.F.B." handelt.

Diese Äußerung des Vorsitzenden des Arbeiter-Sport-Kartells Naumburg (ASN, Vorsitzender um 1927: Franz Schilling, Reußenplatz 4) findet sich in einer Stellungnahme der Ortspolizeibehörde vom November 1929. Die Brisanz dieser Mitteilung ergibt sich daraus, dass der RFB seit Mai 1929 verboten war.

Der Vorsitzende des ASN vertritt den Standpunkt, die Vereinszulassung verfolgt einen politischen Zweck. Deshalb muss die Ortspolizeibehörde gemäß BGB § 61 Einspruch gegen diese Eintragung als rechtmäßigen Verein einlegen. Wipprecht bittet am 29. September 1929 den Bürgermeister Roloff um Unterstützung. (Vgl. Wipprecht 29.9.1929) Vorausgegangen ist am 29. August eine Versammlung des ASKN. Hier wird eine Satzung beschlossen.

Walter Ronneburg (1904-1955)

Die Mehrheit der anwesenden 29 Teilnehmer spricht Willy Wipprecht das Misstrauen aus und suspendiert ihn als Vorsitzenden. Schriftführer ist Walter Ronneburg (KPD).

Am 2. Oktober 1929 schaltet sich der Bundesvorstand des Arbeiter-Turn- und Sportbundes" (Leipzig, Fichtestraße 36) in den Konflikt von ASN und ASKN ein. Er unterstützt Willy Wipprecht und weist darauf hin, dass es dem ASKN nicht gestattet werden kann, unter der alten Satzung weiter zu existieren. Das ASN hält am 5. Oktober 1929 eine Versammlung ab. Einziger Tagesordnungspunkt: die Eintragung in das Vereinsregister. Der Vorstand besteht aus Willy Wipprecht (Schulstraße 9) und Franz Schilling (Reußenplatz 4).

Die Ortspolizeibehörde bemerkt abschließend: "Die Möglichkeit, daß es sich um eine Fortsetzung [des RFB] handeln könnte, besteht, bewiesen ist sie aber noch nicht." (Bericht 7.11.1929) Sie reicht den Antrag weiter an das Amtsgericht. Es stellt sich heraus, dass das ASKN den Antrag auf Eintragung eines nichtrechtsfähigen Vereins stellen will. Dies ist nach Auffassung des Amtsgerichts unzulässig. Dann versiegen die Nachrichten zur Bildung des ASKN.

Aber 1931 existiert nachweislich ein Arbeitersport-Kultur-Kartell (Rote Arbeitersportzentrale). Der Volksbote (Zeitz) informiert darüber im April 1931:

"Neben dem schweren Kampf mit dem bürgerlichen Sport haben die Arbeitersportler aber auch noch einen Kampf mit den Arbeitersportspaltern zu führen. Hier betätigen sich in recht eifriger Weise die aus der kommunistischen Partei hinausgeworfenen Revoluzzer: der Schuster Keil und der Lagerhalter Fieker [Vorsitzender des Arbeiter-Sport-Kultur-Kartells]. Die beiden Helden, die in der Oeffentlichkeit eine Rolle zu spielen aufgehört haben, treiben nun in der Sportbewegung, wo sie noch einen Einfluß haben, ihr Unwesen. Selbst mit großen "Schreibebriefen" versuchen sie ihr Ziel zu erreichen. Da sie sich als Schädlinge der Arbeiterschaft entlarvt haben, finden sie selbst bei den jungen Sportlern so gut wie keinen Anklang, und bei den überzeugten Arbeitersportlern verursachen ihre Handlangerdienste nur ein mitleidiges Lächeln."

1933 verbieten die Nationalsozialisten das Arbeiter-Sportkartell Naumburg.

"In der Vereinsregistersache Arbeitersportkartell Naumburg a. S. erwidere ich auf das Schreiben vom 25.11.[1933] ergebenst, daß der genannte Verein aufgehört hat zu bestehen. Vereinsmitglieder sind nicht mehr vorhanden. Insbesondere dürfte sich nach Erlaß des polizeilichen Betätigungsverbotes niemand mehr finden, der geneigt sein würde, die Geschäfte des Vorstandes zu übernehmen", schreibt Bürgermeister Karl Roloff am 20. November 1933 an das Amtsgericht Naumburg. Auch der "Verein für Leibesübungen 1888" wird im November 1933 verboten.


 

Aus dem Statut
des
Arbeiter-Sport- und Kultur-Kartell Naumburg
an der Saale e. V.

§ 1
Das "Arbeiter-Sport- und Kultur-Kartell Naumburg an der Saale e. V." wird gebildet von den auf dem Boden des proletarischen Klassenkampfes stehenden Arbeiter-Sport- und Kulturvereinen Naumburg.

§ 2
Das "Arbeiter-Sport- und Kultur-Kartell Naumburg an der Saale e. V." hat die Aufgabe, die Ziele der Arbeiter-Sport und Kulturbewegung sowie der Jugendpflege zu verwirklichen. Das Kartell regelt alle ihm von den angeschlossenen Vereinen übertragenen Angelegenheiten und vertritt diese in der Öffentlichkeit vor den Behörden. Als Mittel zur Erreichung der Aufgaben gelten:
a) wirksame Agitation für das "Arbeiter-Sport- und Kulturkartell Naumburg an der Saale e. V." unter der werktätigen Bevölkerung,
b) gemeinsame Veranstaltungen, Vorträge, Versammlungen, Herausgabe von Werbeschriften usw.,
c) gegenseitige Unterstützung bei den Vereinsveranstaltungen und Unterbindung aller Auswüchse im Vereinsleben,
d) Austausch wichtiger Vereinsmaterialien.

§ 3
Jeder dem "Arbeiter-Sport- und Kulturkartell Naumburg an der Saale e. V.", angeschlossene Verein bis zu 50 Mitgliedern entsendet einen Stammdelegierten, bis 100 Mitglieder 2, und für jeden weiteren angefangenen 100 Mitglieder je 1 Delegierten mehr.

Das Statut tritt am 16. September 1929 in Kraft.

[Unterzeichner] 1. Vorsitzender: Robert Loth, Kassierer: Hans Bohring, Walter Fieker, Hermann Böttcher, Paul Lange, Erich Kaiser, Walter Wähnert, Paul Schellenberg

(Inhaltliche Wiedergabe. Kein Zitat! - Vgl. ASKN)

 

 

 

Rotfrontkämpferbund (RFB)  nach oben

Nach dem Krieg entstehen eine Vielzahl von Wehrverbänden.

Seit Dezember 1919 vereint der Magdeburger Unternehmer Franz Seldte im Stahlhelm oftmals traumatisierte Kriegsteilnehmer um sich. Im antirepublikanisch ausgerichteten Wehrverband herrscht der Geist des Schützengrabens und Kameradschaft. Er schwingt, worauf er sehr stolz, die Knüppel gegen die marxistischen Banden (Duesterberg 1931).

Artur Mahraun (1890-1950) gründet im März 1920 in Kassel den Jungdeutschen Orden.

Im Januar 1923 formiert sich um Fritz Kloppe (Halle) Der Wehrwolf - Bund deutscher Männer und Frontkrieger.

Als Nachfolgeorganisation der Marinebrigade Ehrhardt, die nach dem Kapp-Putsch aufgelöst wurde, und der Organisation Consul (OC) bildet sich Anfang Mai 1923 in München der Bund Wiking.

Seit 1923 organisiert sich in Naumburg der Frontbann, Vorläufer der Sturmabteilung (SA).

Am 22. Februar 1924 gründen SPD, Zentrum und DDP in Magdeburg unter Führung der SPD (Hörsing) das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold - Bund Deutscher Kriegsteilnehmer und Republikaner. "Mit dem Namenszusatz Bund der republikanischen Kriegsteilnehmer wurde all jenen Soldaten des Weltkrieges eine Heimstatt geboten, die - im Gegensatz zu den rechten Wehrbünden, allen voran der Stahlhelm - auf dem Boden der Weimarer Republik standen." (Herlemann 13)

Unter Leitung von Erich Elm (Naumburg, Gartenstraße 11), Vorsitzender des Naumburger Holzarbeiterverbandes, gründet sich die Schutzformation Schufe.

Auf Beschluss der KPD vom 31. Mai 1924 formiert sich im Sommer der Rote Frontkämpferbund (RFB). 1928 sind im Verband des Gaus Halle-Merseburg 8 000 Kameraden aktiv. Als Symbol wählte er die senkrecht hochgehaltene geballte Faust.

Der RFB-Kassierer vom Gau Halle-Merseburg Max Benkwitz, Zeitz, geboren 1889, berichtet 1971 (33) , dass der Kampfverband nicht nur Aufmärsche und Demonstrationen durchführte. Zu den Reichstagswahlen klebten die Kameraden Plakate, verkauften Broschüren, unterstützten aktiv politische Kampagnen, wie zum Beispiel gegen die Fürstenabfindung oder führten rote Landsonntage durch.

 

 

Karl Bauer (Jahrgang 1920) erinnert sich:

"Während dieser Zeit marschierte mein Vater im Stahlhelm mit. Wir Jungens kriegten uns wegen der verschiedenen Fahnen in die Haare, und es wurde gestichelt: "schwarz-weiß-rot: der kleine Mann ist tot", und: "schwarz-rot-Mostrich". Die Situation wurde für uns Kinder immer schlimmer. Wo der Vater fehlte oder wo er arbeitslos war, wurde in den Schulen für diese Kinder Quäkerspeise ausgegeben. Wir türmten wenn die Kommunisten oder das Reichsbanner mit den Martinshörnern anmarschierten. Sofort traf die Bereitschaftspolizei aus Weißenfels ein." (Bauer 2006)

 

In einem Rundschreiben vom 11. September 1925 an den Stahlhelm, das Reichsbanner, den Rotfrontkämpferbund, den Jungdeutschen Orden, den Wehrwolf und an die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei Deutschland macht die Polizeiverwaltung von Naumburg darauf aufmerksam, dass das in letzter Zeit beobachtete Mitführen von Stöcken in Demonstrationszügen und Aufmärschen untersagt ist.

 

 

Der Rotfrontkämpferbund Ortsgruppe Naumburg gründet sich am 11. August 1924 und gehört zu den ältesten Verbänden seiner Art in Deutschland. Paul Knobloch (1902-1978) führt ihn an. Der Maschinenbauer (Schlosser) gehört seit 1923 der KPD an. Vorsitzender der KPD-Ortsgruppe ist Max Kramer (Dompredigergasse 7).

Zum Gautreffen am 18. Oktober 1925 treffen in Naumburg 41 Ortsgruppen des Rotfrontkämpferbundes ein.

Lehmgrube aus Sicht der Richard-Lepsius-Straße und Gegenrichtung (2009)

"Der Rote Frontkämpferbund bat anlässlich des roten Frontkämpfertages am 18. Oktober [1925] um Anweisung eines Festplatzes und bekam daraufhin die Lehmgrube zur Verfügung gestellt. Weiter bat er um die Erlaubnis, Transparente mit entsprechenden Hinweisen in den Straßen und auf den Plätzen der Stadt aufstellen zu dürfen." Das lehnte der Magistrat ab. Daraufhin wollte der Rotfrontkämpferbund Girlanden mit der Inschrift:

"Rot Front! Nun erst recht Rot Front gegen Schwarz-weiß-rot und Schwarz-rot-gold für Purpurrot!"

anbringen. Auch das wurde abgelehnt. (Stadtverordnetensitzung 29. Oktober 1925)

Für die streng nationale Familie ist sowieso klar, man kann auch sagen "erwiesen", was Theodor Duesterberg (1875-1950) am 8. Oktober 1927 zur Stahlhelm-Führertagung des Landesverbandes Mitteldeutschland im Gesellschaftshaus Erholung (Luisenstrasse 1) ausführt:

"Der Rote Frontkämpferbund marschiert auf russischen Befehl mit russischem Gelde. Das Reichsbanner predigt offen Kriegsdienstverweigerung und Kriegsdienstsabotage, seine Führer und Mitarbeiter sind in einflußreichen Stellungen des jetzigen Staates. Die Pazifisten fordern den Abbau des Mutes und Anerkennung der Feigheit, unbedingte lebensbejahende Feigheit."

300 Kämpfer treten am 18. Oktober 1925 auf dem Markt an. Disziplin und Marschordnung finden selbst bei der Polizei Anerkennung. Genosse Fieker (Naumburg) begrüsst die Formation. Dann folgt die Ansprache von Richard Richter, Vorsitzender des RFB-Bezirkes Halle-Merseburg. Beide Redner fordern, um die Einheitsfront herzustellen, die zahlreich erschienenen Reichsbannerleute auf, dem RFB beizutreten. Dann Schritt man zur Weihe der Fahne.

Rotfrontkämpferbund Naumburg. Zum Beispiel: Dritter von links der "Zünder" (Franz Neubert)

Der Volksbote (Zeitz) zieht wenige Tage später in einer Nachbetrachtung Bilanz: "Sie [die sozialdemokratischen Arbeiter und Reichsbannerleute] werden daran denken," "dass die Gründung des Roten Frontkämpferbundes zu derselben Zeit erfolgte, als die republikanischen Arbeiter sich anschickten, dem immer frecher werden Auftreten des Stahlhelms und der sonstigen Vaterländischen Verbände durch die Gründung des Reichsbanners einen Damm entgegenzusetzen; dass die Kommunistische Partei also auch hier wieder ihren Arbeitsgenossen in den Rücken fiel. Selbstverständlich betrachten sie die Roten Frontkämpfer nicht als ihre Feinde: Sie sind aber der Meinung, dass ein wirksames Gegengewicht gegen den vaterländischen Rummel nur auf dem Boden einer machtvollen sozialdemokratischen Partei entstehen kann."

Der letzte Aufmarsch des RFB erfolgt zu Ehren der März-Gefallenen im Jahre 1928. Weil der preußische Innenminister Albert Grzesinski (1879-1947) weitere Zusammenstöße zwischen SA und RFB befürchtet, erlässt er am 21. März 1929 ein Demonstrationsverbot. Nach den bürgerkriegsähnlichen Auseindersetzungen am 1. Mai 1929 in Berlin verbietet er am 6. Mai 1929 in Preussen den RFB. Ziel dieses Verbots sei es, referiert Carl Severing (SPD) am 7. Mai 1929 im Reichstag, die Kommunisten zu isolieren. Tatsächlich habe der Kapitalismus Angst vor den Kommunisten, sagt Wilhelm Pieck (KPD) am 20. Oktober 1930 in seiner Rede vor dem Reichstag und fordert die Aufhebung des Verbots des Rotfrontkämpferbundes und die Einstellung der Zahlungen aus dem Young-Plan. In Naumburg gründet sich die Antifa aus. Ihre Mitglieder beteiligen sich an vielen regionalen Aktionen der Linken.

 

 

 

1926 Aktivitäten der Schutzpolizei in Naumburg

28. Februar: Absperrung während der Umzüge des Stahlhelms und Kriegervereine anlässlich des Reichstrauertages

14. März: Sicherung des Umzuges der Kommunistischen Partei anlässlich der Trauerfeier der Märzgefallenen

16. Juni: Sicherung eines Propagandaumzuges der Kommunistischen Partei und des Reichsbanners für den Volksentscheid über die Fürstenabfindung

Auszug aus: Kurzer Abriss über den Aufbau, die Tätigkeit und die Auflösung der Schutzpolizei.
Naumburg an der Saale 1926

 

 

 

Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold  nach oben

Das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold Ortsverband Naumburg führt am 26. Oktober 1924 die Fahnenweihe durch. Am Vorabend findet ein Fackelzug statt.

Vorsitzender ist der SPD-Stadtverordnete und Schriftsetzer Wilhelm Schwencke (*1888), Lindenhof 5. Er lebt seit 1910 in Naumburg und trat 1912 der SPD bei.

