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Berta Lask: Leuna 1921 (1927)

Den Märzkämpfern gewidmet.

Auszüge mit Textstellen zu Naumburg. Hervorhebungen vom Autor.

 

II. AKT
2. Szene

Hörsing:
Ganz recht. Die Arbeiterfamilien wollen ihre Feiertage haben. In den Feiertagen herrscht keine Kampfstimmung.

Reichskommissar:
Es bleibt also bei den gefassten Beschlüssen. Auch sind die Garnisonen Merseburg, Weißenfels und Naumburg alarmiert. Hörsing: Ohne Reichswehr! Sonst werden auch die vernünftigen Arbeiter nervös. Das könnte 'ne Katastrophe geben. Reichswehr nur im äußersten Falle!

Polizeimajor Storch:
Das ist ganz meine Ansicht, Herr Oberpräsident.

 


IV. AKT
1. Szene
….

Kinder: "Die vom Leunawerk" oder "Max Hoelz kommt".

Matrose:
Das ist alles noch zu wenig, besonders die Munition. Weiß der Teufel, wo die Waffen stecken. Wie sieht's denn sonst aus so ringsherum? Bruno: Die Bauern halten sich still, schnüffeln, wie der Wind weht. Die Landarbeiter sympathisieren, melden sich zur Roten Armee. In den Betrieben sind sie halb so, halb so. Die rechten Bonzen bellen wie Polizeihunde gegen uns: Räuberbande im Leunawerk und was mehr. Von meiner Heimat, vom Ruhrgebiet, konnt' ich nichts erfahren. In Naumburg liegt bayerische Reichswehr unter Alarm. Matrose: Bayerische? Das ist eine Sorte! - Willi: In Richtung Berlin haben wir die Bahn stillgelegt gegen Schupozuzug. An anderen Stellen hat Hoelz was gemacht. An Sprengstoff fehlt's nicht. Bruno: Schafft die rostigen Gewehre nach Bau 15 zur Waffenmeisterei! Da werden sie repariert. Matrose: Kameraden, ich meine, es ist Zeit, dass wir was Ernsthaftes unternehmen. Hier wird rumgelungert. Man sieht nicht, was geschieht. Bruno: Alle sind wie weggeblasen und zerstreut. Die Kompanien liegen in ihren Bauten; da darf man nicht hinein. Die Feldwachen liegen weit draußen, da darf man nicht hinaus. Es ist alles so weitläufig. Man kann keine Verbindung kriegen, tappt so herum. Und Kuriermeldungen bekommt man auch nicht zu hören. Bei uns im Ruhrgebiet im vorigen Jahr, da war ein anderer Zug drin.

Heizer: Morgen oder übermorgen, wenn wir mehr Waffen haben, dann wird's losgehen. Geht's dann nicht los, dann meutern wir.

 


IV. AKT
4. Szene

Direktor Weinbrand:
Ich habe gewarnt, ich habe meine Pflicht getan. Politisch stehe ich natürlich auf Ihrer Seite.

Direktor Oster:
Wann werden die Kräfte frei, Herr Oberpräsident?

Hörsing:
Eisleben ist von den Aufständischen gesäubert und ziemlich fest in den Händen der Polizeitruppen. Im Mansfelder Gebirgskreis finden nur noch unerhebliche Gefechte statt. Graf von Zechlinsky kann seine Truppen dort loslösen und langsam über Schraplau-Schafstädt nach Leuna vorstoßen. Gleichzeitig geht dann Artillerie aus Naumburg vor und die Garnison Weißenfels und Merseburg. Doch bin ich dafür, nichts zu übereilen. Es wäre gut, wenn durch weitere Polizeiaktionen die umherschweifenden Banden immer mehr ins Leunawerk hineingetrieben werden. Sitzen sie in dieser Mausefalle, so schnappen wir zu.

Direktor Oster:
Leuna ist tatsächlich eine Mausefalle.

Hörsing:
So viel ich weiß, haben die großen Strategen des Leunawerkes das weitere Gelände nicht in Verteidigungszustand gesetzt, sondern sitzen sorglos im Betrieb zwischen Gas und Ammoniak und fechten die Streitigkeiten zwischen der Vereinigten Kommunistischen Partei und den Anarchisten, die sich KAP nennen, aus. (Gelächter)

Direktor Oster:
Ich wünschte, wir wären zwei Monate weiter und hätten den Betrieb wieder in Ordnung.

Es ist trotz allem möglich, dass sehr ernster Widerstand geleistet wird.

Hörsing: Also bleibt es bei der Verabredung. Wir werden uns täglich verständigen.


Detlef Belau

Geschrieben:
12. Oktober 2008

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