Ein Protagonist des Reichbanners war Schriftsetzer Karl Teller (*1888). Er lebt seit 1913 in Naumburg, war Mitglied im Aktionsausschuss zum Kapp-Putsch und arbeitete in der Druckerei Lippert. Im Sommer 1945 bemüht er sich um die Revitalisierung der SPD. Nach Gesprächen auf der sowjetischen Kommandantur wurde sie am 1. September 1945 offiziell zugelassen. SPD und KPD sollen sich wiedervereinigen, gibt der Kommandant als Direktive mit auf den Weg. In der Wohnung von Gottfried Rublack sprachen die Genossen ausführlich darüber. Zehn Genossen waren gegen die Vereinigung, aber die Mehrheit dafür, gibt Karl Teller 30 Jahre später in einer Aussprache mit Veteranen zu Protokoll.

Das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold Ortsverband Naumburg bewährte sich in vielen heiklen politischen Situationen, es kämpfte mit klassischen politischen Methoden und kleinen spontanen Aktionen gegen den Nationalsozialismus und Faschismus.

Für

Sonntag, den 19. Juli 1925,

organisiert es eine machtvolle republikanische Kundgebung. Am Abend zuvor formierten sich auf der Vogelwiese kleine, befreundete Abteilungen aus den Nachbarorten zu einem Fackelzug. Die Bevölkerung nahm daran lebhaften Anteil. Von der Vogelwiese zogen sie zum Markt. Hier sprach kurz und packend das SPD-Mitglied Carl Freiherr von Brandenstein (1875-1946). Danach begaben sich einige Kameraden in die Gaststätte des Hotels "Zur Post" (Lindenring 34). Andere installierten sich am Markt im "Ratskeller", wo der Vorsitzende Wilhelm Schwenke sie mit herzlichen Worten begrüsste. Wer wollte, der konnte am Sonntagmorgen an Stadtführungen teilnehmen. Gegen 11 Uhr spielte auf dem Markt eine Reichsbanner-Kapelle aus Zwickau zum Platzkonzert auf. Nachmittags 2 ½ Uhr trafen sich die zwei- bis dreitausend Mitglieder des Reichsbanners aus Naumburg und Umgebung auf dem alten Marktplatz. Im Wind flatterten freundlich zweiundfünfzig Schwarz-rot-goldene Fahnen. Die Kameraden aus Kahla und Eisenberg präsentierten stolz ihre republikanischen Embleme der 48-er Revolution. Fritz Drescher (1904-1982), 1945 Mitbegründer der SPD in Weißenfels, Carl Freiherr von Brandenstein und Dr. jur. Wolfgang Bärensprung (1893-1952), 1927-29 Landrat von Nordhausen und 1930 Polizeipräsident von Magdeburg, nahmen die Bannerweihe vor. Vorzüglich war die Beteiligung, Disziplin und das Engagement der Kameraden. Bald herrschte auf dem Festplatz noch ein stundenlanges lustiges Treiben.

Die Nationalsozialisten störten und sabotierten die Reichsbannerfeier. Um ihre Abneigung gegenüber der Republik und der Sozialdemokratie zum Ausdruck zu bringen, provizierten und verursachten sie vierzehn unfreundliche Ereignisse.

Das Reichsbanner leiten die moralischen Werte der Kameradschaftlichkeit, Solidarität und republikanischen Gesinnung (§ 3 der Bundessatzung). Es will eine Volksbewegung werden. Die Parole lautet:

"Frieden im Inneren! Frieden nach Außen!" (Hörsing 1929, 191, 187)

Ernst Thälmann fordert in Fünf Jahre Roter Frontkämpferbund, "daß der RFB [Rotfrontkämpferbund]

seinen Kampf gegen
das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold

als eine der wichtigsten, ja, der ausschlaggebenden Schutztruppe der Bourgeoisie bei ihren Kriegsplänen wie ihren faschistischen Diktatur umtrieben" verschärft. Weiter schreibt der Vorsitzende der KPD: "Als der Rote Frontkämpferbund gegründet wurde, war er in erster Linie eine Schutz- und Wehrorganisation des Proletariats gegen den Faschismus, gegen Stahlhelmbanditen und Hitlergarden. Heute hat sich der Aufgabenkreis des RFB gewaltig erweitert. Einmal ist im Zusammenhang mit der allgemeinen Rechtsentwicklung der SPD und des Reformismus das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold zu einer

Stütze des Faschismus und Imperialismus

 

Reichsbanner Naumburg

Vorsitzender
Hermann Hoffmann
Neuer Steinweg 19

Wilhelm Schwencke
Lindenhof 3

Kassierer
Otto Naumann
Große Fisch Str. 9/10

Versammlungsort
Hotel zur Post

geworden. Hörsing und Höltermann sowie der ehemalige Faschistenmajor und heutige Reichsbanner- und SPD-Führer Mayr haben sich und die von ihnen geführte Organisation völlig in den Dienst der imperialistischen Aufrüstung, des militaristischen Wehrgedankens und der ideologischen Erziehung der Arbeitermassen für den imperialistischen Krieg gestellt."

Der KPD-Führer konzentriert sich auf Höltermann und Genossen und fällt ein generalisiertes Urteil über das Reichsbanner. Vorausgesetzt er hatte einen Überblick über die Tätigkeit seiner Ortsgruppen, wäre es ihm ein Leichtes gewesen, dies differenzierter und genauer darzustellen.

Obwohl Karl-Heinz Leidigkeit und Jürgen Hermann 1979 (203, 420) über detaillierte Informationen zur Tätigkeit des Reichsbanners in der Region Halle-Merseburg verfügen, übernehmen sie in der Schrift Auf leninistischem Kurs - Geschichte der KPD-Bezirksorganisation Halle-Merseburg bis 1933 das Urteil von Thälmann. Sie wissen von der SPD-Versammlung am 6. Juli 1932 mit Reichstagspräsident Paul Löbe im Volkspark von Halle, verschweigen aber, dass das Reichsbanner den Überfall von 250-SA-Leuten in einer Saalschlacht abwehrte. Diese politische Épistémologie überrascht nicht, wie Lisa Abendroth und Wolfgang Abendroth 1981 (18) analysieren. Es war einfach so, "dass jede Partei und jede Zwischengruppe ihre eigenen Fehler verhüllte und die Leistungen der Gegenpartei im Widerstandskampf verschwieg oder zu schmälern versuchte …." In der Periode des Hochstalinismus wie des Neostalinismus zu Beginn der fünfziger Jahre war das eine weit verbreitete Tendenz in der SED-Literatur; "aber sie findet sich in der SPD Literatur nicht minder und repetiert sich auch heute noch gelegentlich selbst .…"

Spielmannszug, Reichsbanner Naumburg
- etwa 1928

Aus regionaler Perspektive betrachtet, irrte der KPD-Vorsitzende in der Reichsbanner-Frage gewaltig. Denn RFB (dann Antifa) und Reichsbanner arbeiten in Naumburg zusammen. KPD-Mitglieder ordnen sich nach dem Verbot des RFB bei (ausgewählten?) Aktionen des Reichsbanners diszipliniert ein.

Im Schützenhaus von Freyburg an der Unstrut wehren sie am 10. April 1930 die unsägliche Provokation und den Angriff des ehemaligen NSDAP-Gauleiters Paul Hinkler mit seinen Anhängern auf die SPD Versammlung ab.

Am 15. Dezember 1930 verteidigen sie sich im Gasthof zu Linde gegen den Angriff der SA und die NSDAP-Mannen.

Zur NSDAP-Erwerbslosenversammlung am 27. Juni 1932 erscheinen die Mitglieder des Reichsbanners der SPD und KPD, um es der Halleschen Dreckschleuder Heinrich Bachmann von der NSDAP schwer zu machen, seine Lügen zu verbreiten.

Wahlplakat Heran an den Staat! Wählt Sozialdemokraten! zur
Reichstagswahl am 20. Mai 1928

Gut vorbereitet und eindrucksvoll demonstriert das Reichsbanner Naumburg am 6. Juli 1932 gegen den Abbau der Demokratie und den Faschismus. Wieder sind die Mitlgieder der KPD dabei.

In Kooperation mit anderen Linken Gruppen wehren sie am 8. Juli 1932 den Nazi-Sturm Angriff auf den Spechart -Konsum ab. Die gewonnenen Erkenntnisse zur politischen Tätigkeit des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold Ortsverband Naumburg erhärten, was Beatrix Herlemann aus Anlass der Ausstellungseröffnung

Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold 1999

würdigte:

"Das Reichsbanner hat unendlich viel geleistet für die Verankerung des republikanischen und demokratischen Gedankens in den breiten Massen, und es hat für die Anerkennung der Republikfahne Schwarz-Rot-Gold gegen das kaiserliche Schwarz-Weiss-Rot gesorgt."

Wenn es denn aber so war, dann erhebt sich die Frage, warum es im Frühjahr 1933 nicht zum Widerstand gegen Hitler mobilisierte. Das ist schwer zu beantworten, weil die Zeitgenossen darüber nicht gerne sprechen. Es hat den Anschein, dass die Sozialdemokraten durch die Tolerierung der Brüningschen-Sparpolitik den Kontakt zu den Massen verloren und sich von der Niederlage beim Papen-Putsch (1932) nicht mehr erholten.

Nach dem 30. Januar 1933 sind die Mitglieder des Reichsbanners das Ziel von Drohungen und Unterdrückung.

 

 

Die Reichstagswahlen am 20. Mai 1928  nach oben

Vier große politische Gruppen ringen in der Weimarer Republik um die Macht. Erstens die Arbeiterbewegung mit ihren verschiedenen Strömungen und Parteien. Zweitens das Bürgertum um das katholische Zentrum. Drittens die Konservativen mit der Deutschnationalen Volkspartei. Viertens die Nationalsozialisten.

 


Bei dern Blockbrüdern raucht der Kopf!

 

Wie schon Wilhelm Busch so schön sagte: "Hier sieht man ihre Trümmer rauchen ..."

Der Wahre Jacob. Illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung. Nummer 8, Berlin, den 14. April 1928. Zeichnung von Jacobus Bessen.

 

 

Am 20. Mai 1928 entscheiden 62,4 Millionen Wahlberechtigte mit ihrer Stimme erneut über die Zusammensetzung des Reichstages. Die SPD-Ortsgruppe ist gut vorbereitet. Zusammen mit den Gewerkschaften, dem Reichsbanner, der Frauengruppe und der SAJ organisierte sie zwei Tage vor der Wahl eine Kundgebung auf dem Marktplatz mit den Rednern Paul Franken (1894-1944), Mitglied des Preußischen Landtages, und Eugen Wallbaum (Naumburg). Am Tag vor der Wahl finden weitere Versammlungen in Wethau und Altenburg (Naumburg) statt.

Am Wahltag erhält die SPD 29,8 Prozent (plus 3,8 Prozent) und ist damit klarer Sieger der Wahl. Zusammen mit dem Zentrum sowie der DDP, DVP und BVP bildet sie eine Große Koalition unter Reichskanzler Hermann Müller (1876-1931), die am 27. März 1930 im Streit um die Arbeitslosenversicherung zerbricht.

 

 


Versammlungsteilnehmer in Vorbereitung
der Reichstagswahlen im Mai 1928 in Naumburg (Saale)


2. Mai
Schützenhaus
Rentenempfänger
60 Personen
2. Mai
Ratskeller
Deutsche Volkspartei

80 Personen

4. Mai
Schützenhaus
Demokratische Partei

100 Personen

4. Mai
Zur Post
Volksrechtspartei

40 Personen

8. Mai
Schützenhaus
Völkischer Block

150 Personen

10. Mai
Ratskeller
Deutsche Volkspartei

80 Personen

11. Mai
Ratskeller
Deutschnationale Volkspartei

50 Personen

11. Mai
zur Post
Volksrechtspartei

200 Personen

12. Mai
Schützenhaus
Aufwertungspartei

50 Personen

13. Mai
Schützenhaus
Demokratische Partei

300 Personen

14. Mai
Ratskeller
Wirtschaftspartei

350 Personen

15. Mai
Ratskeller
Deutsche Volkspartei

250 Personen

16. Mai
Ratskeller
Sozialdemokratische Partei

400 Personen

17. Mai
Ratskeller
Demokratische Partei

450 Personen

18. Mai
Ratskeller
Kommunistische Partei

400 Personen

19. Mai
Ratskeller
Deutschnationale Partei

450 Personen

 

Angaben nach Hauptakten der Polizeiverwaltung Naumburg, Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung, Angefangen: 1919, Geschlossen: 1939, Stadtarchiv Naumburg, Signatur 8356


 

Die Deutsche Volkspartei und rechten Sozialdemokraten wollen die Leistungen senken und so eine Erhöhung der Beiträge von Arbeitern und Unternehmern zur Arbeitslosenversicherung vermeiden. Der linke SPD-Flügel strebt hingegen eine Beitragserhöhung an, um die Leistungen zu erhalten. Immerhin steht die Loyalität gegenüber der Arbeiterschaft auf dem Spiel.

Reichspräsident Hindenburg ernennt, nachdem die vorgezogenen Wahlen von 1930 keine demokratische Mehrheit brachten, den Zentrumspolitiker Heinrich Brüning zum Reichskanzler. Mit ihm beginnt die Zeit der Notverordnungen.

 


Wahlen zum Deutschen Reichstag
und Preußischen Landtag am 20. Mai 1928
Stadt Naumburg

 
Reichstagswahl
Landtagswahl
 
Reich
Naumburg Stadt / Nmb. Land
Naumburg
 
Prozent
Stimmen
Prozent
Stimmen
Prozent
Prozent
Stimmen

DNVP

14,2
4747
27,9
3418
45,2
28,2
4677

SPD

29,8
3225
19,0
1178
15,6
19,0
3150

WP

[4,5]
2557
15,0
552
7,3
15,2
2523

KPD

10,6
1946
11,5
804
10,6
11,7
1939

NSDAP

2,6
1054
6,2
534
7,0
6,3
1038

VnB

 
137
0,8
0,2
29

Zentrum

12,1
213
1,3
28
0,4
1,3
210

DVP

8,7
1792
10,5
677
9,0
10,5
1743

VR

 
493
2,9
156
2,1
2,9
482

BVP

3,1
   
   

DDP

4,9
829
4,9
212
2,8
4,9
807

USPD

0,1
   
   

Sonstige

13,9
   
   
 
100
16993
100
100
100
16598


BVP - Bayerische Volkspartei
DDP - Deutsche Demokratische Partei
DNVP - Deutschnationale Volkspartei
DVP - Deutsche Volkspartei
NSDAP - Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
KPD - Kommunistische Partei Deutschlands
SPD - Sozialdemokratische Partei Deutschlands
USPD - Unabhängige Sozialdemokratische Partei
VR - Volksrechtspartei
VnB - Völkisch-nationaler Block
WP - Wirtschaftspartei
Zentrum - Deutsche Zentrumspartei (Vertreter des politischen Katholizismus)

 

 

In Naumburg erhält die SPD mit 19 Prozent der Stimmen weit weniger Zustimmung als im Reich. An der Rivalität mit der KPD kann es kaum gelegen haben, denn sie besteht anderswo auch. Am Parteipersonal liegt es ebenfalls nicht. Hier wirken kreative und engagierte Sozialdemokraten, zum Beispiel Otto Grunert, Eugen Wallbaum, Wilhelm Schwencke oder Gottfried Rublack. Vielmehr ist es Ausdruck der grundsätzlichen politischen Interessenkonstellation in der Stadt. Bei den Stadtverordnetenwahlen am 4. Mai 1924 veränderte sich das Verhältnis der Bürgerlichen zu denen der Arbeiterparteien von 21:12 zu 23:7.

Etwa vier Wochen vor den Wahlen zieht die Deutschnationale Volkspartei erneut den Trennungsstrich zu den Sozialisten. Sie wirft ihnen vor, nur das Glück des Ichs zu erstreben, wo hingegen die Deutschnationalen das Wohl des Volkes und des Staates ihr oberstes Ziel nennt. Zwar bringt die Reichstagswahl 1928 für die DNVP eine herbe Niederlage (14,2 Prozent). Im Vergleich zu 1924 verliert sie 6,5 Prozent ihrer Wählerstimmen. In der Burgstraße 8, im Ortsparteibüro, ist der Jubel trotzdem gross, wählten doch immerhin 28 Prozent der stimmabgebenden Bürger die DNVP.

Erstmals tritt landesweit die NSDAP mit einer eigenen Liste an. Wahlpolitisch spielt sie (noch) keine herausragende Rolle (2,6 Prozent). Immerhin erreicht sie aber in Naumburg 6,3 Prozent, eine mehr als doppelt so hohe Zustimmung wie im Republikdurchschnitt. Andererseits verschlechterte sie ihr Ergebnis im Vergleich zu den Reichstagwahlen vom 4. Mai 1924 und 7. Dezember 1924, wo sie 27,5 Prozent beziehungsweise 10,8 Prozent erreichte. Obwohl die Nationalsozialisten ihr Ergebnis verschlechterten, bedeutet das Wahlergebnis keinen Triumph der republikanischen Idee, denn ihre Stimmen lagern vorübergehend noch bei der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP).

Mit 15 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen erzielt die Wirtschaftspartei (oder Mittelstandspartei) ein bemerkenswert hohes Ergebnis.

Eine gewisse Rolle beim Wahlverhalten spielt die konfessionelle Struktur der Stadt, was am Ergebnis der Zentrums-Partei abzulesen ist: Reichstag 1,3 Prozent, Naumburg Stadt 0,4 Prozent, Landtag Naumburg Stadt: 1,3 Prozent.

Insgesamt ist das Wahlergebnis der Stadt Ausdruck des antirepublikanischen Klimas. Die bürgerlichen Parteien mit dem Zentrum (Konstantin Fehrenbach, Joseph Wirth, Wilhelm Marx, Heinrich Brüning), der DVP (Rudolf Heinze, Johann Becker, Gustav Stresemann, Julius Curtius), der DDP (Friedrich Naumann, Walter Rathenau - ermordet am 24.6.1922, Theodor Heuss, Ludwig Quidde, Hellmut von Gerlach) und der BVP (Heinrich Held, Karl Stingl, Georg Schätzel) mussten durchweg Verluste hinnehmen.

Die DDP geht gar den Weg in die Bedeutungslosigkeit. Zentrumspartei (Hans Urlaub, Moritzplatz 8), Deutsche Volkspartei (Landgerichtsrat Lohmeyer, Jenaer Str. 6b) und Deutsche Demokratische Partei (Schulrat Bonitz, Jägerplatz 38 und Doktor Röhl, Grochlitzer Str. 38) verlieren, wie an den Wahlergebnissen ablesbar, in Naumburg ebenfalls an politischem Einfluss.

 

Die von Gustav Winter in Grossjena bei Naumburg herausgegebene Wochenschrift Wahrheit und Recht berichtet in der Ausgabe vom 22. Februar 1929: "Mit Müh und Not entlieh sich zu den Maiwahlen die Kommunistische Partei von der Konkursverwaltung [der Devoli = Deutsche Volkslichtspiele, Naumburg) ganze zehn Automobile und betrieb damit eine Aufsehen erregende Wahlkampagne, auf die ein grosser Teil des Erfolges der Kommunisten zurückzuführen ist." In Naumburg entfallen auf sie 11,9 Prozent der abgegebenen Stimmen. Damit liegt sie etwas über dem Reichsdurchschnitt von 10,6 Prozent. Im Ergebnis widerspiegelt sich ihre kommunalpolitische Arbeit, die Hinwendung zu den Unterprivilegierten und breit angelegten Initiativen im Bereich Sport und Kultur. Eine langfristige und kontinuierliche Steigerung ihres Stimmenanteils bei Wahlen zum Reichs- und Landtag erscheint aus verschiedenen Gründen undenkbar. Ihre Einschätzung fiel dazu gelegentlich völlig anders aus.

 

 

"Der Schuft!"

Das hiesige Amtsgericht verurteilt am 17. Mai 1929 Adolf Schuster (*6. April 1902) aus Almrich wegen Beleidigung des Stadtsekretär Bächler während einer Kinovorstellung in Knörrichs-Garten am 24. März 1928 zu einer Geldstrafe von 300 Reichsmark. Außerdem trifft ihn eine Geldstrafe wegen Beleidigung von Oberbürgermeister Dietrich in Höhe von 200 Reichsmark.

Es war am 25. März 1928. Die KPD rief zur Ehrung für die im Kampf gegen den Kapp-Putsch Gefallenen auf dem Friedhof an der Weissenfelser Strasse auf. Nach der Kranzniederlegung marschieren die Teilnehmer gemeinsam zum Marktplatz. Johannes Schröter (*23.9.1996) aus Halle, Mitglied des Zentralkomitees der KPD, hält vor den 4000 bis 5000 Demonstranten eine kurze Rede. Er geht dabei auf die Ereignisse im März 1920 ein und betrachtet die Rolle von Oberbürgermeister Arthur Dietrich. Als dessen Name fiel, entfuhr Adolf Schuster (KPD) laut hörbar:

"Der Schuft!"

Der Betroffene klagt vor Gericht. Bei der Anhörung von zwei Polizeibeamten, einem sachverständigen Ohrenarzt und weiterer Zeugen kommt es hierüber zu langwierigen Erörterungen. Ganz nahe bei Adolf Schuster steht Walter Fieker (KPD Naumburg). Natürlich hörte der, wie der Richter freiwillig schnell beigibt, nichts. Der Angeklagte kommt am 25. November 1929 in der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Naumburg auf den kindischen Einfall zu behaupten, er habe dies ausgerufen, weil ihn, wie er da in der Menge vor dem Rathaus stand, jemand auf den Schuh getreten war. Leichterdings drückt Staatsanwalt Kessler dieser Aussage den Stempel Unwahr auf.

Aber zwischen dem Vorfall am 25. März und der Anzeige vergingen nach Adolf Schuster elf Monate. Das mutet merkwürdig an, sagt er. Noch dazu wurde ihm vor dem Amtsgericht Naumburg das Wort zu seiner Verteidigung abgeschnitten. Er und der Staatsanwalt legen gegen das Urteil vom 17. Mai 1929 Berufung ein. Interessant daran ist, dass der Prozeß sich in den Passfälscher-Skandal einordnet.

 

 

Panzerkreuzerbau,
Kinderspeisung und Gründung der SAP

Für die SPD lief es etwas besser. Bei den letzten Reichstagswahlen am 20. Mai 1928 erhielt sie 29,8 Prozent aller Stimmen, das waren 1,3 Millionen mehr als 1924. Für die Naumburger Genossen ist es eine Periode offensiver und kreativer Parteiarbeit, mit Fahrradkorsos übers Land, Rednerschulungen und Aktivitäten des Reichsbanners. Ab 28. Juni regiert in Deutschland die Große Koalition von SPD, BVP (Bayerische Volkspartei), DVP (Deutsche Volkspartei), DDP (Deutsche Demokratische Partei) und Zentrum (Deutsche Zentrumspartei).

Vor den Wahlen warb die SPD mit

Kinderspeisung statt Panzerkreuzerbau.

um Stimmen. Am 10. August genehmigt das Kabinett mit SPD-Kanzler Hermann Müller die Mittel für das Panzerschiff A und streicht fünf Millionen für die Kinderspeisung.

Das hatte tiegreifende politische Folgen.

  • Die Befürworter des Kabinettsbeschlusses rennen die Pazifisten mit der "Gefahr von der völligen Wehrlosmachung Deutschlands" nieder. Eine Formel, die den Gegnern der Weimarer Republik entgegenkommt. Es ist eine dramatische Koinzidenz, dass das Argument der Wehrhaftmachung aus sozialistischen Kreisen zusammen mit den reaktionären Attitüden der Feinde der Weimarer Republik in der Öffentlichkeit aufschlägt.

  • Die Gegner und nicht geringe Teile der SPD-Parteibasis versetzte die Entscheidung des Reichstages in Rage. Aus den SPD-Ortsvereinen hagelt es Proteste. Es gab in Naumburg Austritte.

  • Die Abstimmung über den Panzerkreuzer A begleitete Wilhelm Groener (1867-1939), seit 28. Januar 1928 Reichswehrminister, mit der Drohung, für den Fall der Annahme des SPD-Antrags, von seinem Amt zurückzutreten, was nach Meinung vieler Politiker, eine Regierungskrise auslösen würde. Darauf reagierte die Linke in der SPD mit den scharfen Vorwurf, daß es das "Gerede von der Rettung des parlamentarischen Systems"ist, welches die sklavische Unterordnung brachte. "Auch Sozialdemokraten meinen im Zeitalter des verschärften Klassenkampfes, daß der Partei die Wahrung des parlamentarischen Systems wichtiger sei als die rücksichtslose und konsequente Vertretung proletarischer Klasseninteressen." (Seydewitz 1928, 728)
Plakat Wählt Sozialdemokraten.
Zur Reichstagswahl am 20. Mai 1928 Künstler: Gottfried Kirchbach

Zusammen mit dem Rotfrontkämpferbund und dem Kommunistischen Jugendverband Deutschlands stellt die KPD am

27. August 1928

beim Innenministerium den Antrag auf ein Volksbegehren gegen den Panzerkreuzerbau. Vom 3. und. 16. Oktober 1928 tragen sich in die Listen von 4 134 0691 Stimmberechtigten 1 216 968 BürgerInnen ein. Die Wahlbeteiligung liegt im Reich bei nur 2,94 Prozent, im Industrie- und Arbeiterbezirk Merseburg bei 6,3 Prozent. Der offene namentliche Listeneintrag erlaubt es, jeden Unterzeichner als Kommunisten einzuordnen, womit im Vorfeld der Wahlen ein enormer sozialer Druck zur Zurückhaltung erzeugt wurde. Bei den Reichstagswahlen 1928 entschieden sich in Naumburg 1 946 Bürger für die KPD. 3 235 stimmten für die SPD. Als im Oktober die Einzeichnungsfrist für das Volksbegehren abgelaufen war, zählt man ganze

356 Unterschriften.

Die Ursache für dieses Ergebnis liegt nicht allein, vielleicht sogar nicht mal vorrangig in der Beeinflussung des Wahlverhaltens durch den "persönlichen Listeneintrag". Das Volksbegehren scheiterte am Unterschriftenquorum von zehn Prozent. Ein Ergebnis mit disparatem Charakter und Ausdruck tiefliegender politischer Friktionen. Zwar war das "kommunistische Volkbegehren" gescheitert und "fürchterliche(r) Reinfall der Kommunisten", triumphiert am 18. Oktober 1928 das "Naumburger Tageblatt". Doch war es deshalb kein Befreiungsschlag für die SPD.

Es war eine Niederlage der Kräfte, die gegen das nationalistische Prinzip Wider der Wehrlosmachung anrannten.

Erst der Antrag von Otto Wels (SPD) am 31. Oktober 1928 im Reichstag, den Bau der Panzerschiffe einzustellen, brachte eine Entspannung. Bei der Abstimmung am 16. November herrscht bei der SPD im Reichstag Fraktionszwang. Sozialdemokratische Regierungsmitglieder mussten für den Antrag und gegen den eigenen Kabinettsbeschluss stimmen. Damit "hatte die stärkste Regierungspartei", urteilt Heinrich August Winkler in Der lange Weg nach Westen (477), "dem Ansehen der parlamentarischen Demokratie einen schweren Schlag versetzt". In dieser Perspektive erscheint der Antrag von Otto Wels als Fauxpas, der die Glaubwürdigkeit der Koalition beschädigt. Andererseits war der SPD-Antrag Ausdruck des demokratischen Repräsentationsprinzips.

Die Abgeordneten der bürgerlichen Parteien und der NSDAP lehnen den Antrag vom 16. November ab. Die Rüstungs- und Schwerindustrie freute es. Deutschland kam der Herstellung der Wehrhaftigkeit einen Schritt näher.

Das Verhältnis zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten wird durch den Panzerkreuzer-Konflikt weiter belastet. Ernst Thälmann (KPD) spricht in der Hamburger Volkszeitung vom 21. Juli 1930 mit dem Blick auf das Volksbegehren von 1928 zum Panzerkreuzerbau von einer "Kette tiefsten Verrats".

Am 20. März 1931 steht der Bau des sogenannten Panzerkreuzers B im Reichstag erneut zur Verhandlung. "Die SPD enthielt sich, um Brüning zu retten, bei der Abstimmung über den Panzerkreuzer B der Stimme - eine schwierige Entscheidung, wenn man bedenkt, daß der Panzerkreuzer A im Herbst 1928 die Sozialdemokraten zu einem Aufstand gegen ihren eigenen Kanzler, Hermann Müller, getrieben hatte." (Winkler 1992, 8) Es war nicht nur eine schwierige Entscheidung, sondern ein Vorgehen, dass das Vertrauen weiter Kreise der Bevölkerung in die Politik der Parteien unterminierte.

"Neun Mitglieder der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion stimmten am 20. März 1931 mit den Kommunisten gegen den Panzerkreuzer. Das war ein nicht bisher dagewesener Disziplinbruch. …. [der] bei der großen Mehrheit noch unpopulärer als der Panzerkreuzer, der bislang höchste Preis der Tolerierungspolitik." (Winkler 1992, 8f.) Letztere Aussage muss weiter diskutiert werden. Die Rolle der Parteidisziplin in der SPD sind durch bügerliche Intellektuelle eingehend untersucht und sehr kritisch bewertet worden.

 

 

Wahlergebnisse der SPD in Naumburg
von 1919 bis 1933 [Prozent]

RT - Wahlen zum Reichstag
LT - Wahlen zum Landtag
St - Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung

 
RT
LT
St
RT
LT
RT
LT
RT
19.01.19
26.01.19
02.3.19
06.06.20
20.2.21
04.05.24
07.12.24
07.12.24
               

31,0

27,3

22,3

12,5

13,0

10,6

13,8

14,4

 

 
LT
St
RT
RT
RT
RT
St
20.05.28
17.11.29
14.09.1930
31.07.32
06.11.32
05.03.33
12.03.33
             

19,0

13,9

16,7

15,2

15,6

11,8

12,6

 

 

 

Im Ergebnis der heftigen Auseinandersetzungen um die Tolerierungspolitik wurden Kurt Rosenfeld, Max Seydewitz, August Siemsen, Heinrich Ströbel, Hans Ziegler wegen Verletzung der Fraktionsdisziplin aus der SPD-Reichstagsgruppe ausgeschlossen. Sie gründeten am 2. Oktober 1931 mit ihren Exponenten Kurt Rosenfeld und Max Seydewitz die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (SAP). Es war, stellt der jüdische Rechtsanwalt und Verleger Hans Deutschmann 1932 fest,

die einzige sozialistische Tribüne,

 

Max Seydewitz (1892-1987) beschreibt die Lage der Arbeiterbewegung auf dem Gründungskongress der SAP wie folgt: (1.) "Wenn wir eine neue Partei gründen wollen, dann müssen wir uns aller politischen und organisatorischen Schwierigkeiten bewusst sein, die uns im Wege stehen, denn gegen uns steht der Apparat der SPD." (2.) "Ich sage euch, so müssen wir uns als neue Organisation betrachten, als die Organisation, die die Brücke schlägt über die tiefe Kluft zwischen KPD und SPD." (Seydewitz 1931)

Prinzipienerklärung - Aktionsprogramm
angenommen auf dem 1. Parteitag der SAP 1932

Das Ziel der SAP

I. Die Sozialistische-Arbeiter-Partei erstrebt einen Gesellschaftszustand, in dem das Privateigentum an den Produktionsmitteln aufgehoben und diese in die Hände der Gesellschaft übergeleitet sind; in dem es deshalb keine Ausbeutung des Menschen durch den Menschen und keine Klassen mehr gibt und der Staat, die organisierte Gewalt in den Händen einer herrschenden Klasse, beseitigt ist.

 

in Deutschland. Die SAP wollte eine Brücke zur KPD schlagen und wandte sich grundsätzlich gegen die Kompromiss- und Tolerierungspolitik der SPD. Max Seydewitz, 1918-1929 Redakteur der Hallischen Volksstimme, war der Überzeugung, dass der Reformismus dem Faschismus den Weg bereitete.

Der Ärger mit der linken Abspaltung schwappt bis in die SPD-Ortsgruppe Naumburg. Vorsitzender Gottfried Rublack spricht sich im Oktober 1931 in der Mitgliederversammlung deutlich für die Einheit der Partei aus. Obwohl Naumburgs SPD-Ortsgruppe stark reformistisch eingestellt (Wallbaum 1931), also grundsätzlich die Seydewitz-Rosenfeld Oppositionsgruppe ablehnte, sympathisierten einige Jungsozialisten mit der Neugründung und wenden sich ihrem Publikationsorgan die Fackel zu. Schliesslich tritt die ganze Gruppe zur SAP über. Aber schon nach etwas mehr als nur einer Woche machte sie diesen Entschluss rückgängig. Sicher nicht ohne den sanften Druck der erfahrenen Genossen. Einzelne bleiben bei der SAP. Heftige Böen fegen durch die SPD-Ortsgruppe. Die Genossen nannten es das Sturmjahr.

Unvergesslich bleibt der aktive Widerstand von SAP-Mitglied Max Römer (Bild) gegen den Nationalsozialismus. Siehe auch SAP-Prozess 1935.

 

 

Morddrohung im Stadtparlament  nach oben

Die 1930 in der Naumburger Stadtverordnetenversammlung vom Nationalsozialisten Heinrich Hacker ausgesprochene Morddrohung gegenüber den Sozialdemokraten Wilhelm Schwencke und Eugen Wallbaum demonstriert das politische Selbstverständnis der örtlichen NSDAP und gewährt Einblick in ihre politischen Kampfmethoden.

Am 25. April 1930 tagt die Stadtverordnetenversammlung. Unter Mitteilung, Anfragen und Anträge verliest Stadtverordneter Hacker (NSDAP) mit Zustimmung der Versammlung folgende Erklärung vor:

"Die NSDAP. setzt die Stadtverordnetenversammlung davon in Kenntnis, daß sich in Naumburg ein politisches Wegelagerertum auszubreiten droht, welches ausgeht von Banditen, die im Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold scheinbar in höchsten Ehren stehen. Nach dem Blutbad in Freyburg, welches Reichsbanditen mit sechsfacher Überlegenheit unter dem anwesenden Häuflein Nationalsozialisten zu Ehren des Großjuden `Schweriner` anrichten wollten, und bei welchem sie den Kürzeren ziehen mußten, daß deutsche Arbeiterfäuste eine bessere Handschrift schreiben als die zum Kampf gehetzten Judenschutztruppler, suchten sie sich dadurch zu rächen, dass eine Meute solcher Verbrecher über einen wehrlosen einzelnen Hitlerjungen in den Straßen von Naumburg herfiel. Namens meiner Partei habe ich zu erklären, dass wir Nationalsozialisten unter solchen Umständen, wenn die Naumburger Polizei nicht für ausreichende Straßensicherheit sorgen kann, in der Notwehr zur Selbsthilfe gezwungen sind. Die NSDAP. wird sich Überfälle auf ihre Mitglieder nicht gefallen lassen und dem Herrn Reichsbannerdirektor und Friedensligageneral Schwenke lässt die NSDAP sagen, dass man in der Notwehr gewillt ist, für jeden Überfall auf ein NSDAP. Mitglied drei Reichsbanditen umzulegen. Herr Schwenke hat es in der Hand, ob Blut fließen soll oder nicht. Er wird die NSDAP. Mitglieder nie als Angreifer sehen, denn dazu ist man zu klug geworden. In der Abwehr aber der Herrn Schwenke unterstehenden Reichsbanner wird man die NSDAP. gewappnet finden."

Keine Frage, die von den Nationalsozialisten am meisten gehasste politische Formation in Naumburg ist, wie der "Volksbote" (Zeitz) am 29. April 1930 berichtet, das Reichsbanner. "Der Nazi-Häuptling Hacker nahm unter Mitteilung das Wort zu einer blutrünstigen Rede", schreibt die Arbeiterzeitung. "Gegen die Reichsbanner und SP-Mitglieder. In der gemeinsten Weise beschimpfte er vor allen Dingen die Genossen Schwenke und Wallbaum. Ausdrücke, wie Banditen, Juden-Schutztruppler, Verbrecher, Friedensliga-General, Reichsbanner-Direktor, Lumpen und Schufte hagelte es nur so, ohne daß der Vorsitzende eingriff."

 

In der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung von Naumburg vom 27. Februar 1930 wurden
folgende unbesoldete Stadträte gewählt:

Kaufmann Vicktor Artes (NSDAP)
Tischler Otto Grunert (SPD)
Hotelier Georg Paul (Wirtschaftspartei)
Konrektor Richard Trost
Rechtsanwalt Paul Kröber
Oberbahnassistent i. R. Edmund Zerrenner
Kaufmann Heinrich Hacker (NSDAP)
Kaufmann Georg Schmidt (NSDAP)

 

Auch im Naumburger Tageblatt erscheint ein Bericht über diese Stadtverordnetenversammlung. Im Unterschied hierzu zitiert der sozialdemokratische Volksbote (Zeitz) vom 29. April 1930 noch einen anderen Wortwechsel zwischen Heinrich Hacker und Wilhelm Schwencke. Danach soll der Führer des Naumburger Reichsbanner auf die weitere Klärung der Sache in einem Strafverfahren verwiesen und mit den Worten geschlossen haben:

"Das eingeleitete Strafverfahren werde ja zeigen, welche Engel die Nationalsozialisten sind."

Hierauf antwortet Heinrich Hacker:

"Wir wollen ja keine Kulturarbeit, wir pfeifen drauf! Wir wollen die Judenknechte nur an den Baum hängen und Schwenke [SPD] und Wallbaum [SPD] als abschreckendes Beispiel für die andern als Erste dazu verwenden."

Der Fraktionsführer der NSDAP wird nach der Versammlung von Bürgermeister Arthur Dietrich darauf hingewiesen, dass seine Worte vom "Umlegen" eine Morddrohung darstellen. Deshalb erklärt er sich nach Aufforderung gegenüber dem Regierungspräsidenten von Merseburg dazu folgendermaßen:

"Das `Umlegen` fasse ich nicht anders auf, als das man Wegelagerer übers Knie legen und ihnen das Fell tüchtig gerben wird, wenn sie von ihrem feigen Banditentum nicht ablassen wollen."

Laut Bericht des "Volksboten" (Hacker 1930), heißt es im Schreiben an den Regierungspräsidenten weiter, es handelt sich um

"unwahre sozialdemokratische Presselügen".

Er bestreitet damit, diese Worte gesagt zu haben. Der Regierungspräsident schließt den Vorgang in Naumburg ab, indem er "zunächst von einer Ahndung absehen" will und dafür erwartet, dass Stadtrat Hacker außerhalb seines Amtes alles vermeiden wird, was das Ansehen und die Würde des Amtes als Stadtrat beeinträchtigen könnte (vgl. Regierungspräsident 25. Juni 1930). Hingegen werden die impliziten antijüdischen Sentenzen von allen Beteiligten wie selbstverständlich hingenommen. Auch der Regierungspräsident moniert sie nicht.

 

 

Allgemeiner freier Angestelltenbund (AfA-Bund)

Am Sonntag, den 13. Januar 1929 tagen in Naumburg (Saale) die AfA-Bezirkskartelle der Provinz Sachsen, Thüringen und Anhalt. Eugen Wallbaum vom SPD-Ortsverein Naumburg begrüsst sie herzlich und betont, "dass es für die Naumburger Gewerkschaften besonders erfreulich sei, dass auch einmal im schwärzesten Winkel der Reaktion eine solche Konferenz stattfinde. Naumburg sei der Nährboden aller reaktionären Ereignisse. Möge die Konferenz dazu beitragen, dass auch einmal ein freier Zug von Naumburg ausgeht." Dann erstatten die Geschäftsführer der drei Kartelle ihren Bericht. Anschliessend hält Kollege Schweitzer aus Berlin sein Referat zum Thema "Die Angestellten in der Wirtschaft". Er führt aus, dass die Zahl der Angestellten immer weiter zunimmt und folgert daraus: Angestelltendasein ist Massenschicksal. Deshalb verliert diese Schicht zunehmend ihren besonderen Charakter. Der Angestellte, argumentiert der Referent, muss die soziale Angliederung an die Arbeiter suchen. Um die Angriffe der Arbeitgeber abzuwehren, sollen sie sich der gleichen Mittel und Solidarität bedienen. Ihr Ziel besteht in der Fortführung der Sozialpolitik. Aber noch bilden die Unorganisierten ein Bollwerk der Unternehmer.

 

 

Geht am 9. August nicht zur Abstimmung!
(Aufruf. Volksbote, Zeitz, 31. Juli 1931)

1931 entschliesst sich der Stahlhelm zusammen mit der DNVP, DVP und NSDAP einen Volksentscheid zur Auflösung des preußischen Landtags herbeiführen, um die von Otto Braun (SPD) geführte sozialdemokratische Koalitionsregierung zu stürzen. Auch die KPD wird sich daran beteiligen, obwohl ihr Politbüro sich zunächst einstimmig dagegen ausspricht. Aber die Politkommission des EKKI (Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale), vor allen Stalin und Molotow, treten für eine Beteiligung ein. Daraufhin revidiert die KPD Führung am 22. Juli ihre Entscheidung. - Der Volksbote (Zeitz) erklärt am 31. Juli 1931 seinen Lesern die Lage so: "Die Moskauer Gewalthaber befahlen den deutschen Kommunisten, sich mit dem Stahlhelm, mit Hugenberg und mit Hitler zu verbünden und den Volksentscheid gegen Preussen am 9. August mitzumachen."

Zunächst war die Teilnahme der KPD am Volksentscheid eine Demonstration ihrer These vom "Hauptfeind SPD" und sanktionierte praktisch den seit April 1931 verschärften politischen Kurs. Zugleich bot sie damit ein Stück aus dem Tollhaus, dass sich nur schwerlich aus regionaler oder nationaler Sicht erklären lässt. Ausschlaggebend war wohl, dass das EKKI zu diesem Zeitpunkt von einer forcierten Kriegsvorbereitung gegen die Sowjetunion ausging. Die hatte ein Interesse daran, die laufenden deutsch-französischen Gespräche zu stören. Eine hohe Beteiligung an einem nationalistischen Volksentscheid sollte in Frankreich Misstrauen wecken und der Brüning-Regierung die Hände binden. (Nach Weber XXXVII)

Der Volksentscheid belastet das Verhältnis der SPD zur KPD schwer. Die politische Sprache verschärft sich. Verärgert spricht der Volksbote (Zeitz) am 30.September 1931 von

"Kozis, Nazis und Stahlhelm - G.m. b. H."

Die SPD wirft den KPD-Genossen Verrat, also ein Bündnis mit den Faschisten vor. Tatsächlich sangen sie 1921:

"O Stahlhelm, dir schwören wir Rache
Für vergossenes Arbeiterblut". (Leuna-Lied)

Und jetzt gehen sie mit ihm eine Art Wahlbündnis ein.

In einer "mehrere Wochen dauernden Kampagne" versucht die KPD-Zentrale dies als "eine höhere revolutionäre Strategie" darzustellen. Zwar gesteht die Führung ein, dass es ihr "nicht gelungen sei in breiterem Rahmen an die SPD-Arbeiter heranzukommen". Aber "Die kommunistische Zentrale bemüht sich nach Leibeskräften", schreibt der Volksbote (Zeitz) in Organisiertes KP.-Spitzeltum, "die Arbeiterbewegung weiter zu zersplittern und zu schwächen."

August 1931

Unbeirrt von der Propaganda für den Volksentscheid beschliesst der Ortsausschuss des ADGB mit ihrem Vorsitzenden Gottfried Rublack und das Kultur-Kartell mit ihrem Vorsitzenden Eugen Wallbaum, nicht am Volksentscheid am 9. August 1931 teilzunehmen.

Von 26 459 175 Wahlberechtigten im Reich stimmen 9 763 603 mit Ja und 362 885 mit Nein. 184 143 Stimmzettel sind ungültig. In Naumburg (Saale) liegt die Wahlbeteiligung bei etwa 70 Prozent. Von 20 483 Wahlberechtigten stimmen 14 368 mit Ja und 404 mit Nein. (Bad Kösen: 2 385 / 1 973 / 61 und 31 ungültig.) Das Quorum einer Mindestbeteiligung von fünfzig Prozent wird nicht erreicht.

Was im August 1931 nicht gelang, vollbringt Franz von Papen am 20. Juli 1932 mit dem Preußenschlag.

 

 

Richard Scheringer in Naumburg

Der Volksentscheid vom 9. August 1931 zur Auflösung des preußischen Landtages, initiiert von DNVP, DVP, NSDAP, unterstützt von Stahlhelm und KPD, hinterließ bei Sozialdemokraten schlimme Blessuren. Noch sind sie nicht verheilt, da tut sich die Ortsgruppe der KPD mit dem "ehemaligen kaiserlichen Mannschaftsschinder" Richard Scheringer zusammen.

Reichswehrleutnant Richard Scheringer (1904-1986) gründete im Artillerieregiment Nr. 5 in Ulm zusammen mit Hanns Ludin und Hans Friedrich Wendt eine revolutionäre nationalaktivistische Zelle. Die Sache flog auf. Am 7. Oktober 1930 wurde er zu achtzehn Monate Festungshaft verurteilt und aus der Reichswehr ausgeschlossen. Während der Internierung änderte er nach intensiven Gesprächen mit Kommunisten seine politische Weltanschauung. KPD-Abgeordneter Hans Kippenberger (1898-1937) verließt am 18. März 1931 im Reichstag sein Bekenntnis zu den Zielen der Kommunistischen Partei Deutschland. Der Übertritt von Scheringer zu den Kommunisten diente der KPD-Führung der Propagierung einen "nationalen Politik" (vgl. Hermann Weber XXXV).

Auf Einladung der Kommunisten gaben sich Ende vorangegangener Woche, berichtet am 30. September 1931 der Volksbote (Zeitz),

"Kozis, Nazis und Stahlhelmer in einer kommunistischen Versammlung im Schützenhaus [vpn Naumburg] ein Stelldichein".

Gekommen war Reichswehrleutnant Richard Scheringer (1904-1986), der in Ulm im Artillerieregiment Nr. 5 zusammen mit Hanns Ludin und Hans Friedrich Wendt eine revolutionäre nationalaktivistische Zelle gründete. Die Sache flog auf. Am 7. Oktober 1930 wurde er zu achtzehn Monate Festungshaft verurteilt und aus der Reichswehr ausgeschlossen. Während der Internierung änderte er nach intensiven Gesprächen mit Kommunisten seine politische Weltanschauung. KPD-Abgeordneter Hans Kippenberger (1898-1937) verließt am 18. März 1931 im Reichstag sein Bekenntnis zu den Zielen der Kommunistischen Partei Deutschland. Der Übertritt von Scheringer zu den Kommunisten diente der KPD-Führung der Propagierung einen "nationalen Politik" (vgl. Hermann Weber XXXV)."

Weiter berichtet der Volksbote (Zeitz) am 31. September 1931: "Die Verbündeten vom 9. August hatten nichts weniger zu tun, als zu beraten, wie sie der klassenbewussten Arbeiterschaft, die in der Sozialdemokratischen Partei organisiert ist, Knüppel zwischen die Beine werfen könnten. Die Kommunisten hatten sich zu diesem Zwecke einen ehemaligen kaiserlichen Offizier aus Berlin verschrieben. Aus dieser Tatsache hatten die Nazis und Stahlhelmer die Bündnistreue der Kozis erneut vermutet und waren infolgedessen verhältnismässig zahlreich erschienen, so dass die Versammlung den Eindruck einer Versammlung der wohlhabenden Klasse machte. Den kommunistischen Häuptlingen war ob dieser Zusammensetzung dich nicht wohl zumute und die Koryphäen Neubert und Höhne blieben ängstlich in der Ecke sitzen. Den Laden musste der fähige [Emil] Rössling [geboren 03.02.1892, Lagerführer bei der Reichsbahn] schmeißen, der bei der Eröffnung seiner Freude über das zahlreiche Erscheinen des Bürgertums Ausdruck gab und die Proleten aufforderte, die Tischplätze für die Herrschaften vom Stahlhelm und Hakenkreuz frei zu machen und sich selbst mit einem Platz in der Ecke zu begnügen. Der Herr Leutnant, der sich auf seine im Kriege verdienten Orden und Ehrenzeichen auch heute noch einen Stiefel einbildet, entpuppte sich bei seinen Ausführungen als ein echt kommunistischer Arbeiterführer in Reinkultur. Den ehemaligen kaiserlichen Mannschaftsschinder fehlte nur noch eine große Gabel und ein Schlächtermesser, dann wäre er in der Lage gewesen, die dreimal verfluchte SP. mit Haut und Haaren aufzufressen. Mit seiner wüssten Schimpfkanonade auf die SP, erzielte der ehemalige Leutnant bei seinen Busenfreunden, den Stahlhelmern und Nazis, wahre Ovationsstürme."

 


Sozialfaschismus-These

Im Streit um Walter Fieker äussern sich Formen und Methoden der politischen Arbeit innerhalb der KPD. Der Stalinismus schlägt um den KPD-Unterbezirk Naumburg keinen Bogen. Der Kampf um den Spechsartkonsum in der Nacht vom 8. zum 9. Juli 1932 bringt ihn als Lagerleiter öffentlich ins Gespräch. Ob er zu diesem Zeitpunkt noch Mitglied der KPD war, ist nicht klar. Es liegt eine Nachricht vor, dass er bereits 1931 aus der KPD ausgeschlossen wurde.

Der Streit soll über die Frage ausgebrochen sein, ob es sinnvoll ist, seine Konsum-Kunden in die kommunistische Agitation einzubeziehen. Seine Genossen übertreiben ein wenig, wenn sie von ihm die Adressen seiner Kunden wollen, um diese gezielt politisch ansprechen zu können. Das lehnt er ab und es gab Streit. Am Konflikt mit der KPD-Ortsgruppe "war nur seine Frau Schuld gewesen", sagt Walter Höhne (KPD) mit der Autorität des ehemaligen Blockältesten von Buchenwald. Dies bestimmt in der Nachkriegszeit das Verhältnis zum ehemaligen Vorsitzenden der KPD-Fraktion im Stadtrat Walter Fieker: Er gilt als Verräter. Er "ging über zum Stahlhelm," wirft ihn Walter Höhne vor, "er propagierte dann für die Nazis und mit der Nazi-Fahne ist er dann beerdigt worden".

Aber die politische Rolle des Stahlhelms und das Verhältnis der KPD-Genossen nach der nationalen Erhebung (Hitler) zu ihm, ist schwierig zu bewerten. Im Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt Merseburg berichten Dokumente aus dem Jahr 1933 von gesteuerten Übertritten von KPD-Mitgliedern in den Stahlhelm.

Die regionale Entwicklung kann nicht durch Interpolation nationaler Ereignisse verstanden und erklärt werden.

Keineswegs unsicher, sondern eine Tatsache ist, dass Walter Fieker in den Kämpfen zwischen der Reichswehr und den Arbeitern zur Abwehr des Kapp-Putsches im März 1920 eine politisch und organisatorische Schlüsselrolle übernimmt.

Wegen seiner Beteiligung an den Kämpfen in Bad Kösen am 19. März, sass er im April 1920 im Gefängnis von Naumburg. Aus dem Konflikt zwischen Fieker und der Leitung der KPD-Ortsgruppe ist von seiner Frau der Satz überliefert: "Die Zelle ist schon für ihn [ihren Mann] gerichtet und er hat Angst davor, wieder ins Gefängnis zu kommen."

 

Auf dem V. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale 1924 charakterisiert Josef W. Stalins (1879-1953) den Faschismus und die Sozialdemokratie als zwei Seiten ein und desselben Werkzeugs und als Zwillingsbrüder.

 

Sozialfaschismus-These

"Wir dürfen nicht vergessen, dass im Februar 1928 das IX. EKKI-Plenum das Signal zu einem verstärkten, außerordentlichen, unversöhnlichen Kampf gegen die "Sozialfaschisten" gegeben hat", schreibt Leo Trotzki am 26. September 1930.

 

Beim Lesen von Briefen, Erinnerungen und Berichten aus dieser Zeit kann man unschwert die ungute, verhängnisvolle Wirkung der Sozialfaschismus-These in Form von Vorurteilen oder überspitzten Darstellungen wahrnehmen. Seit 1928 verstärkt sich diese Grundhaltung in der KPD und erfasst nahezu alle politischen Sphären. Im Appell des Genossen Thälmann an die werktätige Bevölkerung von Berlin! heißt es 1929: "Die Kommunistische Partei bekämpft die Sozialfaschisten, die in der Regierung sitzen …." - Der Klassenkampf, Organ der KPD für den Bezirk Halle-Merseburg, schreibt am 30. Oktober 1930: "Sozialfaschistische Gewerkschaftsführer verteidigen das Mordsystem."

Die Feststellung, daß die Sozialfaschismus-These ein (ungewollter) Beitrag zum Aufstieg Hitlers war, ist nicht falsch, macht aber ihre dialektische Vergesellschaftung mit dem Alltag nahezu unkenntlich. Früh erfahren die Kommunisten die massiven und vielfältigen Gefahren, die von der SA und den Nazis für ihr Leben ausgehen. Im mitteldeutschen Raum steht der Stahlhelm den Nazis bei der Verfolgung und Verächtlichmachung der Kommunisten in nichts nach. Beim Zugang zu höheren Bildungsanstalten und dem Erwerb einer höheren beruflichen Qualifikation sind sie im Vergleich mit vielen anderen Gruppen im Nachteil. Folglich sind ihre Einkommensverhältnisse und soziale Position deutlich schlechter als die anderer sozialer Gruppen. Als Reaktion darauf entwickeln die Kommunisten oft eine erhöhte politische Empfindlichkeit für die Erscheinungen des Faschismus. So vermittelt die These vom Sozialfaschismus etwas von ihrer Lebenserfahrung, nämlich, dass Faschismus nicht erst dort beginnt, wo das Gesetz gebrochen oder die parlamentarische Demokratie beeinträchtigt ist, sondern wo sie Systemschikane und Formen der Gewalt erleben. Zudem können sie bestimmte Seiten der sozialdemokratischen Regierungsherrschaft nur schwer vergessen.

 

Auf dem 11. Plenum des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale Ende März 1931 charakterisiert Generalsekretär Dmitri Manuilski die Sozialdemokratie als die soziale Hauptstütze der Bourgeoisie und "Schrittmacher der Faschisierung des kapitalistischen Staates."

 

Trotzdem ist die Sozialfaschismus-These von zerstörerischer politischer Wirkung, verhindert sie doch oft eine freundschaftliche Kooperation zwischen den verschiedenen sozialistischen und kommunistischen Gruppierungen. Deshalb steht 1931 in der Rote(n) Chronik der Kreise Zeitz, Weißenfels und Naumburg (377):

"Die Kommunisten richteten in der Hauptsache ihren Kampf nicht gegen den Klassengegner, sondern gegen den eigenen Klassenangehörigen. Dadurch gingen der Arbeiterschaft viele Errungenschaften verloren. Und da der gesamten Arbeiterschaft ein neuer Gegner in der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei erwachsen ist, sollten die Kommunisten daraus die Lehre ziehen, mit der SPD. wieder zusammen zu arbeiten …"

 

 

Ständig wachsende Gewaltbereitschaft
in der Naumburger KP?

In Gestapoagenten, Trotzkisten, Verräter. Kommunistische Parteisäuberungen in Sachsen-Anhalt 1918-1953 schreibt Frank Hirschinger (2005, 100f.):

„Im weiteren Verlauf der Kampagne [gegen die Feinde der proletarischen Diktatur und die gekauften Agenten des Imperialismus in der KPdSU] offenbarte sich unter den mitteldeutschen Kommunisten eine ständig wachsende Gewaltbereitschaft, die Ende November 1930 in Pogromstimmung umschlug: Einem KPD-Funktionär brandete in Naumburg frenetischer Jubel entgegen, als er erklärte, die Arbeiterschaft begrüße es, dass die Konterrevolutionäre in der Sowjetunion an die Wand gestellt“ würden. Die Versammlungsteilnehmer bildeten Sprechchöre und riefen „An die Wand mit dem Gesindel!“.

 

Die Haltung der
KPD zur Demokratie: hier

 

Trotz zweifellos vorhandener stalinistischer Tendenzen in der Naumburger KPD-Ortsgruppe, kann von einer ständig wachsenden Gewaltbereitschaft keine Rede sein. Frank Hirschinger gelangt zu diesem Schluss auf der Folie der Darstellung der Mechanismen und Besonderheiten des Parteilebens in der KPD. Auf dieser Grundlage eine derart weitreichende Aussage zu treffen, scheint mir diskussionswürdig. Denn die Naumburger KPD-Genossen sind nicht nur Mitglied einer Partei. Sie sind zuerst Bürger dieser Stadt! Ihre Sozialisierung erfahren sie nicht im Moskauer Kreml. Hier - in Naumburg - machen sie ihre sozialen und politischen Erfahrungen, besonders im Jahr 1918, März 1920 und in Leuna 1921. Und mit Inflation. Weltrevolution hin oder her, den Verlust an Arbeit und die Not ihrer Familien erfahren sie in Naumburg. Sie übernehmen im Rahmen ihrer kommunalpolitischen Arbeit Verantwortung für die Bürger. - Das heißt natürlich nicht, dass bei der Bildung des politischen Bewusstseins die Paukenschläge der Russischen Revolution (1917) keine Rolle spielen. Aber dies ist eben nur ein Moment.

Soziale und politische Handlungen können nur im historischen Kontext verstanden werden, was sich nicht auf die Kabalen der Partei beschränken sollte. Man muss es klar sagen: Unklarheiten, merkwürdige Risse und Verwerfungen im Demokratieverständnis zeigen sich vor 1933 nicht nur bei den Kommunisten oder bestimmten linken Gruppen, sie finden sich ebenso in ganz ausgeprägter Weise bei der Elite, dem Establishment der Stadt und bei den Administratoren der Kirche mit der Sehnsucht nach den formbildenden Kräften. Andere wiederum sahen den Ausweg im großen Neugestalter.

Pogromstimmungen sind in dieser Zeit nichts Besonderes. Stahlhelm, Wehrwolf, Jungdeutscher Orden und andere militante rechtsnationale Organisationen erzeugen und bedienen sich derartiger Stimmungen gegen die Juden, Demokraten, Sozialisten und Kommunisten.

Konfrontation, Misstrauen und vor allem fehlende Kommunikation konfigurieren die politische Stadtkultur. In der verbalen politischen Auseinandersetzung verwenden die Gegner oft eine rohe Sprache. Gegenseitig negiert man die politischen und sozialen Erfahrungen. Als Folge verhärten die politischen Fronten. Zudem ergreift die Presse - speziell das Naumburger Tageblatt - einseitig Partei, wie die detaillierte und ausführliche Berichterstattung über die Programmatik von DNVP und NSDAP im Jahr 1932 zeigt. Nur etwa ein Zehntel dieses Umfangs machen die Nachrichten zum Inhalt der Politik von SPD oder KPD aus.

 

Erinnerungen an Walter Fieker

"1931 KG-Wahlen - Fieker war Lagerleiter im Konsum bis zu seinem Ausschluß - auch später noch. Wir baten den Genossen F., daß er uns die Namen von den Mitgliedern der KG geben sollte , damit wir mit diesen Menschen agitieren konnten, was sie zu wählen haben usw. Wir sprachen mit Genossen F. als Genossen. Wir legten ihm den Beschluß der Parteileitung vor. Es war festgelegt, daß die und die Genossen die und die Straßen zur Agitation erhalten sollten, wenn wir die Namen von F. haben. Fieker lehnte dies ab mit dem Bemerken, er sei Lagerleiter und im Kreisausschuß Weißenfels. Wenn das herauskommt, daß er diese Namen herausgegeben hat, dann würde er fliegen."

(Schwencke 1956)

 

Dem Stadtchronisten kann nicht entgehen, dass sich die Naumburger Kommunisten auf vielen Gebieten engagieren. Im Bereich Kultur und Sport sowie in der Freizeitgestaltung leisten sie und ihre Sympathisanten eine ernsthafte Arbeit, unterbreiten Angebote, organisieren Veranstaltungen und Wettkämpfe, öffnen und erschließen soziale Räume. Dadurch verbessert sich nicht nur für ihre Parteimitglieder das Leben in der Kommune. Wem es gelingt, dies nicht allein unter parteipolitischem Gesichtspunkt wahrzunehmen, erkennt hier unschwer einen Beitrag zur Stadtkultur und sozialen Integration der Unterschichten. Ansonsten begeht man genau den Fehler, der üblicherweise den ideologisch indoktrinierten Kommunisten angelastet wird, alles in der Perspektive des Klassenkampfes zu betrachten.

Paul Zeitschel (KPD) sieht die Gewinnung der Massen, wie es die KPdSU praktizierte, als Vorbild an. Aber was wusste er tatsächlich über die stalinistischen Methoden? Es geht hier also um die Frage nach der Historizität des politischen Wissens. Das heisst es muss geklärt werden auf welchem Basiswissen die Teilnehmer der KPD-Versammlung von 1930 fordern: Verräter an die Wand! Wahrscheinlich kannten Paul Zeitschel und seine Genossen hierzu die üblichen plakativen Standpunkte, aber über die Liquidierung der Kulakken als reaktionäre Klasse oder die brutale Ausschaltung der Opponenten (Trotzki, Sinowjew, Kamenew, Bucharin, Rykow) durch Josef Stalin bis hin zum Mord am, bei den Bürgern ungemein beliebten, Leningrader Parteisekretär Sergej Mironowitsch Kirow am 1. Dezember 1934, wussten sie, objektiv genauso wenig, wie über die Lex Kirow, die Todesurteile unter Ausschluss von Rechtsverfahren erlaubt.

Aus dem Naumburger Tageblatt konnten die Bürger zu dieser Frage allerdings nur wenige sachliche Informationen gewinnen. Ihre Redakteure geben eine enthistorisierte Darstellung der Ereignisse und Hintergründe zur Entstehung der Sowjetunion. Gebetsmühlenartig wiederholt man die Warnung vor der roten Gefahr. Aber auch innerhalb der KPD zeichnet man, wie den Beschlüssen, Reden, Schulungs- und Agitationsmaterial zu entnehmen ist, ein Bild vom Land des Roten Oktober, dass die massenhaften Repressionen und unmenschlichen Methoden von Stalin auslässt. Die Naumburger KPD-Mitglieder müssen sich in einem schlecht ausgeleuchteten Informationsraum bewegen.

Spezielle analytische Ansätze, wie politische Sozialisation, Übernahme von Verantwortung in der Kommune oder Historizität des Wissens, vermisse ich in Gestapoagenten, Trotzkisten, Verräter. Kommunistische Parteisäuberungen in Sachsen-Anhalt 1918-1953 (2005) von Frank Hirschinger.

 

 

Bruderkrieg?

Die Ermordung von Rosa Luxemburg (1870-1919) und Karl Liebknecht (1871-1919), der Einsatz der Freikorps gegen die Arbeiter durch Friedrich Ebert und Gustav Noske ("Einer muss der Bluthund sein"), die Desavouierung der Arbeiter- und Soldatenräte, der Panzerkreuzerbau (1928) und die Tolerierung der Brüning-Regierung frass sich tief in das politische Bewusstsein vieler linker Gruppierungen ein, Kommunisten, unabhängigen Sozialisten, Anarchisten und andere mehr.

Die Sozialfaschismus-Propaganda der KPD oder ihr "Bündnis mit den Faschisten beim preussischen Volksentscheid" (Volksbote 30. 9.1931) hemmt, unterbindet und verkompliziert die Zusammenarbeit mit der SPD. Beschimpfungen der Sozialdemokraten als Sozialfaschisten, Verräter oder Bonzen, wie durch Quasselstrippe König (Volksbote) von den Kommunisten bei seinen Agitationsfeldzügen vor dem Naumburger Arbeitsamt mit dem Klassenkampf (KPD) in der Hand praktiziert, lösten viel Unmut aus.

Gab es zwischen den Sozialdemokraten und Kommunisten in Naumburg einen Bruderkrieg?

Auf einer gut besuchten Gewerkschaftsversammlung im Post-Saal im Juli 1930 bezeichnet Eugen Wallbaum (SPD), "dass Verhalten derjenigen, die die Arbeiterklasse in zwei Lager gespalten haben" als verbrecherisch. Es war nicht die einzige Fehde, die er mit den Kommunisten führte. Der Volksbote (Zeitz) berichtete im September 1930 dass "der moralisch und sittlich korrumpierte [Franz] Neubert" (Stadtverordneter der KPD seit 1924 und Wiederwahl am 17.11.1929) ihm in der Stadtverordnetenversammlung mit Enthüllungen drohte. "Prompt wurden nun zur gleichen Zeit bei beiden Richtungen [Neubert - KPD und Uebelhoer - NSDAP] mit einem Schwindelmanöver die Spalten ihrer Presse gefüllt, um ihn und der SP. eins auszuwischen. Gen. Wallbaum hat gegen die Beteiligten und in Frage kommenden Personen sofort Anzeige erstattet. Auch gegen den Stadtverordneten Hagemann machte sich eine Anzeige nötig, um endlich einmal denjenigen politischen Gegnern, die schon seit Jahr und Tag daran arbeiten, Gen. Wallbaum aus seiner Stelle beim Arbeitsamt zu bringen, das Handwerk zu legen." (Wallbaum 1930)

Große Aufregung erfasste Mitte 1930 politische Kreise als publik wurde, dass es den Schlosser aus den Leuna-Werken und Unterbezirksleiter der KPD Naumburg/Saale Gustav Thate schwerfiel, die Ausgabenbelege für seine Kassenführung im Deutschen Metallarbeiterverband (DMV) zu ordnen und transparent abzurechnen.

Gustav Thate ist 1946 1. Vorsitzender des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) in Naumburg und Dezernent des Wohnungsamtes. Am 4. und 5. Februar 1948 beschlagnahmt eine Volkskontrolle des FDGB beim Konditormeister Seiferth in der Marienstrasse große Mengen von Waren. Seiferth nahm man in Polizeihaft. Die Waren verbrachte man im Möbelwagen auf den Hof des FDGB. Aus Anlass einer Demonstration auf dem Markplatz am 7. Februar 1948 gegen die übermäßige Häufung von Waren (Hamsterei) stelle man ihn hier zur Schau. Auf dem Transport verschwanden viele Waren. "Für die Kundgebung machen sowohl die CDU, als auch die LDPD den Stadtrat Thate verantwortlich. Sie bezeichnen die Mittel, die er angewandt habe, als mittelalterlich und haben ihm aus diesem Grunde das Vertrauen als ehrenamtlichen Stadtrat entzogen." (Thate 28.4.1948)

Die Orts-KPD polemisierte wegen dem Fall Thate im Klassenkampf (Halle) gegen die SPD. Der Volksbote (Zeitz) kontert mit Darstellung über Unregelmässigkeiten. Das Naumburger Schöffengericht verurteilte Thate (Jahrgang 1901) am 2. Juli 1931 zu drei Monaten Gefängnis. - - Gustav Thate tritt 1933 tapfer der Diktatur entgegen.

Blick vom St. Wenzel
zum Reußenplatz (2005)

Andererseits waren die Berichte des Volksboten (Zeitz), wie der zur Arbeitslosendemonstration am 17. Juli 1931 unter der Überschrift Die KP. marschiert, für die Betroffenen oft höchst unbequem, nicht selten delikat und manchmal sogar peinlich. Darüber kommt es im Oktober 1931 in der Stadtverordnetenversammlung zu einem Schlagabtausch. "Neubert [KPD] behauptet unter dem Jubel der Nazis und Kozis, dass 60 Prozent vom Inhalt des Volksboten Schwindel wäre. Genosse Grunert [SPD] erwiderte darauf, dass im Klassenkampf dann 90 Prozent Schwindel sei und in der Partei, die hinter ihm säße (den Nazis), sogar 100 Prozent Schwindel. (Volksbote, Zeitz, 30. Oktober 1930)

Der Konflikt zwischen den beiden Arbeiterparteien entsteht aus der unterschiedlichen politischen Strategie im Kampf gegen die ökonomische Ungleichheit und für soziale Rechte.

"Wir jungen Funktionäre", schreibt der ehemalige politische Leiter des KPD-Unterbezirks Naumburg Paul Zeitschel "standen damals auf dem Standpunkt, daß die KPD nach dem Beispiel der KPdSU sich umstellen muß zur Gewinnung der Massen."

In der Ausgabe Nummer 6 Rote Wacht von 1932 teilt der ehemalige Naumburger Rudi Schüchel (1899-1939) in einem Brief aus Moskau den Lesern mit:

"Meine Frau [Elly] schickte mir ein Flugblatt der SPD mit, es ist haarsträubend, wenn man so etwas liest … Es wird darin etwas von Arbeitslosen in der Union geschrieben, in unserer Fabrik ist schon etwa seit 6 Wochen angeschlagen, daß Arbeiter gesucht werden."

Paul Zeitschel (zweiter von rechts)
auf der KPD Schule um 1930

 

Die Rote Wacht im Unstrut-, Finne- und Saaleland, das Organ der Ortsgruppe der KPD in Naumburg, unterstützt seit 1931 die Meinungsbildung besonders in den kommunistisch orientierten Gruppen der Stadt und Umgebung. Anfangs hat sie eine Auflage von 300 bis 500, Ende 1932 wahrscheinlich von etwa 2000 Exemplaren. Sie geißelt in einfachem proletarischem Stil die sozialen und politischen Mißstände. Ab 1932 nahm an der Redaktionsarbeit Dr. Artur Samter teil.

Allerdings geht es bei den hier diskutierten Fragen nicht allein um das Verhältnis der KPD zur Kommunistischen Partei der Sowjetunion und ihres Staates, sondern um die Frage nach dem Verhältnis von Demokratie und Sozialismus überhaupt. Das Thälmannsche Zentralkomitee beantwortet diese Frage seit 1926 konform zu den politischen Methoden der KPdSU. Danach steht nicht die Humanisierung des Kapitalismus, sondern dessen Abschaffung durch den Akt der Revolution auf der Tagesordnung. Daraus folgt, dass sich Sozialdemokraten und Kommunisten nicht über die Rolle des parlamentarischen Kampfes einigen können. Geradezu prototypisch die Worte von Paul Zeitschel (Notizen):

„Sie [die SPD] sah nur den parlamentarischen Kampf.“

Zum Blutmai 1929

In Neukölln, Moabit und Wedding entstehen trotz Demonstrationsverbot rote Barrikaden. Auf Befehl des Sozialdemokraten Zörgiebel eröffnet die Polizei das Feuer auf die Demonstranten. Ergebnis: 33 Tote, 200 verletzte Demonstranten und 50 verletzte Polizisten. Nach diesem Ereignis wurde der RFB vom Polizeipräsidenten der Reichshauptstadt Zörgiebel verboten. SA und Stahlhelm bestanden weiter.

Die Kommunisten verübeln den Sozialdemokraten ihre positive Haltung zur Republik. Sie wollen den Verrat von Noske und die blutigen Ereignisse vom 1. und 2. Mai 1929 in Berlin nicht vergessen. Eine interessante Bemerkung hinterliess Friedrich Blüthgen (geboren 1874), langjähriges SPD-Mitglied und von Beruf Lehrer. Er ".... bezeichnet es als schwerwiegenden Fehler, dass in der damaligen Zeit Max Hölz und seine Anhängerschaft mit den Kommunisten gleichgesetzt wurden …." Seit dem Aufmarsch des Reichsbanners (SPD) am 14. August 1927 zur Verfassungsfeier in Leipzig bestehen in Naumburg auf örtlicher Ebene zwischen SPD und KPD enge Kontakte. Vom Vorsitzenden des Reichsbanners Wilhelm Schwencke (SPD) ist schriftlich die Aussage überliefert, dass sie "besonders in den Jahren 1929-1933" "oft mit Genossen der KPD in der Zentralstelle am Reußenplatz" zusammen hockten. Das KPD-Büro der Ortsgruppe und der Naumburger Verein für allgemeine Bildung und Wissenschaft (1931-1933) befanden sich am Reußenplatz 18. Diese wichtige Seite der Beziehung zwischen SPD und KPD, die hier noch einmal kurz zur Sprache kam, spiegelt sich in den verschiedensten politischen Ereignissen der Stadt, die bereits im anderen Kontext detailliert dargestellt wurden. (Siehe: Saalschlacht im Schützenhaus, Saalschlacht in der Linde, Nazisturm auf den Spechsart-Konsum oder die Demonstration vom 7. Juli 1932 Gegen den Terror der braunen System-Armee Hitlers, gegen Entdemokratisierung, Sozialabbau und Arbeitslosigkeit.)

 

 

Interne Mitteilung der
Ortspolizeibehörde Naumburg (Saale)

"Bezüglich der Schaukästen und der Unterbringung von Personen in den Erdgeschossräumen des Grundstückes Reussenplatz 18 sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen.

Blick in Richtung
Reußenplatz 18 (Zeichnung)

V.P.
Der Reussenplatz und ganz besonders das Grundstück Nr. 18 sind weiterhin scharf zu beobachten. Grössere Ansammlungen, die einen Grund zu politischen Zusammenstössen geben könnten, sind nicht zu dulden. Ebenso muss gegen Personen eingeschritten werden, die vorbeigehende Andersdenkende durch Redensarten und dgl. belästigen.

Naumburg a. S., den 20. August 1932

D. Obgm. als OPBeh.
I.A.
Mollenhauer
Polizei- Oberkommissar"

(Abschrift, Mollenhauer 20.8.1932)

 

 

 

In den frühen 20er Jahren treffen sich die KPD- Genossen zu Versammlungen im Goldenen Hahn am Roonplatz 1. (Graf Roon: "Der preußische Staat darf nicht durch ein demokratisches Wahlrecht ruiniert werden!")

Die Sozialdemokraten tagen vorzugsweise im Hotel zur Post (Lindenring 34). Ein Höhepunkt erleben die Genossen hier am 4. Februar 1928 mit dem Auftritt des Vorsitzenden der Friedensgesellschaft Gerhart Seger (1896-1967). Liebevoll bereitet die SPD-Ortsgruppe für den 25. Februar 1928 die Rede des Austromarxisten Max Adler (1873-1937) vor. "Derartige Massen", bilanziert der Volksbote (Zeitz) nach der Veranstaltung, "hat das Naumburger Parteilokal noch nicht gesehen."

Ehemals Gasthaus zur Post
Lindenring 34 (2008)

 

 

Es gab Befürworter und Gegner einer Zusammenarbeit zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten.

Otto Grunert (Steinweg 14) steht einer Zusammenarbeit mit der KPD auf Ortsebene distanzierter gegenüber. Ist dieser großartige Mann deshalb nach 1945 in Vergessenheit geraten? Die Alten erinnerten sich 1956 so an ihn:

"Da die SPD-Führung die weitere Zusammenarbeit mit der KPD ablehnte, kam es auch im Stadtparlament wieder vor, daß die SPD-Fraktion unter Führung von Grunert gegen alle Vorschläge der KP stimmte." (Schwencke 1956)

Definitiv stimmt die Fraktion der SPD im Stadtparlament oft gegen die KPD-Anträge und umgekehrt.

Seitens der Kommunisten ist unter anderen Franz Neubert (1876-1942) ein entschiedener Gegner dieser Zusammenarbeit. Von einer Sitzung der Naumburger Stadtverordneten im Oktober 1931 ist bekannt, dass dieser und Walter Höhne "grosse Brandreden" gegen die SPD hielten und von "Nazi-Hacker und Nazi-Schmidt mit dem größten Eifer sekundiert" wurden. Darauf antwortete Genosse Otto Grunert (SPD), "das die Kommunisten im Auftrage der Zentrale wieder einmal mit Agitationsanträgen die Stadtverordnetenversammlung bombardierten".

Franz Hollmann, 1932 Mitglied des Ortsvorstandes der SPD und 2. Vorsitzender des Holzarbeiterverbandes in Naumburg stand in enger Verbindung mit Walter Höhne (KPD). Mit Max Kater und Walter Fieker soll er bereits im Mai 1932 über die Bildung eines Ausschusses zur Koordinierung der revolutionären Kräfte gesprochen haben. (Nach Garcarek, Anmerkung 66)

Vorstand der SPD-Ortsgruppe
Naumburg (1928)

 

Führen KPD und SPD in Naumburg ob ihrer Gegensätze, Auseinandersetzungen in der Stadtverordnetenversammlung und Fehden einen Bruderkrieg? Reichsbanner, KPD, SPD und Antifa wirkten bei den Saalschlachten im Schützenhaus (Freyburg 1930) und in der Linde (1930) sowie bei der Demonstration am 6. Juli 1932 und im Kampf um den Spechsart-Konsum am 8. Juli 1932 zusammmen, traten über ihre ernsten politischen Differenzen hinweg füreinander ein. Sie halfen einander und kooperieren, wenn Not am Mann war.

Als Feinde verstanden sie sich demnach nicht. Für die SPD- und die KPD-Ortsgruppe sowie die überwältigende Mehrheit der Naumburger Linken in der Gewerkschaft, bei den Naturfreunden, Freidenkern oder den Arbeitersportgruppen, so die Beobachtung, war die nationalsozialistische Bewegung und die nicht zu unterschätzende völkische, militant-deutschnationale Szene der politische Gegner. Von ihnen ging die reale Gefahr für die Zerstörung der bürgerlichen Freiheiten und des europäischen Friedens aus.

 

 

Die Demonstration am 6. Juli 1932   nach oben

Und nun geschieht es doch: Eine machtvolle, gut organisierte und inhaltlich vorbereitete Demonstration zieht am Abend des 6. Juli 1932 durch Naumburg. Der Volksbote (Zeitz) überlieferte vorher Organisationsanweisungen.

 

 

Morgen Massendemonstration!
Distrikt Naumburg Stadt- und Landkreis.


Die Ueberfälle und Terrorakte der Nazis auf friedliche Arbeiter haben die Organisatoren der klassenbewussten Arbeiterschaft veranlasst, in einer gemeinsamen großen Kundgebung gegen die Überfälle zu demonstrieren. Die Demonstration findet

morgen Mittwoch 19 Uhr auf dem Marktplatze

statt. Sämtliche Organisationen nehmen daran teil. Antritt 18.30 Uhr auf der Vogelweise. Es ist Ehrenpflicht aller Parteigenossen, an der Demonstration teilzunehmen! Die einzelnen Ortsgruppen schließen sich dem Naumburger Ortsgruppenverein an!
Der Distriktleiter

Ortsausschuss des ADGB und Afa-Kartell.
Die Vorstände der einzelnen Gewerkschaften haben die Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass die Mitgliedschaft restlos an der gemeinsamen Demonstration teilnimmt.

Arbeiter-Sportkartell und Arbeitersängerschaft.
Die für morgen Abend angesetzten Übungsstunden der Turner, Fussballer, Kraftsportler, Schachspieler und Sänger müssen ausfallen. Dafür haben sämtliche Vereinsmitglieder an der gemeinsamen Demonstration der Naumburger Arbeiterschaft teilzunehmen. Antreten pünktlich 18.30 Uhr auf der Vogelwiese. Soweit noch angängig können nach Schluss der Demonstration die Uebungsabende noch durchgeführt werden.

Arbeitersänger zur Kundgebung.
Die Arbeiter-Gesangvereine des Bezirks Naumburg wirken durch einen Massen-Männerchor an der gemeinsamen Demonstration der Naumburger Arbeiterschaft mit. Die Bezirksvereine werden dringend ersucht, dafür zu sorgen, dass die Mitglieder aller Vereine pünktlich 18.30 Uhr auf der Vogelweise in Naumburg anwesend sind. Die Sängerschaft nimmt schon am Demonstrationszug als geschlossene Korporation teil.

SAJ.
Aus Anlass der Demonstration der Naumburger Arbeiterschaft fällt am Mittwochabend der Gruppenabend aus. Die Junggenossen nehmen restlos an de Demonstration teil. Wir marschieren hinter der neuen Freiheitsfahne. Die Jugendgenossen der umliegenden Gruppen werden ersucht, soweit sie es möglich machen können, an der Demonstration recht zahlreich teilzunehmen.

Reichsbanner.
Alle Kameraden haben am Mittwoch 18.30 Uhr zur Demonstration auf der Vogelwiese anzutreten. Musikkapelle und Spielmannszug zur Stelle. Kameraden der benachbarten Ortsgruppen können auch teilnehmen!

Volksbote. Zeitz, Dienstag, den 5. Juli 1932


 

Die Teilnehmer der Demonstration treffen sich ½ 7 Uhr auf der Vogelwiese (Karte). Auf dem Markt findet eine Kundgebung unter der Losung

Warum Thälmann gegen Hindenburg-Hitler?

statt. Anschliessend setzt sich der Demonstrationszug in Bewegung. Ein Bild der Kraft entfaltet sich. Gesang und Marschmusik verstärken das Zusammengehörigkeitsgefühl. Die Unbeugsamen protestieren gegen den Abbau von Lohn, Renten und Unterstützungen, gegen Erwerbslosigkeit sowie die Entdemokratisierung der Gesellschaft. Sie riskieren ihre Arbeit, das Wohl der Familie und ihre Gesundheit.

 

6. Juli 1932. Gegen ½ 8 Uhr abends. Die Demonstration gegen Terror und Sozialabbau erreicht über die Jakobsstraße (Stadtplan) den Markt. Neben dem rechten Polizisten marschieren in einer Reihe von links gesehen Artur Samter, Georg Faber, Erich Tatzel und Hans Lessing. - Samter, Faber und Lessing wurden nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten ermordet. Vollbild

Viele von ihnen werden nach der Machtübergabe an die Nazis 1933 verfolgt, inhaftiert und misshandelt. Einige ermordet.

In der öffentlichen Wahrnehmung steht die Demonstration etwas im Schatten der Ereignisse in Halle (Saale). Am selben Tag spricht im Volkspark Reichstagspräsident Paul Löbe (1875-1967) auf einer SPD-Versammlung. Als 250 SA-Leute in den Saal einfallen, prügelt sie das anwesende Reichsbanner den Saal hinaus.

Auf der Naumburger Demonstration wird das Flugblatt

Kampfaufruf in ernster Stunde

verteilt. Entworfen, erzählt Wilhelm Schwencke 1956, haben es möglicherweise Doktor Artur Samter und Walter Fieker. Es ist unterzeichnet von: Rublack für die Ortsgruppe der SPD, [Paul] Zeitschel von der KPD, Tietze für das AFA-Kartell, König vom Kampfbund gegen den Faschismus, Walter Höhne von der RGO, Syndikalist Bohring für das Gewerkschaftskartell Scharlott und Drieselmann von der Sozialistischen Arbeiterpartei und Schwencke vom Reichsbanner.

 

[Flugblatt, Abschrift]

Kampfaufruf in ernster Stunde
Die deutsche Arbeiterklasse ist in Gefahr!

An alle Arbeiter, Erwerbslose, Rentner, Kleingewerbetreibende,
Angestellte und Beamte!

Während das Kabinett von Papen, die Regierung der Industriellen, Junker und Generäle, die Regierung der unmittelbaren Durchführung der faschistischen Diktatur in Deutschland den Werktätigen und den Ärmsten der Armen durch neue Notverordnungen völlig untragbare und unerhörte Belastungen auferlegt und zu gleicher Zeit schützend ihre Hände über die Klasse der Besitzenden hält, wächst die kapitalistische Wirtschaftskrise von Tag zu Tag, wachsen die unerträglichen Lasten für das Proletariat, wächst das Massenelend, steigt die Not. Während gleichzeitig unter dem Schutze der Junkerregierung den faschistischen Bürgerkriegs- und Kriegsparteien, Nationalsozialisten und Deutsch-Nationalen der Weg zur faschistischen Diktatur geebnet wird, häufen sich die Angriffe faschistischer Terrorbanden auf das Leben und Eigentum der Arbeiterorganisationen.

Soll das so weitergehen?

Die Entscheidung hängt ab vom Willen der klassenbewußten Arbeiterschaft. In dieser Lage gibt es nur einen Weg: Einigung der Arbeiterklasse.

Im Lohnkampf, im Kampf der Erwerbslosen, des Massenselbstschutzes, im rücksichtslosen Klassenkampf bis zur Steigerung und Entwicklung des politischen Massenstreiks kann der Faschismus auf wirksame Art geschlagen werden. Konzentration aller Kräfte des Proletariats gegen den gemeinsamen Klassenfeind. Gegen die herrschenden Monopolkapitalisten. Gegen ihre Notverordnungsdiktatur, gegen die Errichtung des offenen Faschismus. Die Einheit der Arbeiterklasse hat die Kraft, eine faschistische Regierung zu beseitigen, den Faschismus zu brechen und damit die drohende Katastrophe zu verhindern. Die geschichtlichen Beispiele im November 1918, des Kapp-Putsches 1920, des Kuno-Generalstreiks 1923 zeigen, welche Kraft einer revolutionär auftretenden Arbeiterklasse innewohnt. Lasst jene Beispiele mahnend sein.

Unterzeichnende Naumburger Arbeiterorganisationen haben sich in ernster Stunde zusammengefunden und sich dahingehend verständigt, zur gemeinsamen Abwehr und Offensive bereitzustehen. Trotz aller grundsätzlichen Differenzen haben sich jene Organisationen auf ein Kampfprogramm geeinigt und sind unter Wahrung ihrer Selbständigkeit und Handlungsfreiheit im kameradschaftlichen Geiste bereit, für folgende Forderungen zu kämpfen:

Gegen den Terror der braunen System-Armee Hitlers!

Gegen jeden Lohn-, Renten- und Unterstützungsabbau!

Gegen die direkte und indirekte Steuererpressung!

Gegen den imperialistischen Krieg und seine Vorbereitung!

Für die Freiheit aller Arbeiterorganisationen, deren Presse, Versammlung und Demonstration!

Für die Freigabe des Rundfunks für die revolutionäre Arbeiterschaft!

Für den Massenselbstschutz der Arbeiterklasse!

Proletarische Einheit und kühnster Massensturm sind das Gebot der Stunde. Heraus zur gemeinsamen Demonstration und Kundgebung am Mittwoch, dem 6.7.1932, abends 7 Uhr, auf dem Marktplatz. Antritt sämtlicher Organisationen ½ 7 Uhr auf der Vogelwiese.

Hinweg mit der faschistischen Papen-Regierung!

Für ein sozialistisches Deutschland!

SPD    Rublack [Fritz Rublack, Vorsitzender Ortsgruppe der SPD und Sekretär des Ortsgewerkschaftskartells des ADGB]

Afa Kartell    Tietze

KPD    Zeitschel [Paul Zitschel. Politischer Leiter des Unterbezirks Naumburg und der Ortsgruppe der KPD Naumburg]

Sozialist. Arbeiterp.    Drieselmann

RGO   Höhne [Walter Höhne, Vorsitzender der Ortsgruppe des RGO]

Reichsbanner    Schwenke

 Syndikalisten     H. Bohring

 Gewerkschaftskartell     Scharlott

 Kampfbund gegen den Faschismus     König [Karl König "Rote Sporteinheit"]

 Der gemeinsame Abwehrausschuß      W. Fieker

 (Quelle: Wallbaum-Dokument)

 

Erläuterungen:

SPD - Sozialdemokratische Partei Deutschland

AFA - Allgemeiner Freier Angestellten Bund. Seit 1931 im Bündnis mit anderen Organisationen gegen die "Harzburger Front".

KPD - Kommunistische Partei Deutschland

Reichsbanner - 1924 als Selbstschutzorganisation zur Verteidigung der Republik gegründet. Etwa 80 Prozent der Mitglieder waren Sozialdemokraten.

Syndikalisten - Zum Sozialismus neigende Gewerkschaftsorganisation. Ihre Vertreter sind der Meinung, dass die Gewerkschaften die Keimzelle der (sozialistischen) Gesellschaftsordnung werden müsse.

Gewerkschaftskartell - Zusammenschluss der Naumburger Einzelgewerkschaften (Holzarbeiter, Buchdrucker, Schneider, Fabrik- und Handarbeiter undsoweiter). Es besteht seit 1. Mai 1895.

Kampfbund gegen den Faschismus - 1929 gegründet. In ihm waren meist Kommunisten und parteilose Arbeiter organisiert.

SAP (D) - Sozialistische Arbeiterpartei (Deutschland). Eine linke Abspaltung der SPD, die seit Herbst 1931 besteht. Sie entstand als einige Mitglieder der SPD-Reichstagsfraktion wegen des Bruches der Fraktionsdisziplin ausgeschlossen wurden.

RGO - Revolutionäre Gewerkschaftsopposition. Im Dezember 1929 auf Initiative der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) zur Bündelung der linken politischen Kräfte gegründet.

 

 

Demonstration
am 6. Juli 1932 in Naumburg
Vollbild

Die sich heute hinter der Reichsbanner-Kapelle und den Schalmeien versammeln, tragen schwer an der Wirtschaftskrise und der Brüningschen Sparpolitik. Vielen steht das Wasser bis zum Hals. Aber sie wenden sich nicht nur gegen die sich verschlechternden sozialen Lebensbedingungen, sondern vor allem gegen den erstarkenden Hitlerfaschismus! Deshalb demonstrieren an diesem 6. Juli 1932 die Sozialisten, Demokraten, Anarchisten, Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschafter, Revolutionäre, Republikaner, Sozialreformer, Freidenker, Naturfreunde, - die Unterprivilegierten, Gescholtenen und Ausgegrenzten:

Für Deutschland, für Deutschlands Zukunft!

Eine grossartige Pointe der Stadtgeschichte.

Die Zahl der Demonstranten ist schwer zu schätzen. Für die kleine Gerichts- und Beamtenstadt ist sie jedoch beachtlich. Aber es könnten natürlich mehr sein.

Nicht dabei sind die deutschnationalen Kreise. Warum fehlen sie?

Das Flugblatt zur Demonstration fordert:

"Hinweg mit der faschistischen Papenregierung.
Für ein sozialistisches Deutschland."

Antifaschismus verbindet sich also mit der Idee des Sozialismus. Deshalb  kann sich ein sehr großer Teil der deutschnational denkenden Naumburger nicht an der Demonstration beteiligen. Ihr Feind sind nicht die Nationalsozialisten, sondern die Sozialisten und Kommunisten. Damit niemand davon abweicht und es jedem klar ist, erinnert ihre Parteizeitung am 15. Juli 1932 (Abbildung rechts) noch einmal daran:

"Nie wieder Sozialismus!"

Im Sinne einer Erwägungskultur wurde versucht, die Denkweise der Deutschnationalen zu verstehen (siehe Keine sozialistischen Experimente). Doch was sich hier offenbart, ist vom Standpunkt einer vernünftigen, rational begründeten Politik nicht nachzuvollziehen. Während der Nationalsozialismus erstarkt, machen die Deutschnationalen den Feind Links aus. Es ist eine Sache, zu sagen, wir wollen uns nicht mit den sozialistischen Ideen anfreunden. Aber 1932 in Deutschland den Sozialismus zum Hauptfeind auszurufen, ist eine völlig andere Sache. In Naumburg sind das etwa der Altsozialdemokrat Otto Grunert vom Steinweg 14 und Wilhelm Schwencke vom Lindenhof 3 mit dem bei den Nationalsozialisten verhassten Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold. Dies versinnlicht ihre groteske politische Haltung.

 
 
Gaststätte Bürgergarten Naumburg, um 1935, Postkarten

Natürlich will die NSDAP an einer Demonstration unter Losung Hinweg mit der faschistischen Papenregierung nicht mitwirken. Ausserdem mag sie keine Demonstrationen für Demokratie. Zur Unterstützung der Erwerbslosen veranstaltet sie an diesem Tag abends 20 Uhr im Bürgergarten ein Großes Militärkonzert mit der Kapelle der SS-Standarte 26 Halle.

Die deutschnationalen oder nationalsozialistischen Kreise der Stadt schliessen sich der Demonstration nicht an. Aber diejenigen, die schwer unter der Wirtschaftskrise und Brüningschen Sparpolitik leiden, keinen Ausweg aus den desolaten wirtschaftlichen Verhältnissen sehen, protestieren gegen die Verschlechterung der sozialen Lebensbedingungen, den Abbau von Demokratie und den aufkommenden Faschismus.

Eigentlich bedarf der 6. Juli keines weiteren Kommentars, wenn da nicht die Gefahr der Überdehnung wäre. Denn es gab Grenzen in der Zusammenarbeit der Links-Kräfte, die mit den Problemen des Sozialfaschismus, dem Opportunismus und der Parlamentarismus-Debatte bereits skizziert wurden. Dass sich SPD und KPD gegenseitig als Feind definieren, wie es schon gelegentlich behauptet wurde, kann ich aber nicht erkennen, und trifft auf Naumburg an der Saale meines Erachtens so nicht zu.

Im Flugblatt zur Demonstration vom 6. Juli 1932 heißt es:

"Faschismus heißt Untergang und Krieg, heißt Massenhunger und Massenelend, heißt Wehrlosmachung und Entrechtung der Arbeiterklasse, bedeutet brutale Unterdrückung des revolutionären Proletariats."

Was für ein Affront gegen das dusslige Massenbewusstsein!

Die Eingrenzung auf das Proletariat stellt eine unnötige Verengung dar. Wahrscheinlich entspricht es aber den Erfahrungen der Teilnehmer dieser Demonstration.

Beachtenswert die Formulierung von der Wehrlosmachung und Entrechtung der Arbeiterklasse. Sie verweist auf den Unrechtscharakter des Nationalsozialismus. Mit der brutalen Unterdrückung stellt sich die Frage nach der Demokratie und dem Phänomen der kulturellen Faszination des Faschismus. Faschismus als Krieg und Untergang verweist deutlich auf die vorhandenen Potenzen zum organisierten Genozid und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Dies macht es unmöglich im Nationalsozialismus eine Art von Modernisierungsdiktatur zu sehen. Jeder Verniedlichung der nationalsozialistischen Politik ist, so die historische Botschaft der Arbeiterbewegung der Stadt, frühzeitig entgegenzutreten. Mit dem Flugblatt liegt eine respektable politische Analyse des Faschismusproblems vor, die wesentlich über das von der damaligen KPD-Führung vorgedachte Konzept hinausgeht. Nicht zuletzt, weil es dazu beitrug, den Widerstand von Gewerkschaften, SPD, KPD, Anarchisten und Oppositionellen gegen den Faschismus zu bündeln. Bei der Vorbereitung und der Durchführung der Demonstration vom 6. Juli 1932 in Naumburg zeigt sich ein kooperatives Verhältnis der verschiedenen Gruppen der Arbeiterbewegung zueinander. - Jedoch bleiben viele offene Fragen ....

 

Eiserne Front

Symbol der Eisernen Front.

Die drei Pfeile verkörpern das Reichsbanner, den Allgemeinen freien Angestellten-Bund und den Arbeiter-Turn- und Sportbund.

Die Auftaktveranstaltung der Eisernen Front für den SPD-Unterbezirk Naumburg-Weißenfels-Zeitz war (wahrscheinlich) am 16. Januar 1932 im Hotel Zur Post in Naumburg.

Zwei Tage nach dem Protest der Arbeiter in Naumburg marschiert in Zeitz die Eiserne Front auf. Obwohl die KPD in das Bündnis nicht involviert ist, sondern lediglich Reichsbanner, Allgemeiner freier Angestellten (AfA) Bund und Arbeiter-Turn-Sportbund, demonstrieren Sozialdemokraten und Kommunisten seit vielen Jahren wieder gemeinsam. Ein Fahnenaufzug nimmt am 8. Juli vor dem Gebäude des Volksboten Aufstellung. Albert Bergholz spricht die Worte des Gelöbnisses in Kampfgemeinschaft und Treue zum Bannerträger. "Großartige Begeisterung, Kampffreudigkeit und Siegesgewissheit" erfüllte den Aufmarsch der Arbeiter, berichtet der Volksbote (Zeitz) am nächsten Tag. Hier entsteht der Eindruck, dass die Eiserne Front den wehrhaften Kern gegen eine faschistische Konterrevolution bilden könnte.

Am 21. Januar 1932, um 20 Uhr, tagt der Zusammenschluss im Weißenfelser Stadttheater. Aus Magdeburg reiste Kamerad Albert Gebhardt, Generalsekretär des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold, als Referent an.

In Weißenfels findet am 12. Februar 1932 in Schuhmanns Garten (Saalstrasse) unter der Losung Mobilmachung der Eisernen Front eine Kundgebung statt. Der Redner, SPD-Reichstagsabgeordnete Adolf Biedermann (Hamburg), fordert: Eiserne Front gegen Diktatur - für Volksrechte!

Indes die grossartige Stimmung vom 6. Juli und 8. Juli währt nicht lange. Mit dem Preußenschlag vom 20. Juli 1932 verlieren die Sozialdemokraten ihre Regierungsmacht. Angesichts der öffentlichkeitswirksamen Demonstration ihres fehlenden Machtwillens macht sich bei vielen Mitgliedern und Sympathisanten Resignation breit.

Die Eiserne Front wird am 7. März 1933 verboten.

 

 

Abendroth, Lisa und Wolfgang Abendroth: Die "Ästhetik des Widerstandes" als Beitrag zur Geschichte der Arbeiterbewegung. In: Götze, Karl-Heinz und Klaus R. Scherpe (Herausgeber): Die "Ästhetik des Widerstandes" lesen. Über Peter Weiss. Argument Sonderband AS 75, Argument Verlag, Berlin 1981, Seite 18 bis 28

An die Preussische Wählerschaft [Zum Volksentscheid am 9. August 1931]. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weissenfels, Naumburg", Zeitz, den 31. Juli 1931

[ASKN] Statuten des Naumburger Arbeiter-Sport- und Kulturkartells Naumburg a. S. e.V. 16. September 1929. Stadtarchiv Naumburg, Sonderakten der Polizeiverwaltung Naumburg a. S., Betrifft Eingetragene Vereine. 1921 bis 1945, Archivsignatur 6888

Aufruf der KPD zu den Wahlen am 7. Dezember 1924. An die Partei. In: Zur Geschichte der Kommunistischen Partei Deutschlands. Eine Auswahl von Materialien und Dokumenten aus den Jahren 1914-1946, o. J., Seite 161

Aufruf. An alle Republikanerinnen, Republikaner und Reichsbannerkameraden! "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg. Beilage zum Volksboten". Nummer 167, 16. Jahrgang. Zeitz, den 21. Juli 1925

[Aufruf 1924] Aufruf der Kommunistischen Arbeiterjugend zur Kundgebung am 8. Juni 1924 in Naumburg (Saale). (Abschrift) Sonderakten der Polizeiverwaltung Naumburg (Saale). Massnahmen zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung. Angefangen 1920. Geschlossen 1937. Stadtarchiv Naumburg, Signatur 5617, Blatt 52 / 53

Aus dem Naumburger Stadtparlament. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg", Zeitz, den 29. April 1930

Bekanntmachung der Polizeiverwaltung Naumburg (Saale) vom 3. Juni 1924. Sonderakten der Polizeiverwaltung Naumburg (Saale). Massnahmen zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung. Angefangen 1920. Geschlossen 1937. Stadtarchiv Naumburg, Signatur 5617, Blatt 57

Benkwitz, Max: Bevor unsere Republik entstand. Erinnerungen. Zur Geschichte der Arbeiterbewegung im Bezirk Halle. Biographie und Erinnerungen. Heft 5. Herausgegeben von der Kommission zur Erforschung der Geschichte der örtlichen Arbeiterbewegung bei der Bezirksleitung Halle der SED, Halle 1972

[Blüthgen] Gespräch mit Herrn Blüthgen, Naumburg, Lessingstraße 17. 25. August 1958, unveröffentlicht

Bauer, Karl (Herscheid, 1921-1938): Erinnerungen an Naumburg. Internetseite des Stadtmuseums Naumburg, www.museumnaumburg.de, Januar 2006

Der Verlauf der Kundgebung. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg. Beilage zum Volksboten". Zeitz, den 21. Juli 1925

Der Regierungspräsident von Merseburg. Brief an Herrn Stadtrat Hacker vom 25. Juni 1930. Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Merseburg, Rep. C 48 I h, Nr. 899 XV. Band 15

"Devoli". "Wahrheit und Recht. Wochenzeitschrift für Wiederaufbau und Ausbau der deutschen Wirtschaft". Jahrgang 4, Nummer 8. Leipzig, den 22. Februar 1929, Seite 7

Die Naumburger Mitglieder für Einigkeit. "Volksbote.Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weissenfels, Naumburg", Zeitz, den 14. Oktober 1931

Die sozialistischen Kundgebungen. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, 5. Juli 1922

Die Zustände beim Naumburger Arbeitsamt. Massenversammlung der Gewerkschaftsmitglieder. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weissenfels, Naumburg", Zeitz, den 24. Juli 1930

[DNVP] Deutschnational - vorwärts oder rückwärts? "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 10. April 1928

Eiserne Front ist Einheitsfront! "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weissenfels, Naumburg", Zeitz, den 9. Juli 1932, 1. Beilage

[Fieker, Walter] Nachrichten aus Naumburg. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 2. Dezember 1924

Garcarek, Hans-Peter: Der Kampf der Ortsgruppe Naumburg der KPD für eine antifaschistische Aktion (Mai 1932 bis Januar 1933). Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades "Diplomgesellschaftswissenschaftler". Eingereicht an der Parteihochschule "Karl Marx" beim Zentralkomitee der SED. Naumburg, den 1. Juli 1981, Stadtarchiv Naumburg

[Gewerkschaftskartell 1921] Versammlung des Naumburger Gewerkschaftskartells am 6. Juli 1921 im Ratskeller von Naumburg. Haupt-Akten der Polizeiverwaltung Naumburg. Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung. 1918-1929, Archivnummer 8356

Hacker, Heinrich: Brief an den Oberbürgermeister Dietrich vom 6. Februar 1931. Stadtarchiv Naumburg, Magistrat Naumburg, Magistratsmitglieder, Archivsignatur 7226

Hacker, Heinrich: Brief an den Regierungspräsidenten von Merseburg vom 11. Juni 1930. Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Merseburg, Rep. C 48 I h, Nr. 899 XV. Band 15

Herlemann, Beatrix: Die Republikschutzorganisation "Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold",1924 gegründet in Magdeburg. In: Beiträge zur Geschichte der Sozialdemokratie in Sachsen-Anhalt. Herausgeber: SPD-Landesverbandes Sachsen-Anhalt, Historische Kommission: SPD-Geschichte in Sachsen-Anhalt: Vielfältig und einzigartig. Heft 2, Seite 11 ff.

Herlemann, Beatrix: Rede der Ausstellungsgestalterin. Dokumentation zur Ausstellung "Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold" anlässlich 75. Gründungsjubiläums vom 24. Februar bis 16. April 1999 im Landtag von Sachsen-Anhalt, Seite 26ff.

Hirschinger, Frank: Gestapoagenten, Trotzkisten Verräter. Kommunistische Parteisäuberungen in Sachsen-Anhalt 1918-1953. Göttingen 2005

Hörsing, Otto: Das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold. In: Volk und Reich der Deutschen. Zweiter Band. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1929, Seite 178 bis 194

Jahreshauptversammlung der SAJ. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weissenfels, Naumburg", Zeitz, den 18. Januar 1932

Konferenz des AfA-Bezirkskartells Mitteldeutschland. In: Bundeszeitung afa. Gewerkschaftliche Monatszeitschrift für Funktionäre und Betriebsvertretungen der Angestellten, Berlin 11 (1929) Heft 2, Seite 38

Kozis, Nazis und Stahlhelm - G.b.m.H.. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weissenfels, Naumburg", Zeitz, dem 30. September 1931

Kurzer Abriss über den Aufbau, die Tätigkeit und die Auflösung der Schutzpolizei. Naumburg an der Saale. 1926, Stadtarchiv Naumburg

Leidigkeit, Karl-Heinz / Jürgen Hermann: Auf leninistischem Kurs - Geschichte der KPD - Bezirksorganisation Halle-Merseburg bis 1933. Herausgegeben von der Bezirksleitung Halle der SED. Druckhaus "Freiheit", Halle 1979

Leopoldt, Adolf: Rote Chronik der Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg. Herausgeber SPD. Unterbezirk Zeitz-Weißenfels-Naumburg 1931

Mollenhauer. Mitteilung vom 20. August 1932. Stadtarchiv Naumburg, Sonderakten der Polizeiverwaltung Naumburg. Maßnahmen zur Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit. Angefangen 1927. Geschlossen 1937, Archivsignatur 5617

Morgen Massendemonstration! "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weissenfels, Naumburg", Zeitz, Dienstag, den 5. Juli 1932

Naumburg. Sitzung der Stadtverordneten. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weissenfels, Naumburg", Zeitz, den 30. Oktober 1931

[RFB] Naumburg. "Rote Frontkämpfer". "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg", Zeitz, am 22. Oktober 1925

Öffentliche Volksversammlung. Das Naumburger Gewerkschaftskartell. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 21. Januar 1923

Öffentliche Stadtverordnetensitzung. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 30. Oktober 1925

Plakat Heran an den Staat! Wählt Sozialdemokraten! zur Reichstagswahl am 20. Mai 1928. Friedrich-Ebert-Stiftung. Archiv. www.fes.de, Archiv der sozialen Demokratie, Download Angebote, 2008

Plakat Wählt Sozialdemokraten zur Reichstagswahl am 20. Mai 1928. Künstler Gottfried Kirchbach. Friedrich-Ebert-Stiftung. Archiv. www.fes.de, Archiv der sozialen-Demokratie, Download Angebote, 2008

Organisiertes KP-Spitzeltum. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weissenfels, Naumburg", Zeitz den 30. September 1931

[Pieck, Wilhelm: Rede.] Aussprache über die Erklärung der Reichsregierung. "Jenaer Volksblatt, Unabhängige demokratische Tageszeitung für Thüringen". Jena, den 21. Oktober 1930

Possögel, Franz (geboren 23. September 1879): Auszug aus einem Brief vom 1. September 1962, Naumburg, unveröffentlicht

Protokoll über die Verhandlungen des außerordentlichen Parteitages in Halle. Vom 12. bis 17. Oktober 1920, Verlagsgenossenschaft "Freiheit" e. G.m.b.H., Berlin C2 (ohne Jahresangabe)

[Roloff 1924] Anordnung der Polizeiverwaltung Naumburg vom 2. Juni 1924. Sonderakten der Polizeiverwaltung Naumburg (Saale). Massnahmen zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung. Angefangen 1920. Geschlossen 1937. Stadtarchiv Naumburg, Signatur 5617, Blatt 53

SA-Politik. "Vossische Zeitung". Berlin, den 7. Juli 1932, Seite 4

Severing über die Berliner Maiunruhen und das Verbot des Rotfronkämpferbundes. Severing. "Jenaer Volksblatt, Unabhängige demokratische Tageszeitung für Thüringen". Jena, den 8. Mai 1929 [Rede von Carl Severing vor dem Haushaltsausschuss des Reichstages]

Schwencke, Wilhelm, Leo Heinrich, Paul Kynast und dem Kollegen Karl Franke: Aussprache mit den Genossen. Protokoll, Naumburg 13. Dezember 1956, unveröffentlicht

Seydewitz, Max: Referat auf der Gründungskonferenz der SAPD in Berlin 4. Oktober 1931. In: Niemann, Heinz (Hrg.): Auf verlorenem Posten? Zur Geschichte der Sozialistischen Arbeiterpartei, Berlin 1991, Seite 233-246

Seydewitz, Max: Die Krise des parlamentarischen Systems. In: Der Klassenkampf, 2. Jahrgang, Heft 13. 1 Juli 1928, Seite 727 ff.

Referat auf der Gründungskonferenz der SAPD in Berlin 4. Oktober 1931. In: Niemann, Heinz (Hrg.): Auf verlorenem Posten? Zur Geschichte der Sozialistischen Arbeiterpartei, Berlin 1991, Seite 233-246Sitzung des Naumburger Gewerkschaftskartells. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weissenfels, Naumburg", Zeitz, den 29. März 1928

[Spaltung] Parteitag der U.S.P. in Halle. Die Spaltung der Partei vollzogen. Rudolstädter Zeitung. Tageblatt und Generalanzeiger für Schwarzenburg-Rudolstadt und dem Remdaer Kreis. Nr. 245, Dienstag, den 20. Oktober 1920

[Stadtverordnetensitzung] Bericht über die Stadtverordnetenversammlung vom 29. Oktober 1925. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 30. Oktober 1925

Stahlhelm-Führertagung des Landesverbandes Mitteldeutschland. "Naumburger Tageblatt", Naumburg, den 10. Oktober 1927

Stalin-Methoden. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weißenfels, Naumburg", Zeitz, 6. Februar 1928

Ströbel, Heinrich: Sinojews Verbündete. Die Weltbühne. Die Schaubühne. XVI. Jahrgang, Nummer 43, 21. Oktober 1920, Seite 443 bis 445

Sturmbewegte Tage in Naumburg. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weissenfels, Naumburg", Zeitz, den 13. Juli 1932

[Thälmann, Ernst] Appell des Genossen Thälmann an die werktätige Bevölkerung von Berlin!. "Die Rote Fahne", Berlin, den 16. November 1929

Thälmann, Ernst: Wir stürmen für Sowjetdeutschland! Rede in Hamburg am 8. August 1930. Hamburger Volkszeitung, 13. und 14. August 1930. In: Ernst Thälmann: Reden und Aufsätze zur Geschchte der Arbeiterbewegung. Band 2. Auswahl aus den Jahren 1929 bis September 1930. Dietz Verlag, Berlin 1956, Seite 251 ff.

Thälmann, Ernst: Fünf Jahre Roter Frontkämpferbund. In: Reden und Aufsätze zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Band 2. Auswahl aus den Jahren November 1928 bis September 1930. Dietz Verlag, Berlin 1956, Seite 17 ff.

[Thate] Naumburg, den 28. April 1948: Misstrauensantrag gegen den ehrenamtlichen Stadtrat Thate (Erlass vom 20. April 1948 …) In: Gustav Thate, geboren am 17. Januar 1901. Personalakte. Stadtarchiv Naumburg, Signatur 797

Trotzki, Leo: Die Wendung der Komintern und die Lage in Deutschland. 26. September 1930

[Wallbaum, zu] Nazis- und Kozis-Wahlschwindel. Genosse Wallbaum verklagt seine Verleumder. "Volksbote. Sozialdemokratisches Organ für die Kreise Zeitz, Weissenfels, Naumburg", Zeitz, 12. September 1930

[Wallbaum-Dokument] Analyse der Stadt Naumburg. Naumburg, ohne Jahresangabe, unveröffentlicht, um 1950

Wheeler, Robert F.: Die "21 Bedingungen" und die Spaltung der USPD im Herbst 1920. In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte. Jahrgang 23, 2. Heft, München 1975, Seite 117 bis 154. Tabelle über die Abstimmung zu den "21 Bedingungen" Seite 139 und 140.

Winkler, Heinrich August: Von Weimar zu Hitler. Die Arbeiterbewegung und das Scheitern der ersten Demokratie. Humboldt-Universität zu Berlin, Fachbereich Philosophie und Geschichtswissenschaften, Institut für Geschichtswissenschaften, 28. April 1992

Winkler, Heinrich August: Der lange Weg nach Westen, Erster Band. Verlag C.H. Beck, München 2000

Zeitschel, Paul: Notizen. Naumburg, ohne Datum (wahrscheinlich um 1960) unveröffentlicht

 

Wahlplakat Heran an den Staat! Wählt Sozialdemokraten! zur
Reichstagswahl am 20. Mai 1928. Friedrich-Ebert-Stiftung. Archiv. www.fes.de, Archiv der sozialen Demokratie, Download Angebote, 2008

 

 

Autor: Detlef Belau


Geschrieben
25. August 2008
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